Starfield: kein Star Citizen, kein Hype – trotzdem kaufen?

Mit Geduld eröffnen sich die Stärken

Die Stärke von Bethesda waren schon immer die Nebengeschichten. Das scheint sich auch bei Starfield zu bestätigen. Nach den ersten Spielstunden muss man sagen, dass die Grafik sehr liebevoll gestaltet ist. Die Levels sind voll mit Gegenständen, die man mitnehmen oder irgendwie nutzen kann. Und sie sind voll von NPCs. Insgesamt wirken die Welten und Städte sehr lebendig und gerade die Missionsgeber sind liebevoll und mit viel Aufwand in Aussehen und Dialogzeilen gestaltet. Was man als Spieler für Starfield allerdings mitbringen muss, um sich mit dem Spiel anzufreunden, ist vor allem: Geduld.

Man sollte die Geduld haben, den Questgebern im Schleichmodus zu folgen und ihnen zuzuhören. Man sollte Lust haben, in die Spielwelt einzutauchen und alles zu erkunden. Das ist der Kern des Spieldesigns von Bethesda. Das unterstreichen sie auch mit dem Stamina-System: rennt man durchgängig, geht einem schnell der Sauerstoff aus. Und wenn die CO²-Sättigung ein kritisches Niveau erreicht, verliert man nicht nur Lebensenergie, sondern nimmt auch Schaden. Das können Lungenschäden sein, die mit speziellen Mitteln oder in einer Klinik behandelt werden müssen. Gerade bei Schleichpassagen können die Hustenanfälle des Spieleravatars hinderlich sein, wenn man unentdeckt bleiben will. Ein Detail, was uns außerordentlich gut gefallen hat und die Spannung im Spiel gesteigert hat!

Abbruch, Abbruch, Abbruch!

Dem Sauerstoffverbrauch kann man übrigens vorbeugen, indem man sich hüpfend fortbewegt. Denn während der Sprung-Flugphase kommt man ein gutes Stück vorwärts, verbraucht aber keinen Sauerstoff. Das war sicher nicht die Absicht von Bethesda bei der Entwicklung des Spiels. Aber seien wir ehrlich: Der Sauerstoffverbrauch und das schleichende „Gehen“ im Spiel ist ein Faktor, der sehr schnell sehr nervig wird. Da ist die hüpfende Fortbewegung das kleinere Übel – Morrowind lässt grüßen.

Auch die Start- und Landeanimationen werden schnell nervig, wenn man vorankommen will. Denn um das Schnellreisesystem auch innerhalb einer Stadt (!) zu nutzen, ist es manchmal schneller, mit dem Raumschiff zu starten, zum nächsten Missionsort (wohlgemerkt: derselben Stadt) zu fliegen, dort zu landen und zum Zielpunkt zu laufen. Spätestens wenn man ein Dutzend Mal am selben Ort gestartet und gelandet ist, wünscht man sich eine Abbruchfunktion der Animation. Dies gilt übrigens auch für die Shuttles, mit denen man innerhalb der Stadt von einem Bereich in den anderen gelangen kann.

L – R – X

Starfield ist so granular in Level unterteilt, dass es teilweise störend auf den Spielfluss wirkt. Man kann sich aber genau daran auch ausrechnen, warum es – im Gegensatz zu Star Citizen – „nur“ sieben Jahre Entwicklung benötigt hat von der ersten Zeile Code bis zum fertigen Produkt. Aber im Gegensatz zum Beispiel zu „Skyrim“ kann man sich nicht ins Raumschiff oder den Mako setzen, um das große, beeindruckende Land – oder den Weltraum – zu erkunden. Stattdessen wird man häufig dazu genötigt, genau drei Tasten zu drücken.

L, R und X – in genau dieser Reihenfolge – werden schnell zur bevorzugten Tastenkombination von PC-Spielern. Ob auf Planeten oder im „Weltraum“: Mit L, R und X folgt ihr euren Missionszielen und arbeitet so euer Questlog ab. Auch hier gilt: Wollt ihr das Spiel schnell durchspielen? Dann könnt ihr das so machen. Ein Questmarker ist vorhanden oder kann gesetzt werden. Aktiviert man mit „F“ den Scan-Modus, bekommt man zusätzlich bequem die Route angezeigt. Theoretisch muss man keine Texte lesen oder Dialogen folgen. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage: Warum soll man dann Starfield spielen?

Starfield kaufen oder Finger weg lassen?

Die wesentlichen Punkte, um die Antwort auf diese Frage zu formulieren, haben wir in unserem Text bereits genannt: ihr erwartet einen Star Citizen-Killer, eine ernsthafte Alternative zu Elite Dangerous oder gar eine neue Variante von EVE online? All diesen Spielern können wir an dieser Stelle nur ein herzhaftes und sehr ernst gemeintes „Finger weg!“ entgegenrufen.

Seid ihr aber eher ein Spieler, der langsames Gameplay in abgegrenzten Bereichen liebt, dem „Weltraum“ eigentlich unwichtig ist? Der Stunden um Stunden die Citadell erkundet hat und die Muße aufbringt, Dialogen und minutenlangen ingame-Szenen zu folgen, auch wenn die gerade nichts zwingend mit eurer Mission zu tun haben? Ihr mögt es, die immergleichen Minigames zu spielen, euch bei PVE-Scharmützeln übermächtig zu fühlen und könnt euch an detailreichen Umgebungen nicht satt sehen? Dann seid ihr ein Kandidat, um Starfield eine Chance zu geben. Denn gerade im erzählerischen liegen, wie bei Bethesda üblich, die großen Stärken von Starfield.

Starfield kann euch Spaß machen, wenn ihr euch für die Geschichte der NPCs interessiert. Wenn ihr Logbücher lesen mögt und vor allem im späteren Spielverlauf eurer Kreativität beim Bau von Basen und vor allem Raumschiffen freien Lauf lassen wollt. Wenn ihr also über all die – gerade im early game äußerst nervigen – Makel von Starfield hinweg sehen könnt. Dann erwartet euch eine Spielwelt, die euch vermutlich hundert Stunden und mehr beschäftigen kann, insbesondere, wenn die zu erwartenden Mods das Feld betreten und spätestens, wenn Bethesda sein Spiel weiterentwickelt, im Rahmen von Patches oder kommenden DLCs.

Fazit

Unsere finale Wertung folgt, sobald wir uns einen umfassenden Eindruck verschaffen konnten und ins late game eingetreten sind. Wir hoffen, dass unser durchaus kritischer Blick auf den ersten Eindruck, den Starfield auf uns macht, euch dabei hilft, abseits des Hype die Schwächen aber auch die Stärken von Starfield besser abschätzen zu können. So viel ist also sicher: eine bedenkenlose Kaufempfehlung wird es von unserer Seite nicht geben.

Dennoch wird es sicherlich viele Spieler und Spielerinnen geben, deren Erwartung erfüllt wurde und die Starfield für das lieben, was es ist: ein riesiger Container an spannenden und interessanten, kleinen Geschichten und auch die Möglichkeit, das Raumschiff seiner Träume zu bauen. Auch, wenn man damit am Ende keine Rundreise durch den Weltraum machen können wird.

Unser komplettes Review plus abschließender Wertung folgt in Kürze!