Mit der Veröffentlichung der fünften Episode ist die erste Staffel von Tales from the Borderlands abgeschlossen und diese Review vollständig.
Pandoras Grenzland. Nirgendwo wirst du mehr Abschaum und Verkommenheit versammelt finden, als hier… Halt, falscher Film. Pandora, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiff Enterpr… Nein, schon wieder falsch. Gentlemen, willkommen auf Pandora! Die erste Regel von Pandora lautet: Ihr verliert kein Wort über Pandora! Die zweite Regel… Ach verdammt. Können wir vielleicht einfach den Trailer zeigen?
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Telltale Games gibt sich also erneut die Ehre und nimmt sich einem weiteren großen Franchise an. Nach der brutalen Welt von The Walking Dead und dem dreckigen Nachtclubs von The Wolf Among Us geht es diesmal allerdings ins sonnige Pandora, dem Traum aller Abenteurer, die Hygiene für überbewertet halten, Moral als hinderlich ansehen und für die ein gesunder Verstand nicht mehr als ein überflüssiger Bonus ist. Für alle anderen ist die Welt von Borderlands wohl eher die sprichwörtliche Hölle auf Erden. Aber hey, was sollen die ganzen Haarspaltereien?
Wanted Dead or Alive
Im Mittelpunkt der fünfteiligen Adventure-Serie stehen die beiden Hauptcharaktere Rhys und Fiona, die das Schicksal unter mehr oder weniger unglücklichen Umständen auf dem Planeten Pandora zusammenführt. Der mit allerlei mechanischen Körperteilen ausgestattete Rhys, seines Zeichens übers Ohr gehauener Hyperion-Mitarbeiter, tritt die gefährliche Reise nach Pandora an, um seinem neuen Boss einen fetten Deal gehörig zu versauen. Immer an seiner Seite sein bester Freund Vaughn und sein flinkes Mundwerk, das ab und an etwas schneller arbeitet als sein Hirn. Protagonist Nummer zwei ist die Kleinkriminelle Fiona, die sich gemeinsam mit ihrer Schwester Sasha und ihrem inoffiziellen Ziehvater Felix mit Schwindlereien über Wasser hält und sich von dem Verkauf eines gefälschten Kammerschlüssels an einen mächtigen Hyperion-Mitarbeiter endlich das große Geld erhofft.
Erzähl doch mal
Erzählerisch erlaubt sich Telltale Games mit Tales from the Borderlands gleich zwei interessante Kniffe. Am offensichtlichsten ist hier der stete Wechsel zwischen den beiden spielbaren Hauptcharakteren Fiona und Rhys. Dadurch haben wir im Laufe der Handlung das ein oder andere Mal die Chance eine Situation aus unterschiedlichen Perspektiven zu erleben. Zudem habn wir so die Möglichkeit beide Charaktere unabhängig voneinander kennenzulernen. Der zweite Kniff gibt der erlebten Story einen äußerst interessanten Twist. Die Story wird rückblickend erzählt. Anstatt die Geschichte also aus erster Hand zu erleben, spielen wir die Version der Geschichte, die die beiden Protagonisten uns auftischen. Neben einigen lustigen Situationen, in dem der eine Charakter die Übertreibungen des anderen kommentiert, sorgt das Ganze zudem für eine interessante Spannung, in angesichts der Frage, wie die Situation in der Gegenwart zustande kommen konnte.
Stimmungskanone
Obwohl sich Telltale Games mit dem wahnwitzigen Flair des humorvollen Borderlands-Abenteuers vom düsteren und bedrückenden Ton des Zombie-Survival-Dramas The Walking Dead und dem Noir angehauchten Detektiv-Thriller The Wolf Among Us kaum weiter hätte entfernen können, beweisen die Kalifornier ein weiteres Mal, dass sie ihr Handwerk nicht verlernt haben. Dennoch müssen vor allem die gewarnt sein, die mit dem Borderlands Humor nichts zu tun haben wollen. Tales from the Borderlands ist nämlich klar ein Ableger der Borderlands-Serie, mit all den schrägen Charakteren und albernen Witzen, die Kenner der Role-Playing-Shooter-Serie gewohnt sind. Doch obendrauf ist es eben auch ein Telltale Game und zwar ein richtig gutes, mit tollen Charakteren und einer spannenden Geschichte.
Waffen und Worte
Was die spielerische Seite von Tales from the Borderlands betrifft, darf man gut und gerne von bekanntem Telltale Standard sprechen. Kurz gesagt: Ein sehr Dialog lastiges Adventure-Game, durchzogen von Quicktime-Actionsequenzen und aufgeteilt in fünf, jeweils etwa zwei Stunden lange Episoden. Die Adventurepassagen sind hierbei allerdings eher Finger-, als Hirnfutter, weil es weniger darum geht um die Ecke zu denken, als einfach alles abzusuchen und anzuklicken, was der aktuelle Schauplatz so zu bieten hat. Die Actionsequenzen werden durchgängig in Form von Quicktime-Events gelöst. Also kurzen Sequenzen, in denen im richtigen Moment und gegebenenfalls auch an der richtigen Stelle auf dem Bildschirm die richtige Taste gedrückt werden muss. Der klare Fokus liegt allerdings auf den Dialogen, die die Spieler durch eine Reihe von vorgefertigten Antwortmöglichkeiten selbst beeinflussen können. Hier beweist Telltale ein hervorragendes Verständnis für ihre Charaktere und die Stimmung ihres Spiels. Es gelingt den Entwicklern sogar ein Gefühl für die Konsequenzen der eigenen Handlungen zu vermitteln, da man als Spieler des Öfteren das Gefühl hat tatsächlich einen Unterschied zu machen. Dennoch geht es viel eher darum ein Gefühl für die eigenen Charaktere zu entwickeln und das Auftreten der kontrollierten Person den eigenen Vorstellungen und Wünschen anzupassen. Eine Aufgabe die Telltale ganz vortrefflich erfüllt.
Kratzer im Lack
Auch der Artstyle präsentiert sich im gewohnten Telltale Cel-Shading-Look. Ein Look, der wohl zu nichts besser passt, als zur Borderlands-Serie, die sich in ihren bisherigen drei Ablegern in genau dem gleichen Stil präsentierte. Damit gehen allerdings auch die bekannten Telltale-Probleme bei der Animation der Charaktere einher. Der Wechsel zwischen unterschiedlichen Gesichtsausdrücken wirkt nicht selten sehr unnatürlich und stellenweise gerät das Spiel heftig ins Stottern, wenn gerade viel auf einmal passiert. Aufgrund des hervorragenden Voice-Actings von Businessgrößen wie Troy Baker (The Last of Us, BioShock Infinite) als Rhys und Laura Bailey (Dragonball-Serie, Persona-Serie) als Fiona, fällt dieses Problem allerdings nicht allzu schwer ins Gewicht.
Episode 1: Zer0 Sum
Wie für eine erste Episode nun mal so üblich, handelt es sich bei Zer0 Sum eher um eine Art Einführung in die Welt und ihre Charaktere. Die eigentliche Handlung wird erst am Ende der Episode losgetreten. Nichtsdestotrotz ist diese erste Episode alles andere als langweilig. Sie nutzt sehr gekonnte alle Kniffe, die das Spiel erlaubt. Neben Gastauftritten alter Borderlands-Bekannter, lernen wir auch haufenweise neuer potentieller Kultcharaktere kennen. Die erzählerischen Möglichkeiten schöpft Zer0 Sum in voller Güte aus und witzig ist der Startschuss zur Tales from the Borderlands Reihe auf jeden Fall. Getrübt wird das gelungene Gesamtpaket lediglich durch einige kleinere technische Stotterer hier und da.
Episode 2: Atlas mugged
Nachdem Zer0 Sum die Handlung der Reihe ins Rollen gebracht hat, nimmt diese in Atlas mugged nun an Fahrt auf. Eure bunt zusammen gewürfelte Truppe macht sich auf, um mehr über das mysteriöse Gortsy Projekt in Erfahrung zu bringen. Unglücklicherweise bleiben unsere Helden dabei nicht lange ungestört. Neben alten Bekannten und neuen Gegnern, sind es vor allem die Stimmen im eigenen Kopf, vor denen ihr euch hüten solltet. Natürlich lassen sich auch hier die Stars früherer Borderlands-Abenteuer ihre Gastauftritte nicht nehmen. Episode 2 setzt den Flair der ersten Episode gekonnte fort und beweist, dass Zer0 Sum nicht einfach nur ein Glückstreffer war. Die technischen Schwierigkeiten sind allerdings auch hier immer noch vertreten.
Episode 3: Catch a Ride
Das Geheimnis hinter dem Gortsy-Projekt führt die mittlerweile sehr liebgewonnene Truppe einmal quer durch Pandora. Mit dabei natürlich auch immer die Gegenspieler unserer Helden. Alte Feinde werden zu neuen Freunden, entfernte Bekannte zu neuen Gegenspielern und alte Widersache zu noch älteren Widersachern. Zudem wird uns abermals gezeigt, dass der Tod unser ständiger Begleiter ist. Episode 3 ist die bis dato action-lastigste Episode des Abenteuers Tales from the Borderlands, leider fällt dies auch auf der technischen Seite auf. Von den bis lang veröffentlichten Episoden ist Catch a Ride die mit Abstand technisch unsauberste. Die kleinen Stotterer werden teilweise zu echten Problemen, die die Spielerfahrung streckenweise durchaus runterziehen. Erzählerisch hingegen erlaubt sich Telltale auch hier keine großen Fehler. Die Charaktere bekommen genügend Raum um sich zu entwickeln und auch die Handlung wird in einem ordentlichen Tempo weiter geführt.
Episode 4: Escape Plan Bravo
So langsam spitzen sich die Ereignisse zu. Die Kammer des Reisenden und damit das Ziel unserer Reise rückt in greifbare Nähe. Für Rhys geht es zurück zu seinen Wurzeln, Fiona legt sich mit Hyperion an und wir alle feiern eine Pizza Party mit fadem Beigeschmack. Episode 4 beweist erneut, dass die Welt von Borderlands weit mehr zu bieten hat, als Raketenwerfer mit Dauerfeuer. Sie präsentiert sich nicht nur als technisch bislang sauberste der vier Episoden, sondern auch noch als grandioser Auftakt zum nun heiß erwarteten Finale der Tales from the Borderlands-Serie. Also schnallt euch an und CATCH A RIIIIIIDE!!!
Episode 5: The Vault of the Traveler
The Vault of the Traveler ist das Finale, das Tales from the Borderlands verdient. Zumindest inhaltlich, technisch betrachtet muss ich leider in bestimmten Passagen von einer mittleren Katastrophe sprechen. Heftige Stotterer und unscharfe Texturen sind keine Seltenheit und stören des Öfteren deutlich. Doch trotz der wirklich unangenehmen technischen Fehler ist die letzte Episode der Abenteuer-Reihe ein fantastisches Erlebnis. Selten sieht man Humor, Dramatik, Emotion und Spannung so fantastisch ineinander verwoben, wie hier.
Fazit
In der Videospiel-Industrie sind große Überraschungen mittlerweile eher selten geworden. Tales from the Borderlands ist eine solche Überraschung und das im positivsten Sinne des Wortes. Tales from the Borderlands ist spannend, mitreißend und emotional; vollgepackt mit tollen Charakteren und getrieben von einer klever erzählten Story. Telltale Games liefert hier ein fantastisches Abenteuer ab, das zwar technisch immer wieder negativ auffällt, aber dennoch definitiv zu den besten Spielen des Jahres zählt.