Am Mittwochmorgen dürfte das Herz vieler Rollenspielfans einen unerwarteten Luftsprung gemacht haben. Nach sich verdichtenden Gerüchten hat Entwickler Bethesda am 22.04. die Bombe platzen lassen und The Elder Scrolls IV: Oblivion Remastered angekündigt.
Und um die Zündschnur am unerwarteten Geschenk noch einmal deutlich zu verkürzen, stellt sich die Ankündigung als Shadow Drop heraus. Das bedeutet, dass das Spiel ab sofort erhältlich ist. Entwicklerlegende Todd Howard gelingt hiermit ein kleines Kunststück: Er lenkt die Aufmerksamkeit endlich wieder im positiven Sinne auf die Iterationen der Elder Scrolls Reihe und erzeugt einen regelrechten Sturm aus Artikeln und Nachrichten.
Denn obwohl Oblivion mittlerweile 19 Jahre alt ist, war es für viele der prägendste und vielleicht beste Einstieg in die Elder Scrolls Reihe und setzte damals in vielen Bereichen Maßstäbe. Auch heute noch gibt es eine treue Community, die das Spiel mit tausenden Mods mit neuen Inhalten befüllt.
Doch wie schlägt sich Oblivion Remastered im Vergleich zum Original und vor allem im Vergleich zu modernen Rollenspielen?
Game2Gether wirft einen kritischen Blick auf Bethesdas Überraschungsrelease und sagt euch, was gelungen ist, oder was aus der Zeit gefallen ist.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Alte Seele in neuem Kleid
Die wohl wichtigste Frage für viele Fans ist, was Oblivion Remastered eigentlich an Neuerungen mit sich bringt und was sich nicht verändert hat. Denn nicht wenige Remaster-, oder Remakeversuche, sind bei Fans auf Wiederwillen gestoßen, wenn zu viel vom Originalcharakter des Spieles verändert wurde.
In diesem Sinne sind Neuauflagen von Spielen, die es schon einmal gab, immer eine Gratwanderung. Wird zu viel auf Links gedreht, geht der Wiedererkennungsfaktor verloren und Fans der ersten Stunde lehnen die neue Version ab. Wird zu wenig verändert, fühlen sich Spieler abgezockt. Warum noch einmal Geld bezahlen, für nahezu das selbe Spiel?
Der ursprüngliche Entwickler Bethesda hat große Teile der Entwicklung an das Studio Virtuos herausgegeben. Die wiederum haben versucht einen gesunden Mittelweg zu finden, bei dem der Kern von Oblivion Remastered zum Großteil den Originalcode verwendet, für die Darstellung allerdings die Unreal 5 Engine verwendet wird.
Das heißt für den Spieler, dass ein Großteil der Spielmechaniken erhalten bleibt, die Welt selbst jedoch mit detaillierteren Modellen, hochauflösenden Texturen und besseren Licht- und Shadereffekten aufwartet. Das sieht in vielen Fällen hochwertiger aus, allerdings geht dabei leider auch die hohe Farbsättigung des Originals verloren, die für viele Fans Teil des Charmes der Welt ausgemacht hat. Stellt man beide Versionen gegenüber, sieht man einerseits das satte Grün einer einladenden Fantasywelt, auf der anderen Seite jedoch ein eher entsättigtes Braun als primären Farbton.
Warum man sich bei einem Remake dafür entschieden hat, ausgerechnet die Grundstimmung des Spiels deutlich düsterer zu gestalten, ist uns leider nicht bekannt.
Ein freundliches Gesicht zum Einstieg
Startet man nun also in die vertraute und gleichzeitig neue Welt, verweilt man wie erwartet zuerst eine Weile im Charaktereditor. Das eigene Alter Ego soll schließlich hübsch aussehen. Oder doch eher gruselig? Beim Basteln an den unterschiedlichen Gesichtszügen bleibt nahezu kein Wunsch offen. An der Körperform allerdings lassen sich nahezu keine Änderungen vornehmen.
Was zu aller erst auffällt ist, dass auch hier die Modelle auf den letzten technischen Stand gebracht worden sind. Speziell beim Anpassen der Argonier und Khajiit hat Entwickler Virtuos gute Arbeit geleistet. Die nichtmenschlichen Rassen schaffen es, trotz Ihrer Andersartigkeit mit Ihren Gesichtszügen irgendwie natürlich zu wirken.
Das Klassensystem mit den unterschiedlichen Attributen bleibt ansonsten größtenteils erhalten. Das ist bekannt und bewährt, hat aber natürlich den Nachteil, dass eine Änderung der Ausrichtung der eigenen Spielweise nicht mehr so leicht möglich sein wird, wie z.B. beim großen Bruder Skyrim.
Hat man sich den eigenen Wunschcharakter zusammengeklickt, beginnt das eigentliche Abenteuer, wie üblich im Kerker der Kaiserstadt Cyrodiil.
Auch hier fällt direkt der neue und verbesserte Detailgrad von Gesichtern ins Auge. Speziell der fliehende Kaiser Septimus ist gut gelungen.
Auf in die Freiheit
Haben wir die Flucht aus dem Kerker schließlich hinter uns gebracht, um in die Sonne zu treten, können wir endlich die wunderschön detaillierte Landschaft rund um die Kaiserstadt bewundern. Oder wir könnten es, wenn der Entwickler nicht entschieden hätte, alles mit einem entsättigten Grau-Braun-Filter zu überziehen, der irgendwie alles so wirken lässt, als läge die Welt unter einem dünnen Schleier aus trübem Nebel.
Wenig überraschend, dass in der Mod-Community nur wenige Stunden vergingen, damit die ersten Shader-Mods für Oblivion Remastered erschienen. Als Hinweis sei hier anzumerken, dass die meisten Screenshots des Tests ebenfalls mit besagten Shadermods erstellt wurden. Einige dieser Mods findet ihr hier.
Die Welt selbst bietet, bis natürlich auf die verbesserte Grafik, wenig Neues. Aber das sollte bei einem Remaster auch nicht die Erwartungshaltung sein. Lediglich Details, die es aufgrund der Installationsgröße des Originals nicht ins Spiel geschafft hatten, wurden nun hinzugefügt.
So wurden zum Beispiel viele neue Voicelines eingesprochen, die vorher nicht vertont waren. Außerdem sind LipSync-Animationen passend zum gesprochenen mit eingeführt worden. Die kurzen Konversationen wirken so nicht mehr ganz so leblos.
Auch wurde die etwas altbackene UI überarbeitet. Allerdings solltet Ihr hier kein grundlegend neues Konzept erwarten. Lediglich Aufteilung und Bedienung sind im Remaster etwas intuitiver.
Alles in allem sind die inhaltlichen Änderungen überschaubar. Abgesehen vom hinzugekommenen Sprinten hat sich die Art und Weise, wie ihr euch in der Welt bewegt, nicht groß verändert.
Komfortfunktionen sind für Schneeflocken
Wer nun voller Vorfreude auf das perfekte Remaster hofft, sollte vielleicht noch kurz innehalten und bedenken, dass nicht jedes einst geliebte Feature die Zeit gut überdauert hat. Es gab schon immer Spielmechaniken, die eher genervt, als genutzt haben.
Als Beispiel sei die Gewichtslimitierung beim Tragen von Gegenständen genannt. Natürlich ist es nicht realistisch, wenn wir mit einem Elefanten im Gepäck Berge hinaufspringen. Das ein Spiel uns hier mitteilt, dass wir unser Inventar aufräumen sollten, gehört irgendwie zur Immersion. Es gibt allerdings inzwischen Konkurrenten, die das wesentlich eleganter gelöst haben.
Als Beispiel sei Avowed genannt, dass mir die Möglichkeit gibt, Gegenstände sofort zu zerlegen, oder an eine Lagertruhe zu teleportieren. Dass Olivion Remastered mich zwingt, mit meiner Beute eine halbe Stunde bis zum nächsten Händler zu humpeln, fühlt sich heute einfach nicht mehr gut an. Da hätte es gern Anpassungen geben dürfen.
Auch der Karte merkt man Ihr Alter an. Ist man es von aktuellen Spielen gewohnt, eine sehr detailreiche Weltkarte zur Verfügung zu haben, bietet einem Oblivion Remastered hier das alte Konzept von eher groben Zeichnungen an. Das mag seinen Charme haben, aber es wäre ein Träumchen gewesen, könnte man sich wenigstens Markierungen für bestimmte Orte oder Personen setzen.
Diese Komfortfunktionen ist man heute einfach gewohnt und wenn diese nicht da sind, fühlt es sich an, als wäre da etwas unvollständig. So aber beginnt immer wieder die Suche nach einem Eingang, oder einer bestimmten Person, obwohl man das ganze ja schon einmal gefunden hatte.
Der alte Motor rostet etwas
Auch das Kampfsystem wirkt heute, im direkten Vergleich zu anderen Spielern, unpräzise und irgendwie unbefriedigend. Nicht selten schlägt man sein Schwert in die ungefähre Richtung des Gegners und kann gar nicht nachvollziehen, warum der eine Schlag nun ein Treffer war, der andere hingegen nicht. Aus moderneren Titeln sind wir ein Gefühl von Präzision und Wucht gewohnt, wenn etwas getroffen wird. Das bringt dieses Remaster leider nicht mehr mit sich.
Zudem wirken die Städte und Dörfer ungewohnt leer und steril. Zur Zeit des Originalreleases war es schlicht nicht möglich, die Straßen der Hauptstadt mit endlosen Details und NPC zu befüllen. Heute sind wir es aber gewohnt, die Straßen wichtiger Städte voller Leben und befüllt mit vielen Accessoires zu sehen. Läuft man nun durch ein minimalistisches Cyrodiil fällt das besonders auf. Da wäre mithilfe von UE5 sicherlich mehr drin gewesen, grad wenn man bedenkt, dass die Hauptstadtviertel ohnehin alle Instanziert sind.
Auch die zum Teil sehr Reißbrettartig entworfenen Dungeons wirken heute etwas aus der Zeit gefallen. Was damals nicht negativ auffiel, fällt heute deutlicher ins Auge, weil die Qualität des Leveldesigns sich einfach erhöht hat im Laufe der Zeit. Zudem sind modernere Welten meist aus einem Guss und erfordern keine Ladeübergänge, wenn man in Dungeons, Häuser, oder andere Abschnitte wechselt. Im Falle von Oblivion Remastered solltet ihr euch besser mit Ladebalken anfreunden.
Leider muss man dem Spiel derzeit leider auch Abzüge bei der Stabilität geben. Während unseres Tests stürzte das Spiel mehrfach mit einer Videospeicher-Meldung ab. Auch andere Spieler berichten bei Steam oder Reddit von ähnlichen Abstürzen. Hier muss Virtuos dringend noch mit ein paar Patches nachbessern. Ob dies allein an der Unreal 5 Engine liegt, oder an der Integration in den alten Oblivion-Kern, lässt sich für uns schwer sagen.
Fazit
The Elder Scrolls IV: Oblivion Remastered gehört definitiv zu den besseren Remastered Spielen. Wo andere nur mit ein paar neuen Texturen und höheren Auflösungen daherkommen, hat Bethesda sich nicht lumpen lassen und das Spiel mit der Unreal-5 Engine quasi auf ganz neue Grafik-Beine gestellt.
Das dürfte viele Freunde des Originals freuen, allerdings hätte Oblivion Remastered ein echter Knaller werden können, wenn man noch die Extrameile gelaufen wäre und ein paar von heute gewohnten Komfortfunktionen mit ins Spiel integriert hätte.
Die alte Karte, das Inventarsystem mit der Gewichtslimitierung oder auch Reißbrettdungeons wirken aus der Zeit gekommen. Auch die technischen Probleme und die vielen Abstürze mindern den Spielspaß. Wir zweifeln aber nicht daran, dass Virtuos hier noch nachbessern wird.
Zudem läuft die Mod-Community grade heiß und dürfte in Kürze alle vermissten Komfortfunktionen selbst nachliefern. Hätte man diese Punkte selbst in den Release eingebracht, wäre hier ein Träumchen von Rollenspiel entstanden.
Als großer Pluspunkt sei aber noch hervorgehoben, dass Oblivion Remastered direkt mit allen verfügbaren Addons des Originalspiels released wurde. So solltet ihr eine ganze Weile in die Welt von Tamriel eintauchen können.
So bleibt es am Ende bei einem gelungenem, aber keinem Perfekten Remaster.