Towers of Am’harb – Test

    Das Ritual ist nahezu vollständig – bald wird der Große Alte seinen Weg in unsere Welt finden. Der Hohepriester wird den Weg öffnen, und… moment, ist das ein konkurrierender Kult?

    Altes Puzzle im neuen Gewand

    In Towers of Am’harb spielen wir den Anführer eines Kultes und versuchen, unseren großen Alten zu erwecken. Dafür manipulieren wir die Türme von Am’harb, die uns helfen, die Kraft zu bündeln, die uns erlaubt, die Erde mit einem neuen Zeitalter der Dunkelheit zu überziehen. Die Türme bestehen aus vier Scheiben und werden wie das uralte Rätselspiel „Türme von Hanoi“ bewegt: Eine größere Scheibe darf nie auf einer kleineren liegen. In Towers of Am’harb verwenden wir die Türme, um eine Spalte auf dem modularen Spiellbrett auszuwählen, auf der wir unser Meeple platzieren wollen: Den niederen Kultisten, der einen Punkt Einfluß ausübt, oder den mächtigen Priester, der ganze 3 Punkte bietet. Diesen Einfluß verwenden wir, um uns der Altäre zu bemächtigen, die uns die Macht geben, nach der wir streben – oder, ganz schnöde ausgedrückt, die Siegpunkte, die wir zum Gewinn des Spiels brauchen.

    Start eines Spiels mit zwei Spielern.

    Ausserdem sammeln wir Resourcen in drei Farben, die auf dem Spielfeld liegen: Blaue Feuerbälle, Gelbe Kerzen und Rote Runensteine. Mit zwei gleichfarbigen Resourcen bezahlen wir die Sonderfähigkeiten unseres Großen Alten. Ausserdem müssen wir für das Setzen unserer Kultisten bezahlen: Eine Resource für jeden umstehenden Kultisten mehr, als wir Turmteile vor der Spalte liegen haben. Dabei spielt die Farbe keine Rolle.

    „Vater, mein Körper versagt unter dem Dienst am Großen Alten.“

    Cthulhu fthagn

    Das Spiel ist in einem niedlichen Cartoonstil gehalten und hat uns mehr als einmal ein amüsiertes Lächeln aufs Gesicht gezaubert. Besonders der unerhört glückliche Dagon mit seiner erfreuten Frau Hydra ist für uns ein Quell unerschöpflicher, kindlicher Heiterkeit. Leider endet mit dem Stil auch schon der Spaß. Die Pappkomponenten sind zwar ausreichend dick und fest, aber die Holzkomponenten sind sehr leicht und fühlen sich eher wie Plastik an. Auch das Design auf den Teilen der Türme erinnert eher an eine festliche Weihnachtsfeier statt an den Cthulhu-Mythos. Ausserdem sind die Symbole, die den Spielverlauf sprachunabhängig zusammenfassen, nahezu unverständlich – selbst, nachdem wir die Spielregeln gelernt hatten, mussten wir raten, was einiges davon zu bedeuten hatte. Positiv zu vermerken ist die Farbwahl, die das Spiel auch für farbenblinde Spieler gut spielbar macht.

    Gäbe es ihn als Plüschtier, würden wir sofort zuschlagen.

    Doppelsolitaire

    Das Gameplay ist von einer seltsamen Dualität gezeichnet: Einerseits fühlt es sich so an, als sollten die Türme eine wichtige strategische Rolle spielen, andererseits haben sie unsere Entscheidungen nie wirklich beeinflusst. Die waren allerdings auch immer relativ simpel: An die Stellen, an denen wir zwei Altare mit den maximalen 5 Siegpunkten beeinflussen können, stellen wir unsere Priester, danach verteilen wir unsere Kultisten and die zweitbesten Stellen. Auch die Entscheidungen unseres Gegners haben uns nie überrascht: Hier ist die mathematisch beste Stelle, hier setzt er gleich eine Figur… möglicherweise bietet das Spiel zu Viert mehr Tiefe, aber zu Zweit ist es mehr ein vorher lösbares Optimierungspuzzle. Hier sind die Sonderfähigkeiten der Großen Alten wichtig, die das Spiel schwer vorhersehbar beeinflussen können. Leider kommen die dermaßen selten ins Spiel, dass sie relativ wenig Auswirkungen auf die grundlegende Strategie haben.

    Ein paar Runden im Spiel: Kultisten auf dem Spielfeld kämpfen hart um Einfluß auf die wertvollen Altare.

    Fazit

    Towers of Am’harb scheint Tiefe zu besitzen, die sich uns nicht erschließt. Auch die Thematik ist aufgesetzt und hätte auch alles andere sein können – Handelsrouten im Mittelmeer, zum Beispiel. Auch komplett abstrakt würde das Spiel ebenso gut funktionieren. Hier liegt auch irgendwie die Stärke: Ohne Ablenkung oder Beschränkung durch die Thematik kann Towers of Am’harb genau die Regeln implementieren, die sich Chu-Lan Kao, der Designer, vorgestellt hat. Wir haben den Eindruck, dass sich hier ein interessantes Spiel in der Box verbirgt – wir sind nur das falsche Publikum.

    Towers of Amharb ist ab der Spiel 2019 für etwa 45€ zu haben. Vorbestellungen nimmt Moaideas über den Onlineshop entgegen.

    Spielende. Hasturs Bücher sorgen dafür, dass die Kultisten ein Unentschieden beim Zählen der Altare gewinnen.
    Patrick Gerk
    Ich habe Ende der 80er mit meinem Amiga angefangen und seitdem haben Videospiele einen permanenten Platz in meinem Herzen. Ich mag alles, was Leute zum spielen zusammenbringt, sei es analog oder digital. Seit Ende 2018 schreibe ich für Game2gether.de und konzentriere mich auf Retro- und Koopspiele.