Bayonetta 2 – Test / Review

    Ich erinnere mich nicht mehr an viele der zahlreichen Nintendo Direct Ausstrahlungen, aber eine Episode werde ich so schnell nicht vergessen. Es war Im Jahr 2012, als Nintendo in besagter Sendung ankündigte, dass Bayonetta 2 exklusiv für Wii U erscheinen wird. Ein Knaller in gleich doppelter Hinsicht: Erstens rechneten viele Zocker trotz des Erfolgs von Teil 1 schon gar nicht mehr mit einem Nachfolger und Zweitens die erwähnte Exklusivität. Man hörte die Asiaten förmlich rufen „Schaut alle her, die ihr immer so gerne über Big N herzieht. Wir haben sie uns geschnappt, diese hochgelobte Hexe!“

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    Es mag sein, dass die Wii U auf technischem Niveau der Xbox One und Playstation 4 sehr eindeutig unterlegen ist. Aber die Exklusivtitel haben es ausnahmslos alle in sich. Und in diese elitäre Riege gesellt sich neben Zelda, Mario und Donkeyy Kong jetzt also auch die schwarzhaarige Bayonetta. Wer als passionierter Gamer trotz Mario Kart, Smash Bros. und Co. noch immer keine Wii U Konsole zuhause stehen hat, der bekommt jetzt mit Bayonetta 2 ein höchst unmoralisches Angebot, vielleicht doch mal besser über einen Kauf nachzudenken.

    Bayonetta 2 knüpft in der Storyline an Teil 1 an, setzt Kenntnisse des Vorgängers aber nicht voraus. Die kitschige Rahmengeschichte beginnt mit der Rettung von Freundin Jeanne aus der Höllenkluft, führt über weitere Hilfsmissionen und gipfelt im Twist der Story. Zwischendurch lockern Cutscenes die Daueraction auf. Der Mix aus Comicbildern und Rendersequenzen passt ins bunte Treiben und bietet das gewohnte Crossover aus Trash und Erotik im herrlichen B-Movie Stil.

    Die Zwischensequenzen sind noch aus einem anderen Aspekt wichtig. Denn sie sind die einzigen Momente im Spiel, an denen der Spieler kurz durchschnaufen, den Puls beruhigen und die Finger entspannen kann. 16 Kapitel mit 8-10h Spielzeit in denen man unter Strom steht. Bayonetta 2 gibt kaum Zeit zur Entspannung, selbst die Ladebildschirme erweisen sich als reinste Energiebündel.

    Die Steuerung erfuhr nur leichte Modifikationen und das ist auch gut so. Alle der vielzähligen Angriffe gehen wie von Zauberhand binnen weniger Spielminuten in Fleisch und Blut über und die Finger tänzeln förmlich über das Gamepad. Die Dadurch entstehenden Kombos aus Prügel- und Schussangriffen greifen butterweich ineinander und entfachen ein Feuerwerk an Effekten. Neben den imposanten Attacken darf bei aller Angriffslust jedoch nie die Defensive vergessen werden. Der Mix beider Stile bietet einen echten spielerischen Mehrwert und ist für das Überleben ohnehin essentiell. Im richtigen Moment ausgewichen taucht die Umwelt in ein sanftes Lila, alles läuft in Zeitlupe und in diesen kostbaren Sekunden genießt Bayonetta die volle Kontrolle mitten im Chaos. Natürlich dürfen auch die üblichen Specials nicht fehlen. Bayonetta hat wieder einige abgefahrene Spezialangriffe in petto, von der Guillotine bis zur Eisernen Jungfrau, und alle Specials zeichnen den gleichen Stil im Mix aus Sex und Humor. Neu ist der mächtige Umbra Climax, der mit einer komplett gefüllten Magieleiste aktiviert wird. Binnen Sekunden werden Horden von Gegnern durch die extremen Area-Of-Effect Zauber zermalmt, zerquetscht und zerstückelt. Innerhalb der Bosskämpfe sind sie unglaublich wertvoll.

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    Irrer Levelaufbau, abgefahrenes Gegnerdesign … Bayonetta 2 ist ein permanenter Superlativ

     

    Die Art der Standardangriffe richtet sich auch danach, welcher Waffen sich die kurvige Hexe bedient. Mit fortlaufender Spielzeit wächst der virtuelle Waffenschrank zusehens, begonnen bei den bekannten Pistolen, über Schwerter, bis hin zu Flammenkeulen und Kettensägen. Einige Ballermänner werden erst im erneuten Durchspielen freigeschaltet, aber bei der vorliegenden Großartigkeit des Spiels freut man sich ohnehin auf den nächsten Durchlauf – kein Grund zur Sorge also, dass man eine Waffe verpasst. Experimentiert ruhig ein wenig mit den Waffen herum, denn es macht im Ablauf der Kombos durchaus einen Unterschied, ob Bayonetta ein und die gleiche Klinge in den Händen hält, oder aber, ob sie am Schuhwerk montiert sind.

    Als Sahnehäubchen hat in Bayonetta 2 ein Mehrspielermodus Einzug gefunden. Wer also seine SM-Fantasien online in trauter Zweisamkeit ausleben möchte, der ist herzlich dazu eingeladen. Im Test funktionierte der Netzcode stabil und die Spielersuche waren in wenigen Sekunden erfolgreich. Es macht irre Spaß, gemeinsam durch die Level zu wuseln und dabei dem flüssigen und äußerst präzisen Kampfsystem zu frönen. Mit über 50 Koop Missionen ist hier auch stundenlanges Vergnügen garantiert.

    Kommen wir abschließend zu Grafik und Sound. Auch hier sammelt Bayonetta 2 nahezu Bestwerte. Das Spiel läuft von vorne bis hinten vorbildlich flüssig, während sich der Farbeimer voller Regenbogenfarben über jedes einzelne Level ergießt. Das Leveldesign ist irgendwo zwischen abgefahren und halsbrecherisch einzuordnen. Man ertappt sich dabei, dass man in jeden noch so kleinen Winkel linsen möchte um das Level mit einer Platin-Bewertung abzuschließen. Spielermotivation in Höchstform eben. Auch technisch gibt es nichts zu mosern: Keine Bugs, kein Tearing (gerade die PS3-Version von Bayonetta 1 hatte sehr damit zu kämpfen), nichts.

    Der Sound passt wie die Faust auf’s Auge bzw. die Peitsche zur Domina. Ein wirrer Mix aus Japano Pop wird mit seichten Coversongs ala „Fly me to the moon“ abgeklatscht – Wahnsinn. Selbst die Sounds fangen zu keinem Zeitpunkt an, nervig zu werden. Das Ticken der Uhr, während der Umbra Climax läuft, will einfach nicht mehr aus meinem Ohr. Und die Titelmusik schon gar nicht.

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    Erotische Kamerafahrten gehören zum Grundrezept von Bayonetta

     

     

    Fazit

    Ich habe schon eine ganze Menge Spiele rezensiert und habe mich immer darum bemüht, dieses (mittlerweile schon etwas abgenutzte Wort) ‚episch‘ zu vermeiden. Bayonetta 2 lässt mir aber einfach keine andere Wahl, als das Wort episch zu benutzen. Spielt dieses Spiel, koste es, was es wolle! Bayonetta 2 ist ein Lobgesang auf unser Hobby, glaubt mir. Ich bin mittlerweile im dritten Durchlauf und noch immer nicht satt von der schwarzen Hexe.

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    Christoph
    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur