Star Wars, Halo, Star Trek – um ein paar der bekanntesten Science-Fiction-Größen zu nennen – haben alle eines gemeinsam: Sie bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit durch Raum und Zeit.
Wir finden ihn überall: Den Hypenraum, den Subspace und wie sie von diversen Autoren genannt werden. Dennoch ist es im Grunde genommen die Möglichkeit, schnell zu reisen. In Zeiten, in denen die Menschheit sich in den unendlichen Weiten des Universums bewegen, ist das natürlich von großem Vorteil.
Und genau darum geht es auch im Buch „Das Netz der Sterne“ von Andreas Brandhorst.
Das Netz der Sterne ist ein Science Fiction Roman, der 2019 bei Piper erschien.
Klappentext
In die unbekannten Weiten des Universums vorzustoßen – das ist der Job der Kartografen bei Interkosmika, dem Konzern, der die interstellaren Reisen zwischen den Sternen kontrolliert. Tess ist eine solche Kartografin, doch nicht freiwillig, denn sie muss bei Interkosmika die Schulden ihrer Familie abarbeiten.
Und sie weiß, dass ihre Mission alles andere als einfach wird. Denn ihr Auftrag führt sie in eine Region, aus der noch keiner lebend zurückgekehrt ist …
Mit »Das Netz der Sterne« stößt Andreas Brandhorst das Tor zu einer neuen Welt auf – ideal für Brandhorst-Fans und Neueinsteiger!
Review
Zum Stil und zur Geschichte
Das Netz der Sterne ist vergleichsweise leichte Science Fiction-Kost. Es ist relativ locker geschrieben, lässt sich gut und schnell lesen und ist damit, vor allem, für Neueinsteiger oder diejenigen Lesenden geeignet, die sich nicht gleich mit Hard Science Fiction, starkem naturwissenschaftlichem Einfluss und hohen Konstrukten von Gesellschaft, Reisen durch das All und anderen Elementen befassen möchten.
Entsprechend ist auch die Geschichte aufgebaut.
Zum Aufbau
Zu Beginn treffen wir auf Tess Velazca die auf Rosengarten lebt. Sie bezieht mit ihrer Familie ein relativ großes Anwesen, das seit Generationen im Familienbesitz ist. Sinclair, ihr bester Freund und engster Vertrauter, spielt in der Geschichte am Anfang eine große Rolle. Man merkt ihm seine Hingabe und seine enge Verbindung zu Tess an.
Die eigentliche Geschichte beginnt in dem Moment, als Interkosmika das Obligat der Familie an Tess übergibt, da ihre Schwester zur Fahnenflüchtigen wurde. Ihre Schwester, die die Schulden ihrer Familie im Dienste von Interkosmika abarbeiten sollte, verschwindet ohne eine Nachricht. Die Aufgabe, die Familienschulden zu begleichen, fällt nun Tess zu.
Sie steht vor der Wahl, Jahre unter der Hand Interkosmikas zu dienen, oder aber als Kartografin zu arbeiten und damit die Jahre zu verkürzen. Sinclair, der sich selbstlos opfert und mit ihr in den Dienst der Institution tritt, trägt maßgeblich dazu bei, dass sich ihre Dienstzeit rapide verringert.
Die Krux an der Sache: Kartografen leben in der Regel nicht sehr lange. Sie dokumentieren nicht einfach nur Planeten und schreiben Karten. Nein! Ihre Aufgabe ist es, unbekannte Abschnitte der Galaxie zu bereisen und zu erschließen, indem sie dort Empfangsstationen für die Schienen erstellen, auf denen die Raumschiffe durchs All gleiten und die Hypersprünge durchführen. An und für sich klingt das erst einmal, als sei es eine recht einfache Aufgabe – schließlich haben Kartografen alle Hilfsmittel zur Hand, die die Technik hergibt. Dennoch ist es das Unbekannte und nicht selten auch das Unberechenbare des Universums, dass den Risikofaktor so extrem hoch hält.
Die erste Reise
Auf ihrer ersten Reise durch das All, die Tess und Sinclair mit dem alten Hasen von Kartografen Horace antritt, landen sie unverhofft in einem unbekannten Fleck der Galaxie. Sie kamen an einem Ort raus, an dem sie gar nicht haben hinfliegen wollen. Der Grund: Ein Notsignal vom Planeten.
Im unmittelbaren Austrittspunkt des Trios befindet sich zudem ein altes Raumschiff, das mehrere hundert Jahre alt ist. Zerstört geistert es dort im All um den Planeten herum. Im Herzen trägt es die tausend toten Besatzungsmitglieder und Passagiere. Augenscheinlich alles Reisende, die den unbekannten Planeten erkunden sollten. Schon bald aber bekommt der Planet einen Namen: Zuflucht. Wie eine Zuflucht entpuppt sich der Planet jedoch nicht. Sinclair, der sich auf eine Aufklärungsmission begibt, um den Sender zu finden, der sie in erster Linie dorthin brachte, verschwindet dort auf dem Planeten. Tess, die ganz verzweifelt und aufgelöst ist, reist mit Horace hinterher. Erfolglos, denn sie finden nur leere Häuser, die bereits von der Natur zurückerobert werden – aber keinen Sinclair. Auf was sie jedoch stoßen, ist ein merkwürdiges Schiff, das sich auf den ersten Blick nicht von der Welt abzuheben scheint. Erst, als Tess es berührt, gibt es ein Lebenszeichen von sich. Kurz darauf geschehen unerwartete Dinge, die Tess‘ Leben abermals auf den Kopf stellen.
Zu den Charakteren
Tess Velazca oder später Tess Sagitarius Rosengarten wirkt auf den ersten Blick wie eine interessante Persönlichkeit. Nicht nur ist sie eine weibliche Protagonistin, die man selten in Science Fiction Romanen antrifft (zumindest die, die ich bisher gelesen habe), sie folgt eigentlich ganz anderen Zielen. Denn: Tess ist eine begabte Sängerin, der eigentlich eine glorreiche Karriere bevorsteht. Ihre Reise sollte sie eigentlich an die Universität nach Harmonie bringen, wo sie Musik studieren wollte. Dennoch kommt alles anders als erwartet und ihr Leben nimmt mit einem Schlag einen komplett anderen Verlauf.
Statt auf Harmonie Musik zu studieren und sich ihrem Gesang zu widmen, wird sie Kartografin und setzt damit ihr Leben aufs Spiel.
Soweit, so gut. Schließlich braucht eine Geschichte immer einen Anfangspunkt, an dem erst einmal alles bergab geht. Dieser beginnt in Das Netz der Sterne genau hier. Statt ihre Schwester zu begrüßen und eine freudige Wiedervereinigung der Familie zu feiern, muss Tess sich Interkosmika verpflichten, damit ihre Familie das Haus nicht verliert, in dem sie auf Rosengarten leben.
Tess gibt sich dem nahezu widerstandslos hin. Sie ziert sich ein wenig, beugt sich dann jedoch. Und das zieht sich durch das gesamte Buch.
Es ist schwer, mit Tess warm zu werden, eine Bindung zu ihr aufzubauen. Dasselbe gilt für Sinclair. Sinclairs Charakter bietet so viel mehr Platz, als er eigentlich bekommt. So wirkt er fade und lediglich so, als wäre er nur das Opferlamm, um Geschehnisse zu rechtfertigen und Tess‘ nicht vorhandenen Charakter-Arc ein wenig nach vorn zu treiben.
Horace, der alte Kartograf, der die beiden Grünschnäbel Tess und Sinclair anweist, ist ein kauziger Typ, den man gleich irgendwie gern hat. Leider stirbt auch er einen recht schnellen Tod und wirkt dadurch auch wieder wie ein Opferlamm, um Tess‘ Charakter-Arc nach vorn zu treiben und zu rechtfertigen, was daraufhin mit Tess geschieht.
Zwischenfazit Charaktere
Im Allgemeinen wirken die Charaktere ein wenig blass und leblos. Tess fehlt es an Kampfgeist. Sie begehrt kurz auf, bevor sie sich ihrem Schicksal nahezu kommentarlos beugt. Etwas, das sehr schade ist, denn die gesamte Story liefert an so vielen Stellen exakt dieses Potential. Das würde eine richtige Charakterentwicklung hervorrufen. Das hätte dazu geführt, dass man mit ihr leidet, mit ihr fühlt, sich mit ihr freut. Leider wurden diese Ausfahrten verpasst.
Die fremde Lebensform
Die außerirdische Lebensform, die Sinclair, Tess und Horace entdecken, wirkt mehr wie ein Schatten und ist, ehrlich gesagt, wenig spektakulär oder neu. Es handelt sich dabei um ein unförmiges, schwarzes Geschöpf mit lichtleuchtenden Augen, das Tess auf dem Planeten Zuflucht, dem ersten Planeten, den sie und ihre beiden Begleiter, auf der gemeinsamen Reise durchs All kennenlernen, begegnet. Dieses Geschöpf begleitet sie von dort an und lässt sie dann und wann in die Zukunft schauen. Schnipsel, die aber schon bald nicht mehr passen können.
Fazit
Wenn das die Zukunft der Menschheit sein soll, möchte ich in der Zeit nicht leben. Interkosmika beherrscht die Menschen nahezu und gerät man in die Lage, in ihrer Schuld zu stehen, ist es unmöglich, sich aus der Misere zu befreien.
Das Netz der Sterne ist ein flüssig lesbarer Roman, der sich offensichtlich an eine Leserschaft richtet, die nicht so tief in neue Welten eindringen möchte, dass explizite technische Erklärungen, gefühlt hohe Mathematik und naturwissenschaftliche Kenntnisse notwendig sind.
Das ist leider auch an der geringen Komplexität der Charaktere und des Weltenbaus ersichtlich.
An einigen Stellen schweift Autor Andreas Brandhorst etwas zu sehr ab, fängt sich dann wieder und damit auch den Lesenden. Die Story weist einen wellenhaften Spannungsverlauf auf. An einigen Stellen will man unbedingt weiterlesen, man will wissen, worum es geht, aber dann folgt ein extremer Einbruch, der von Ausschweifungen gezeichnet ist. Gerade hier dauert es, bis die Geschichte wieder Fahrt aufnimmt, was das Lesevergnügen stört.
Alles in allem lässt sich aber festhalten, dass es sich hierbei um einen soliden Roman handelt, der besonders für Neueinsteigende oder generell Neugierige auf das Genre Science Fiction abholen kann. Für alteingesessene und bereits erfahrene Leser in diesem Genre kann es hingegen zu sehr langweiligen und langwierigen Passagen kommen. Daher fällt es auch schwer, eine eindeutige Wertung zu geben. Letztlich pendelt es sich auf guten 3 Sternen ein, weil es eben für eine Zielgruppe sicherlich eine sehr interessante und angenehme Leseerfahrung sein kann.
Anmerkung der Redaktion: Es handelt sich hierbei um ein Rezensionsexemplar, das der Redaktion von Game2Gether zur Verfügung gestellt wurde. Eine Einflussnahme auf die Bewertung seitens des Verlages oder des Autors fand nicht statt. Es handelt sich darüber hinaus auch um die einzelne Bewertung des Redakteurs und spiegelt keineswegs die Meinung der gesamten Redaktion wider.