TOM HIDDLESTON spielt LOKI in MARVEL’S THE AVENGERS
FRAGE: Waren Marvel Comics in Ihrer Jugend ein Thema?
TOM HIDDLESTON: Ich hatte den Beano und den Dandy gelesen, aber das wichtigste – und ich übertreibe nicht! – waren die Marvel Hero Super Villain Top Trumps Spielkarten. Ich war damals etwa acht oder neun und das war meine Sammlung. Sie waren großartig! Man hatte einen Stapel Marvel Super Hero oder Duper Villains Spielkarten mit bestimmten Angaben über ihre Fähigkeiten und die wurden an alle Spieler verteilt. Und dann suchte man sich die beste Fähigkeit von z.B. Thor und der Mitspieler musste mit seinem Spiderman dagegenhalten. Thor schlug Spiderman natürlich, aber Spiderman hatte in Sachen Beweglichkeit die besseren Werte. So – das war meine Kindheit im Marvel-Universum! Und natürlich spiele ich immer noch jeden Tag… haha.
FRAGE: Man munkelt, es habe eine Szene gegeben, in der Sie Chris Hemsworth gebeten haben, Sie tatsächlich zu schlagen?
TOM HIDDLESTON: Das stimmt! Das war ein guter Einfall. Wir drehten gerade den entscheidenden Kampf zwischen Thor und Loki auf der Brücke des Stark Towers. Ich hatte meinen Helm auf und der Dreh zog sich schon den ganzen Tag hin. Also waren wir beide schweißnass, völlig überhitzt und absolut fertig. Dann kam der Part, wo beide ihre Waffen fallen lassen, mit den bloßen Händen kämpfen und es richtig zur Sache geht. Also sagte Joss, wir sollten uns wie zwei Brüder kloppen – nur wuchtiger. Aber er nahm uns die Szene nicht ab, denn er fand, dass es aussah, als würden wir nicht richtig zuschlagen – aber wir konnten einfach nicht mehr! Diesen Effekt bewirkten auch die Kostüme.
Die Glaubwürdigkeit einer Kampfszene hängt stark von den Reaktionen der Fighter ab. Normalerweise wirft man Kopf und Nacken nach hinten – aber wegen des Helms konnte ich mich kaum bewegen und daher wirkte es, als schlüge mir Chris gar nicht wirklich ins Gesicht. Aber genau das wollten wir! Joss forderte, die Szene zu wiederholen und uns mehr anzustrengen. Also bat ich Chris darum, mir ordentlich ins Gesicht zu hauen. Er fragte, ob ich das ernst meinte und ich sagte ja! Das war großartig! Am Ende dieses Takes war Joss dann endlich zufrieden. Noch bin ich ja jung und fit genug, um an so etwas meinen Spaß zu haben.
FRAGE: Können Sie uns etwas über die Szene erzählen, in der The Hulk Loki aufmischt?
TOM HIDDLESTON: Da haben wir uns ein klein wenig von den Special Effects helfen lassen! (lacht) Das war ein toller Dreh! Im Endeffekt ist es ein aufwändig konstruierter Gag. In etwa 60 oder 70 Prozent der Szenen bin tatsächlich ich zu sehen: ich hatte also wirklich eine Leine am Knöchel befestigt, an der drei gigantische Typen aus Albuquerque zogen; mit dem Effekt, dass ich aus dem Bild flog und auf dem Rücken landete. Einen ganzen Nachmittag lang musste ich zum Beispiel so hoch wie möglich springen und in verschiedenen Positionen auf dem Boden landen.
FRAGE: Ursprünglich hätten mehrere Bösewichte im Film vorkommen sollen. Waren Sie froh, als man sich dazu entschied, sich auf Loki zu beschränken?
TOM HIDDLESTON: Und wie! Es war so wie bei jedem neuen Job: In der ersten Stunde nach der Zusage ist man total aufgeregt. Dann aber setzt die Panik ein, wenn Dir einfällt, wie viel Arbeit auf Dich zukommt. Aber ich empfand das Projekt von Anfang bis Ende als Privileg und bin mir des Vertrauens, das Joss und Marvel in mich gesetzt haben, auch voll bewusst. Damit drückten sie auch ihre Zufriedenheit mit meiner Leistung als Loki in der ersten Thor-Verfilmung aus. Sie glaubten fest daran, dass ich auch beim zweiten Mal alles geben würde. Natürlich fand ich es auch spannend, die Figur weiterzuentwickeln und seine finsteren Instinkte tiefer auszuloten. Kurzum: es war großartig!
FRAGE: Sie wissen schon, dass sich kleine Kinder von nun an vor Ihnen fürchten werden?
TOM HIDDLESTON: Naja, im echten Leben sehe ich Loki ja nicht wirklich ähnlich, also hoffe ich, dass sich die Kids auch nicht vor mir fürchten werden. Höchstens, wenn ich mal die Hörner aufsetze! (lacht)
FRAGE: Liegt der gruselige Effekt darin, dass Sie Loki mit einem Lächeln spielen?
TOM HIDDLESTON: Danke! Er hat seinen eigenen Charme. Er ist ja nicht der Gott der Bedrohung oder der Gott des Chaos‘, sondern er ist schließlich der Gott des Unfugs und ein echter Kobold. Die Schelmenhaftigkeit macht es so amüsant. Joss ermahnte mich immer, bedrohlicher, barbarischer und gefährlicher zu wirken und gleichzeitig Spaß daran zu haben.
