Metro 2033 startete vor ziemlich genau 3 Jahren seinen überraschenden Siegeszug und flimmerte bei Millionen von Zockern über die Bildschirme. War der erste Teil noch an den gleichnamigen Roman von Dmitri Glukhovski angelehnt, schlägt Metro: Last Light jetzt einen eigenen Weg ein. Wir haben uns zurück in die düstere Unterwelt Moskaus gewagt und sind sichtlich begeistert.
Als THQ vor wenigen Monaten Insolvenz anmelden musste, war das schon ein kleiner Paukenschlag. Abgesehen von den vielen Arbeitsplätzen standen auch einige Spiele vor dem Aus, u.A. eben auch Metro: Last Light. Letztlich sprang Publisher Deep Silver aber schnell in die Bresche und übernahm die Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Entwicklerteam 4A Games. Ein lohnenswerter Deal.
In Metro: Last Light verschlägt es uns natürlich wieder in die stickige Unterwelt von Moskau. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass ihr das Setting von Metro nicht kennt: Das Spiel strickt den Grundgedanken des Kalten Krieges in einer fiktiven Zukunft fort. Jedwedes Kriegstreiben mündete an seinem Gipfel in einen atomaren Nuklearschlag, der die Oberfläche verwüstete und folglich unbewohnbar machte. Die Überlebenden flüchteten tief unter die Erde, entdeckten Stollen und Tunnel als strahlenfreien Lebensraum und gründeten so ihre neue Existenz in den endlos langen U-Bahnschächten Moskaus.
Es ist wohl unnötig zu erwähnen, dass es zwangsweise zu Spannungen zwischen den einzelnen Gruppierungen kommen musste, so eng zusammengepfercht sie dort unten ihr Leben fristeten. Und als wären das nicht schon genug Probleme, tauchten in Metro 2033 dann auch noch zu allem Überfluss die sogenannten Schwarzen auf.
Im Regelfall endete Metro 2033 mit der Auslöschung jener Schwarzen. Hartgesottene Spieler konnten allerdings mit viel Geduld, Verstand und Geschick deren Überleben retten und das Spiel mit einem alternativen Weg beenden. Metro: Last Light setzt seinerseits kurz nach dem Ableben der „Black Ones“ an. Wer sich also damals die Mühe machte und Stunden in das alternative Ende investierte, der hatte zwar ein unglaublich erhabenes Gefühl, für Metro: Last Light hat dieses Ende allerdings Null Relevanz. Das mag im ersten Moment schade sein, ist aber letztlich der einzig richtige Schritt in den Start des Nachfolgers.
Metro: Last Light setzt nur kurz nach den Ereignissen von Metro 2033 an. Die Bedrohung durch die Schwarzen scheint abgewendet, aber die unterschwellig brodelnden Konflikte alle Gruppen unter Tage drohen zu eskalieren. Kein Wunder, denn auf engsten Raum prallen sie ständig aufeinander, die Kommunisten und Neo-Nazis, die Händler und Diebe, die religiösen Anhänger und die Ungläubigen. Dazwischen versucht die Zivilbevölkerung einfach nur zu überleben. Und mittendrin ist Artjom.
Wie schon in Metro 2033 schlüpfen wir auch in Metro: Last Light in die Rolle des Artjom, Kind des Untergrundes und Anhänger des Ordens. Wo wir uns damals gegen eine von außen kommende Macht in Form der Schwarzen behaupten mussten, steht dieses Mal der interne Konflikt im Vordergrund, es geht um zerrüttete Machtverhältnisse und eine zerrissene Gesellschaft. Und irgendwie scheinen die Schwarzen doch noch nicht so wirklich ausgerottet zu sein…
Und schon sind wir mitten im Spiel angekommen. Bereits nach den ersten Minuten steht fest: Metro: Last Light ist genauso ein Erzähl-Shooter wie 2033. Und die Spielwelt ist wieder einmal atemberaubend – wortwörtlich. Man bewegt sich durch die engen Gänge und ist immer dazu verleitet, den umherstehenden Menschen bei ihren Gesprächen zu lauschen. Da wird philosophiert, hier versucht ein Händler etwas mehr Kapital aus seinen Waren zu erzielen, dort spielen Kinder und flitzen leichtfüßig durch das Bild. Die gezeigte Emotionswelt der Figuren steht dabei im gleichen Kontrast, wie die Strukturen der Gesellschaft ansich. Diese belebte und authentisch gespiegelte Unterwelt macht von vorne bis hinten einfach Spaß und lädt zum Entdecken, in erster Linie aber zum Eintauchen ein.
