inFamous Second Son – Test / Review

    Weck die Superkräfte in Dir! inFamous Second Son von Sucker Punch soll spielerisch und technisch demonstrieren, welches Potential in Sonys neuer Konsole Playstation 4 steckt. Wir haben uns im Spiel auf nach Seattle gemacht und mal so richtig auf den Putz gehauen. Welchen Eindruck wir dabei von inFamous Second Son bekommen haben, könnt ihr hier in unserem Test erfahren.

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    Unseren Hauptcharakter Delsin lernen wir schon ganz früh im Spiel als lässigen Draufgänger mit Anarcho-Gedanken kennen. Er sieht es nicht so ganz eng mit Vorschriften und Gesetzen, steigt spontan auf ein Hausdach und sprayt seine Botschaften quer über Propagandaplakate. Sein Gehabe sorgt bei seinem älteren Bruder Reegie für Kopfzerbrechen, er steht nämlich auf der Seite des Gesetzes und verdient seine Brötchen als Cop. Die kleine Familienfehde wird prompt durch einen Zwischenfall unterbrochen: Mitten ins beschauliche Reservat crasht ein Gefangenentransporter, die inhaftierten Bioterroristen alias Conduits fliehen. Fix eilen die beiden Brüder zum Unfallort, wo Delsin in Kontakt mit einem der Conduits gerät – und sich prompt die Kräfte auf ihn übertragen. Was nun folgt ist die mehr oder weniger unglückliche Aneinanderreihung von Zufällen, die Delsin immer mehr zu einem mächtigen Conduit heranwachsen lassen.

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    Die Vorgeschichte in inFamous Second Son geht also im Grunde darum, wie Delsin an seine Fähigkeiten gelangt und diese für sich zu nutzen lernt. Dabei nimmt uns das Spiel langsam an die Hand und führt uns Stück für Stück in die Steuerung und die grundlegenden Spielweisen ein. Die ersten Superkräfte können bereits nach wenigen Spielminuten schon eingesetzt werden. Und dann dauert es auch nicht lange, bis wir auf den obligatorischen Widerstand treffen. Eine Regierungsorganisation namens DUP hat den gnadenlosen Kampf gegen die Conduits aufgenommen und macht mit den Bioterroristen kurzen Prozess. Als Delsin mitbekommt, wie die Anführerin der DUP, die übrigens selbst ein Conduit ist, einen Gefangenen in Stein verwandelt, kommen ihm erste Zweifel, wer hier die eigentliche Gefahr ist. Als dann auch noch Übergriffe auf die Bewohner des Indianerreservats folgen, platzt ihm der Kragen. Sein Gemüt ist ja ohnehin schon freiheitsliebend und auflehnend, was liegt da also mehr auf der Hand, als die neuen Kräfte im Kampf gegen die DUP zu nutzen?

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    Mit Delsin machen wir uns dann auf nach Seattle, wobei beide Brüder eine unterschiedliche Auffassung von der Vorgehensweise haben. Reegie setzt eher auf Verhandlungen mit der DUP, aber das ist Delsin schlicht egal. In Seattle angekommen erleben wir die Stadt im Ausnahmezustand. Die DUP hat ganze Arbeit geleistet und in der Bevölkerung Angst und Schrecken gegenüber den Conduits gestreut. Entsprechend hochgerüstet und gut bewacht zeigt sich die Stadt. Schon beim Eintritt durch die Sicherheitskontrollen fallen wir auf und die Hatz auf Delsin beginnt. Die Einwohner reagieren entsprechend verstört zunächst auf uns, im Spiel jedoch können wir diese Ängste immer weiter abbauen.

    Das liegt dann an unserer grundsätzlichen Spielweise: Entscheiden wir uns für den Kampf um Gerechtigkeit (Gut) oder sind wir gnadenlos der Stadt gegenüber (Böse). Mit jeder Entscheidung bewegt sich das Gemütsbarometer entsprechend in eine Richtung. Das sieht im Spiel dann etwa so aus, ob wir gescholtene Bürger heilen oder einfach sterben lassen, ob wir Soldaten, die sich ergeben, KO schlagen oder hinrichten. Fast jede Entscheidung trägt zur späteren Charakterentwicklung von Delsin bei. Hier sammelt inFamous Second Son in Hinblick auf den Wiederspielwert schon mal ordentlich Pluspunkte, denn durch die beiden Wege bietet sich ein erneutes Durchspielen an. Je nach eingeschlagenem Weg ergeben sich nicht nur neue Superkräfte, sondern die Missionen weichen in ihren Zielen auch ab. Revolutionär ist das Prinzip zwar nicht, auch die unterschiedlichen Möglichkeiten halten sich im Gesamten betrachtet in Grenzen, aber spaßig ist es allemal.

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    Seattle ist komplett frei begehbar,  wobei der Maßstab der Stadt natürlich nicht dem Original entspricht. 13 Stadtviertel warten darauf, von der DUP befreit zu werden, im Herzen der Stadt sticht immer wieder imposant die bekannte Seattle Needle heraus. Sucker Punch hat die Stadt leb- und glaubhaft inszeniert, überall tummeln sich Menschen, die Gebäude stehen dicht an dicht und der Verkehr tobt. Ein riesengroßer Spielplatz zum Austoben, denn überall gibt es genügend zu entdecken und auch zu erledigen. inFamous Second Son erinnert hier an einen Mix aus Prototype und GTA, wobei letzteres im Umfang der Spielwelt deutlich mehr bietet.

    Auf seinem Streifzug durch die Stützpunkte der DUP setzt Delsin natürlich in erster Linie auf seine Fähigkeiten als Conduit. Zu Beginn stehen uns Rauch-Kräfte zur Verfügung, später folgen noch mächtige Video-,  Neon- oder Beton-Angriffe. Hierzu muss Delsin seine Kräfte zunächst aufladen, qualmende Schornsteine oder Autowracks bieten nützliche Quellen für die benötigte Energie. Alle Fähigkeiten lassen sich im Fähigkeitsscreen dann natürlich auch Upgraden, so dass ein Angriff etwa stärker wird oder die Menge an aufladbarer Energie zunimmt. Für diese Upgrades benötigt Delsin ebenfalls Sammelobjekte in Form von Scherben, die quer über die Karte verteilt sind und tunlichst gesammelt werden wollen. Schade ist, dass man nicht auf gemischte Fähigkeiten im Spiel zugreifen kann, das wäre auch schlicht zu ausufernd für die Buttonbelegung. Also wählt man sich seine bevorzugte Kraft aus und kann dann per Knopfdruck fix zwischen den Grundversionen bei Bedarf wechseln.

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    Während die Hauptmission die Story zunehmend nach vorne peitscht, sorgen die zahlreichen Seitenmissionen für Abwechslung, wiederholen sich aber im Endeffekt zu oft. Teilweise sind die Sidequests auch leider recht nichtssagend und bei einigen Missionen stellt sich eine große Repetition ein. Den größten Vorteil hat man dadurch, dass man einerseits Genugtuung als Spieler erfährt, aber eben auch nützliche Fähigkeitsscherben zur Charakterentwicklung unterwegs findet.

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    Grafisch bekommen wir mit inFamous Second Son einen wahren Leckerbissen geboten. Eine beeindruckende Fülle an Details folgt dem Spieler vom ersten Schritt an bis zum bitteren Ende. Seattle strotzt nur so von Objekten, belebten Straßen und tollen Wetter- und Lichteffekten. Teilweise erwischt man sich mit offenem Mund, wenn Delsin erstmal losgelegt hat und die schicken Kombos butterweich ineinander übergehen. Das alles wird untermalt von einer konstanten Framerate, die zu keinem Zeitpunkt in die Knie geht. Klare Texturen und eine fulminante Weitsicht dominieren das Gesamtbild, unnötig zu erwähnen, dass die Charaktermodelle mehr als ordentlich gelungen sind.

    Beim Sound haben wir wenig Grund zur Beanstandung, lediglich die deutsche Synchronisation hat eine handvoll Aussetzer und wirkt nicht ganz authentisch. Dennoch ist sie richtig gut gelungen und die meiste Zeit hat man in inFamous Second Son den Eindruck, dass die Sprecher einen guten Job erledigt haben. Im Hintergrund säuselt ein stimmiger Soundtrack, der mit guter Dynamik aufwartet und sich nicht unnötig in den Vordergrund drängelt. Toll finden wir, dass die gut gemixten Soundeffekte keine Langeweile aufkommen lassen und sich prächtig ins Geschehen integrieren. Alleine für die Effekte der Fähigkeit „Rauch“ wurden 1024 verschiedene Samples genommen, man kommt also selten in den Genuss sich wiederholender Geräusche.

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    Fazit

    inFamous Second Son braucht eine Weile, bis es so richtig ins Rollen kommt. Dann aber, wenn man in Seattle ankommt und Delsin seine Superkräfte langsam aufmotzt, lässt das Spiel den Tiger raus aus dem Tank. Dank des üppigen Tutorials finden Neulinge sehr schnell und zuverlässig ins Spiel, es bleiben keine Fragen offen. Die Story bietet ausreichend viele Facetten und hält auch die ein oder andere Überraschung parat. Beim Eintritt in die Spielewelt merken wir, dass wir im Next-Gen angekommen sind, die Grafik ist eine Wucht und erlaubt sich so gut wie keine Aussetzer, sieht man von einigen wenigen Clippingfehlern ab. inFamous Second Son erfindet das Rad zwar nicht neu, bietet aber einen guten Mix aus Alt-Bewährtem und Neuem, so dass Frischlinge wie Veteranen gleichsam auf ihre Kosten kommen. Abstriche gibt es eigentlich nur für die Gestaltung der teils schnöden Nebenmissionen und dem sinnfreien Einsatz des Touchpads.

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    Christoph
    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur