Rise of the Tomb Raider – Test

    Lara Croft ist zurück! Seit ihrem Reboot wurde der Serie der benötigte frische Wind eingehaucht und es macht wieder Spaß, mit ihr auf Abenteuerreise zu gehen. Und so viel sei vorab veraten: Rise of the Tomb Raider spielt sich verdammt gut! Ab rein in unseren Test.

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    Wir Spieleredakteure sind ja Meister im Meckern. Selbst wenn ein Spiel noch so gut ist, wir können immer die Nadel im Heuhaufen finden und ärgern uns, wenn einer aus einer Million Pixeln nicht an seinem Platz sitzt. Und ja, auch bei Rise of the Tomb Raider gibt es hier und da Dinge, die etwas suboptimal laufen, aber dazu gleich im Einzelnen mehr. Im Grunde genommen macht nämlich Rise of the Tomb Raider nahezu alles richtig, bis auf eine Ausnahme: Der Termin der Veröffentlichung.

    Im seltensten Fall macht es Sinn, ersehnte AAA-Titel in dichten Zeiträumen zu releasen. Das wissen selbst kleine Publisher, denn man nimmt sich gegenseitig die Käufer. Klar, im Vorfeld der Weihnachtszeit gilt diese Regel etwas weniger, denn der ein oder andere Taler sitzt etwas lockerer und auf den Wunschzetteln der Spieler landen gerne mal ein paar Spiele mehr. Im Falle von Rise of the Tombraider hat man sich jedoch scheinbar etwas ins eigene Fleisch geschnitten, denn zeitgleich erschien Fallout 4. Und im Falle von Fallout 4 weiß man: Wird lange erwartet und gehypt bis zum Gehtnichtmehr. Parallel dazu freute man sich zwar auch auf das neue Tomb Raider, aber eben etwas weniger sehr, zumindest war das unser subjektives Empfinden. Und wenn man dann abwägen muss, für welches Spiel man sich entscheidet, dann greift man nunmal gerne zum vermeintlich „besseren“ Blockbuster. Erschwerend kommt hinzu, dass Fallout Zeit schluckt, viel Zeit sogar und wir befürchten mit Blick auf die niedrigen Absatzzahlen zum Release, dass Rise of the Tomb Raider nicht die Anerkennung in Form von Absätzen bekommt, die es verdient hätte. Schade eigentlich, denn unserer Meinung nach ist Rise of the Tomb Raider eine richtig gute Nummer geworden.

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    Ihr wollt rätseln und klettern? Dann ab in die optionalen Höhlen

     

    Dabei ist die Story, mit der wir naturgemäß zum Spielstart konfrontiert werden, kein Glanzstück der Macher. Es handelt sich hierbei um den üblichen Mix, aus dem der Stoff solcher Abenteuerspiele eben besteht. Lara ist die Spezialistin, die für einen Einsatz gebraucht wird und dann ist sie nun mal eben auch dort. Und ebenso typisch ist da diese fiese Organisation, der das alles nicht in den Kram passt. Und dann dreht sich der rote Faden noch um eine mystische Unsterblichkeit, um dem Verlauf einen sakralen Stempel aufzudrücken. Alles also durchaus passende Rezepte für ein unterhaltsames Abenteuer, aber eben nichts neues und letztlich auch Elemente, die man aus Indiana Jones und Uncharted bereits kennt.

    Viel besser klappt die Inszenierung der Geschichte, denn die Balance zwischen Hollywoodreifen Actionszenen und langsamem Storytelling gelingt auf den Punkt. Man fühlt sich vom Intro bis zum Game Over Screen bestens unterhalten und hat niemals das Problem, die Heldin oder wichtige Ereignisse aus den Augen zu verlieren.

    Nach dem Vorspann landen wir im eiskalten Sibirien und lernen die grundlegenden Spielmechaniken von Rise of the Tomb Raider kennen. Wer den Vorgänger bereits gespielt hat, der wird wenig Mühe haben, sich ans Buttonmapping oder die Bewegungsabläufe zu gewöhnen. Aber auch Neueinsteiger haben die junge Lara schnell im Griff. In Sibirien angekommen, erleben wir dann auch gleich den ersten Oha-Moment, wenn wir mit der offenen Spielwelt konfrontiert werden. Diese ist natürlich nicht wirklich offen, aber die Entwickler haben das Design so dermaßen geschickt gestaltet, dass man die natürlichen Grenzen der Spielwelt nie zu Gesicht bekommt. Perfekt also, denn im Grunde sind die Abschnitte abgegrenzt, man merkt es aber nicht.

    Was man allerdings sehr schnell merkt: Lara ist eine kleine Sammelkönigin. Nein wirklich, wir sammeln in Rise of the Tomb Raider wirklich alles, was nicht niet- und nagelfest ins Spiel implementiert wurde. Das beginnt mit Feuerholz, geht über zu Wildtieren und mündet später mit Münzen, Schrifttafeln, Wandzeichnungen und Waffenteilen in so allerhand Gimmiks, mit denen wir unsere Figur oder einen Ballermann tunen dürfen. Das macht bis zu einem gewissen Grade Spaß und hat auch seine Daseinsberechtigung, doch hat man nach einigen Stunden des Sammelns dann auch irgendwann ein klein wenig genug davon. Uns beschleicht das Gefühl, dass die Entwickler hier ein wenig zu viel reinpacken wollten und auf Masse statt Klasse gesetzt haben. Schlussendlich dienen solche Sammelaktionen und die ebenso auftauchenden Nebenquests aber auch der Tatsache, das Spiel in seiner Länge etwas zu strecken. Für einen Durchlauf Rise of the Tomb Raider benötigt man rund 15h und wird man von der Sammelwut gepackt, verdoppelt sich die Spielzeit nahezu.

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    Die Spielwelten sind rassig und realitätsnah

     

    Nebst Hölzern und Frischfleisch sammeln wir auch virtuelle Erfahrungspunkte in Form von XP. Sind davon genügend für ein Level Up auf dem Punktekonto gelandet, dürfen wir in den mehradrigen Talentbaum wechseln und Lara eine neue Fertigkeit zuweisen. Je nach bevorzugtem Spielstil wird man den ein oder anderen Punkt in Skills investieren bzw. auslassen. Mag man beispielsweise eher die harte Gangart, gibt es mögliche Boni in Form von mehr Schaden austeilen und mehr einstecken können. Grob unterteilt richten sich die Talente an Sammler, Schleicher und Kämpfer.

    Vorhin haben wir bereits die Ballance im Fortschritt gelobt. Die Grätsche gelingt auch deshalb so gut, weil Rise of the Tomb Raider deutlich weniger auf pures Ballern setzt. Die Schiene, die gerne Nathan Drake in Uncharted fährt und auch noch Lara beim Vorgänger, scheint passé zu sein und das ist gut so. Es steht mehr der gelungene Mix aus Klettern, Schießen Rätsel lösen und Missionsfortschritt auf dem Plan und man hat eigentlich bei keinem Gefecht den Eindruck, dass einem die Gegner aufgezwungen werden. Erfreulich auch, dass Pfeil und Bogen erneut wieder eine gute Portion Spaß mit sich bringen, auch dank leichter und präziser Steuerung. Etwas kniffliger sind jetzt allerdings die Ausweich- und Kontermoves, deren Handling im positiven Sinne verschärft wurde, weil sie beim Vorgänger schlicht zu einfach waren.

    Für den Langzeitspaß abseits der Kampagne sorgen weitere Spielmodi, die Standardkost wie Survival bieten. Die Maps und Abschnitte sind dabei direkt aus dem Hauptspiel gegriffen und fügen sich ins stimmige Gesamtbild ein. Etwas gewöhnungsbedürftig sind die integrierten Mikrotransaktionen, die mittlerweile fast schon automatisch eine hochgezogene Augenbraue beim Spieler verursachen. Ja, es gibt sie und ja, sie sind optional. Alles kein Muss also, man kommt ohne sie bestens aus und wer eben ein paar Taler investieren möchte, der tut das und freut sich an Boni, die andere erst freispielen müssen.

    Grafik und Sound sind derzeitiges Obermaß. Fangen wir beim Ton an, denn die deutsche Synchronstimme hat sich geändert. Beim Vorgänger lieh Nora Tschirner der jungen Lara Croft ihre Stimme und das Ergebnis war großartig. Umso gedämpfter die Stimmung, als klar war, dass Nora nicht nochmal mit von der Partie sein wird. Und so setzte sich für Rise of the Tomb Raider niemand geringeres als Maria Koschny hinter das Mikro. Kennt ihr nicht? Doch, tut ihr, denn Maria leiht u.A. Jennifer Lawrence in Die Tribute von Panem ihre Stimme. Und nur deshalb macht die deutsche Vertonung auch dieses mal richtig viel Spaß. Und auch grafisch muss sich das Spiel hinter keinem anderen verstecken. Die Spielwelt ist lebendig auf den Bildschirm transportiert, dass man hier und da stehen bleibt und die starke Weitsicht genießt. Und dann merkt man, dass man gar nicht in die Ferne schweifen muss, sondern auch vor die Füße blicken darf. Die Texturen wirken wie aus einem Guss und vermitteln ein authentisches Abenteuergefühl. Richtig toll sind übrigens die Wettereffekte, die nicht nur imposant aussehen, sondern auch mit Lara selbst interagieren. Es sieht extrem schick aus, wenn sich Schneeflocken langsam auf Laras Haupt und Kleidung setzen, um dann wenige Sekunden später geschmolzen zu sein.

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    Gegen Mundgeruch helfen Pfeil und Bogen

     

    Fazit

    So müssen Fortsetzungen sein! Rise of the Tomb Raider macht, egal wohin man blickt, eigentlich alles richtig. Die Spielwelt ist wunderbar, die Balance zwischen Abenteuer und Action klasse, Grafik und Sound eine Wonne und der Spielspaß mitunter sehr hoch. Abzüge gibt es nur für das künstliche Strecken der Spieldauer, wobei die Seitenquests und Höhlen absolut optional sind. Rise of the Tomb Raider ist ein absoluter Hochgenuss der Spielkultur, den sich kein Zocker entgehen lassen sollte.

    rott

    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur