Ein derart bewegendes Schicksal wie das von Natascha Kampusch zu verfilmen, ist selbst für erfahrene Filmemacher eine enorme Herausforderung. Der Film, der den Titel 3096 TAGE (Kinostart 28.02.2013) trägt, ist zu Bernd Eichingers letztem großen Projekt geworden, das er leider nie komplett vollenden konnte. Die Regisseurin Sherry Hormann (WÜSTENBLUME) inszenierte die Geschichte um Natascha Kampusch behutsam und ohne Effekthascherei.
Die folgenden Fakten sollen den Hergang der damaligen Ereignisse noch einmal verdeutlichen und basieren hauptsächlich auf dem Buch von Natascha Kampusch „3096 Tage“:
· 2. März 1998: Natascha Kampusch ist 10 Jahre alt, als sie auf dem Schulweg von dem arbeitslosen Nachrichtentechniker Wolfgang Priklopil in einen weißen Lieferwagen gezerrt wird. Der Entführer will kein Lösegeld, er will das Mädchen besitzen. Unter seinem Haus in einer bürgerlichen Wohnsiedlung hat Priklopil ein geheimes Verlies ausgehoben, um sie dort einzusperren. Für die nächsten achteinhalb Jahre werden die 2 mal 3 Meter zu Nataschas karger Gefängniszelle.
· Das Osterfest 1998 fällt auf den 12. April. An diesem Tag erfährt die kleine Natascha von ihrem Entführer, dass er sie nicht aus ihrem Verließ freilassen wird. Er erzählt ihr, dass sich ihre Eltern nicht bei ihm melden würden und sich offenbar nicht für sie interessieren.
· Priklopil wechselt im Laufe der Gefangenschaft immer wieder seine Rollen. Im Herbst 1998 zeigt er sich von seiner fürsorglichen Seite, indem er versucht Nataschas Verlies wohnlicher zu gestalten. Sie darf sich eine Wandfarbe aussuchen und entscheidet sich für ein zartes Rosa. In dieser Farbe streicht Priklopil später auch sein Wohnzimmer, um keine auffälligen Farbreste im Haus zu haben.
· Frühjahr 1999: Priklopil wird immer ungehaltener, wenn Natascha von ihren Eltern spricht. Schließlich verbietet er ihr, ihre Eltern zu erwähnen und von Dingen zu erzählen, die sie vor der Gefangenschaft erlebt hat. Vater, Mutter, Neffen, Lehrer und Schulfreunde… alles wird Tabu. Das Mädchen soll glauben, er habe sie von ihrem Leben vor der Gefangenschaft befreit. „Du hast keine Familie mehr. Ich bin deine Familie. Ich bin dein Vater, deine Mutter, deine Oma und deine Schwestern. Ich bin jetzt alles für dich. Du hast keine Vergangenheit mehr“ bläut er ihr ein.
· Spätherbst 1999: Natascha soll ihre alte Identität nun vollkommen ablegen. Der Täter befiehlt ihr, sich einen neuen Namen auszusuchen. Sie blättert in ihrem Kalender durch die Namenstage und wählt den Namen, der direkt nach Natascha eingetragen ist: „Bibiana“
· 2001: Immer wieder wird Natascha brutal vom Täter zusammengeschlagen. Als sie mit 13 die Küchenplatte nicht schnell genug säubert, tritt Priklopil ihr so heftig gegen das Steißbein, dass sie gegen die Kante geschleudert wird und ihr die Haut am Hüftknochen aufplatzt. Trotz der starken Blutung schickt er sie ohne Verband ins Verließ und attackiert sie in der kommenden Zeit weiter gezielt an dieser Stelle.
· 2004: Natascha hat während ihrer Gefangenschaft mit ständigem Nahrungsentzug zu kämpfen. Mit 16 wiegt sie nur noch 38 Kilo bei einer Körpergröße von 1,57m.
· Ihr Tagebucheintrag vom 20.08.2005 zeigt, welchen Grausamkeiten Natascha ausgesetzt ist: „Wolfgang schlug mich mindestens drei Mal ins Gesicht, stieß mir ca. 4 Mal das Knie ins Steißbein und einmal gegen das Schambein. Er zwang mich vor ihm niederzuknien und bohrte mir einen Schlüsselbund in den linken Ellenbogen, wovon ich einen Bluterguss und eine Schürfwunde mit gelblichen Ausflusssekret davontrug. Dann kommt noch Anschreien und Quälen dazu. Sechs Fausthiebe auf den Kopf“
· Am 23. August 2006 gelingt Natascha aus eigener Kraft die Flucht, weil Priklopil die Gartentür offen gelassen und sich einige Meter von ihr entfernt hat, um einen Telefonanruf entgegenzunehmen. Er nimmt sich noch am selben Tag das Leben.
· Am 06. September 2006 gibt sie ihr erstes Interview für das ORF, welches von Fernsehsendern auf der ganzen Welt ausgestrahlt wird.
· Im September 2010 erscheint ihr bewegendes Buch „3096 Tage“ und landet auf der Spiegel-Bestsellerliste.
· Am 12.Oktober 2011 wird eine Kinderkrankenstation auf Sri Lanka eröffnet, deren Errichtung Natascha Kampusch ermöglicht hat.
Bernd Eichinger und Constantin Film beschlossen 2010 gemeinsam mit Natascha Kampusch, ihre Geschichte auf die Leinwand zu bringen. Es geht vor allem darum, nach all den Medienspekulationen und Politskandalen, die der Entführungsfall ausgelöst hatte, zu erzählen, was wirklich geschehen ist. Nach vielen persönlichen Gesprächen mit Natascha Kampusch und umfangreichen Recherchen begann Bernd Eichinger 2010 mit dem Schreiben des Drehbuchs. Nach seinem plötzlichen Tod im Januar 2011 vollendete Ruth Toma das Buch. Am 28.02.2012 wird dieser Film mit dem Titel 3096 TAGE nun in den deutschen Kinos starten.
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