Harvestella Test / Review

    Lebenssimulationen haben eine große Fangemeinde und RPGs sind ebenfalls sehr beliebt. Warum also nicht einfach mal die beiden beliebten Genre zusammenbringen, quasi ein „Best-of“ aus beidem in einem Spiel vereint. Ob der Mix gelungen ist und wie es uns in der Welt von Harvestella gefallen hat, könnt Ihr jetzt hier nachlesen.

    Willkommen in der Welt von Harvestella

    Die fantasievolle Welt von Harvestella wurde nach der Concept-Art von Isamu Kamikokuryo, der sich bereits mit Final Fantasy XII in der Gaming-Welt verewigen durfte, geschaffen. Die musikalische Untermalung wurde in die Hand von Go Shiina, bekannt aus der Tales-Reihe, gelegt. Zusammen bilden diese Elemente ein ordentliches Fundament für die vorliegende Fantasy-Geschichte.
    Die bekannte Welt wird von vier riesigen Kristallen, den „Chronomalien“, beherrscht. Diese sorgen für den Wechsel der Jahreszeiten und enden jeweils im „Silentium“. Dieser Endpunkt einer Jahreszeit bringt den Tod mit sich. Feldfrüchte verdorren und die Luft ist erfüllt von einem tödlichen Staub, der die Menschen zwingt, in ihren Häusern zu bleiben.
    Die Menschen kennen dieses Silentium und haben sich damit arrangiert. Doch die Welt und damit auch die Jahreszeiten sind in Ungleichgewicht geraten und das Silentium wird stärker und dauet länger an.

    Die Story

    In dieser Welt erwacht die Hauptfigur aus einem Traum. Von der Dorfärztin vor dem Todesstaub gerettet, hat das Silentium aber das Gedächtnis des Protagonisten ausgelöscht. Die Bewohner des kleinen Dorfes Lethe überlassen Dir also eine kleine, verwahrloste Farm, die Du fortan nach Herzenslust bewirtschaften darfst.
    Schon bald kehrt allerdings Unruhe ein. Die aus den Fugen geratene Welt ist in Gefahr und es obliegt natürlich Dir, hinter die Mysterien der Chronomalien zu kommen und die gesamte Welt vor dem Untergang zu bewahren.

    Farmsimulation

    Mit dieser sehr kurz gefassten Einleitung entwickelt sich im Laufe der Hauptquest eine komplexe Story, die ihr aber ganz allmählich abarbeiten könnt. Für die gemütlicheren Spieler rückt hier nun zunächst die landwirtschaftliche Tätigkeit in den Vordergrund. Einerseits benötigt man ja schließlich Geld um Waffen zu stärken und aber auch die Farm aufzubauen und andererseits vergeht die Zeit nicht nur sprichwörtlich wie im Fluge. Es gilt also, Prioritäten zu setzen.
    Die Feldarbeit geht, immer die Haupt- und Nebenquests im Auge behaltend, recht einfach von der Hand. Beinahe zu einfach. Allerdings bleibt so eben auch mehr von der kostbaren Zeit für die Quests. Anfangs gibt es auch nicht viel Ackerfläche zu bearbeiten und die Farmarbeit ist rasch erledigt. Dank schnellem Pflanzenwachstum ist auch bereits am Folgetag die erste Ernte möglich. Somit könnt Ihr mit dem restlichen Tag das kleine Dorf und auch die eigenen Ländereien erkunden. Schnell wird hierbei klar, dass da noch so Einiges im Verborgenen liegt und erst freigespielt werden muss. Vieles, wie die Viehhaltung oder aber auch die Küchenzeile, müssen teuer erkauft werden. Daher lohnt es sich, schnell auch in die gefährlicheren Gegenden zu gehen um Materialien und sonstige veräußerbaren Dinge zu sammeln.
    Doch mit der Zeit wächst auch die Farm und es gibt immer mehr zu tun. Neues Saatgut gibt es auch in den neuen Städten, die Ihr auf der Hauptquest aufsuchen müsst. Ebenso ist es mit neuen Kochrezepten und Anleitungen für benötigte Maschinen.

    Eine Farm ist allerdings auch nicht komplett ohne Tiere. So könnt Ihr mit der Zeit Gehege bauen lassen, in denen ihr die hühnerartigen „Gluckel“ oder die schafsähnlichen „Wollum“ halten könnt.,

    Als Haus- und Reittier könnt Ihr außerdem ein „Totokaku“ halten. Auf der Weltkarte kommt ihr damit etwas schneller voran und mit voranschreitender Zuneigung findet Euer treuer Gefährte auch noch allerlei Nützliches.

    Das Abenteuer

    Bei den Ausflügen in das Dorf Lethe lernen wir auch einige NPCs kennen, die mit ihren eigenen, kleinen Geschichten für reichlich Nachschub an Nebenquests liefern. Dank Briefpost wird auch dieser Aspekt im Verlauf der Geschichte noch weiter ausgebaut. Von vermissten Kindern über Aufträge der Dorfärztin oder auch der Beweiserbringung der eigenen Kochkünste oder dem Sammeln verloren gegangener Puppen, es gibt allerhand zu tun.
    Die ersten Schritte in die Gefahr bleibt einem also nicht erspart. Sämtliche unbevölkerten Gegenden sind von Monstern beherrscht. Dank Schwert aber auch kein Problem.

    Kampfsystem

    Der Kampf findet in Echtzeit statt und folgt grundlegenden Hack-’n‘-Slash-Regeln. Im Laufe der Zeit lernt Ihr immer mehr NPCs kennen, die sich Euch anschließen und mit denen es gemeinsam in den Kampf geht. Feinde haben jeweils Schwächen für verschiedene Element- oder Angriffstypen und dein Charakter hat bis zu drei ausgerüstete Jobs gleichzeitig, zwischen denen munter gewechselt werden kann. Die jeweiligen Gruppenmitglieder, die sich Euch während der Hauptstory immer wieder anschließen, greifen automatisch an. Der Spieler muss lediglich die eigene Figur steuern. Vor besonderen Bossfights empfiehlt es sich, die Aufstellung der Gruppe im dafür vorgesehenen Menü anzupassen oder auch umzustellen.
    Die meisten Kämpfe lassen sich mit zunächst mit herkömmlichem Button-Mashing absolvieren. Egal, ob als Schwertkämpfer im direkten Nahkampf oder als Magier mit Distanz-Angriffen, die Fights sind in erster Linie relativ simpel. Etwas komplexer sind die Bosskämpfe angelegt. Hier können zunehmend Team-Aktionen und gezielte Angriffe auf besondere Schwachpunkte zum Erfolg führen. Sonderlich schwierig ist das alles nicht, sofern man das System dahinter durchschaut. Die wenigen Worte der Anleitung sind dem erfahrenen RPG-Recken hilfreich, den Anfänger lässt die spärliche Erklärung sicherlich eher ratlos zurück.

    Dungeons

    Die Dungeons wiederum sind recht verschachtelt angelegt. Doch Dank der Karte und dem ständigen Erlangen neuer Fähigkeiten, wie etwa dem Bau von Bomben oder dem Reparieren von Leitern und Brücken, relativ übersichtlich. Hier ist zumeist die Zeit der größte Feind, denn geschlafen wird schließlich Zuhause! Bedeutet, dass irgendwann mitten im Dungeon die Figur müde wird. Dies geschieht immer pünktlich um 10 Uhr abends. Jetzt heißt es langsam an den Rückweg zu denken, denn ganz nach Cinderella-Art ist Mitternacht Zapfenstreich. Dank verschiedenen Schnellreise-Funktionen, zu Anfang ist das in erster Linie die Rückholglocke, steht dem Ende des Tages nur wenig im Weg. Während Ihr also Zuhause den Schlaf der Gerechten begeht, respawnen im Dungeon fröhlich die ganzen Monster und der neue Tag bringt den leidigen Wiederholungskampf mit der bereits erlegten Monsterbrut.
    Jedoch könnt Ihr nach einiger Zeit auch die Schnellreise-Monolithen aktivieren. Diese sind in mehr oder minder großen Abständen über die gesamte Welt verteilt. Von jedem dieser leuchtenden Symbole des Fortschritts könnt Ihr bequem die Rückreise nach Hause antreten und Euch auch innerhalb des jeweiligen Dungeons fortbewegen.

    Bekannte Funktionen

    Alles in allem fühlen sich RPG-Veteranen schnell wie Zuhause. Altbekannte Systeme, wie z. B. die verschiedenen Job-Klassen des Charakters und die damit verbundenen Fertigkeitsbäume, sind ein vertrautes Mittel des Genre.

    Besiegte Feinde bringen Erfahrungspunkte, mit denen neue Fähigkeiten errungen werden können. Auch wenn sich das für Spieler ohne RPG-Erfahrung zunächst kompliziert anhört, es ist es jedoch nicht.

    Ebenso einfach gehen auch sämtliche weiteren Tätigkeiten von der Hand. Sobald genug Geld in der Kasse ist, sollte die Farm ausgebaut werden. Hier bekommen Farm-Simulations-Kenner ein Gefühl der Vertrautheit. Felder vergrößern, Tiergehege ausbauen, Futter und Verkaufsgüter herstellen, nebenbei Kochrezepte ausprobieren und die Gasthäuser der Umgebung mit neuen Rezepten beliefern, an den verschiedensten Orten die Angelrute auspacken und Fische fangen. Dies alles lässt einen manchmal die Hauptquest und die schwieriger werdenden Dungeons komplett vergessen.

    Technik

    Prinzipiell gibt es nichts zu meckern. Das Spiel lief während der gesamten Testphase fehlerfrei. Die Ladezeiten zwischen dem Wechsel von zwei Kartenabschnitten sind zwar vorhanden, halten sich jedoch in Grenzen. Die Bildqualität auf dem großen TV-Bildschirm ist gerade noch in Ordnung. Manche Strukturen und die Figuren selbst wirken leicht „schwammig“. Die Darstellung im Handheldmodus fand ich persönlich angenehmer. Insgesamt wäre da auch auf der Switch mehr drin gewesen. Trotzdem ist die Grafik alles in allem als „schön“ zu bezeichnen. Die weiten Felder mit hoch aufragenden Kristallstrukturen, die fantasievoll gestalteten Städte, der alte Wald oder die abwechslungsreichen und verschlungenen Dungeons haben ihren Charme. Die handgezeichneten Charakterporträts der NPCs sind ebenfalls einer besonderen Erwähnung wert.

    Die musikalische Untermalung hingegen lässt keine Wünsche offen. Selten passt der Ausdruck „Untermalung“ so gut, wie hier. Sanfte Klänge akustischer Gitarren, Klaviermusik oder dramatische Holzbläser wurden den jeweiligen Stimmungen passgenau hinzugefügt. Da darf man gerne auch mal die Lautstärke etwas höher drehen. Zwar ist Musik immer auch Geschmacksache, aber Harvestella bietet diesbezüglich mehr, als nur reines Hintergrundgedudel.  Die Sprachausgabe liegt zwar nur in englisch und japanisch vor, allerdings haben die meisten NPCs auch nicht viel zu sagen. Die Textausgabe ist komplett auf deutsch und bis auf ein paar schlechte Wortwitze durchaus gelungen.

    Fazit

    Ich bin ein wenig hin und hergerissen. Bereits seit der Ankündigung im Frühjahr stand der Titel ziemlich weit oben auf meiner Wunschliste. Einerseits macht Harvestella wirklich Spaß. Ein großes Abenteuer im Wechsel mit dem beschaulichen Farmer-Alltag, hach ja. Die Story ist spannend inszeniert, wenngleich sie auch leicht vorhersehbar ist. Die Farm-Elemente kommen etwas zu kurz und für ein reines RPG fehlt es halt auch an Tiefe oder einem raffinierterem Kampfsystem. Dennoch ist Harvestella durchaus absolut ambitioniert beiden Genres gerecht zu werden, was eben leider nicht immer gelingt. Einerseits möchte man die Abwechslung, welche die Vereinigung der beiden Spielgenre mit sich bringt loben. Andererseits muss aber auch die jeweilige Unvollständigkeit bzw. der fehlende Tiefgang kritisiert werden.  Dennoch bekommt der Spieler abwechslungsreiche Unterhaltung für viele Spielstunden und auch noch weitere vielzählige Aufgaben jenseits der Hauptquest.

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    Mehr Informationen

    Für diese Review wurde uns ein kostenloser Download-Code für die Nintendo Switch-Version zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme durch den Publisher erfolgte nicht.

    Bildquelle: Square Enix

    Dagmar Götschl
    Ich bin Nintendo-Fan der ersten Stunde und darf mich hier bei den Spieletests und in der News-Sektion austoben. Ich spiele mich gerne durch meine Retrogames-Sammlung, erfreue mich aber auch an den neuesten Spielen für meine Nintendo Switch.