Elex 2 – Test

     

    Rollenspiele aus dem Hause Piranha Bytes polarisieren: Entweder man liebt sie, oder man kann mit ihnen gar nichts anfangen. Welchen dieser beiden Pfade Elex 2 einschlägt, das wollen wir euch hier in unserem Test etwas genauer erklären.

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    Für diesen Test spielten wir Elex 2 auf Playstation 5

     

    Regel Nummer 1: Bringe niemals ein brandneues Spiel auf den Markt, wenn zeitgleich zu viele andere Blockbuster erscheinen. Hätten sich die Entwickler von Elex 2 an diese Faustregel gehalten, hätte man wohl deutlich mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen können. Etliche AAA-Titel erschienen entweder kurz vor oder kurz nach Elex 2. Forza Horizon 5, Elden Ring, Gran Turismo um nur ein paar prominente Namen zu nennen. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt also, mindestens aber ein gewagter.

     

    Die Story

    Die Geschichte von Elex 2 knüpft nahtlos an die Ereignisse aus Teil 1 an. Für die, die den Ausgang nicht mehr kennen: Hauptfigur Jax schaffte es, die Hybriden, also die Invasoren aus dem All, zu besiegen. Zurück auf dem Planeten Magalan sieht er sich erneut einer Bedrohung ausgesetzt, die mit der Materie Elex direkt in Verbindung steht. Nur steht Jax dieses Mal ziemlich allein da und so recht will ihm auch niemand ob dieser Bedrohung Glauben schenken. Ein Bündnis muss also her und Jax startet den Versuch, verfeindete Clans unter einer Flagge für den gemeinsamen Kampf zu vereinen.

    Das ist allerdings alles andere als leicht, zumal es die Invasoren namens Skyands auch direkt auf Jax persönlich abgesehen haben. Bei einem Kampf wird seine Hütte zerstört, sein Sohn Dex entführt und er obendrein auch noch infiziert. Nur mit Hilfe eines Wissenschaftlers namens Adam konnte Jax überleben und hier beginnt unser Abenteuer. Gleich zum Start gibt es schon die volle Portion Hauptquests: Finde deinen Sohn, schmiede Allianzen und rette den Planeten. Viel zu tun, packen wir’s an!

     

     

    Charakterproblem

    Schon früh beschlich uns ein Gefühl von Charakterblässe. Die ersten Spielminuten und -stunden waren geprägt von NPCs, die uns einigermaßen enttäuscht zurückließen. Wir reden hier immerhin von einem Rollenspiel, deren Quintessenzen u.A. eine packende Geschichte und vielschichtige Figuren sind. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir zeitgleich Elden Ring zur Review vorliegen haben und dort Nebencharaktere sehr viel geschmeidiger ins Spiel integriert sind. Nein, eigentlich liegt es nicht daran, denn selbst RPGs wie The Witcher und Mass Effect bekamen das deutlich besser hin und diese Games haben immerhin schon einige Jahre auf dem Buckel.

    Da hilft es auch nicht, dass einem mitunter bekannte Synchronstimmen, wie beispielsweise Erik Range aka Gronkh, begegnen. Das sind vielleicht sogar die einzigen Highlights, die ihr erwarten dürft. Ja selbst bei den Stimmen haben sich die Entwickler so dermaßen oft vergriffen, dass es im Resultat einfach an Glaubwürdigkeit mangelt. Und damit dann auch letztlich an Tiefgang, um in die wirklich schöne Welt von Elex 2 einzutauchen. Wie schade, dass im Endeffekt etliche Figuren des Spiels blass, unsympathisch und deplatziert wirken.

    Selbst Hauptfiguren wie die weibliche Caja wirken gelegentlich, als würden sie neben sich stehen. Vielleicht hätten ein paar mehr Gesichtszüge und etwas mehr Gestik und Mimik den NPCs gut gestanden. Immerhin sehen Gesichter nicht so schlampig aus wie befürchtet, da das Vorab-Material noch vor wenigen Monaten teils grottig aussah. Man halt also noch etwas Feinschliff angelegt, immerhin.

     

    Von Nebenaufgaben und Quest-Reihen

    Kommen wir mal zu den Dingen, die deutlich besser ins Bild passen. Da wären beispielsweise die Quests, die ihr natürlich im Verlauf der Story zu erledigen habt. Die Aufteilung hier ist ziemlich klassisch. Während es die obligatorischen Quests gibt, die den roten Faden immer weiter spannen, sorgen etliche Nebenquests für Auflockerung abseits des festen Weges.

    Dabei kann es durchaus sein, dass ihr unabsichtlich in ein neues Abenteuer stolpert. Nicht selten erledigt ihr eine Quest und auf dem Weg bietet euch ein NPC bereits schon wieder die nächste an. Nicht nur einzelne mehr oder minder belanglose Aufträge kommen dabei heraus, sondern auch gerne mal welche mit Verschachtelung. Was toll ist, dass es sich dabei nicht immer um die üblichen „sammle x davon“ oder „töte Y davon“ Quests gibt. Eine der witzigsten Quests hatten doch tatsächlich drei Detektiv-Knirpse namens Justin, Petra und Bobby initiiert. Namensähnlichkeiten mit den Drei ??? wären rein zufällig, klar.

    Solche und auch andere Anspielungen findet ihr immer mal wieder im Spiel untergebracht. Mal spielt ihr Detektiv, mal Laufbursche oder auch mal den Überbringer schlechter Nachrichten. Ihr seht, dass sich Piranha Bytes Mühe gemacht haben, damit es beim Erledigen der Quests nahezu gar nichts zu meckern gibt. Im Gegenteil, hier könnten sich teilweise andere prominente RPG-Vertreter eine Scheibe abschneiden. Mitunter sind einzelne Aufgaben sehr geschickt und glaubhaft integriert. Wir haben mit Sicherheit so einige Quests verpasst, weil wir beim Durchwandern der Spielwelt nicht immer auf all das geachtet haben, was sich abseits des Weges abspielt. Allein dadurch, dass ihr Gesprächen lauscht, könnt ihr neue Aufgaben ergattern. Wie gesagt, das macht es recht natürlich und ist weniger aufgezwungen durch permanente Questmarker.

     

     

    Lebhafte Spielwelt

    Neben den unterhaltsamen Quests als Highlight ist es vor allem die Spielwelt, die schon fast die Bezeichnung „herausragend“ verdient. Sie ist offen und das nicht nur im Bezug auf die Bewegungsfreiheit, sondern auch durch die Progression. Mit Blick auf die Weltkarte werdet ihr sehen, dass euch wenige Marker den Weg weisen. Im Grunde könnt ihr direkt vom Start weg nahezu überall hin. Solltet ihr dennoch mal über einen Gegner stolpern, der viel zu stark für euer derzeitiges Level ist, dann erscheint eine Warnung und ihr macht euch besser direkt aus dem Staub. Was diese Spielwelt so faszinierend macht, ist der Sog, den sie auf Spielerinnen und Spieler auswirkt. Ihr bekommt hier echtes Abenteuer-Feeling und könnt extrem viel Freude an der Erkundung haben.

    Die NPCs in Magalan gehen einem geregelten Tagesablauf nach, was den Anspruch an Glaubwürdigkeit sichtlich unterstreicht. Beispielsweise dann, wenn sich früh am Tag Arbeiter an ihres Stätte versammeln, dann den Tag über dort werkeln, bevor sie beim Sonnenuntergang wieder Richtung Heimat wandern. Und nachts schlafen nicht nur die Bewohner, sondern auch viele der Feinde.

    Gleichwohl ist die Landschaft sehr viel schöner gezeichnet, als man meinen könnte. Sicherlich ist es grafisch weit davon entfernt, sich mit ähnlichen Spielen alà Horizon oder Elden Ring messen zu können. Aber die Objektdichte, die Scapes und die generelle Gestaltung stimmt einfach. So richtig nett wird der Ausflug, wenn ihr via Jetpack in nur wenigen Sekunden ganze Landstriche hinter euch lassen könnt.

     

     

    Doppeltes L: Looten und Leveln

    Große Erleichterung: Looten und Craften spielt zwar eine Rolle in Elex 2, aber keine übergeordnete. Mittlerweile tut es mal ganz gut, dass ein Rollenspiel nicht zu viel ins Klein Klein gerät und man stundenlang irgendwelche Tonnen und Kisten abklappern muss, um ein Zielitem zu ergattern. Dadurch verbringt man erfrischend wenig Zeit in irgendwelchen Inventars und muss nur hier und da mal Items abklappern. Dazu passt, dass das charaktereigene Inventar immer aufgeräumt erscheint, ja fast schon rudimentär. Überhaupt wirkt alles sehr klar und schlicht, was Interface und HUD anbelangt.

    Das Levelsystem wurde fast nahtlos aus Teil 1 übernommen. Auch hier werdet ihr nichts finden, was überfrachtet oder gar überfordert. Durch Augaben und Kämpfe erworbene Erfahrungspunkte verteilt ihr in gewohnter Weise auf die unterschiedlichen Attribute. Außerdem findet ihr im Spiel auch wieder Lernpunkte, die Sonderfähigkeiten, wie z.B. Schlösserknacken, zugute kommen. Da ihr euch im Verlauf des Spiels der ein oder anderen Gilde anschließt, dürft ihr mit genügend Respekt auch gleich noch deren spezifische Skills erlernen. Derer gibt es fünf und bieten euch zumeist effiziente offensive Angriffe. Mit dabei sind dann auch Elementar-Attacken mit Feuer, Eis und Blitz.

    Und damit nähern wir uns dem Thema Kampf, was wir euch an dieser Stelle nicht ersparen können. Denn so leid es uns tut, aber die Kämpfe versprühen so gar keinen Esprit. Die Fights waren bereits in Elex 1 einer der großen Kritikpunkte und Elex 2 macht einfach munter weiter. Grundsätzlich ist es schwierig, in Kämpfen die Übersicht zu behalten, da die Kamera doch recht dicht am Rücken von Jax klebt. Habt ihr dann einen Feind im Visier, dann braucht ihr euch nicht auf Trefferfeedback oder spannende, gar vielschichtige Angriffs- und Verteidigungsoptionen zu freuen. Nope, hier geht es schlicht nach dem Motto: Treffer landen, ausweichen und das so lange, bis der Gegner down geht. Und das geht halt einfach nicht, wenn sich die Macher für ein Action-Kampfsystem entscheiden. Angriffe wirkt stocksteif, die Animationen der Gegner aus Vorzeiten und über die teils tumbe KI wollen wir gar nicht erst reden. Leider, leider verkommen so nahezu alle Kämpfe zu einer lästigen Pflicht, schade.

     

     

    Fazit

    Eingangs schrieben wir von der Polarisierung und genau das bietet Elex 2 in seinem Gesamtpaket. Hier gibt es fast nur Dinge, die entweder richtig gut oder eben leider richtig mies sind. Schwarz und Weiß, ohne ganz viel Grau noch in der Mitte.

    Auf der Haben-Seite: Tolle und echte Spielwelt, abwechslungsreiche Quests, nette Storyelemente und insgesamt viel Abwechslung. Und auf der Nicht-Haben-Seite: Langweilige Kämpfe, miese Animationen und schlecht geschriebene Charaktere.

    Dem Spiel merkt man seine Ambitionen an, erfüllen kann es diese aber nicht immer. Obendrein ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung denkbar schlecht gewählt. Und so bleibt am Ende eben auch nur ein recht mittelklassiges RPG, was sicherlich seine Freunde finden wird, aber die breite Masse nicht begeistern kann.

    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur