Seit der Showcase-Enthüllung im Februar stand Metal Eden auf meiner Liste. Das Gameplay wirkte in den Trailern dynamisch, die Optik war atemberaubend, und die Vorstellung, mich durch Gegnerhorden zu ballern, versprach puren Spaß. Natürlich war ich auch vorsichtig optimistisch, denn die Erfahrung zeigt: Ein eindrucksvoller Trailer ist schnell produziert, aber was zählt, ist die Umsetzung im fertigen Spiel. Das ursprünglich angepeilte Releasedatum im Mai wurde verpasst, was mich etwas nervös machte. Zu oft habe ich erlebt, dass Spiele trotz Verschiebung unfertig oder technisch instabil erschienen. Doch nach vier Monaten des Wartens kann ich sagen: Es hat sich gelohnt. Obwohl ich gleichzeitig auch in Metal Gear Solid Delta: Snake Eater unterwegs war, ertappte ich mich immer wieder dabei, Snake im Dschungel kurz ruhen zu lassen, nur um Roboter in Metal Eden auseinanderzunehmen. Das allein ist schon ein starkes Zeichen für die Sogwirkung dieses Spiels.
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Bewusstsein im Speicherchip
Die Prämisse von Metal Eden ist so simpel wie spannend: Die Menschheit hat die Erde endgültig ausgebeutet. Um zu überleben, starten Wissenschaftler ein Projekt, in dem menschliches Bewusstsein in kleine Kerne gespeichert wird, die dann in eine Orbitalstation gebracht werden sollen. Mit diesem Schritt will man den Körper hinter sich lassen, die biologische Begrenzung überwinden und gewissermaßen digital unsterblich werden. Natürlich geht der Plan schief. Und hier setzt das Spiel an. Der Spieler muss das Chaos beseitigen, das durch dieses fehlgeschlagene Experiment entstanden ist.

Die Idee, den Menschen vom Körper zu trennen, ist nicht neu, sie zieht sich durch Philosophie, Literatur und Science-Fiction seit Jahrzehnten. Aber Metal Eden gelingt es, sie frisch wirken zu lassen, gerade weil die Parallelen zur Gegenwart offensichtlich sind. Heute wird viel über künstliche Intelligenz und „digitale Bewusstseinserweiterung“ gesprochen, oft mit naiver Begeisterung und wenig Sachkenntnis. Metal Eden nimmt dieses Motiv ernst und setzt es konsequent in Szene. Die Kerne in diesem Spiel sind nicht einfach nur Speichermedien, sie sind die letzte Hoffnung der Menschheit und gleichzeitig ihr größtes Risiko. Wer sein Menschsein in Hardware verlagert, ist auch deren Schwächen ausgeliefert. Jeder kennt das Gefühl, wenn ein USB-Stick mit wichtigen Dateien plötzlich nicht mehr funktioniert. Nun stell dir vor, dein gesamtes Sein hängt an so einer fehleranfälligen Technik. Diese Vorstellung macht das Szenario so beunruhigend wie faszinierend.

Strom aus Feuerkraft
Spielmechanisch bewegt sich Metal Eden zwischen bekannten Größen: Die Dynamik erinnert an Titanfall, die Wucht an DOOM. Die Kampagne ist geradlinig aufgebaut. Du spawnst, kämpfst dich durch Gegnerwellen, erreichst dein Ziel. Manchmal gilt es, Arenen von mehreren Gegnerwellen zu säubern, manchmal musst du einfach nur überleben, während die Feinde unaufhörlich nachrücken. Und ja, gelegentlich verwandelst du dich in eine rollende Kugel, ein kurioses, aber überraschend spaßiges Feature. Das Waffenarsenal ist überschaubar, aber durchdacht. Jede Waffe wirkt futuristisch, bleibt aber erkennbar an heutige Designs angelehnt. Besonders hervorzuheben ist die Standard-SMG, die man direkt zu Beginn erhält. Auf den ersten Blick unscheinbar, entwickelt sie sich durch ihre hohe Feuerrate und unendliche Munition zum Arbeitstier. Einzig das Überhitzen zwingt dich zum taktischen Umgang oder du investierst in Upgrades beim skurrilen Waffen-Schmiedebot.

