Street Fighter 6 – Test

    Street Fighter 6

     

     

    Der König der Prügelspiele betritt erneut den Ring! Street Fighter 6 ist da und mit dem Spiel bringt Capcom gleich eine ganze Reihe neuer Mechaniken mit. Ob sich das Kampfspiel damit erneut in neue Sphären boxt und tritt, erfahrt ihr hier bei uns im Test!

     

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    Für diesen Test spielten wir Street Fighter 6 auf Playstation 5

     

    Ob man es glaubt oder nicht: Street Fighter und Capcom ist eine der beständigsten Ehen im schnelllebigen Business der Videospiele. Wo andere kommen und gehen, treibt dieses Bündnis seit Jahrzehnten seine Blüten. Seit 1991 zeigte man nahezu immer allen Konkurrenzprodukten, wo der Hadoken Hammer hängt. Während den direkte Vorgänger Street Fighter 5 (zu unserem Test) noch hier und da einige Wehwehchen plagten, wagt man mit Street Fighter 6 den Spagat. Alte wie neue Fans sollen gemeinsam hinter dem Spiel versammelt werden und das dank neuer Features auch über einen möglichst langen Zeitraum.

     

    Coverstar Luke

    Altes und Neues verbinden zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Spiel. Schon beim Blick auf das Roster fällt diese Symbiose auf, Capcom schickt einen bunten Pool an Alteisen und neuen Kämpfern durch die Arenen. 18 Prügelknaben und -damen sind es zu Beginn und die deutliche Mehrheit sind bekannte Gesichter: Ryu, Chun-Li, E. Honda, Ken usw. begleiten uns seit etlichen Jahren quer durch alle Street Fighter Games. Der mit Teil 5 eingeführte Luke avanciert zum Titelhelden, während beispielsweise Juri mit ihrem galanten Taekwondo-Künsten ebenso noch recht frisch dabei ist. Dazu gesellen sich sechs ganz neue Figuren, alle mit unterschiedlichen Stilen. Die muskelbepackte Marisa, Judoka Manon, Tänzerin Jamie, die jugendliche Lily mit ihren Waffen und der schon etwas ältere, aber biestige JP. Während man bei den eingesessenen Kämpferinnen und Kämpfern bereits im Vorfeld weiss, auf wen man sich einlässt, hilft bei den neuen das Tutorial. Schlussendlich findet sich für jeden von euch mindestens ein passender Stil, denn das diverse Roster lässt keinerlei Wünsche offen.

    18 Kämpferinnen und Kämpfer mag im ersten Moment wenig klingen, zumal es der Vorgänger schlussendlich auf rund 50 brachte. Weniger ist in diesem Falle mehr, hier zieht der bekannte Spruch „Qualität vor Quantität“. Denn das Feintuning ist hervorragend gelungen und die Nuancen machen den Unterschied. Außerdem dürfen wir uns mit Sicherheit schon demnächst auf das ein oder andere neue Gesicht freuen, die mittels DLC oder Update nachgeliefert werden.

    Street Fighter 6

     

    Dynamisches Button-Smashing

    Bevor ihr euch jedoch um die Arenen dieser Welt boxt, solltet ihr einen Blick ins Tutorial werfen. Der Trainingsbereich ist eigentlich unabdingbar und zeigt euch alle Feinheiten der Kämpfe. Insbesondere das Wissen um die Vor- und Nachteile eures Kämpfers bzw. der Kämpferin sind im Wettkampf das Zünglein an der Waage. Ohne Druck könnt ihr ausgiebig trainieren und jede Figur wird mit einem passenden Guide eingeführt.

    Gleichzeitig solltet ihr euch mit dem Button-Layout befassen und hier die gewünschte Option wählen. Street Fighter 6 besteht natürlich nicht nur aus einfachen Tritten und Schlägen, sondern auch aus längeren Eingabe-Kombinationen. Wer es klassisch mag, der bleibt beim Original. Der Name ist Programm, denn hier zündet ihr Specials mit den bekannten Ketten wie beispielsweise „unten, schräg unten, seitlich plus starker Schlag“. Das Layout Modern besteht im Grunde daraus, dass ihr die gleichen Tastenfolgen für alle Figuren nutzt. Ihr müsst euch also keine individuellen Kombos merken, sondern nutzt ein vorgefertigtes Set. Spezialangriffe müsst ihr hierbei nicht oldschool per Kombo auslösen, sondern könnt mitunter nur eine Taste dafür nutzen. Dynamisch bildet den Abschluss und ist im Grunde nur Neueinsteigern zu empfehlen – wenn überhaupt. Denn pures Button-Smashing reicht im Grunde aus, da die KI in der jeweiligen Situation selbst wählt , welcher Move nun der passendste ist. Das dynamische Setting macht anfangs viel Spaß, weil man quasi ohne Können die krassesten Moves raushaut. Jedoch fehlt es dann natürlich an jedwedem Anspruch und online darf man diesen Modus ohnehin nicht nutzen.

    Street Fighter 6
    3 grundlegend unterschiedliche Steuerungen sind eine hervorragende Idee!

     

    Kerniges Gameplay

    Am Grundgerüst hat sich, wie es sich für ein waschechtes Beat ‚em Up gehört, natürlich nicht viel geändert. Ihr schlagt, tretet und malträtiert auf die üblichen Weisen euer Gegenüber, bis die Health-Bar auf Null fällt. Mittels Specials und allen Halb- und Viertelkreis Moves setzt ihr nicht nur effektreiche Wirkungstreffer, sondern füllt obendrein auch noch die Energieleiste. Ist diese komplett gefüllt, entfesselt ihr ein Manöver sondergleichen, dass extrem schick mittels Kamerafahrten inszeniert ist und einen enormen Teil der Hitpoints des Querulanten abzieht. Diese Specialmoves sehen alle wunderschön aus und transportieren die Wucht des Aufpralls hervorragend über die Mattscheibe!

    Gänzlich neu ist das Drive-System mit seinen sechs Aktionspunkten. Die Leiste ist mit dem Rundenstart gefüllt und ihr könnt euch aussuchen, wofür ihr diese verwenden möchtet. Drive Impact, Drive Rush, Drive Parry und Overdrive sind mögliche Manöver. Dabei pariert ihr beispielsweise Treffer und geht unmittelbar in kraftvolle Gegenangriffe über. Oder ihr startet Attacken über längere Distanzen hinweg. Oder, oder, oder. Das System ist gerade anfangs nicht ganz leicht zu durchschauen und mag überfordern. Mit dem weiteren Spielverlauf werdet ihr in der Anwendung aber immer sicherer und könnt die farbfrohen Moves punktgenau anwenden. Und wenn ihr dann den Durchblick habt, dann erkennt ihr die Variabilität und Flexibilität dieses Systems und lernt es zu schätzen.

    Street Fighter 6
    Mitunter wird es sehr kunstvoll – schön!

     

    Solo und Kampagne

    Richtig gelesen: Street Fighter 6 bietet euch eine waschechte Solo-Kampagne. Im Spiel nennt sich der Modus World Tour und fesselt euch rund 20 Stunden an den Bildschirm. Mit kleineren Videos garniert schickt euch Street Fighter 6 nach Metro City, einer überschaubar großen, aber frei begehbaren Stadt. Capcom hat sich viel vorgenommen, war doch die große Kritik, dass man Einzelspieler völlig aus dem Fokus verloren habe. Nun, World Tour gibt sich sichtlich Mühe zu begeistern, scheitert aber letztlich daran, weil es nicht weiß, was es will.

    Gepackt in eine klassische Meister-Schüler-Story verbringt ihr viel Zeit mit Herumlaufen und Prügeln. Ihr erledigt Botengänge, prügelt euch, spielt Mini-Games, prügelt euch, besucht einen Sushi-Laden, prügelt euch, kauft neue Klamotten und, richtig, prügelt euch. Yakuza machte vor, wie solche Elemente mit einem Kampfspiel vereint werden können, Street Fighter 6 ist davon leider nur eine müde Kopie. Mitunter wird der Anteil von Action und RPG schon recht aufgezwungen.

    Zumal der Grind wirklich mühsam ist, bis ihr neue Moves oder kosmetische Items erlangen könnt. Die Kampagne kann Spaß machen, kann sich allerdings auch wie ein Kaugummi ziehen. Alles wirkt zusammengewürfelt und wenig konzipiert, als hätten die Entwickler alle Ideen eines Brainstormings unter einen Hut packen wollen. Sicherlich kann sie eine Art Grundgerüst für folgende Teile werden, zumal sich die zwischenzeitlichen Kämpfe alle wunderbar anfühlen.

    Was außerdem verwundert ist die abfallende technische Leistung innerhalb der Kampagne. Die umfangreiche Missionvielfalt geht deutlich auf Kosten der Framerate und der Auflösung. Hier und da gab es spürbare Einbrüche der FPS und durch die Bank sehen hier alle Protagonisten deutlich texturärmer aus als im klassischen 1 vs. 1.

    Street Fighter 6
    Minispiele wie dieses sind nach einiger Zeit zähe Kost

     

    Multiplayer online und lokal

    Deutlich spannender wird es in den klassischen Duellen entweder online oder daheim im lokalen Multiplayer. Seit der Beta war klar, dass Capcom hier technisch alles richtig gemacht hat. Keine Abbrüche, keine Lags, sondern ein hervorragender Netzcode machten schon vorab richtig Freude. Die Lobby ist in Street Fighter 6 ein begehbarer und interaktiver Hub. Mit eurem Avatar flitzt ihr hier herum, könnt mit anderen Spielerinnen und Spielern interagieren, bei fremden Duellen zuschauen oder eure Zeit an Spielautomaten mit Klassikern aus dem Hause Capcom verbringen. Hier tummeln sich dann auch gleich die wunderbar verrückten Gestalten aus dem Editor (siehe nächster Abschnitt) herum, so dass das pure herumstehen und Ausschau halten schon Spaß machen kann. Gleichwohl gibt es hier auch die Anlaufstellen für diverse Shops. Der bereits angekündigte Battle-Pass wird ebenso Einzug halten, wie diverse kosmetische Items gegen Echtgeld.

    Wer lieber direkt im one-on-one antreten möchte, kann auch einfach die Gegnersuche aktivieren. Dank crossplay und sehr kurzen Ladezeiten muss man kaum Wartezeit überbrücken und landet quasi direkt schon bei der Figurenauswahl.

    Street Fighter 6

     

    Editor

    Witzig, weil herrlich übertrieben, ist der Charakter Editor. Ihr könnt darin so ziemlich alles an eurer Figur editieren, was ihr möchtet. Mitunter kommen dabei völlig absurde Proportionen heraus, wenn man 2m lange Arme bei einer ebenso hohen Körpergröße hat. Stereotypen und absolute Wahnsinnsfiguren lassen sich flink und einfach bauen, das macht Spaß!  Und wie es nun mal so ist, haben sich natürlich auch schon diverse Communitys eben genau auf diesen Editor gestürzt und basteln fleißig drauf los. Auf reddit etwas findet ihr bereits einen sub, der sich ausschließlich mit eigenen Kreationen befasst. Mittels Code könnt ihr euch auch bekannte Charaktere schnappen: Keanu Reeves, Billie Eilish oder Nick Fury, um mal ein paar prominente Beispiele zu nennen.

    Street Fighter 6
    Ihr könnt wirklich alles (!) konfigurieren, wie man anhand dieses Beispiels von reddit sieht

     

    Technik

    Die erstklassige Performance bezüglich Netcode und Ladezeiten haben wir bereits erwähnt. Ebenso, dass Street Fighter 6, warum auch immer, in der Solokampagne deutliche Leistungseinbrüche zeigt. Hier sollte ein kommender Patch für Abhilfe sorgen, denn eine wirkliche Erklärung dafür bietet das Spiel so gar nicht.

    Ihr wählt erneut zwischen Performance und Qualitätsmodus, könnt euch aber sicher sein, dass ihr in beiden Modi ein hervorragendes Beat ‚em Up Spektakel geliefert bekommt. E-Sportler werden natürlich zum Performance Modus greifen, da hier alles noch eine Ecke flüssiger läuft und es in diesem Genre eben auch um Reaktionsschnelle geht.

    Die Grafiken im Spiel sind tiptop und bieten mitunter leicht kunstvolle Darstellungen. Feinste modellierte Figuren, flüssige Animationen und effektvolle Effekte hieven Street Fighter 6 auf ein neues Level.

     

     

    Fazit

    Street Fighter 6 schafft die Brücke zwischen neuen Inhalten und bewährtem Gameplay. Ihr kennt Street Fighter und bekommt genau all das im modernen Gewand: Arcade, 1vs1, Team Kämpfe und das online oder lokal. Capcom behält damit weiterhin den wachsenden Bereich E-Sports im Blick und dürfte mit Street Fighter 6 ein ganz heißes Eisen im Feuer haben.

    Andererseits bietet die World Tour für Solisten zwar eine lange und umfangreiche Kampagne, die allerdings technisch und bei der Abwechslung Federn lässt. Es ist ein gut gemeinter Versuch, den man als Spieler bzw. Spielerin allerdings auch ruhigen Gewissens ablehnen darf.

    Bei solchen Spieleserien spricht man gerne von Evolution statt Revolution. Street Fighter 6 hat von Beidem ein bisschen und macht in fast allen Bereichen eine sehr schicke Figur. Also dann: Round One, Fight!

    Christoph
    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur