Wanted: Dead – Test

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    Wir neigen dazu, in Erinnerungen zu schwelgen und das goldene Zeitalter der Videospiele auch hin und wieder zu verklären. Wanted: Dead möchte genau das Feeling dieser good old times erneut auf die Mattscheibe zaubern und bietet klassische Action ohne viel Schnickschnack. Hier im Test erläutern wir euch die Höhen und Tiefen von Wanted: Dead und finden heraus, für wen das Spiel etwas sein könnte.

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    Für diesen Test spielten wir Wanted: Dead auf Playstation 5

     

    Aus der Zeit gefallen

    Videospiele folgen gerne Trends und in Zeiten leistungsstarker Hardware wird oft versucht, eine Sache besser zu machen als die Konkurrenz. Eine noch größere offene Spielwelt, noch mehr Fähigkeiten im Skilltree oder eine noch höhere Detailverliebtheit, wie wir zuletzt in Hogwarts Legacy beispielsweise gesehen haben. Nicht so in Wanted: Dead! Das Spiel reduziert sich selbst in fast allen Belangen und konzentriert sich dabei einzig und allein auf seiner Kerneigenschaft: Das Kampfsystem. Dennoch bietet das Spiel auch abseits der brutalen Action genug Stoff, aus dem waschechte Edel-Trash-Spiele gestrickt sind.

    Wobei es sich hier tatsächlich um die edle Sorte an Trash handelt, denn Wanted: Dead ist schon ordentlich auf Hochglanz poliert. Dennoch verbleibt der Slasher innerhalb des Genres, denn Story, die skurrilen Ausflüge in Nudelshops und Karaokebars, die Dialoge und all das Drumherum erinnern an so manche Produktion der späten 80er und 90er Jahre. Schon allein daran erkennt ihr, ob Wanted: Dead etwas für euch ist oder eher weniger. Ihr müsst ein Faible für diese Art Videospiel haben und wenn ihr das Game als solches nicht ganz so ernst nehmt, dann könnt ihr einen richtig unterhaltsamen Ritt erwarten.

    Das Alles ist von den Entwicklern auch genau so gewollt. Sie selbst haben bereits mit Titeln wie Dead or Alive und Ninja Gaiden genügend Erfahrungen gesammelt und bezeichnen Wanted: Dead als Hommage an die Ära von Dreamcast und Gamecube. Immerhin liegt das Team mit seiner Attitüde nie daneben oder übertreibt es zu sehr. Alles ist absolut stimmig im Gesamtkontext, man kann die Figuren mit all ihren Macken und Dialekten sogar richtig lieb gewinnen.

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    Story

    Schauort des Spiels ist Hong Kong, wo die hiesige Polizei mit allerhand Einsätzen beschäftigt ist, die ihre Fähigkeiten deutlich übersteigen. Ganz im Stile von Suicide Squad werden die Verantwortlichen im örtlichen Gefängnis fündig, genauer gesagt in Leutnant Hannah Stone. Als einstige Soldatin hat sie, nennen wir es mal einige Fehlentscheidungen getroffen, die sie ins Kittchen brachten. Aber für diesen Job ist sie die genau richtige und so wird sie Teil des vierköpfigen Zombie-Teams.

    Ausgestattet mit Schusswaffen und Schwert ziehen wir also mit Hannah von Einsatz zu Einsatz und lehren gegnerischen Ninjas, Androiden und Schwerverbrechern das Fürchten. Und so ganz nebenbei kommen wir einer Sache auf die Schliche, die viel größer ist, als man es anfangs erahnen kann.

    Die Inszenierung, sofern man überhaupt von einer sprechen möchte, ist absolut plump. Meist bekommt ihr vor einem Einsatz ein paar spärliche Info-Happen, mehr aber auch nicht. Außerdem hauen die völlig überzeichneten Figuren ein ums andere Mal tumbe Sprüche raus, die jeden sinnvollen Dialog direkt im Keim ersticken. Ein B-Movie eben und wie bereits oben erwähnt erwartet auch niemand eine super austarierte Geschichte.

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    Mit Sturmgewehr und Katana

    Alle, und damit meinen wir wirklich ausnahmslos alle, Einsätze, die ihr absolvieren werdet, verlaufen linear mit klar definiertem Anfang und Ende. Am Einsatzort angekommen rüstet ihr Hannah aus, üblicherweise mit Sturmgewehr, Pistole und Katana. Ab dann geht es rasant durch schlauchige Levels bis zum finalen Endkampf. Es gibt nur eine Richtung, immer weiter vorwärts.

    Mit Blick auf das Gameplay stellt man schnell fest, dass Wanted: Dead ein Mix aus Shooter und Hack ’n‘ Slash ist. Dem Ganzen wurde noch ein funktionierendes Deckungssystem spendiert, wodurch sogar noch eine taktische Komponente mit ins Spiel einfließt. Ihr könnt also jedwede Situation ganz nach eurem Gusto meistern. Bleibt ihr lieber in sicherer Distanz und feuert die Salven aus der Deckung heraus? Oder doch lieber mitten rein ins Getümmel und das scharfkantige Schwert in Blut tränken?

    Beides funktioniert auf seine Art ganz hervorragend und bietet in der Kombination beider Stile nicht nur viel Abwechslung, sondern steigert euer Freudenlevel. Mitunter lebt der Spielspaß sogar genau davon, dass ihr Nah- und Fernkampf miteinander verschmelzen lasst. Besonders die Schwertkämpfe sind ein kleines Highlight und erinnern an die Braut aus Kill Bill.

    Gekrönt wird das brutale Schlachten durch Kombo-Angriffe, die dem Feind das virtuelle Licht ausknipsen. Klasse, dass die Entwickler auf dieser Art jeden Waffentypus mit einbeziehen und man nicht zu vorschnell zu einer dualen Kombination neigt. Das Buttonlayout macht es euch leicht, die stilvollen Finisher auch immer wieder einzusetzen, denn letztlich reicht meist nur eine Taste dafür aus. Beispielsweise werdet ihr genau deshalb auch recht häufig die Pistole nutzen, da Hannah aus nächster Nähe mit ihr unschlagbar ist.

    Nicht minder cool ist die Tatsache, dass ihr mitten im Kampf mit zig Gegnern eine Granate fallen lassen könnt, nur, um euch fix aus dem Staub zu machen. Das erwähnen wir an dieser Stelle gesondert, da man Granaten üblicherweise nur werfen darf.

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    Eat this!

    Bei den Finishern haben wir herausgefunden, dass diese nicht nur auf einen Gegner, sondern auch auf mehrere übertragbar sind. Heißt, ihr könnt zunächst allen Schurken ihre HP-Leiste in den Keller prügeln und sie dann gleichzeitig per Finishingmove ins Nirvana schicken. Über all dem schwebt der permanente Schmauch-Geruch und Blutfontänen sprudeln gegen Wände und Decken. Je nach Grad an Brutalität ploppt auch mal ein „zensiert“ Banner kurz über das Geschehen, während Miss Stone mit einer Kettensäge den nächsten Ninja in seine Einzelteile zerlegt. Das Kampfsystem mit all seinen Facetten ist das Highlight des Spiels, weil es wirklich gut durchdacht, klug umgesetzt und somit absolut belohnend ist.

    So spaßig das auch klingen mag, ihr solltet niemals den Schweregrad unterschätzen. Unfair wird es nie, allerdings bietet Wanted: Dead schon ziemlich knackige Kämpfe und ihr solltet immer wohl überlegt ins nächste Gefecht ziehen. Ein einzelner Gegner wird euch nie gefährlich, Gruppen und Bosse hingegen ziemlich schnell. Beim Ableben müsst ihr dann nicht wieder von vorne loslegen, sondern landet am letzten Checkpoint. Diese sind zwar großzügig verteilt, manchmal aber etwas unlogisch.

    Abgerundet werden die Kämpfe durch einen kleinen Talentbaum, bei dem ihr Hannah mit den gesammelten XP neue Fähigkeiten beibringen dürft. Offensive und defensive Moves sind dabei, ebenso Heiltränke und eine Zeitlupenfunktion. Diese drei Talentstränge sind kein großes Ding, braucht Hannah auch nicht, aber ein nettes Feature für ein paar neue Spielereien.

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    Snacks für Zwischendurch

    Zwischen den Einsätzen streift ihr durch die Polizeistation und könnt dort eine Menge Spaß haben. Die Jukebox ist stets startklar und haut euch bekannte Rock und Pop Hits vergangener Tage um die Ohren. Das ist übrigens die normalste aller Freizeitaktivitäten. Ihr könnt Plüschtiere aus einem Automaten mit Greifarm angeln und wenn euch das Gerät zu sehr ärgert, auch mal beherzt dagegen treten. Am Arcade-Automaten wartet dann noch ein Sidescroller im Stile von R-Type auf euch. Und zu guter Letzt dürft ihr tatsächlich Nudeln futtern, das Ganze dann getarnt als Rhythmusspiel. Man merkt dem Spiel an dieser Stelle seinen Ursprung an und weiß ganz genau, wofür die Macher eine Schwäche haben.

    fernab nach getaner Arbeit trifft sich das Quartett auch gerne mal zum Abendessen oder in der Karaokebar, wo man sich zu Hits wie 99 Luftballons verausgaben darf. Immer mal wieder begleiten wir Hannah auch in ihr Eigenheim und erhaschen unter der Dusche einen verschleierten Blick durch den Duschvorhang. Wie gesagt, das alles sind kitschige Einwürfe, die zum Glück nie zu sehr übertreiben, sich allerdings stets an der Klippe zur Stereotypie bewegen.

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    Störfaktoren

    Wer bis hier hin gelesen hat, wird festgestellt haben, dass wir Wanted: Dead in ziemlich gutem Licht haben dastehen lassen. Das soll nicht über die Schwächen des Spiel hinweg täuschen, denn auch davon gibt es leider ein paar.

    Sprechen wir kurz über die Kamera, die nun wirklich suboptimal verläuft. Wanted: Dead bietet keine Lock-On Funktion für Gegner. Da die Kämpfe hier ziemlich schnell ablaufen, wäre das eine sinnvolle Option gewesen. Nicht selten kam es vor, dass uns Feinde in den Rücken fielen und wir diese gar nicht vorher hätten sehen können, eben dank der hakeligen Kamera. Sie hat schlicht nicht immer das gesamte Geschehen eingefangen und bietet dunkle Flecken, aus denen immer eine Gefahr drohen kann.

    Und auch grafisch ist längst nicht alles Gold, obwohl hier viel glänzt (besonders die Schwertschneiden). Im Grunde kann man hier von keinem Next-Gen-Titel sprechen, zumindest von der Optik her nicht. Wir bewegen uns eher im PS4-Stadium, was besonders dann auffällt, wenn ihr euch den Texturen der Umgebung zu sehr nähert. Die Figuren sind mittelmäßig schön gestaltet und auch die Objektdichte lässt immer wieder Luft nach oben.

    Das alles wäre zu verkraften, wenn wenigstens die Bildrate konstant bei um die 60 liegen würde. Das schafft sie allerdings nicht, immer wieder kommt es zu Einbrüchen und die Framerate sinkt deutlich spürbar, teilweise sogar unter 30 Bilder pro Sekunde. Diese Slowdowns haben wir leider auch in ein paar Zwischensequenzen bemerkt. Komplettabstürze gab es zwar keine, aber Hannah blieb gleich zwei Mal an einem Objekt kleben und kam nicht mehr frei. Diese fiesen Clippingfehler konnten nur durch einen Neustart gelöst werden, was wirklicher Mist ist. Hier sollte möglichst schnell ein entsprechender Patch Abhilfe leisten!

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    Fazit

    Wanted: Dead glänzt durch rassige Action und einem schicken Kampfsystem mit blutigen Kombos. Die cineastischen Finisher könnten genau so aus jedem Actionfilm der 90er entstammen. Und an genau diese Zielgruppe richtet sich auch das Spiel: Ihr mögt die übertriebene Darstellung inklusive rumpeliger Dialoge und vielen Schießeisen? Dann könnt ihr hiermit eine Menge Spaß haben! Umgekehrt werden all diejenigen enttäuscht sein, die beispielsweise etwas Tiefgang und Story erwarten.

    Zwischen den Einsätzen gibt es reihenweise skurrile Freizeitaktivitäten für Hannah und ihr Zombie-Squad, auch solche Abstecher muss man mögen. In Anbetracht des derzeitigen Preises von ~70-80€ muss man das Genre schon wirklich gerne haben. Mit der Zeit sollte allerdings dieser happige Preis fallen und dann ergreift ihr die Gelegenheit. Unterhaltsam ist Wanted: Dead nämlich allemal!

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    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur