Survival-Fans dürften Weihnachten dieses Jahr zweimal feiern, denn nur kurz nach dem Überraschungserfolg von Palworld entlässt auch Keen Games seine Fantasy-Sandbox Welt Enshrouded (G2G berichtete) in den Early Access.
Wir haben Enshrouded unter die Lupe genommen und werden herausfinden, ob der Hype gerechtfertigt ist. Vor allem wollen wir wissen, wie gut sich der Kandidat gegen Genrekonkurrenten durchsetzen kann und was er vielleicht anders macht.
Der Nebel lichtet sich
In Enshrouded erwacht der Spieler aus einer Art Zeitkapsel und findet sich alleine in einer untergegangenen Welt wieder. Kaum sind die ersten Schritte aus dem tempelartigen Gewölbe gemacht, durchschreitet man Ruinen, alte Festungen, dunkle Höhlen und eine wuchernde Natur. Der Verfall der Zivilisation ist allgegenwärtig und benötigt gar keine pompöse Einführungsgeschichte. Die Geschichte ist die Welt.
Dennoch finden sich in den verschiedensten Winkeln der Welt immer wieder kleine Botschaften in Form von Briefen und Notizen, die in kurzen Geschichten Einblicke in die Vergangenheit geben. Mithilfe einer ewigen Flamme, die uns am Leben gehalten hat, während die Welt um uns vergangen ist, erhalten wir einen kleinen Leitfaden, was zu tun ist, um in dieser Welt zu überleben.
Es gilt schnellstmöglich einen guten Platz zu finden, auf dem wir einen neuen Flammenaltar entzünden können, um das Miasma fernzuhalten. Das Miasma ist ein grauer Dunstschleier, der große Teile der Welt bedeckt und maßgeblich am Untergang selbiger beteiligt war.
Schon früh lernen wir, dass alles, was das Miasma berührt, verdirbt, mutiert und Teil der grauen Suppe wird. Der Spieler selbst kann den Todesnebel nur durch den Schutz der ewigen Flamme und auch nur für wenigen Minuten durchqueren.
Ein Traum für Eigenheimbesitzer
Haben wir ein hübsches Plätzchen gefunden, gilt es, sich gemütlich einzurichten. Hier sticht Enshrouded vor allem durch enorme Freiheiten beim Bauen hervor. So gibt es nicht nur immer gleich große Blöcke, die irgendwie aneinander gekachelt werden können, sondern auch die Möglichkeit kleinste Anpassungen mit jedem beliebigen Material durchzuführen. Dabei lassen sich die verschiedenen Materialien wild miteinander kombinieren, um jedes denkbare Häuschen aus dem Boden zu stampfen.
Dabei ist der Spieler mitnichten darauf beschränkt, auf der Erde zu bauen. Die Voxel-Engine ermöglicht es, nach Herzenslust zu buddeln und ganze Höhlensysteme auszuhebeln. Wer also lieber wie ein Rudel Moriazwerge hausen möchte, dem sei Spitzhacke und Grubenlampe gereicht. Aber Achtung: Besser nicht zu tief und gierig graben.
Verbessert man im Spielverlauf den Flammenaltar, vergrößert sich auch der mögliche Baubereich. Das führt dazu, dass man anstatt eines Hauses, durchaus ein kleines Dorf aus der Taufe heben könnte. Zeit und Muße seien hier vorausgesetzt.
Möchte man das ganze dann noch ein wenig gemütlich gestalten, so lassen sich eine Vielzahl von Möbeln, Öfen, Dekorationen etc. nach Belieben im eigenen Domizil platzieren.
Besonders praktisch fanden wir die Möglichkeit, später weitere Flammenaltäre in der Welt zu errichten. Diese können uns dann als Schnellreisepunkte dienen, die die Reisezeit zu unseren Zielen deutlich verkürzen.
Was bietet die Welt?
Um die Geschichte von Enshrouded aufzudecken und auch um neue Materialien zu finden und unsere Ausrüstung zu verstärken, gilt es natürlich alsbald die Welt zu erkunden. Hier fällt relativ früh auf, wie gekonnt Entwickler Keen Games die Belichtung verschiedener Gegenden einsetzt, um Atmosphäre zu erzeugen. Es wirkt beinahe so einfach, dass man sich fragt, warum man ähnliche Methoden nicht ständig in Spielen findet.
Während unser Protagonist neue Gebiete erforscht, bemerkt man schnell, dass die Steuerung und auch das Design der Welt viel eher an Genreklassiker wie Zelda erinnern, als an ein reines Survival-Spiel. So finden sich immer wieder Quests und Rätsel und vor allem versteckte Schätze. Die Welt selbst muss keinesfalls nur zu Fuß erobert werden. Ein Greifhaken ermöglicht es, an sonst unerreichbare Gerüste heranzukommen und ein Gleiter verführt dazu, sich von hohen Klippen zu stürzen, um die Welt im Flug zu erkunden.
So benötigen wir nicht selten eine Kombination unserer Fähigkeiten, um diverse Schalterrätsel zu lösen und den nächsten Teleportturm zu freizuschalten.
Einzig die Ausdauermechanik benötigt noch ein wenig Feinschliff und hat beim Test mehr als einmal für Frust gesorgt. Dass ein Held ohne Ausdauer das Laufen einstellt und im Kampf auch nicht mehr ausweichen möchte, kennen wir aus anderen Spielen. Dass er sich beim Klettern aber einfach in den Tod stürzt, anstatt kurz innezuhalten, um Luft zu holen, will sich uns nicht so recht erschließen. Ähnlich hinterlistig ist die Greifhakenmechanik. Möchte man sich von Haken zu Haken schwingen und hat nicht genügend Ausdauer, verweigert unser Held einfach den nächsten Hook und gibt sich der Schwerkraft hin. Da man vorher häufig nur schwer einschätzen kann, ob die Ausdauer für die nächste Kette von Aktionen reicht, tritt hier auch kaum ein sinnvoller Lerneffekt auf. Da würden wir uns andere Lösungen wünschen.
Gruseliges Viehzeugs
Wer nun denkt, die Welt nach dem Menschen sei ein friedlicher Ort, der irrt. Denn nach dem Menschen ist vor dem Menschen. Oder in dem Fall vor dem Zombie.
Da das Miasma alles, was es berührt, zu verdorbenen Kreaturen macht, finden sich diese auch in der Welt zuhauf wieder. So müssen wir uns mit Geschicklichkeit und einem bunten Waffenarsenal immer wieder gegen Miasma-Zombies, Wölfe, Spinnen und mutierte Pflanzen wehren. Dabei können wir auf verschiedenen Nahkampfwaffen, aber auch auf Zauberstäbe und Bögen zurückgreifen, die wir entweder in der Welt gefunden, oder selbst hergestellt haben. Gerade zu Anfang des Spieles fehlt hier aber noch ein wenig die Abwechslung, da man beinahe ausschließlich auf besagte Zombies oder Käfer im Miasma trifft. Das Potenzial für diverse Tiermutationen wäre sicherlich da und auch spannend.
Dennoch sei hervorgehoben, dass die Gegner häufig durch deren Fähigkeiten und Kampfrythmus eine Anpassung der eigenen Taktik erfordern, was einen angenehmen Lerneffekt mit sich bringt.
Während wir uns so durch den Nebel der Welt schlagen, können wir außerdem Erfahrungspunkte sammeln und beim Level-Up Punkte für verschiedene Skills ausgeben. Dabei gibt uns Enshrouded keine Klassen vor, sondern lässt uns die Punkte frei in einem verästelten Baumsystem vergeben. Ganz grob lassen sich hier jedoch Magiefähigkeiten, Stärkefähigkeiten, sowie Geschicklichkeitsfähigkeiten unterscheiden.
Baumarkt für Fortgeschrittene
Unsere Crafting-Progression verbindet Enshrouded geschickt mit der Erkundung der Welt. Denn wir können zwar ein paar Möbel und Ausrüstung aus eigener Hand anfertigen, wenn es jedoch höherwertig werden soll, benötigen wir einen Fachmann.
Rein zufällig ist unser Held aber nicht der einzige, der als Siebenschläfer in eine Zeitkapsel einfoliert wurde, sondern es finden sich mit der Zeit noch weitere Begleiter. Und diese Begleiter sind dann praktischerweise entweder Schmied, Tischler oder Jäger.
Hat man jene Begleiter erst einmal im eigenen Domizil platziert, lassen sich eine Vielzahl neuer Gegenstände herstellen. Zudem fällt unseren Gästen dann nach kurzer Zeit auch noch ein, wo sie ihr ach so gutes Spezialwerkzeug in der Welt vergessen haben, um nach dem Fetch-Quest noch bessere Ausrüstung herstellen zu können.
Das Freischalten neuer Herstellungsoptionen, das Verbessern der eigenen Ausrüstung und die damit verbundene Erkundung der Welt machen Spaß und greifen sehr gut ineinander. Lediglich ein paar Komfortfunktionen beim Crafting sollten noch nachgeliefert werden.
So erhält man zwar im Verlauf des Spiels magische Truhen, auf deren Inhalt man beim Crafting von überall aus zugreifen kann, jedoch gilt das nicht für alle Crafting-Stationen.
Für das Upgrade meiner Waffen zum Beispiel muss ich die Münzbeutel weiter in meiner Tasche haben.
Für die Schmelze, den Brennofen oder das Saatbeet muss ich ebenfalls immer wieder manuell das Material nachfüllen, damit der Herstellungsprozess beginnt. Warum kann ich hier keine Rezepte mit passender Anzahl auswählen und diese in eine Queue packen? Wozu die magischen Truhen, wenn sie für die Hälfte der Herstellungsprozesse nicht eingesetzt werden können? Hier könnte Keen Games mit nur wenig Änderungen die Zugänglichkeit deutlich verbessern.
Fazit
Trotz einiger Kritikpunkte kann ich am Ende des Tages Enshrouded klar empfehlen. Das Spiel ist zwar noch in der Early Access-Phase, jedoch bereits ohne Einschränkungen oder größere Fehler ganz wunderbar spielbar.
Die Atmosphäre und die tolle Lichtstimmung der Welt sind ein Augenschmaus. Das Fantasy-Adventure-Szenario und die Sandbox Mechaniken greifen hervorragend ineinander.
Mit ein wenig mehr Feinschliff bei den Ausdauermechaniken und ein paar Quality-of-Life Features beim Crafting, sehe ich das Spiel auf einem guten Weg zu einem echten Hit.
Enshrouded ist seit dem 24.01.2024 im Steam-Shop für sehr faire 30€ zu erwerben.