Die unfreundliche Dame im Supermarkt, der wütend hupende Typ an der Ampel und deine Tante, der irgendwie immer kalt ist. Was diese drei gemeinsam haben? Wenn es nach dem Entwickler LEVEL-5 geht, dann gibt es für all diese unangenehmen Phänomene einen Grund: Yo-Kai, kleine bunte Störenfriede, die für all die alltäglichen Probleme verantwortlich sind, die uns das Leben schwer machen. Klingt schon mal ganz spannend, aber ist Yo-Kai Watch, der Spielehit aus Japan, wirklich mehr als ein überhypter Pokémon-Abklatsch? Das verraten wir euch in unserem Test.
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Story
Gleich zu Beginn des Spiels werden wir eigentlich ohne viele Umschweife in die Story geworfen. Doch zuerst dürfen wir zwischen einem männlichen oder weiblichen Charakter wählen – schon mal ein schönes Detail. Kurz danach lernen wir unsere besten Freunde kennen, fangen ein paar Käfer und treffen auf unseren ständigen Begleiter, Whisper, einen Yo-Kai in Geisterform. Er erklärt uns kurz, was Yo-Kai eigentlich sind und gibt uns unser wichtigstes Accessoire, die Yo-Kai Watch. Wie schon oben erwähnt handelt es sich bei den Yo-Kai um kleine, mal mehr oder weniger niedliche Störenfriede, die uns Menschen gerne Streiche spielen. Ihre Fähigkeiten reichen vom Hervorrufen von Depressionen, übersteuerten Glücksgefühlen, Eifersucht oder Schüttelfrost über Dinge wie Schneestürme und Müdigkeit. Natürlich haben Normalsterbliche davon keinen blassen Schimmer, denn sie können die Yo-Kai schließlich nicht sehen.
Da kommt unsere neue Uhr zum Einsatz: Mit ihrer Hilfe können wir Yo-Kai aufspüren und natürlich sehen. Das Ziel besteht selbstverständlich darin, sie zu besiegen und uns dann, in alter Pokémon-Manier mit ihnen anzufreunden. Dazu benötigen wir hier aber keine Pokébälle, Yo-Kai schließen sich uns (des öfteren motiviert durch ihr Lieblingsessen) freiwillig an. Nach unseren ersten Begegnungen schreitet die Story langsam fort und wir erfahren von einigen akuten Problemen, die sowohl die Menschen als auch Yo-Kai belasten. Mehr wollen wir an dieser Stelle aber nicht über die Ereignisse im Spiel verraten.
Die Story an sich ist relativ kurz und überschaubar, wer nur sie spielt, wird dementsprechend eher enttäuscht werden. Zum Glück gibt es aber neben der Hauptmission noch einiges mehr zu tun: Quests, Dungeons, geheime Wege, Käfer fangen, Angeln, seltene Yo-Kai, Sammelaufgaben… Das alles und mehr geschieht fernab der Story und bietet viel Abwechslung. Dabei ist all das optional und jeder Spieler kann entscheiden, welchen Nebentätigkeiten er nachgehen will. Das Spiel läuft im ingame Tagestakt ab, jedoch haben die einzelnen Tage (abgesehen vom Tag/Nacht-Wechsel ) keinen großen Einfluss. Man ist nie unter Druck gesetzt und kann die große Spielwelt nach Herzenslust erkunden.
Besonders gut gelungen ist dabei die Vielzahl an Geheimnissen, die es zu entdecken gibt. Wir bewegen uns hauptsächlich in einer großen Stadt, mit vielen Gassen, Läden, Verstecken und NPCs. All das ist liebevoll umgesetzt, die Orte wirken bewohnt und authentisch und man erlebt so einige lustige Überraschungen. Yo-Kai Watch hat seinen ganz eigenen Humor und Charakter, der jeden Spieler schnell in seinen Bann ziehen sollte. Somit stellt man schnell fest, dass es sich hier absolut nicht um einen Pokémon-Klon handelt.
Gameplay
Mit Yo-Kai Watch ist LEVEL-5 ein Spiel gelungen, an dem alle Altersgruppen Gefallen finden können. Die Spielmechaniken sind schnell erlernt und einfach zu verstehen und doch besitzen sie genügend Tiefgang, um auch ältere Spieler nicht zu langweilen. Ein Beispiel dafür sind die Kämpfe: Man kann jederzeit bis zu 6 Yo-Kai bei sich tragen, wobei immer drei gleichzeitig im Kampf aktiv sind. Wie diese sich verhalten, entscheiden sie selbst – sei es nun ein Angriff, Verteidigung oder ein kleines Nickerchen. Während dem Kampf können wir lediglich nach dem Füllen einer Anzeige Spezialattacken ausführen lassen, die aktiven Yo-Kai austauschen, Angriffsziele bestimmen und Essen oder Items benutzen. Manchmal müssen wir einzelne Yo-Kai auch von negativen Einflüssen befreien. Trotz dem fehlenden Tiefgang machen die Kämpfe Spaß, vor allem weil sie meist schnell und nicht rundenbasiert ablaufen. Haben wir Glück, schließt sich uns nach dem Sieg ein gegnerischer Yo-Kai an.