FRAGE: Was ist mit Lokis Zepter?
TOM HIDDLESTON: Ich fühlte mich wie ein Kind, das mit Spielzeugpistolen schießt. Wir versuchten uns einen Rückstoß wie bei einer Pistole vorzustellen – dass also beim Zurückziehen die Energie vorne raus schießt. Wir hatten das sogenannte „Heldenzepter“ und das „Stuntzepter“. Das „Heldenzepter“ bestand aus hochglanzpoliertem Messing mit einer scharfen Metallschneide und in die Seite eingravierten nordischen Runen. Das „Stuntzepter“ war aus Gummi und natürlich wesentlich leichter – damit ich Chris Hemsworth auch damit verhauen konnte! (lacht)
FRAGE: Wie empfanden Sie die Interaktion mit den Helden?
TOM HIDDLESTON: Ich behaupte immer, dass Schauspielen wie Tennis funktioniert: Man kann das Spiel nicht vorhersehen, sondern nur auf dem Platz erscheinen und spielen. Die Freude bei der Mitarbeit in diesem Team bestand für mich darin, dass alle absolut großartige Tennisspieler sind und jedes Mal ein vollkommen anderes Spiel spielen. Manchmal treibt man sich gegenseitig zu Höchstleitungen an und das sind auch die tollsten Momente. Natürlich muss vieles vorab geplant sein – die Stunts, die Dialoge, die Story – aber die Chemie zwischen den Darstellern ist das, was ich an der Schauspielerei so liebe.
FRAGE: Empfinden Sie den Erfolg der Avengers als surreal?
TOM HIDDLESTON: Das ist der absolute Wahnsinn, einfach verrückt! Kevin Feige hatte ganz am Anfang des Projekts mal erwähnt, dass er mich gerne dabei hätte. Aber zu dem Zeitpunkt war ich so darauf konzentriert, Thor gut hinzukriegen, dass ich mir gar nicht vorstellen konnte, dass MARVEL’S THE AVENGERS Wirklichkeit werden würde und das mit solchem Erfolg. Dieser Film ist eine Spitzenleistung des Studios. Also ja – ich finde es wirklich surreal.
Aber noch immer fühle ich mich der Person, die die anderen Schauspieler dieses Casts einst als Fan bewunderte, sehr nah. Ich empfinde es also Glück schon jetzt mit so vielen meiner Helden gearbeitet zu haben. Natürlich habe ich gelernt, dass es wenig bringt, vor Ehrfurcht zu erstarren. Dennoch war ich bei Samuel L. Jackson und Robert Downey Jr. erst einmal hin und weg, denn die waren die absoluten Superstars meiner Teenagerzeit. Sie spielten in den Filmen, die ich mir anschaute, als ich begann, über ein Leben als Schauspieler nachzudenken. Und noch immer sind sie total nett, normal und neugierig auf das, was das Leben so bringt.
FRAGE: Waren Sie sich dessen bewusst, dass man in dem Loki-Kostüm leicht zur eigenen Parodie abrutschen könnte?
TOM HIDDLESTON: Ja, und ich bin mir gar nicht mehr so sicher, wie ich das umgehen konnte. Wahrscheinlich hatte ich mir ohnehin darüber schon Sorgen gemacht und mich deshalb extrem diszipliniert mit allen Einzelheiten der Szenen beschäftigt.
FRAGE: Wie ging es Ihnen nach diesen langen Drehtagen voller Actionszenen?
TOM HIDDLESTON: Ich ließ mich einige Male massieren. Für alle Beteiligten war das eine lange Zeit voller körperlicher Belastungen. Meist waren es vier oder fünf Tage mit Actiondrehs und dann kam am sechsten Tag eine große Dialogszene. Natürlich mussten wir uns fit genug halten, um uns nicht durch die Stuntszenen völlig zu ruinieren. Wir zogen uns alle einige Kratzer und Beulen zu. Solch einen Film dreht man nicht ohne ein paar Blessuren.
FRAGE: Wird man als Bösewicht von den Guten während des Drehs ausgeschlossen?
TOM HIDDLESTON: Bei allen Blockbustern herrscht beim Dreh eine große Heimlichtuerei – und auch dieser Film trug einen Codenamen, nämlich Group Hug, also Gruppenumarmung. Ich bin froh, sagen zu können, dass ich von diesem Group Hug nicht ausgeschlossen wurde.
FRAGE: Wie halten Sie sich im Alltag fit?
TOM HIDDLESTON: Ich laufe leidenschaftlich gern. Viele Leute laufen sehr ungern und hassen auch mich deswegen. Aber ich sehe es als tägliches Training, das mir den Kopf freimacht. Ich laufe jeden Tag zwischen 6,5 und 13 Kilometer. In 2000 bin ich sogar beim London Marathon mitgelaufen, mit einer Zeit von drei Stunden und 42 Minuten. Dabei habe ich sogar den früheren Olympia-Silbermedaillengewinner Roger Black überholt – leider wurde ich wiederum von einem Typen geschlagen, der ein Orinoco the Womble (britischer Kinderfilmklassiker) Kostüm anhatte. Der Tag war also eine Mischung aus Triumph und Schande.
Mehr von Tom Hiddleston gibt es in MARVEL’S THE AVENGERS ab 13. September 2012 auf DVD, Blu-ray und 3D Blu-ray sowie als Download zu sehen!