V Rising Test/Review

    Wer als Reiseziel Transsilvanien und als Lieblingsessen Blutwurst auf seinem Mygrave-Profil eingetragen hat, der dürfte aktuell glückliche Zeiten in seiner lichtlosen Man (oder Girl) -Crypt verleben. Am 08.05. wurde nämlich der Vampir-Klopper V Rising vom Entwickler-Team Stunlock Studios in den Full Release geschickt.

    Nachdem das Spiel bereits eine Zeit lang im Early Access für Furore gesorgt hat, dürfen nun auch vorsichtige Spieler in den Genuss der düsteren Simulation eintauchen.
    Ob die Zeit das Spiel wie einen guten Rotwein hat reifen lassen, oder das Spektakel am Ende doch nur blutleer geworden ist, beleuchten wir in diesem Test.

    Nur noch fünf Minuten Mama

    Nach dem durchaus spaßigen Zusammenklicken unseres Avatars, erwachen wir in einer modrigen Höhle in einem alten Holzsarg, mit nichts als Fetzen am Leib.

    Offenbar hielten wir ein längeres Nickerchen und haben dabei all unsere schönen Vampirfähigkeiten eingebüßt. Noch schlimmer: Die Menschheit hat sich offenbar überall in diesen Landen niedergelassen und Monster wie Vampire recht erfolgreich verjagt.

    Zeit ans Werk zu gehen, alte Kräfte zurückzugewinnen und erneut ein Königreich der Blutsauger zu errichten.

    Kaum auf den Beinen werden wir mithilfe von kleinen Tooltips und einer Art Questreihe behutsam an das Spiel herangeführt und lernen die ersten Fähigkeiten. Schnell wird der Spieler dabei feststellen, dass ein zentraler Aspekt Geschicklichkeit und das richtige Anwenden der eigenen Fähigkeiten ist. So gibt es zum Beispiel Ausweichfähigkeiten, Block- bzw. Schildfähigkeiten, als auch offensive Waffenangriffe und Zauber.

    Lassen sich die ersten paar umher tapsenden Skelette noch ohne große Mühe in Kalzium-Supplements verwandeln, so werden uns Gegner schon bald einiges mehr abverlangen.

    Sogleich bringt uns das Spiel auch die ersten Herstellungs-Mechaniken bei. Aus den aufgesammelten Knochen lässt sich ein Knochenschwert herstellen und aus Pflanzenteilen ein wenig Blattwerk-Kleidung. Schick! Die neu ausgerüsteten Utensilien werden sogleich angelegt und schon hat sich unser Ausrüstungslevel verbessert. So fühlt sich also Fortschritt an!

    Grundstücksuche bei Gruftscout24

    Kaum sind wir dem Startgebiet entkommen, erhalten wir den Auftrag uns ein schönes Plätzchen für eine Vampirbehausung zu suchen. Hier gibt uns das Spiel mannigfaltige Möglichkeiten auf der sehr großen Weltkarte. Da wir noch keinerlei hochwertiges Equipment besitzen, bleiben wir nahe dem Startgebiet, denn weiter oben würden uns böse Monster und übergriffige Menschen vermutlich schnell aus den Latschen hauen.

    Beim Bau der eigenen Burg zeigt V Rising dann eine seiner vielen Stärken: Das Bauen ist einfach, sieht großartig aus und macht durch die vielen Möglichkeiten und Dekorationen enorm viel Spaß. So wählen wir erst einen passenden Boden aus, ziehen dann Wände wie es uns passt, setzen Türen und Fenster ein, um zum Schluss stimmungsvolle Beleuchtung, Möbel und Werkbänke zu platzieren.

    Dabei schalten wir im Verlauf des Spieles immer neue Technologien, Objekte und Fertigungsstationen ein. Muss anfangs noch eine klapprige Palisade und ein rumpelndes Mahlwerk herhalten, um den ersten Raum zu bauen, lebt man später womöglich in einem mehrstöckigen Prunkschloss.

    Netterweise macht uns der Entwickler Stunlock Studios das Umbauen und Umgestalten der Räume auch angenehm einfach. Alles Erbaute kann problemlos umgestellt, oder abgerissen und voll erstattet werden. Und das macht viel Sinn, benötigt man doch für alles verschiedene Ressourcen, die wir immer wieder im Umland sammeln müssen.

    Reichen anfangs noch Holz und Stein, benötigen wir für bessere Wände, Böden und Objekte, höherwertige Materialien, die erst hergestellt werden müssen.

    So schickt uns V-Rising ruckzuck ins Laufrad, in dem wir nur noch eben diese eine Sache holen müssen, um das nächste Objekt fertig zu bauen.

    Ein Schlückchen Blut tut Vampi gut

    Spätestens nach dem Bau unserer provisorischen Bruchbude meldet sich der Magen. Es ist Zeit für Snacks und das bevorzugt frisch gezapft. Aber einfach nur nach Menschen zu suchen, um diese anzuknabbern, wäre zu einfach.

    V-Rising bringt hier eine clevere Mechanik mit, indem es den verschiedenen Lebewesen im Spiel verschiedene Bluttypen verpasst, die dann unserem Vampir wiederum verschiedene Vorteile im Kampf bringen. So erhöht das Blut eines Kriegers meinen physischen Schaden, Wildtiere erhöhen meinen Widerstand gegen Angriffe und das Sonnenlicht, Schurkenblut lässt mich hingegen schneller laufen.

    So kann es durchaus Sinn machen, vor bestimmten schwierigen Kämpfen, erst einmal ein passendes Opfer für den richtigen Blut-Buff zu suchen.

    Mit den Bluttypen ist es aber noch nicht getan, denn die Blut-Stärke ist ebenfalls wichtig. Während viele Gegner mit einer Blut-Intensität von wenigen Prozenten durch die Welt wandeln, fühlt sich der Fund eines 90%+ Blutes wie ein kleiner Jackpot an.

    Hochwertiges Blut stärkt unsere Fähigkeiten

    Um so ärgerlich ist es dann, wenn das auserkorene Ziel aus Versehen während des Gefechts stirbt. Denn nicht selten entsteht ziemliches Chaos, wenn man Gruppen von Gegnern angreift, die dann in alle Richtungen laufen und sich mit unglücklich gezielten Feuerpfeilen gegenseitig umbringen.

    Zudem hält das getrunkene Blut nicht ewig vor. Irgendwann ist der Bauch leer und unser Spitzzahniger Freund benötigt frischen Nachschub.

    Ein ganz besonderer Tropfen

    Neben dem angesprochenem Blut von normalen Gegnern, gibt es außerdem noch ganz besonderes, sogenanntes V-Blut von speziellen Bossen auf der Welt.

    Dieses V-Blut können wir dann wittern und den gesuchten Boss so ganz gezielt verfolgen, bis wir ihm gegenüberstehen.

    Die Bosskämpfe sind ein weiterer großer Pluspunkt in V-Rising, denn Stunlock Studios hat hier eindeutig von den Erfahrungen Ihres vorigen Werkes Battlerite profitiert.

    Alle Bosse haben eine Reihe von Fähigkeiten, mit denen Sie uns wechselweise zusetzen. Dabei erscheinen manche Kämpfe grad zu Anfang als ungewöhnlich schwer, aber die Lernkurve funktioniert gut. Denn jeder Boss lässt sich nach ein paar Versuchen knacken, einfach weil man zunehmend den Kampfrythmus und die Fähigkeiten einschätzen kann.

    Es kann auch Teil des Lernprozesses sein, die eigene Art zu kämpfen auf Links zu drehen, denn V-Rising bietet eine große Vielfalt von Skills, Zaubern und Waffen, die alle unterschiedliche Effekte haben und sehr diverse Spielstile erlauben.

    So gibt es Skills, die unsere eigene Heilung unterstützen, die Skelette für uns kämpfen lassen, die den Gegner brennen lassen, oder die uns gar zum Fernkämpfer werden lassen.

    Ist der Boss dann irgendwann besiegt, dürfen wir uns seine Macht einverleiben und eine von vielen neuen Fähigkeiten freischalten. Außerdem gibt es auch häufig neue Rezepte für Waffen, Ausrüstung oder Mobiliar.

    Ohne Sonnenmilch im Mittelalter

    Eine weitere ständige Herausforderung im Spiel ist der hübsch gestaltete Tag-Nacht-Wechsel.

    So sind wir zwar nicht gezwungen tagsüber zu Hause im Schloss zu bleiben, jedoch macht uns die Sonne immer wieder das Leben schwer – selbst im späten Spielverlauf. Sind wir nur wenige Sekunden dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt, sind wir kaum noch von einem laufenden Lagerfeuer zu unterscheiden.

    Somit ist eine weitere Spielmechanik, immer wieder von Schatten zu Schatten zu huschen, um der direkten Sonneneinstrahlung zu entgehen. Ein dickes Lob an die Entwickler, Schatten hier so clever als relevante Spielmechanik mit einfließen zu lassen.

    Dabei sollte man sich im Schatten nicht zu sicher fühlen. Vieles in der Welt ist zerstörbar und verliert in der Folge seinen praktischen Schutz. So kommt es bei Bosskämpfen am Tage nicht selten vor, dass der Gegner bei seinen Mechaniken den halben Wald umpflügt und wir plötzlich keinen Schatten mehr finden.

    Auch wurden die weiteren Vampirschwächen bedacht. So stellen Dörfler Knoblauch zum Schutz auf, Silber zehrt an unserer Lebenskraft und Kreuze verbrennen uns auch in der Nacht. Hier gilt es, sich zuerst die passenden Rezepte für Widerstandstränke zu besorgen, bevor man weiter in die Welt vorstößt.

    Komplexer, größer, besser

    Auch wenn man das Spielprinzip langsam verinnerlicht hat, bietet V-Rising immer wieder neuen Content, neue Gebiete, neue Fähigkeiten, Dinge zu entdecken und selbst neue Spielmechaniken.

    Es lässt sich beispielsweise später ein ganzer Kräutergarten inklusive Deko anlegen, damit man nicht mehr durch die Welt ziehen muss, um sich eigene Tränke herzustellen.

    Auch kann man Menschen mit besonders hochwertigem Blut in seinen Bann ziehen und gefangen nehmen, um den Lieblingstropfen immer greifbar zu haben. Alternativ kann man sich auch eine Gruppe von willigen Dienern schaffen, die das eigene Schloss verteidigen, oder Ressourcen sammeln gehen können.

    Zudem lassen sich das ganze Spiel über neue Fähigkeiten freischalten, die sich nicht nur auf den Kampf beschränken. Und wie wäre es mit der Suche nach einem Rennpferd für schnellere Reisen?

    Das Schloss könnte auch mal wieder umgebaut und erweitert werden. Denn Produktionsplätze, die in einem spezialisierten Raum platziert werden, werden schneller und effizienter.

    So schafft es V-Rising eine motivierende Spirale des Fortschritts in das Spiel einzuweben, die erstaunlich lange funktioniert und sich fast nie nach Zeitfresser anfühlt.

    Fazit

    Wer Vampire oder allgemein Spiele mit Geschicklichkeitsaspekt mag, der kann beherzt zugreifen, denn Stunlock Studios haben mit V Rising definitiv einen Volltreffer abgeliefert!

    Selbst Menschen, die einfach nur ein hübsches Gruselschloss in die Landschaft klotzen wollen, sollten eine Anschaffung in Erwägung ziehen. Denn der Vampirkracher kann in Sachen Spielspaß und Präsentation problemlos an den meisten AAA-Spielen vorbeiziehen und erlaubt sich auch sonst keine Schwächen. Die Welt ist hübsch, fast wie gemalt, die Steuerung angenehm präzise und viele kleine Komfortfunktionen erleichtern einem das Leben.

    Ein Tipp sei hier noch mitgegeben: V Rising kann zwar in einer privaten Session als Single-Player gespielt werden, so richtig rund wird es aber, wenn ihr ein paar Freunde habt, mit denen Ihr die Vampirwelt im Co-Op erleben könnt. Bosskämpfe werden chaotischer und umso spaßiger, das Schloss kann gemeinsam genutzt werden und bei der Ressourcenbeschaffung geht alles viel schneller, denn Errungenschaften und Freischaltungen aus der Forschung teilen sich alle.

    V-Rising ist auf Steam erhältlich und kann aktuell für äußert faire 35€ in eure Bibliothek wandern!

    Goetenklott
    MS-DOS-Veteran und Pixel-Nostalgiker. Windows hat nur einzug gehalten, damit Diablo gespielt werden konnte. Aufbauspieler und selber Bastler. Katzen-von-der-Tastatur-schieber. Warnung vor Tieffliegenden Wortspielen ist hiermit ausgegeben!