Andere Waffen haben begrenzte Munition und eignen sich eher für bestimmte Situationen. Die Gatling Gun ist dabei ein echtes Highlight: Für kurze Zeit kannst du alles in deinem Weg förmlich niedermähen, bevor der Timer abläuft. Das fühlt sich nicht nur mächtig, sondern auch belohnend an. Besonders gelungen ist das Balancing. Gegner sind keine Bullet-Sponges, sondern klar strukturiert. Jeder Feind hat Schwachstellen, und mit der richtigen Strategie kommst du weiter. Du kannst sie erschießen, sie mit Nahkampfangriffen erledigen oder ihren Kern herausreißen, letzteres ist nicht nur ein Instant-Kill, sondern kann sogar genutzt werden, um andere Gegnerpanzerungen zu durchbrechen. Das sorgt für Abwechslung und Taktik.

Parkour trifft Ballern
Doch das wahre Herzstück von Metal Eden ist die Bewegung. Stillstehen ist keine Option, und gerade das macht den Reiz aus. Die Kombination aus Schießen und Parkour-artigen Bewegungen ist eines der flüssigsten Systeme, die ich je in einem Shooter erlebt habe. Die Level sind linear, verzichten auf große Vertikalität, doch Traversal macht enorm Spaß. Wallruns, Jetpacks, Greifhaken, alles greift ineinander. Wichtig ist: Es gibt nie nur einen richtigen Weg. Verpasst du einen Sprung, wirst du nicht sofort frustriert zurückgesetzt, sondern kannst meist kreativ weiterarbeiten. Dieses Zusammenspiel aus Leveldesign und Steuerung versetzte mich in einen Flow-Zustand. Ich sprang, rannte, schoss und kombinierte Bewegungen so organisch, dass sich kein Bruch einstellte. Besonders in den Arena-Sektionen, in denen Gegnerwellen und Bewegungsflächen clever kombiniert werden, fühlt man sich wie in einem perfekt choreografierten Actionfilm. Das Feature, sich in eine Kugel zu verwandeln, wirkt zunächst kurios, passt aber ins Gesamtbild. Klar, es ist nicht so elegant wie die Bewegungen zu Fuß, doch es erweitert das Repertoire und sorgt für Abwechslung.

Ein Spiel wie Metal Eden lebt nicht nur von Mechaniken, sondern auch von Atmosphäre. Die Grafik läuft auf Basis der Unreal Engine 5 und zeigt eindrucksvoll, wie gut sich fotorealistische Details mit stilisierter Kunst verbinden lassen. Das Beste: Selbst auf einer Standard-PS5 läuft das Ganze butterweich. Jede Umgebung wirkt aus einem Guss, keine Stelle bricht die Immersion. Man fühlt sich durchgehend in einer konsistenten, düsteren Zukunftsvision gefangen. Die Story entfaltet sich hauptsächlich durch Audiologs, die während der Missionen abgespielt werden. Die Stimmen sind verzerrt, passen perfekt ins Szenario, auch wenn die Abmischung manchmal schwächelt. Besonders auf dem Fernseher wird der Dialog hin und wieder von der druckvollen Musik überlagert, die zwar großartig, aber dominant ist.

Kürze mit Wirkung
Metal Eden ist kein ausuferndes Mammutspiel. Die Kampagne ist eher kurz, aber dafür präzise. Jede Minute ist mit Bedacht gestaltet, nichts wirkt wie Füllmaterial. Genau das macht den Reiz aus: Lieber ein intensives, straffes Erlebnis als eine aufgeblähte Open World ohne Substanz. Die Themen sind tiefgründig, aber nicht überladen. Transhumanismus, Technikabhängigkeit, Identität, alles wird angerissen, ohne das Spiel mit unnötiger Philosophie zu überfrachten. Das Resultat ist ein Shooter, der einerseits pure Action liefert, andererseits genug Nachhall erzeugt, um im Kopf zu bleiben.

Fazit
Reikon Games ist mit Metal Eden ein Spiel gelungen, das zeigt, wie stark weniger sein kann, wenn man es richtig umsetzt. Jedes Element, Gameplay, Design, Story, ist für sich genommen solide, gemeinsam ergeben sie ein intensives, einzigartiges Erlebnis. Metal Eden bringt die pure Freude am „Run-and-Gun“-Shooter zurück, verpackt in einer dystopischen Geschichte, die aktueller nicht sein könnte.

