The Invincible Test / Review

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    In unserem Test zu The Invincible haben wir das Sci-Fi-Abenteuer auf Herz und Nieren geprüft. Das Erstlingswerk von Studio Starward Industries basiert dabei auf der Geschichte des gleichnamigen Romans von Autor Stanisław Lem. Doch für wen lohnt sich das Spiel?

    Publisher und Entwickler 11bit Studios surfte in den letzten Jahren auf einer echten Erfolgswelle. Mit Titeln wie This War of Mine, Moonlighter oder Frostpunk, zu dessen Nachfolger Frostpunk 2 es kürzlich erste Screenshots zu sehen gab, landete das polnische Team einen Erfolg nach dem anderen.

    Nun folgt mit The Invincible der nächste Eintrag in dieser illustren Sammlung. Das Sci-Fi-Spiel soll dabei laut Entwicklerstudio Starward Industries, dessen Mitarbeiter schon an AAA-Titeln wie The Witcher 3 und Cyberpunk 2077 gearbeitet haben, mit einer philosophischen Geschichte und einer retro-futuristischen Ästhetik glänzen.

    In unserem Test zu The Invincible klären nun, ob das Spiel diesen Aussagen gerecht wird, wie es sich spielt und für wen sich ein Ausflug auf den Planeten Regis III wirklich lohnt.

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    In einer fernen Zukunft…

    Als Astrobiologin Yasna sind wir Teil der Crew der Dragonfly. Einem Forschungsschiff des interplanetarischen Commonwealth. Nach dem erfolgreichen Abschluss einer Mission treten wir in unseren Kälteschlafkammern den langen Heimweg an. Doch dann erwachen wir auf einmal auf einem fremden Planeten. Wie sind wir hier her gekommen? Warum können wir uns an nichts erinnern?

    The Invincible Dragonfly Crew
    Die Crew der Dragonfly bei ihrer Einsatzbesprechung. Das letzte Mal, dass wir alle lebend sehen…

    Schnell wird klar: Wir sind auf dem Planeten Regis III, auf dem seltsame Dinge vor sich gehen. Mit der Hilfe unseres Kapitäns Novik, der als Einziger noch auf unserem Raumschiff ist und mit dem wir über Funk verbunden sind, finden wir verlassene Basen und Fahrzeuge der rivalisierenden kosmosolidarischen Allianz. Und dann finden wir auch Leichen…

    Was ist hier nur passiert? Warum sind wir überhaupt hier? Und warum haben wir diese Gedächtnislücken? Es liegt nun an uns, diese Fragen in den folgenden ca. 6-8 Stunden Spielzeit zu klären.

    Ohne zu viel zu verraten: Die Geschichte in The Invincible beschäftigt sich dabei, wie auch die Romanvorlage von Stanisław Lem, mit der Frage, was „Leben“ eigentlich ausmacht und welche Rolle die Evolution dabei spielt. Ist der Mensch wirklich die Krönung der Schöpfung?

    Gerade zu Beginn tut sich das Spiel jedoch schwer, die Handlung um dieses komplexe Thema herum in Schwung zu bringen. Und so dauert es einige Zeit, bis sich so etwas wie ein Spannungsbogen aufbaut.

    Mit Schirm, Charme und Neuronen

    Zum Glück hält das Spiel mit Yasna eine sympathische Hauptdarstellerin bereit. Durch ihre Kommentare zur lokalen Flora und Fauna wird schnell klar, dass sie ihr Fach versteht. Dennoch bleibt sie immer mit uns auf Augenhöhe und als Person glaubwürdig. Denn immer wieder äußert sie auch ihre Ängste. Schließlich ist sie ganz alleine auf dem fremden Planeten unterwegs. Und auch ihre aufopferungsvolle Suche nach den verschollenen Kameraden lässt uns die Forscherin mit ihrem britischen Akzent und ihrem leicht ironischen Humor schnell ans Herz wachsen.

    The Invincible Yasna Schatten
    Hin und wieder ein Schatten. Das ist alles, was wir von Yasna zu Gesicht bekommen.

    Mit Novik hat Yasna außerdem einen guten Sparringspartner. Der möchte zum einen zwar herausfinden, was auf dem Planeten vorgefallen ist, ist aber gleichzeitig um die Sicherheit seiner Biologin besorgt. Auch, dass wir unserem Boss an der einen oder anderen Stelle widersprechen können, wenn es um das weitere Vorgehen geht, sorgt dafür, dass die Unterhaltungen zwischen den beiden unterhaltsam und lebendig bleiben. Und das ist auch gut so.

    Walking Simulator lite

    Denn in The Invincible geht es in erster Linie um die Geschichte, die zu großen Teilen über die Unterhaltung zwischen Yasna und Novik erzählt wird, welche die beiden im Verlauf des Spiels über Funk führen. Durch Auswählen verschiedener Dialogoptionen, aber auch über unsere Interaktion mit der Umwelt auf Regis III nehmen wir Einfluss auf den Verlauf der Geschichte.

    An dieser Stelle geht The Invincible also keine neuen Wege, sondern setzt auf Altbewährtes. Insgesamt erinnert das Gameplay stark an Titel wie Firewatch. Man kann das Spiel also getrost als Walking Simulator bezeichnen. Kurzum: Wir erkunden die Umgebung, beobachten und berichten dann über Funk darüber. Dabei werden uns auch ein paar Hilfsmittel zur Verfügung gestellt.

    Viele Gadgets, wenige Einsatzmöglichkeiten

    Neben einem Tagebuch, das uns eigentlich als Karte von Regis III dient, hat Yasna außerdem noch einige weitere Apparate in ihrem Rucksack. Die helfen uns dabei, die Planetenoberfläche zu navigieren, Lebenszeichen aufzuspüren oder bestimmte geologische Strukturen aufzudecken.

    The Invincible Tagebuch
    Die Karte müssen wir erst aufdecken. Zusätzliche Notizen darin erleichtern uns die Orientierung.

    Doch die meiste Zeit sind diese Hilfsmittel nicht mehr als nettes Beiwerk. Nur wenige Male im Spiel benötigen wir den Tracker oder den Metalldetektor in unserem Rucksack tatsächlich. Einzig beim Überqueren einer Brücke ist der Detektor wirklich von Nutzen und Teil einer Spielmechanik. Denn wir müssen marode Stellen im Boden identifizieren und umgehen, um nicht einzubrechen. Das macht sogar richtig Spaß. Leider verpasst es The Invincible die Tools öfters auf diese Weise sinnvoll und spannend einzubetten. Und so bleiben sie nur nettes Beiwerk. Spielmechanisch bietet The Invincible selbst als Walking Simulator nur sehr wenig. Oft gibt es einfach nichts zu tun.

    The Invincible Gadgets
    Leider viel zu selten im Spiel kommen Gadgets wie der Tracker sinnvoll zum Einsatz.

    Da hilft es auch nicht, dass die Aufgaben, die wir hin und wieder erledigen müssen, sehr kleinteilig gestaltet sind. Wollen wir zum Beispiel Bildmaterial aus einer Aufklärungsdrohne entnehmen, erfordert das gleich mehrere Interaktionen: Wir müssen die Abdeckung öffnen, danach an einem Griff drehen, dann auf einen Knopf drücken und schließlich das ausgespuckte Material in die Hand nehmen. Das fühlt sich mehr nach Beschäftigungstherapie als nach packendem Gameplay an.

    Links, links…rechts. STOP! Zurück!

    Zusätzlich ist die Steuerung teils etwas hakelig. Können wir mit etwas in der Umwelt interagieren, wird uns das durch ein Symbol an der entsprechenden Stelle angezeigt. Doch stehen wir auch nur einen halben Meter zu weit entfernt oder schauen wir dabei nicht genau in die richtige Richtung, verschwindet der Prompt zuweilen. Dann trippeln wir von links nach rechts, um genau die eine kleine Stelle zu erwischen, an der wir eine Klippe hinaufklettern oder einen Gegenstand aufnehmen können. Während unserem Test zu The Invincible haben wir solche Punkte deshalb immer wieder übersehen und haben erst nach dem zweiten oder dritten Anlauf die Interaktionsmöglichkeit entdeckt.

    Wie auf Treibsand

    Und so spielt sich The Invincible in unserem Test zuweilen recht zäh. Das liegt zum einen am angesprochenen mauen Gameplay und zum anderen an der Fortbewegung an sich. Denn zwischen den Unterhaltungen von Yasna und Novik geht es die meiste Zeit darum, von A nach B zu gelangen. Im späteren Spielverlauf haben wir dazu einen kleinen Rover zur Verfügung. Doch vor allem in der ersten Hälfte des Spiels bewegen wir uns ausschließlich zu Fuß fort. Und das verlangt viel Geduld.

    Denn Yasna ist selbst im Sprint nur sehr langsam unterwegs. Außerdem geht ihr schnell die Puste aus. Dann beschlägt unser Visier und Yasna schnauft kräftig vor Erschöpfung. Dann heißt es anhalten und warten, bis unsere Heldin sich erholt hat.

    The Invincible Yasna Erschöpfung
    Nach einem kurzen Sprint beschlägt unser Visier und wir müssen eine Verschnaufpause einlegen.

    Auf der einen Seite bekommen wir dadurch ein Gefühl dafür, wie anstrengend es sein muss, sich in einem Raumanzug inklusive schwerem Equipment fortzubewegen. Auf der anderen Seite verwandelt es das gesamte Spiel in eine Geduldsprobe und erstickt unseren Erkundungsdrang im Keim.

