Am 4. November 2010 enthüllte Microsoft eine Peripherie für die Xbox 360, die die Spielerwelt auf den Kopf stellen sollte – nach eigener Aussage. Nintendo begann auf der Wii mit dem Bewegungstrend der Spieler, Microsoft wollte einen Schritt weiter gehen und das klassische Gamepad komplett aus der Hand der Spieler verbannen. „Du bist der Controller“, so der einschlägige Werbeslogan und der Spieler selbst sollte als Steuerung im Videospiel fungieren.
Ein Jahr ist nun vergangen und wohin hat uns Kinect geführt? Fassen wir also zusammen.
Der weltweite Launch von Kinect fand Anfang November statt. Entgegen vielen Kritikern stellte sich recht schnell eine ziemlich gute Erfolgsquote bei den Konsumenten ein. Bereits 10 Tage nach dem Verkaufsstart meldete Microsoft, dass schon jetzt 1 Millionen Kinect-Einheiten verkauft wurden. Bis Ende 2010 wollte man 5 Millionen Geräte an den Mann und die Frau bringen.
Mit 11 Starttiteln war man eigentlich gut gewappnet für den Start, aber nur Harmonix’s Dance Central schaffte einen passablen Metascore von 82. Nur zwei weitere Titel (Kinect Sports und Kinectimals) schafften einen Metascore von über 70 und der Rest (Sonic Free Riders, Ubisoft Motion Sport, usw.) landete bei einem Score von 50 oder drunter. Plötzlich befürchteten viele Spieler eine ähnliche Geschichte wie bei Nintendo’s Wii: Etwas Neues, Einzigartigesmit einem hervorragendes Potential, aber nur mittelmäßige Titel machen den Durchbruch einfach zu nichte.
Trotz dieser Befürchtungen gingen die Verkaufszahlen der Hardware nicht zurück. Wo Microsoft noch mit 5 Millionen Absätzen bis Ende 2010 plante, erreichte man verblüffende 8 Millionen Absätze in den ersten 60 Tagen. Kinect war eins der am heißesten begehrten Spielzeuge für das Weihnachtsgeschäft. Die Medien berichteten im Akkord und auf Youtube schossen selbst gedrehte Homevideos mit Kinect wie Pilze aus dem Boden.
Neben dem guten Lineup gelangen es aber Microsoft und den Third-Party-Herstellern leider nicht, für einen konstanten Flow an Spielen für Kinect zu sorgen. Weder im Dezember 2010, noch im Januar 2011 gab es auch nur ein neues Spiel für Kinect. Zwischen Februar und September diesen Jahres fanden 15 Kinect-Spiele den Weg ins Regal – zu wenig. Dem zu Trotz verkaufte sich die Hardware weiterhin gut. Man knackte die 10 Millionen Marke im März 2011.
Im Herbst gab es dann wieder Titel, die einen recht guten Metascore einfahren konnten. The Gunstringer erhilt 76, Die Sesamstraße: Es war einmal ein Monster erhilt 81 und Dance Central 2 sogar 86. Dennoch bleibt eins klar: Es sind zu wenige Spiele und die bisherigen Titel kommen durch die Bank weg zu schlecht davon.
Zusammengefasst haben wir 45 exklusive Kinect-Spiele im letzten Jahr serviert bekommen. 27 davon erhielten einen Metascore von 70 und drunter, 10 Spiele erreichten eine Wertung 70+. die 10 fehlenden Spiele erhielten erst gar keinen Metascore und wurden auch kaum von der Spielewelt beachtet, sowohl in Verkaufszahlen als auch in entsprechenden Reviews. Neben diesen Spielen gab es noch 11 Titel, die optionale Kinect-Unterstützung anboten. Aber diese Unterstütztung war entweder absolut schlecht umgesetzt (Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 2) oder völlig überflüssig (Forza Motorsport 4).
Jetzt könnte man anhand dieser Fakten argumentieren, dass Kinect auf dem sterbenden Ast sitzt, aber die Hoffnung sollte man dennoch nicht aufgeben. Zusätzlich zu den kommenden „familienfreundlichen“ Spielen (Kinect Disneyland Adventures, Kinect Star Wars, usw.) haben sich die Entwickler vorgenommen, auch endlich die Hardcore-Gamer mit Spielen zu versorgen. Erste Eindrücke konnten wir auf der E3 2011 einfangen, wo Microsoft die Kinect-Unterstützung für Mass Effect 3 und Ghost Recon Future Soldier demonstrierte und in der Demo schien die Steuerung auch gut zu funktionieren.
Darüber hinaus werkeln einige bekannte Spielschmieden an exklusiven Titeln für Kinect. Suda51 entwickeln gerade einen nicht näher bezeichneten Actiontitel mit hohem Gewaltfaktor, Grasshopper entwickeln Diabolic Pitch und Lionhead sitzen an Fable: The Journey. Capcom möchte über Kinect der Serie Steel Battalion wieder neues Leben einhauchen und selbst Crytek arbeiten an einem Spiel namens Ryse – ein First-Person-Shooter mit Hack ‚N Slash Elementen.
Es bleibt abzuwarten, ob die genannten Spiele oder auch andere Kinect zu dem machen, was sich viele davon erhoffen. Nehmen wir 2011 als Maß, dann bleibt jedenfalls eine Menge Skepsis zurück. Zwei Dinge sollten Microsoft und die Partner für die Zukunft beachten. Es darf nicht in einer Spieleflut wie bei Nintendo’s Wii enden, wo 90% aller Spiele Scores von 50 und drunter erhalten. Und man sollte Abstand vom Gimmik-Charakter nehmen: Weniger kleine Minispiele und mehr Titel mit guten Gameplay sollte der Weg sein.