Ein weiterer Pluspunkt ist, dass man abgesehen von der Hauptstory fast völlig auf Kämpfe verzichten kann, sollten sie einem keinen Spaß machen. Die zahlreichen Nebenmissionen bieten genügend Abwechslung und versorgen uns auch so mit genügend XP. Des Weiteren können wir statt die Gegend mit der Yo-Kai Watch abzusuchen auch einfach Käfer und Fische fangen und so unser Geld verdienen. Den Freiheiten des Spielers sind also kaum Grenzen gesetzt. Etwas negativ fällt hier nur die anfängliche Fortbewegung im Spiel auf, denn man kann nur für begrenzte Zeit schnell rennen, was bei den weiten Laufwegen manchmal doch stört.
Trotz allem stehen die Yo-Kai natürlich im Mittelpunkt des RPGs. Das Trainieren macht Spaß und bietet einige Möglichkeiten, da sich die kleinen Monster auch entwickeln und ‚fusionieren‘ können. Manchmal schafft man es auch beim 20ten Versuch nicht, einen bestimmten seltenen Yo-Kai zu fangen, da freut man sich umso mehr, wenn er sich einem endlich anschließt. Noch mehr Tiefgang erhält dieses System nicht nur durch die über 200 verschiedenen Arten, sondern auch dadurch, dass selbst Yo-Kai derselben Art verschiedene Statuswerte haben. Nicht zuletzt wird im Spieler natürlich ein gewisser Sammelgeist geweckt, denn wer will sie schon nicht alle fangen? Meistens muss man dafür auch aktiv nach den Quälgeistern suchen, denn Random-Encounter gibt es (zum Glück) so gut wie keine.
Die Steuerung und Menus sind zum großen Teil sehr übersichtlich gehalten, mit einer großen und etwas ärgerlichen Ausnahme, der Spielkarte. Es ist nicht immer ganz einfach in der Stadt mit ihr zu navigieren, viele Dinge werden nicht richtig angezeigt – vielleicht aber auch gewollt so, damit mehr nach geheimen Gängen gesucht werden muss. Zudem sei jeder gewarnt, der Mini- oder in diesem Fall eher Micro-Games nicht mag. Diese muss man nämlich andauernd bewältigen, zum Beispiel eine Art Suchspiel zum Finden eines Yo-Kai oder verschiedene kleine Päzisionsaufgaben vor dem Einsatz einer Spezialattacke.
Grafik
Yo-Kai Watch ist wie von LEVEL-5 gewohnt bunt, fröhlich und knuffig. Der 3D-Effekt ist in den Zwischensequenzen ganz schön anzusehen, aber nicht wirklich notwendig. Wer Spiele wie Fantasy Life oder Harvest Moon mag, der wird auch mit der Optik von Yo-Kai Watch etwas anfangen können. Insbesondere die Charaktere und kleinen Anime-Filme wissen zu überzeugen.
Sound
Den Sound als Meisterwerk zu bezeichnen wäre wohl weit gefehlt, trotzdem stört er die meiste Zeit über nicht. Während man in der Welt herumläuft, wiederholt sich dieselbe Musik in Dauerschleife, besser sieht das in den Kämpfen aus. Diese haben eine einprägsame Hintergrundmusik und lassen hin und wieder auch die Yo-Kai selbst zu Wort kommen.
Preis/Leistung
Yo-Kai Watch ist natürlich ein Vollpreistitel und bringt eine dementsprechend umfassende Spielzeit mit sich. Wie schon erwähnt ist die Hauptstory zwar weniger lang, die Nebenaufgaben lassen die Spielstunden aber schnell in den 20ger bis 30ger Bereich wandern. Alles in allem ist das Preis/Leistung-Verhältnis also wirklich gut.
Fazit
Ich muss zugeben, dass ich zu Beginn wirklich die Angst hatte, Yo-Kai Watch würde als eine Art schlechterer Pokémon-Klon enden. Zum Glück ist dem nicht so, denn das Spiel überzeugt mit seinem ganz eigenen Charme und Humor, der gerne Mal für kleinere Lacher sorgt. Es ist gut zu sehen, dass LEVEL-5 sich von typischen RPG-Problemen wie nervigen Random-Encountern und langwierigen, rundenbasierten Kämpfen wegbewegt hat. Ich kann Yo-Kai Watch somit jedem, der auf das Sammeln von Monstern steht und gerne mal ein etwas humorvolleres Spiel dieser Art ausprobieren würde, uneingeschränkt empfehlen. Nur die Minispiele könnten für manche ein Problem darstellen, da sie doch relativ häufig im Spiel auftauchen. Unterm Strich macht Yo-Kai Watch dennoch fast alles richtig und bietet viele schöne Spielstunden!