Tokyo Underground Killer Test/Review

    Tokyo Undeground Killer von Gone Shootin und 3DM Games ist ein First-Person-Cyberpunk-Actionspiel, in dem man mit Katana und Schusswaffen in Tokios Unterwelt agiert und als Auftragskiller Missionen erfüllt. Das Spiel kombiniert schnelle, taktische Kämpfe mit überraschend detailreichen Alltagsmomenten und hat sich für mich nicht nur als spannendes Action-Erlebnis, sondern auch als eine Art Lebenssimulation in Shinjuku herausgestellt. Besonders interessant ist, dass es sich hierbei um ein in Japan entwickeltes Projekt handelt. Phoenix Game Productions aus Osaka zeichnet für die Entwicklung verantwortlich, während 3DM Games und Gone Shootin das Publishing übernommen haben. Die Mischung aus hyperrealistischen Elementen wie Love-Hotel-Werbung oder Idolshops und bewusst künstlich wirkenden Cyberpunk-Bausteinen schafft eine verstörend authentische, zugleich surreale Spielwelt.

    Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

    Mehr Informationen

    Ein Auftragskiller in Shinjuku

    Der Einstieg erfolgt mit einem in grobem Comicstil inszenierten Intro, das sofort einen markanten Ton setzt. Im futuristischen Tokio liefern sich zwei Yakuza-Fraktionen, die Gokuraku-gumi und die Tsubasa-gumi, einen erbitterten Kampf. Der Spieler übernimmt die Rolle von Kobayashi, einem gefürchteten Killer, der im Auftrag dieser Syndikate arbeitet. Kobayashi besitzt ein mit Blut betriebenes Katana und vampirische Fähigkeiten, die ihm den Spitznamen „Vampir von Shinjuku“ eingebracht haben. Nach einem kurzen Tutorial beginnt direkt die erste Mission: das Attentat auf einen gewissen Shinohara. Tokyo Underground Killer ist ein Action-Plattformer in der Ego-Perspektive, bei dem der Nahkampf mit der Klinge im Vordergrund steht. Die Steuerung ist klassisch: Linksklick für einen Hieb, Rechtsklick für die Parade, die Steuerungstaste für Ausweichmanöver. Zusätzlich können unterwegs gefundene Schusswaffen eingesetzt werden, wodurch Nah- und Fernkampf abwechslungsreich kombiniert werden.

    Besonders hervorzuheben sind die sogenannten Blood Skills. Mit den Tasten Q und E lassen sich Spezialfähigkeiten aktivieren, sobald die Leiste gefüllt ist. Diese wird durch das Sammeln von Blutressourcen gefallener Gegner aufgeladen. Die Skills reichen von EMP-Schocks, die Feinde betäuben, bis hin zu mächtigen Angriffen, die Gegner durch die Luft schleudern. Ein präzises Timing erlaubt es sogar, die Leiste sofort wieder aufzufüllen, was taktisches Geschick belohnt. Das Spiel erinnert optisch und atmosphärisch an Ghostrunner, unterscheidet sich aber entscheidend im Gameplay. Während dort ein Treffer den Tod bedeutet, setzt Tokyo Underground Killer auf ein klassischeres System mit Lebenspunkten und Ressourcenmanagement. Die Gegner treten in verschiedenen Varianten auf: einfache Schläger, gepanzerte Widersacher oder Schützen aus der Distanz. Entsprechend ist strategisches Vorgehen gefragt. Schüsse lassen sich mit einem Katanahieb reflektieren, während schwer gepanzerte Gegner mit der Schrotflinte zerlegt werden sollten.

    Zwischendurch bieten Bento-Läden Gelegenheit, die Lebensenergie zu regenerieren, das Spiel zu speichern und neue Fähigkeiten freizuschalten. Diese Shops sind absichtlich absurd inszeniert, manchmal sogar mitten in öffentlichen Toiletten, und Kobayashi stopft dort mit Hingabe Würstchen und Eier in sich hinein. Am Ende jeder Mission wartet ein Bosskampf, der jeweils eigene Mechaniken und Angriffsstrategien mitbringt. Wer hier nicht zögert, seine Blood Skills einzusetzen, wird mit spektakulären Finisher-Sequenzen belohnt. Nach dem Sieg folgt eine comichafte Cutscene, in der Kobayashi den unterlegenen Gegner mit einem coolen Spruch endgültig erledigt. Anschließend wird der Score berechnet, abhängig von Killanzahl, Spielzeit und Schwierigkeitsgrad, ein klarer Anreiz für erneute Durchgänge.

    Zwischen den Aufträgen: Shinjukus Nachtleben

    Besonders überraschend ist der Umfang, den das Spiel den Ruhephasen zwischen den Missionen einräumt. Kobayashis Apartment dient als Ausgangspunkt. Hier stapeln sich Müllsäcke, leere Blutampullen und gleichzeitig Prospekte über ein potenzielles neues Leben in Okinawa. Man bekommt das Gefühl, einem heruntergekommenen Killer zu folgen, der trotz seiner düsteren Existenz von einem Ausweg träumt. Im Apartment gibt es zahlreiche Interaktionsmöglichkeiten. Man kann Sammlerstücke begutachten, die Waffe gestalten, eine Zigarette auf dem Balkon rauchen oder sogar sinnlos den Wasserhahn laufen lassen. Wer möchte, schaut sich auf VHS obskure Snuff-Videos an. Doch das wahre Herzstück liegt außerhalb der Wohnung. Shinjuku erwacht nachts zum Leben. Hier gibt es Läden, Bars, Spielhallen und Casinos, die alle besucht werden können. Wer Geld übrig hat, kauft im Idolshop TK69 Merch oder gönnt sich fragwürdige VHS-Filme im Hinterzimmer. Wer knapp bei Kasse ist, versucht sein Glück im illegalen Glücksspiel, bei Pachinko oder in einer Spielhalle mit VR-Herausforderungen.

    Ein besonders witziges Highlight ist das Minispiel als Türsteher in einem Club. Gäste stürmen mit wildem Geschrei herein, und Kobayashi muss sie im richtigen Moment aus dem Weg schlagen. Klingt simpel, ist aber unterhaltsam und sorgt für Abwechslung. Um zur nächsten Mission zu gelangen, fährt man mit der U-Bahn, wo ein korrupter Stationsmitarbeiter Schmiergeld verlangt. Wer seine Yen verschleudert hat, muss sich neue Einkünfte suchen. Auch das zeigt: Selbst ein gefürchteter Killer muss irgendwie seinen Lebensunterhalt finanzieren. Die Gestaltung von Shinjuku erinnert an die Yakuza-Serie, doch der schräge Stil der Charakterdarstellung weckt gleichzeitig Assoziationen zu Paradise Killer. Manche Locations wirken hyperrealistisch, andere überzogen künstlich, fast wie ein Tribut an Blade Runner. Genau diese Mischung aus echter Großstadt und stilisiertem Cyberpunk verleiht Tokyo Underground Killer seinen einzigartigen Reiz.

    Fazit

    Tokyo Underground Killer ist ein wilder Ritt durch ein grelles, brutales Cyberpunk-Tokio. Das Kampfsystem macht enorm Spaß, weil es Geschwindigkeit, Präzision und taktische Möglichkeiten geschickt miteinander verbindet. Die Blood Skills sorgen für spektakuläre Momente und abwechslungsreiche Kämpfe. Besonders die Bossgegner bleiben in Erinnerung, da sie mit individuellen Mechaniken und cleverem Design überzeugen.

    Doch das Spiel lebt nicht nur von seinen Kämpfen. Die Interaktionen in Shinjuku, das düstere Nachtleben und die vielen kleinen Details im Apartmentalltag von Kobayashi verleihen der Erfahrung zusätzliche Tiefe. Mal erinnert das Ganze an Yakuza, mal an Ghostrunner, bleibt aber stets eigenständig. Nicht jede Idee ist perfekt umgesetzt. Die visuelle Überladung ermüdet mitunter die Augen, und manche Levels wirken zu ähnlich. Dennoch ist Tokyo Underground Killer ein ungewöhnliches, mutiges Actionspiel, das seine Eigenheiten stolz zur Schau stellt. Wer Cyberpunk, schnelle Kämpfe und schräge Spielwelten liebt, sollte einen Abstecher in Shinjukus Unterwelt unbedingt wagen.