Die Gestaltung der unterirdischen Tunnel- und Schienensysteme führt beim Spieler zu einem permanenten Gefühl der Beklemmung. Stockdüstere Gänge werden durch kleine Lichtquellen sporadisch erhellt, Staub liegt in der Luft. Die Atmosphäre ist dabei so dicht, dass man das modrige Holz vor seinen Füßen förmlich riechen kann. Es wäre fast sogar perfekt, aber eben nur fast, denn mal wieder fehlt eine Kleinigkeit: Unser guter Artjom ist nämlich leider immer noch ein so verschwiegener Typ, dass er lediglich in den Zwischensequenzen zu Wort kommt, im Spiel selbst ist er völlig stumm. Wie schon in 2033 ploppt ein kleines Fragezeichen über unseren Köpfen auf. Warum? Die Szenerie ist so liebevoll gestaltet und bietet mehr als genug Potential, aber unser Protagonist bleibt wortkarg. Das ist schade, zumal die Gedankenwelt von Artjom in den Zwischensequenzen ja oft genug erhellt wird.
Zum Glück tut das der eigentlichen Geschichte keinen wirklichen Abbruch, zumal diese so konstant vorangetrieben wird, dass man kaum Zeit zum Luftholen hat. Anders als bei 2033 trifft Artjom Entscheidungen jetzt wesentlich direkter. Karma-Punkte gibt es in dieser Form nicht mehr und alle alternativen Wege sind direkt ersichtlich. Stirbt der Kollege oder nicht – so in etwa. Für Entschleunigung sorgen unterwegs meist die Passagen auf der Oberwelt, die uns etwas ausgedehnter erscheinen als beim Vorgänger. Und dann kommt es fast unweigerlich dazu, dass man sich kurz sicher fühlt und schwups sorgt ein gescriptetes, aber geschickt inszeniertes Ereignis dafür, dass wir wieder mitten drin sind im Krieg.
Diesen Krieg kann man eigentlich nur mit Waffengewalt bestehen, im Falle von Metro: Last Light trifft das aber nicht ganz zu. Grundsätzlich lässt sich das komplette Spiel auch beenden, ohne einen einzigen Schuss abgefeuert zu haben. Letztlich machte uns der Mix aus Schießerei und Schleich-Einlagen aber den meisten Spaß. Hier muss nochmals das kluge Design der recht gradlinigen Spielwelt gelobt werden. Wann immer man sich umsieht oder einen Plan ausheckt, Metro: Last Light gibt es oft einfach her, diesen auch umzusetzen. Laufwege der Feinde können studiert werden, um dann im richtigen Moment aus der Deckung in den Schatten zu huschen. Dann wiederum die Entscheidung: Warte ich ab und krieche gleich in die nächste Deckung? Schleiche ich mich an den Gegner und töte ihn lautlos? Oder sollte ich doch besser das Feuer auf den Trupp eröffnen, weil alle Feinde gerade so ahnungslos beisammen stehen?
Wie auch immer, Metro: Last Light lässt Tür und Tor offen, die Entscheidung liegt stets beim Spieler. Mitunter sollte man sich aber auf die KI Kollegen einstellen, die teilweise sonderbar reagieren. Im Schatten sehen sie uns so gut wie nie, selbst wenn sie nur 1 Meter neben uns stehen und Löcher in die Decke starren. Im nächsten Moment plötzlich agieren kleinere Trupps aber so überaus sinnvoll, dass man fast schon Angst bekommt. Ein Beispiel: 3 Feinde stehen vor uns, den ersten erledigen wir aus sicherer Distanz mit einem platzierten Kopfschuss. Ab jetzt sind natürlich seine Genossen alarmiert und während der eine sein Sperrfeuer auf uns eröffnet, rennt der andere zur Alarmanlage. Ist dieser wiederum in seiner Deckung angekommen, feuert er aus allen Rohren auf uns, so dass sein Kamerad jetzt Zeit für einen Sprint in die nächste Deckung hat. Quer durch das ganze Spiel ist die KI in der Gesamtsumme durchwachsen, in einzelnen Situationen aber variiert sie von strohdoof bis hochintelligent. Mit steigendem Schweregrad steigt in erster Linie die Treffsicherheit merklich. Harte Kerle können sich am Ranger Modus probieren, der in Form eines Codes jedem Erstkäufer von Metro: Last Light (First Edition) beiliegt. Hut ab, der Schweregrad ist äußerst zünftig!
Nach den ersten Feuergefechten fällt das erneuerte Waffenhandling positiv auf. In Metro 2033 war der Umgang je nach Ballermann etwas umständlich, die Streuung groß und vereinzelt ziemlich sperrig in der Verwendung. Metro: Last Light hat ein merklich überarbeitetes System, die Gefechte laufen jetzt viel flüssiger und einheitlicher ab, es fühlt sich „natürlicher“ an. Dabei darf man natürlich auch nach Herzenslust seine Wummen modifizieren. Ein Schalldämpfer etwa wirkt Wunder, ein größeres Magazin kann nie schaden und mit einem verbesserten Lauf fährt man immer gut.
In der von uns gespielten Version für Playstation 3 merkt man, dass man das Letztmögliche aus der Konsole rausgekitzelt hat. Die Grafik wirkt einfach prächtig, das düstere Ambiente ist vortrefflich inszeniert und klaustrophobische Gefühle sind ein ständiger Wegbegleiter auf unserer Reise. Dem gegenüber wirkt die Optik im Vergleich mit einem aktuellen PC ziemlich trist und fast schon pixelig. Das tut dem Spielspaß in keinster Weise etwas ab, wir wollten es zur Vollständigkeit nur erwähnt haben. Gelegentlich kommt es hier und da zum berühmten Tearing-Effekt und auch die Framerate geht gelegentlich leicht in die Knie. Die deutsche Synchronisation bekommt zwar keinen Oskar, ist aber durch die Bank mehr als solide und kann problemlos empfohlen werden. Im englischen O-Ton kommen Gefühlsausbrüche und das komplette Ambiente aber eine Ecke schöner rüber, so dass hier die Wahl letztlich beim Spieler selbst liegt.
[box_info]Metro: Last Light ist für PC, Xbox 360 und Playstation 3 im Handel erhältlich. Für unseren Test nutzen wir die Version für Playstation 3. Das Spiel kann als First Edition bei Amazon.de bestellt werden.[/box_info]Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Fazit
Metro: Last Light führt uns erneut in die grausamen Abgründe von Moskau und eigentlich können wir dem Entwickler nur gratulieren: Das habt ihr alles sehr gut gemacht. Auch ohne direkte Romanvorlage spielt sich Metro: Last Light flüssig, logisch und durchdacht. Herausragende Features sind die hervorragende Inszenierung der Unterwelt, irre lange Schienenkomplexe mit zig Möglichkeiten zur Entdeckungsreise, staubige Kanäle, weiter Oberflächen und vor allen Dingen die nie aufkommende Langeweile. Wenn wir etwas an Metro: Last Light zu kritisieren haben, dann wären das nur 2 Dinge: 10 Stunden Spielzeit sind recht hart an der Grenze und warum ist Artjom immer noch still? Die Spielzeit wird durch die kommenden DLCs natürlich noch in die Höhe getrieben, aber für diese muss man dann auch wieder ein paar Taler springen lassen. Blendet man diese beiden Kritikpunkte aus, dann haben wir hier einen richtig guten Story-Shooter, der authentisch daherkommt und den Spieler wie in einem Sog mit nach unten zieht. Für die Zukunft wünschen wir uns mehr solcher intelligenten Shooter, die sich durch kluge Ideen und geschicktes Storytelling vom Einheitsbrei absetzen. Für Solo-Spieler sagen wir deshalb: Kaufen – oder besser купить!