Ride to Hell: Retribution

    Wahrscheinlich hat jeder von uns es schon mal erlebt: Ein neues Spiel wird angekündigt, die ersten Trailer flimmern über den Bildschirm und man denkt sich „Hey, das sieht ja richtig gut aus!“. Fortan wird jede News und jeder noch so kleine Happen an Infos mit Wonne inhaliert, der Veröffentlichung fiebert man entgegen. Wie bitter ist dann wohl die Enttäuschung, wenn man das Spiel endlich zocken darf und das Endprodukt den Erwartungen in keinster Weise gerecht wird? Willkommen beim Testartikel zu Ride to Hell: Retribution!

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    Rise to Hell: Retribution – Der Release Trailer

     

    Ride to Hell: Retribution machte im Vorfeld eine mehr als solide Figur, zumindest dachten wir das anhand der Videos und Screenshots. Trashige Road-Action mit einem rachsüchtigen Biker, leichtes Open-World Feeling, derber Humor und das alles verpackt in eine rastlose Geschichte. Jetzt, nachdem wir das Spiel durchgespielt haben, schwirren über unseren Köpfen meterhohe Fragezeichen. Was bitte ist das denn?

    Es ist völlig egal, wo wir bei Ride to Hell: Retribution anfangen zu berichten, es gibt kaum einen Aspekt des Spiels, den man nicht kritisieren muss. Beginnen wir einfach mal bei der Geschichte. Hauptfigur Jack ist ein verschrobener, muskelbepackter Kriegsveteran, den seine Rachegelüste quer durch die Weiten der USA treiben. Schon in der eingangs erzählten Story wird der Spieler durch plötzlich auftauchende Rückblenden verwirrt. Im einen Moment sitzt Jack auf seiner Harley und philosophiert vor sich hin. Dann folgt der Cut (-> Rückblende), man wird in eine Spielsequenz katapultiert und findet sich hinter einem Stand-MG wieder. Anrauschende Biker sind anscheinend alle böse, also fackeln wir nicht lange und pusten sie alle um. Schwups und schon sitzt Jake wieder auf dem Motorrad und säuselt friedlich weiter. Logik, wo bist du?

    Nach der recht sonderbaren Einführung in Ride to Hell: Retribution, die durch spielerische Elemente wie die oben gezeigte MG-Szene gelegentlich unterbrochen wird, lässt man uns frei in die Spielwelt. Macht nicht den Fehler und erwartet eine tiefgehende Weiterführung der Storyline. Sie bleibt banal und oberflächlich, viele Elemente sorgen obendrein für Verwirrung. Ja Moment, wir haben doch Trash erwartet und bisher klingt es doch auch genau danach. Richtig, das tut es, aber die spielerische Umsetzung ist kein Trash mehr, sie ist einfach mies, undurchdacht und enttäuschend.

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    Auf Screenshots wirkt das Ambiente noch sehr stimmig, aber im Spiel selbst…

     

    Der weitere Spielverlauf ist geprägt durch Straßenschlachten auf dem Bike und Prügel- bzw. Schießorgien. Auch hier können wir vorab festhalten, dass alles Gebotene oberflächlich und lieblos präsentiert wird. Die Rennen sind dabei im ersten Moment sogar noch unterhaltsam, mutieren aber nach wenigen Kilometern zum stumpfsinnigen Knöpfchengedrücke. Die Kämpfe auf den Zweirädern werden ausschließlich mit kleinen Quicktime Events bestritten. Nähert sich ein feindlicher Biker, wird der vorgegebene Button gedrückt und der Typ landet im Straßenstaub. Während dieser ca. 5 sekündigen Miniaction lockt das Bike in der Straßenmitte und der Kampf wird in slow motion vollführt. Immer gleich, immer. Es gibt null Handlungsspielraum. Zwischen den Aufträgen dient uns das Bike als treuer Gefährte, um von A nach B zu kommen. In diesen „normalen“ Fahrten erwarten uns ellenlange gerade Streckenabschnitte, sinnfreie Sprungschanzen und eine karge Umwelt. Tatsächlich haben die Schanzen schlicht keine Auswirkung, außer, dass am Bildschirmrand die Sprungweite angezeigt wird. Kommt dann doch mal eine Kurve, ist man mehr mit dem Justieren der Kamera als mit dem Lenken beschäftigt. Diese bleibt nämlich nicht immer hinter dem Spieler und sorgt für noch mehr unnötigen Frust. Anscheinend sind auch alle LKW-Fahrer der USA vereint in den Streik getreten. Anders können wir es und jedenfalls nicht erklären, warum jeder (jeder!) Tanklaster quer auf der Straße steht und Jake unter jedem (jedem!) drunter durchrutschen muss. An Monotonie sind die Fahrten, ob mit oder ohne Kampf, leider kaum zu überbieten.

    Den Bogen von Monotonie zu den Kämpfen mit Fasut und Waffe zu spannen ist nicht sonderlich schwer. Mit 2 Buttons drischt man auf die Widersacher ein, mit dem Schießprügel werden sie aus der Distanz ausgeschaltet. Hier gibt es immerhin auch mal was Positives zu melden, denn die Wummen der Gegner darf man einheimsen und das integrierte Deckungssystem ist eigentlich recht gut gelungen. Nur leider machen eine stumpfe KI und die abwechslungsarme Action jeglichem Langzeitspaß einen dicken Strich durch die Rechnung. Richtig albern sehen die Figuren beim Blocken aus, die Körperhaltung erinnert mehr an ein Kleinkind, das sich vor dem Monster unter dem Kleiderschrank verstecken möchte und nicht an prügelwütige Rocker.

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    Das Erfolgsrezept: Langweilige Kämpfe + blöde KI

     

    Beim Aufbau der Missionen hat man sich richtig Mühe gegeben und bis ins kleinste Detail hinein gefeilt. Nein, das war nur Spaß. Die Missionen sind nicht nur wiederholend langweilig, sondern obendrein auch noch zusammenhangslos. Ein Höchstmaß an Lächerlichkeit erlebten wir nach ca. 30 Minuten Spielzeit und die Szene soll einfach mal als Beispiel dienen:

    Wir finden uns – natürlich nach einer gähnend spannenden Tour mit dem Bike – in den Straßen einer Casino Metropole wieder. Außer den blinkenden Leuchtreklamen an den Fassaden gibt es hier neben uns und der Kontaktperson augenscheinlich kein Leben. Keine Autos am Straßenrand, keine Bevölkerung, nichts. Nun denn, rennen wir an der Kreuzung mal nach rechts und suchen das Missionsziel. Nach wenigen Schritten erscheint die Warnmeldung auf dem Bildschirm, dass wir gleich das Gelände verlassen werden und schwups sind wir auch schon wieder zurück an den Start katapultiert. Gleiches geschieht beim Abbiegen nach links, bleibt folglich nur der Weg geradeaus. Soviel dann zum Ambiente eines Open-World Spiels, Ride to Hell: Retribution ist strikt linear. Im Hinterhof eines Gebäudes stoßen wir auf einen alten Knacker, der ziemlich wild auf eine leichtbekleidete Dame einredet. Ohne weiteren Grund greift uns dann auch schon der Griesgram an, wir strecken ihn mit wenigen Fausthieben zu Boden. Keine Sekunde später kommt eine Zwischensequenz: Wir fröhnen mit der netten Dame in voller Bekleidung dem Liebesakt. Eine handvoll ruckliger Körperbewegungen später stehen wir dann auch schon wieder mitten auf dem Hinterhof, wo wir kurz zuvor noch den alten Mann verprügelt haben. Welch ein grandioses Stroytelling!

    Bei der Grafik können wir dann gleich mit der Anti-Hymne weitermachen. Ride to Hell: Retribution schöpft das Potential der Konsole in keinster Weise aus, nicht mal ansatzweise. Eigentlich fühlten wir uns in nahezu allen Aspekten eher an längst vergangene PS2-Zeiten erinnert. Die Bewegungsabläufe wirken künstlich, gleiches gilt für die Mimiken und Gesten restlos aller Figuren. Ziemlich albern wirken die langen Mähnen der Rowdys im Wind, die mehr an ein starres Wellblech erinnern als an irgendetwas anderes. Egal, an welchem Punkt der Reise wir uns befinden, die Umwelt ist unbelebt, kalt und steril. Obendrein reihen sich Clippingfehler und Bugs so oft aneinander, dass man irgendwann nur noch die Hand vor die Augen halten möchte.

    Beim eigentlich ganz ordentlichen Sound bemerkt man nach 20 Minuten, dass sich alles irgendwie wiederholt. Schüsse, explodierende Bikes, etc., für jedes Element gab die Soundpalette wohl nur 1 Tonbeispiel her.

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    Über liebeshungrige Mädels fallen wir öfter her, die Zeit zum Ausziehen sparen wir uns dabei einfach

     

    Fazit

    Bei aller Liebe, was ist denn hier passiert? Ride to Hell: Retribution wirkt ab den ersten Spielminuten wie ein unfertiges Produkt, dass in der Alpha-Phase stecken blieb. Hier passt so gut wie nichts: Keine Missionsvielfalt, ein oberflächliches Design, verwirrende und wild aneinander gereihte Stroy-Häppchen, ein langweiliges Kampfsystem und absolut banale Road-Action. Durch die zahlreichen Bugs und langen Ladescreens wird die Geduld des Spielers auf eine harte Probe gestellt. Hätten wir Ride to Hell: Retribution anhand der Trailer bewerten sollen, wäre sogar Bronze drin gewesen. Für das Endprodukt sollten sich die Entwickler aber mal bitte 5 Minuten in die Ecke stellen und sich schämen. Ride to Hell: Retribution versucht zu keinem Zeitpunkt, die eingebrachten Spielideen und -mechanismen glaubhaft umzusetzen. Hätte man versucht, das Spiel als eine Art Persiflage auf sich selbst aufzuziehen (wie etwa ein Saints Row), dann hätte es funktionieren können. So aber ist Ride to Hell: Retribution einfach keine Empfehlung von uns wert.

    [box_tip]Dieser Test basiert auf der Playstation 3 Spielversion. Ride to Hell: Retribution ist für PC, Xbox 360 und Playstation 3 bereits erhältlich und kann bei Amazon ab 39,99€ geordert werden.[/box_tip]
    Christoph
    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur