Unravel – Test / Review

    Den ersten Blick auf den Puzzle-Plattformer Unravel habe ich im letzten Jahr bei EA’s Pressekonferenz auf der E3 werfen können – und so geht es wahrscheinlich den meisten. Damals hat der Creative Director des Entwicklerteams Coldwood Studios mit zitternden Händen und einem kleinen, selbstgemachten Yarny – dem Helden des Spiels – auf der großen Bühne den bis dato völlig unbekannten Titel vorgestellt. Nun ist es endlich so weit, Unravel ist erschienen und wir haben für euch getestet, ob das Spiel wirklich hält, was es verspricht.

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    Story

    Wie schon erwähnt schlüpfen wir in Unravel in die Rolle des kleinen Yarny, der ganz und gar aus rotem Garn besteht, das sich später wie ein roter Faden durch die Story zieht. In diese werden wir auch direkt hineingeworfen, wobei wir zu Beginn nicht allzu viel über unsere Rolle im Geschehen erfahren. Zu sehen ist lediglich eine ältere Dame und ihr Haus, in dem unser Abenteuer beginnt. Dort springt Yarny von Bilderrahmen zu Bilderrahmen, um alte Erinnerungen wieder aufkommen zu lassen und die Möglichkeit zu erhalten, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Das geschieht zum einen durch unsere Reise durch verschiedene Erinnerungslandschaften. So genießen wir einmal einen nostalgischen Ausflug ans Meer, machen einen abendlichen Spaziergang durch den Garten oder stapfen durch einen nasskalten und von Fliegen geplagten Wald.

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    Hier trifft Yarny gerade auf eine Erinnerung.

    Das Spiel lebt von der Atmosphäre, die es vor diesen Hintergründen erschafft und auch wenn manche der Flashbacks – Händchenhalten am Steg oder Pilze sammeln im Wald beispielsweise – auf den ersten Blick etwas stereotypisch daherkommen, gelingt es den Entwicklern doch, dass der Spieler mit jeder aufgedeckten Erinnerung mitfühlen kann. Das liegt nicht zuletzt daran, dass diese nicht direkt dargestellt oder nacherzählt werden. Es geht vielmehr darum, die Gefühle eines Moments einzufangen, als eine konkrete Vorgeschichte zu liefern. Überhaupt kommt in vielen Szenen ein Gefühl der Melancholie auf.

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    Am Levelende ist Yarny wider mit einem Stofffreund vereint.

    Der Drang, die Geschichte voranzutreiben und das zu entdecken, was sich noch in dem alten, vergilbten Fotobuch verbirgt, nimmt stetig zu. Dieses ist die zweite, weniger subtile und viel plakativere Art, auf die wir mehr über die Bewohner des Hauses erfahren. Hat man einen der Abschnitte oder Settings, in die das Spiel aufgeteilt ist, beendet, kehrt man zurück zum Fotobuch, wo man echte Fotos einer kleinen Familie bewundern darf. Nicht alle Erinnerungen sind dabei fröhlich und man bahnt sich seinen Weg durch die ganze Palette menschlicher Emotionen. Freude, Trauer, Verlust, Neugier – all das erlebt man auf seiner Reise und es ist deutlich zu sehen, dass auch von Entwicklerseite viel Liebe in dieses Projekt gesteckt wurde. Und diese Investition hat sich bei der Story allemal gelohnt.

    Gameplay

    Unravel ist ein Puzzle-Platformer, welcher sich hauptsächlich durch physikbasierte Rätsel auszeichnet. Um die verschiedenen Aufgaben zu lösen, haben wir mit Yarny einige Möglichkeiten mit unserer Umwelt zu interagieren. Da Yarny aus Stoff gemacht ist, kann er ein Woll-Lasso werfen, das er benutzen kann, um sich an verschiedenen Punkten über Abhänge zu schwingen oder um Gegenstände zu ziehen und umzuwerfen. Natürlich hat man noch mehr Fähigkeiten, darunter die Üblichen wie Klettern, Laufen und Springen. Auch Yarny’s Schnur lässt sich auf weitere Arten einsetzen, so kann man zum Beispiel die Wolle an einigen Punkten festknoten, um sich wie oben genannt abzuseilen oder auch um ein Trampolin mit einem zweiten Knotenpunkt herzustellen, welches uns nach dem Sprung an neue Orte katapultiert.

    Yarny schwingt von Ast zu Ast.
    Yarny schwingt von Ast zu Ast.

    Wie man sieht, spielt die Wolle eine große Rolle um mit der Welt zu interagieren. Das wird einem spätestens auch dann klar, wenn man nicht mehr weiterlaufen kann. In Unravel entrollt sich unser tapferer Held mit jedem Schritt, was dazu führt, dass wir an manchen Punkten nicht weiter können, ohne uns an einem Wollknäuel neu aufzurollen. Deshalb sollte man stets mit Bedacht vorgehen, um nicht die wertvolle Schnur zu verschwenden. Genauso interessant sind jedoch die anderen Objekte und Lebewesen in der Welt.

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    Sogar Fische spielen eine wichtige Rolle in Unravel.

    Da unser Freund recht klein ist, sind für ihn auch schon winzige Hindernisse sehr groß. So ist es oft der Fall, dass wir aus alltäglichen Dingen Sachen „bauen“, welche uns weiterhelfen. So wird eine Plastiktüte zum Fallschirm oder ein kleines Holzstück zu einem improvisierten Boot. Die Kameraführung hilft uns hierbei oft dabei, die richtigen Objekte in den Fokus zu rücken. Durch Yarnys Größe werden auch viele ungefährliche Situationen etwas bedrohlicher als für uns Menschen. So müssen wir uns an manchen Stellen vor Krabben hüten und diese mit Futter ablenken oder an einigen Passagen vor wilden Hamstern/Murmeltieren davonlaufen oder sie mit Pilzsporen abschrecken. Yarny ist im Grunde genommen sehr verletzlich und muss sich vor den meisten Dingen in seiner Umwelt hüten, denn selbst knöchelhohe Pfützen können nicht ohne Hilfsmittel überquert werden.

    Grafik

    Die Grafik und Atmosphäre in Unravel ist wirklich atemberaubend schön. Im Spiel verbringt man die meiste Zeit draußen auf Wanderwegen, in Gärten oder auch Wäldern, welche alle sehr schön und detailliert dargestellt sind. Es gibt kein HUD, welches uns die Sicht auf die wunderschöne Umgebung versperren würde, wodurch die Immersion verstärkt wird. Das Zusammenspiel von Licht, Schatten und Farben kommt gut zur Geltung und erzeugt ein einheitliches Bild, das Emotionen wecken kann. Auch die Tiefenunschärfe ist gelungen und sorgt dafür, dass das Bild abgerundet und wichtige Spielelemente im Vordergrund gehalten werden. Spezialeffekte wie Partikel von Rauch und Staub helfen dabei, die Umgebung noch glaubwürdiger zu machen. Außerdem bezwecken sie, dass benutzbare Objekte in den Vordergrund gerückt werden. Des Weiteren sorgen Reflexionen, wie auf feuchten Steinen, für einen schönen Kontrast. Yarny selbst ist im Gegensatz zu seiner Umwelt sehr simpel dargestellt, was nicht heißt, dass er nicht schön aussieht, sondern es hilft dabei zu zeigen, wie klein doch Yarny in der großen Welt ist.

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    Yarny stapft durch den Schnee und bewundert die Erinnerung.

    Sound

    In Unravel wird kein Wort gesprochen. Unser kleiner Held ist stumm und einen typischen Erzähler, wie zum Beispiel in Trine, gibt es nicht. Das braucht Unravel jedoch auch nicht. Der emotional ansprechende Soundtrack des Spiels ist mehr als genug, um die Atmosphäre des Spiels weiter zu vertiefen. Die Musik ist die meiste Zeit eher ruhig und simpel so wie Yarny selbst. Sie trägt sehr gut dazu bei, ein Gefühl von Nostalgie hervorzurufen und unterstreicht das Geschehen des Öfteren mit einer leicht melancholischen Unternote. Aber auch Glück, Freude und Spannung werden gut untermalt. Egal in welcher Situation wir uns befinden, die Musik passt immer. Sei es ein schönes Landschaftsbild, eine Verfolgungsjagd oder das Lösen eines Puzzles – Unravels Soundtrack ist in der Lage alle Emotionen eindeutig aber sehr feinsinnig zu präsentieren. Zur Musik gehört natürlich auch die Geräuschkulisse im Hintergrund, welche den Eindruck vermittelt, dass man sich wirklich mit Yarny an manchen Orten der Welt befindet. Auch die Geräusche der Objekte, die man bewegt, haben ein vollständig glaubwürdiges Gefühl. Selbst die kleinen Stürze und Stolpereinheiten von Yarny überzeugen mit sanften Tönen.

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    Auch das Klavier im Haus kann man „spielen“.

    Preis/Leistung

    Unravel liefert eine Spielzeit von etwa 6 bis 10 Stunden. Natürlich kann das nicht mit einem Open World Titel oder bekannten RPGs mithalten, aber es handelt sich eben um ein sehr Story-nahes Spiel, das vor allem durch die Geschichte und die Optik punkten kann. Nebenaufgaben wären hier einfach fehl am Platz, als einzigen Bonus kann man in jedem Level kleine versteckte Schätze finden. Und das ist auch gut so, denn auf diese Art wird die Immersion nie gebrochen und der Spieler konzentriert sich automatisch auf die Handlung des Spiels. Dieses ist zum Preis von momentan etwa 20 Euro ja auch deutlich günstiger als andere PS4 oder Xbox One Games. Somit lässt sich sagen, dass die Preis/Leistung absolut angemessen ist.

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    Hier sehen wir eine der Schwungeinlagen.

    Fazit

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    Kathrin

    Als frischgebackener Besitzer einer PS4 ist Unravel für mich definitiv ein Must-Have. Wer es gerne etwas ruhiger mag und die subtilere Art des Storytellings, wie es hier präsentiert wird, zu schätzen weiß, der wird mit dem sympathischen, kleinen roten Helden viel Spaß haben. Optisch ist das Spiel ein absolutes Meisterwerk, die Umwelt wirkt fast fotorealistisch und begeistert vor allem durch ihren Detailreichtum. Hier stimmt alles, von den (im Vergleich zu Yarny) riesigen Tannen im Wald, bis hin zu den kleinsten Grashalmen, die im Garten im Wind wehen. Auch das Gameplay kann mit der emotionalen Reise, die das Spiel bietet, mithalten. Die Rätsel sind zwar meistens eher einfach, bieten aber genügend Abwechslung, um etwas frischen Wind in das Erlebnis zu bringen. Besonders die Passagen, in denen Yarny über Flüsse schippert oder durch die Lüfte weht fielen mir positiv auf. Alles in allem haben Coldwood Studios mit Unravel einen wahren Volltreffer gelandet, den es sich wirklich zu spielen lohnt.

    Fazit

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    Dennis

    Unravel ist einfach ein wunderschönes Spiel, welches vor allem durch Yarny und seine Reise durch die verschiedenen Orte glänzt. Das Spiel ist stets in der Lage, Gefühle in einem hervorzurufen, vermutlich da man sich so gut mit den Erinnerungen identifizieren kann. Man hat wie schon oben beschrieben oftmals ein Gefühl von Nostalgie, auch wenn es nicht die eigenen Erinnerungen oder Umgebungen sind. Yarny ist ein wirklich liebenswürdiger Charakter, welcher einem schnell zeigen kann, wie schwer es doch manch kleine Lebewesen haben. Die Puzzles sind schön gemacht und variieren in ihrer Schwierigkeit, was das Gameplay abwechslungsreich hält. Auch wenn man an der einen oder anderen Stelle das Gefühl hat, dass Yarny nicht ganz so will wie man selbst, sind diese Momente doch rar und im Allgemeinen geht die Steuerung leicht von der Hand. Zudem ist die Atmosphäre des Spiels schlicht und ergreifend schön. Die Grafik im Zusammenklang mit der Musik machen Unravel wirklich zu einem kleinen Kunstwerk und verschaffen uns einen Einblick in eine andere kleine Welt, die uns sehr vertraut vorkommt und uns in ihrem Bann hält. Persönlich hat Unravel für mich alles, was einen Puzzle-Platformer ausmacht, und noch mehr. Das Gameplay geht leicht von der Hand und spielt sich flüssig, aber vor allem Yarny selbst, sowie seine Reise durch die Erinnerungen, machen Unravel zu einem einzigartigen Erlebnis.

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    Dennis Reuter
    Hey, ich bin Dennis! Gaming war schon immer ein großer Teil meines Lebens und somit hat mich mein Interesse auch zu Game2Gether geführt. Manche kennen mich vielleicht auch auf YouTube als luckySkillFaker, wo ich mehrmals die Woche Gaming Content hochlade.