Nachdem unser Redakteur SaHKu sich zu Weihnachten mit 24 Weihnachtsfilmen beschäftigt hat – und leider viel zu viele Plätzchen dabei verdrückt hatte; der platzt bald – hat er langsam genug von der Zeit der Besinnlichkeit und widmet sich einer neuen Reihe, die er jetzt als wöchentliches Special für euch parat hält: Science Fiction Filme, die man unbedingt gesehen haben sollte.
Achtung: Natürlich versuchen wir, die Filme so spoilerfrei wie möglich zu beschreiben; leider ist dies nicht immer möglich. Daher erfolgt nach jedem Trailer in den Artikeln noch einmal der separate Hinweis, dass Spoilergefahr besteht.
Und auch wenn es tatsächlich kindgerechte Filme gibt, die im Science-Fiction Genre angesiedelt sind, sind die meisten der in dieser Reihe vorgestellten Filme NICHT für Kinder geeignet, teilweise sind sie tatsächlich nur für Erwachsene gedacht! Die Altersfreigabe wird in den einzelnen Filme auch noch einmal unter dem Fazit zu sehen sein.
Die Filme sind in loser Reihenfolge aufgeführt, allerdings waren sie alle mitunter prägend für das Genre, boten richtig gute Geschichten oder sind einfach Kult.
Beginnen möchten wir heute mit einem Film, auf den die beiden letzten Punkte zutreffen: alleine mit einem bestimmten Spruch Kult für die Ewigkeit geworden zu sein und gleichzeitig etwas zum Nachdenken zu bieten.
Vorhang auf für John Carpenter’s Sie leben
Handlung
Carpenters Meileinstein des Sci-Fi-Actionfilm mit B-Movie-Charakter ist gleichzeitig ein drängendes Statement zur Reagan-Ära und voll von gesellschaftskritischen Thesen zur Konsumgesellschaft´- relevant wie nie! Außerirdische haben die Erde besetzt. Sie benehmen sich ganz normal und sind optisch nicht von Menschen zu unterscheiden. Nur durch eine Spezialbrille betrachtet, erkennt man ihr wahres Gesicht. Der Gelegenheitsarbeiter John Nada findet eine solche Brille und ist schockiert: Alles deutet auf eine lang geplante Invasion hin, denn Millionen von Aliens bevölkern bereits die Erde. Um den Planeten ungestört ausbeuten zu können, haben sie die Menschen in Hypnose versetzt. Kaum einer kann sich ihrer Gehirnwäsche entziehen. Als sich John einer Untergrundbewegung anschließt, um das Hauptquartier der Wesen zu zerstören, wird er entdeckt. Jetzt machen die Fremden unbarmherzig Jagd auf ihn…
Quelle: amazon.de
Trailer
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Achtung: Trailer ist in englischer Sprache; die deutsche Synchro des Trailers ist grauenhaft 😉
Achtung: Ab hier sind Spoiler des Films möglich!
Hintergrund
Wie in Türchen #19 unsere Weihnachtsspecials bereits erwähnt, waren die 1980er und die 1990er die Zeit der Rock’n’Wrestling Ära, welche dank eines gewissen Hulk Hogan zu einem globalen Phänomen wurde. Kein Kind, welches nicht den Namen eines Hogan, eines Bret Hart oder eines André the Giant kannte.
„Rowdy“ Roddy Piper (†2015) war ebenfalls Teil der Rock’n’Wrestling Ära, er war unter anderem Teil des Main Events der allerersten WrestleMania im Jahre 1985, im Team mit Paul Orndorff gegen Hulk Hogan und Mr. T (kleiner Funfact: die Promotion für WrestleMania I entstand in Zusammenarbeit mit dem damals noch jungen Musiksender MTV).
John Carpenter suchte dann 1987 einen Hauptdarsteller für seinen neuen Film; basierend auf der Kurzgeschichte Eight O’Clock in the Morning von Ray Nelson aus dem Jahre 1963; und fand diesen bei der dritten Auflage von WrestleMania, nachdem dieser dort ein Match bestritt: Roddy Piper.
Carpenter sagte hierzu einmal, dass ihm die Wahl nicht allzu schwer gefallen ist:
Unlike most Hollywood actors, Roddy has life written all over him.
Wrestler und Schauspieler?
Man mag es kaum glauben, aber Roddy Piper war tatsächlich der erste Wrestler, der sich ernsthaft als Schauspieler versucht hatte. Die Nebenrolle von Hulk Hogan in Rocky III (1982) war zwar für den Film essenziell und für den Aufbau von Stallone’s Rocky ganz nett, aber es war trotzdem nur eine Nebenrolle. Piper gebührt die Ehre, der erste Wrestler zu sein, der in einem Mainstream Film – Sie leben debütierte auf Platz 1 der US Kino-Charts – die Hauptrolle innehatte.
Ein Funfact hierzu: Vince K. McMahon – der Besitzer der WW(F)E – wollte nicht, dass Piper den Film macht und versprach ihm, binnen vier Wochen einen anderen Film mit gleicher Bezahlung für ihn zu finden. Piper lehnte ab, verließ die damalige WWF und war anschließend zwei Jahre lang nicht mehr in einem Ring zu sehen. Auf Carpenter’s Nachfrage, wieso er das getan hatte, antwortete Piper, dass McMahon ein Kontrollfreak sei; er dank Carpenter und diesem Film aber doppelt so wichtig für das Wrestling-Business geworden sei.
Bedauerlicherweise starb Piper am 31. Juli 2015 im Alter von 61 Jahren; bis zu seinem Lebensende war er aber ein gern gesehener Gast auf Conventions und drehte weiter fleißig Filme; hauptsächlich im B-Movie Sektor; nach seinem Tod wurde er unter anderem in der Sendung RAW seines einstigen Arbeitgebers WWE mit einem Ten-Bell Salute geehrt. Auch John Carpenter äußerte sich schockiert nach Piper’s Tod: Devastated to hear the news of my friend Roddy Piper’s passing today. He was a great wrestler, a masterful entertainer and a good friend.
Hot Rod
Die Story von Sie leben ist dank der obigen Handlung ja schon erzählt. Was den Film aber so gut macht, ist u.a. die Kritik an der Konsumgesellschaft und natürlich: seine Hauptdarsteller.
Klar: heute hat man einen Dwayne Johnson und einen Dave Bautista; in den 1990ern einen Hulk Hogan; aber Roddy Piper spielte die Rolle des Nada richtig gut und steckte einen Hogan schauspielerisch locker in die Hosentasche.
Man nimmt diesem Mann tatsächlich ab, ein einfacher, hart arbeitender Mann zu sein, der plötzlich in eine unmögliche Situation gerät: zu entdecken, dass das Leben aller Menschen eine Illusion ist; erzeugt von Außerirdischen, die die Menschheit als Vieh hält und sie manipuliert, um die Erde auszubeuten.
Eine gewisse Ähnlichkeit zum späteren SciFi Meisterwerk Matrix (1999) lässt sich bei dieser Beschreibung der Situation in Sie leben nicht leugnen; auch wenn es sich im Falle von Matrix um Maschinen und eine künstlich erzeugte Realität handelt.
Als zweiten Hauptdarsteller gewann Carpenter den Schauspieler Keith David, welcher Frank verkörpert. Mit David arbeitete er bereits im Film Das Ding aus einer anderen Welt (1982) zusammen. Carpenter suchte einen Darsteller, der nicht nur als traditioneller Sidekick funktioniert, sondern auch allein zurechtgekommen wäre. In David hatte er diesen Charakter gefunden und schrieb die Rolle speziell für ihn.
An dritter Stelle steht Meg Foster – die berühmt für ihre strahlend blauen Augen ist und z.B. als Evil-Lyn im Kult-Trashfilm Masters of the Universe (1987) zu sehen war – welche die Reporterin Holly spielt, die von Nada entführt wird.
In der Nebenrolle des Gilbert – dem Anführer des Widerstandes – ist Peter Jason zu sehen, welcher im ersten Mortal Kombat Film aus dem Jahre 1995 (Review hier) Master Boyd verkörpert hat.
I have come here to chew bubblegum…
Man kann mit Sicherheit sagen, dass die Filme von John Carpenter selten den Geschmack der breiten Masse erreichen; von Halloween (1978) einmal abgesehen, der schon zu Beginn an zum absoluten Horrorkult wurde, ein ganzes Franchise begründete und eine gewisse Jamie Lee Curtis zur Screamqueen machte.
Allerdings – und das passiert einem Regisseur selten – sind mit wenigen Ausnahmen die meisten Filme Carpenters zum Release von den Kritikern meist zerrissen, über die Jahre – und dank Video- und DVD-Auswertung – aber zum Kult geworden; darunter Filme wie
- Das Ding aus einer anderen Welt (1982, mit Kurt Russell und Keith David, der in Sie leben die Co-Hauptrolle hat)
- Christine (1983, basierend auf einem Roman von Stephen King)
- Big Trouble in Little China (1986, ebenfalls mit Kurt Russell)
- Vampire (1998, mit James Woods und Maximilian Schell)
So ist auch Sie leben ein Film, der wie alle seine Filme erst im Laufe der Jahre zum Kult wurde. Heute zählt John Carpenter zu Recht zu den einflussreichsten Filmschaffenden aller Zeiten.
…and kick ass!
Eine der besten – und bekanntesten – Szenen in Sie leben ist die Prügelei zwischen Piper’s Nada und Frank (gespielt von Keith David), welche unter anderem fast 1zu1 in einer South Park Episode (S05E03, Krüppel Keile [eng. Cripple Fight]) zitiert wurde. Dieser Kampf dauert im Film fünfeinhalb Minuten, während die Vorbereitungen und Proben alleine dieser Szene drei volle Wochen in Anspruch genommen haben. Ursprünglich nur als kurze Sequenz gedacht, beschlossen Piper und David, dass sie den Kampf richtig austragen; gefaked waren nur die Schläge ins Gesicht und die Leistengegend. Carpenter war von der Szene so beeindruckt, dass er sie in ihrer kompletten Länge im Film beließ.
Für das Storytelling war diese Szene optimal; Frank – welcher glaubt, dass Nada einfach nur ein sinn- und hirnloser Mörder ist, ihn aber nicht verpfeifen will – möchte nur seine Ruhe haben; während Nada ihn davon zu überzeugen und warnen versucht, dass etwas Großes vor sich geht und ihn dazu bringen will, die Sonnenbrille anzuziehen, mit der er die Wahrheit sehen kann.
Und genau so stellt man sich eine echte Straßenprügelei doch vor: hin und her; manchmal ein bisschen unfair mit Tritt in die Weichteile und Beißen; fast so wie kleine Kinder. Die Szene ist aber absolut spaßig, weil sich beide Seiten nichts schenken. Definitiv ein größerer Prügelspaß als der ganze Street Fighter Film mit Jean-Claude Van Damme; glaubt uns das!
Synchronisation
Man mag es kaum glauben, aber die deutsche Synchro dieses Films ist ganz gut gelungen. Manfred Lehmann – die deutsche Standardstimme von Bruce Willis – leiht Roddy Piper in diesem Film die Stimme, und diese passt zu ihm. Wer aber der englischen Sprache mächtig ist, sollte sich den Film im O-Ton anschauen.
Fazit
Ein Film, welcher dank seiner Story, seiner Kritik an der Konsumgesellschaft und der Reagan-Ära; seinem B-Movie Charme und seines coolen Hauptdarstellers zu Recht zu den Kultfilmen von John Carpenter wurde.
Altersfreigabe
Dieser Film ist in Deutschland ab 18 Jahren freigegeben.
SciFi Movie-Special