Immer mehr europäische Regisseure zieht es nach Hollywood – und dort empfängt man sie mit offenen Armen! Ein überzeugendes Drehbuch ist jedoch entscheidend, wenn es darum geht, die Europäer über den großen Teich ins Filmland der unbegrenzten Möglichkeiten zu locken. Aus den Kontinent-übergreifenden Produktionen entstehen so Filme, die mit starkem Script, versierten Hauptdarstellern und authentischer Tiefe aufwarten können. Filme mit dem gewissen Etwas, die dem Publikum und den Kritikern gleichermaßen gefallen. In der letzen Zeit konnten sich „Drive“, „Cloud Atlas“ und „Dead Man Down“ als gelungene europäisch-amerikanische Produktionen hervortun. Aber, was hat Ryan Gosling an „Drive“ interessiert, Natalie Portman mit „Cloud Atlas“ zu tun und den Regisseur von „Stieg Larsson – Verblendung“ nach Hollywood bewegt?
Das dänische Hollywood-Debüt von „Drive“
Ein bislang wenig bekannter dänischer Regisseur sorgte 2011 mit seinem ersten Hollywoodfilm für Aufregung in den Riegen der Filmkritiker. Die Rede ist von Nicolas Winding Refn, der mit „Drive“ hartgesottene Filmfans und abgebrühte Filmjournalisten gleichermaßen in wahre Begeisterungsstürme versetzte. Neben dem erstklassigen Drehbuch, das auf der gleichnamigen Buchvorlage von James Sallis basiert, konnten hochkarätige Schauspieler verpflichtet werden. Der Produzent Marc Platt holte zuerst Ryan Gosling ins Boot, der sofort von der Hauptfigur und der Liebesgeschichte beeindruckt war. Gosling durfte eigenhändig den Regisseur aussuchen und entschied sich für den Dänen Refn. Dieser nahm das Angebot aus Hollywood an und besetzte die weiteren Charaktere rein nach seinem Bauchgefühl, indem er Carey Mulligan und „Breaking Bad“-Star Bryan Cranston zu sich nach Hause einlud und kein klassisches Vorsprechen veranstaltete – wie es zum Beispiel auch Kultregisseur David Lynch zu tun pflegt. „Drive“ überzeugte mit coolen Look und der interessanten Besetzung und wird als eines der gelungensten Hollywood-Debüts der letzten Jahre gesehen.
Natalie Portmans Setlektüre „Cloud Atlas“ wird zum Indie-Hit
Es ist nicht ungewöhnlich, dass auch große Filmschauspieler am Set immer wieder lange Wartezeiten überbrücken müssen und darum in der Drehpause die Nase in ein Buch stecken. Dass aus den Literaturvorlieben der Stars aber gleich wieder neue Vorlagen für Kinofilme entstehen, ist weniger häufig. Am Set von „V wie Vendetta“ geschah 2005 aber genau das: Natalie Portman las David Mitchells „Der Wolkenatlas“ und war sich dabei nicht bewusst, dass sie gerade das neue Herzensprojekt der Wachowski-Geschwister in den Händen hielt. Das Regisseur-Duo war vom Roman mit den vielen verwobenen Geschichten sofort angetan und kontaktierte den deutschen Regisseur Tom Tykwer, um mit ihm zusammen das neue Filmprojekt auf die Beine zu stellen. Tykwer sagte zu und die drei schrieben gemeinsam das Drehbuch. Für die Hauptrollen verpflichteten sie unter anderem Tom Hanks und Halle Berry und brachten 2012 den Film gemeinsam auf die internationalen Kinoleinwände. „Cloud Atlas“ ist die bisher teuerste deutsche Produktion und weltweit einer der teuersten produzierten Independentfilme. Das deutsch-amerikanische Werk ist aktuell im Rennen um den Deutschen Filmpreis 2012 – mit guten Chancen zu gewinnen.
Niels Arden Oplevs starke Filmvorlagen von „Stieg Larsson – Verblendung“ zu „Dead Man Down“
Letztes Jahr begab sich nach Refn ein weiterer Däne ins filmische Hollywood-Exil. Niels Arden Oplev heißt der Mann, der 2009 durch die originale Verfilmung von „Stieg Larsson – Verblendung“ weltweit bekannt geworden ist. Durch diesen Erfolg öffneten sich dem Regisseur die Türen nach Hollywood und Oplev wurde mit gut 250 Drehbüchern umwoben, bis er mit „Dead Man Down“ ein überzeugendes Stück Filmvorlage präsentiert bekam. Oplev war vom Fleck weg begeistert: „Da steckt unheimlich viel drin, die Figuren haben eine ungewöhnliche Tiefe, es ist eine fantastische Mischung, die wie gemacht ist für ein großes Publikum, aber auch an künstlerischem Anspruch einiges zu bieten hat.“ Nach dem Regisseur fanden sich auch schnell die beiden Hauptdarsteller Colin Farrell und Noomi Rapace. Beide zeigten sich vom Drehbuch ebenso begeistert wie Oplev, wie die schwedische Hauptdarstellerin erzählt: „Als ich es las, traf es mich mitten ins Herz. Ich war wie versteinert.“ Und der gebürtige Ire Farrell erläutert: „Mir gefielen einfach die Figuren und die Situationen, in denen sie sich wiederfinden. Mir gefiel sogar die Geographie, wo meine Figur wohnt und wo Beatrice lebt, die örtliche Nähe und der gegenseitige voyeuristische Aspekt, mit dem ihre Beziehung ihren Ausgang nimmt. Das erinnerte mich an Hitchcock, und das gefiel mir.“
Oplevs vielversprechender Großstadt-Thriller präsentiert sich mit einer düsteren Atmosphäre und starken visuellen Bildern, die einige Kritiker auch an „Drive“ erinnert. Die spannenden Schicksale um Obsession, Rache und Vergebung können ab sofort im Kino mit verfolgt werden.
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