    Denn so überlegen wir wirklich dreimal, welche Wege wir machen wollen. Ist es der falsche, müssen wir schließlich die gesamte Strecke auch wieder zurücklaufen. Da ist es schon beinahe ironisch, dass der Titel unter anderem das Steam-Tag „Erkundung“ trägt.

    Oh du wunderschöne (Retro-)Welt

    Von Anfang an wird klar, dass es sich bei The Invincible nicht um eine AAA-Produktion mit unendlichem Budget handelt. Entsprechend ist auch die Grafik nicht immer auf dem Niveau eines Cyberpunk 2077: Phantom Liberty oder einem Dead Space Remake. Vor allem was Animationen angeht.

    Und trotzdem kann The Invincible in unserem Test bei seiner Präsentation und dem Design seiner Spielwelt wirklich begeistern. So bekommen wir wunderschöne Weltraumpanoramen zu sehen. Das satte Orange des Sandes trifft auf das leuchtende Türkis des Himmels, an dem Sterne und weitere fremde Planeten zu sehen sind. Spektakulär geformte Gesteinsformationen ragen hunderte Meter empor und unendlich weite Ebenen erstrecken sich bis zum Horizont.

    So fulminant begrüßt uns das Spiel in den ersten 30 Minuten. Leider ist damit der visuelle Höhepunkt aber auch schon erreicht. Im weiteren Spielverlauf kommen wir uns dann eher vor wie in einer kargen Gesteinswüste.

    Was den Machern von Starward Industries jedoch durchweg gut gelungen ist, sind die glaubwürdigen retro-futuristischen Designs der Maschinen, Apparate und Vorrichtungen aller Art. Hier gibt es keine digitalen Anzeigen und keine Computer. Hier sieht alles aus wie direkt aus den 50er-Jahren: klobig und mit runden Formen. Aufzüge funktionieren hier mit Lochkarten. Alles lädt zum Anfassen ein und erzeugt eine authentische Atmosphäre. Schade, dass uns das Spiel trotz der vielen bunten Knöpfe und Hebel nur mit so wenigen davon tatsächlich spielen lässt.

    The Invincible Retro-Design Schiffsbrücke
    Auch die Schiffsbrücke der Dragonfly versprüht den allgegenwärtigen Retro-Charme.

    Nur dabei statt mittendrin

    Bleibt nur noch die Frage, wie viel Einfluss unsere Entscheidungen tatsächlich auf das Spielgeschehen nehmen. Denn das Spiel bietet mehrere Enden. Tatsächlich gibt es immer wieder Abschnitte und Ereignisse während des Spielverlaufs, die sich in Abhängigkeit unseres Handelns unterscheiden. Die Geschichte grundlegend verändern tut das aber nicht. In unserem Test zu The Invincible haben wir vier der Enden gesehen. Welches davon wir zu Gesicht bekamen, hing jedoch nur von einigen wenigen Entscheidungen während der letzten 20 Minuten des Spiels ab.

    The Invincible ist im Hinblick auf den Wiederspielwert also kein Baldur’s Gate 3 aber hält ein paar Variationen bereit.

    Insgesamt ist die Geschichte aber recht linear. So folgen wir meistens den Befehlen von Novik und haken eine Aufgabe nach der anderen ab. Zusammen mit den begrenzten Interaktionsmöglichkeiten fühlen wir uns dadurch oft nur als Zuschauer in Yasnas Geschichte.

    Fazit

    The Invincible ist ein Walking Simulator, bei dem die Geschichte klar an erster Stelle steht…und dann kommt erst mal lange nichts. Wer also knifflige Rätsel sucht oder seine Fähigkeiten am Controller erproben will, wird sich hier schnell langweilen. Zumal auch die Story einige Anlaufzeit braucht, um in Schwung zu kommen.

    Das Gameplay ist mit dem Auswählen von Dialogen und dem simplen Drücken von Knöpfchen an Maschinen und Robotern sehr einfach gehalten und manchmal sogar etwas langweilig. Selbst für dieses Genre. Auch die sehr langsame Fortbewegung kann frustrierend sein.

    Dafür entführt das Spiel besonders zu Beginn an eindrucksvoll gestaltete fremde Orte, die ihren wunderschönen und gleichzeitig etwas unheimlichen Charme versprühen. Auch das Retro-Design der Welt von The Invincible ist dabei extrem gut gelungen.

    Wer Spiele wie Firewatch und interaktive Geschichten ohne viel Hektik oder hohe spielerische Ansprüche mag, kann bei The Invincible zugreifen.

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    Wir bedanken uns bei Starward Industries und 11bit Studios für die Bereitstellung eines Review-Keys für unseren Test von The Invincible. Eine Einflussnahme des Entwicklers oder Publishers auf den Test hat nicht stattgefunden.

    Felix Krauth
    Seit 2017 in der deutschen Games-Branche unterwegs als Game Designer, Music Composer und im Project Management. In der g2g Games-Redaktion vor allem für News zuständig.