Die beiden ersten Teile der Sorcery!-Reihe, die zu Beginn nur für mobile Geräte erhältlich waren, gibt es seit Anfang diesen Jahres auch auf Steam für den PC. Kürzlich folgte dann der dritte von insgesamt vier Teilen und zur Feier dessen haben wir einmal einen Blick auf das etwas andere RPG geworfen. Wer Steve Jackson’s Sorcery!-Bücher kennt, weiß bereits, was ihn erwartet. Alle anderen können sich hier im Trailer für die ersten beiden Teile einen kurzen Überblick verschaffen. Danach erfahrt ihr in unserem Test, ob die Portierung vom Buch und natürlich der Mobile-Version auf den PC überzeugen kann:
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Story
Sorcery beginnt so, wie man es von einem RPG erwartet: Wir dürfen uns für einen Helden (männlich oder weiblich) entscheiden und starten in unserem Heimatdorf. Unsere Aufgabe, die uns mit auf den Weg gegeben wird, ist nichts Geringeres als die Rettung der Welt. Wäre da nicht das außergewöhnliche Gameplay und die Erzählweise, die Sorcery! von anderen Fantasy-RPGs hervorhebt, wäre die Einleitung vielleicht sogar etwas langweilig. Doch zu den Spielmechaniken wollen wir erst später kommen.
Wichtig zu erwähnen ist an dieser Stelle, dass das Spiel wie schon gesagt in momentan 3 von 4 Teilen gesplittet ist, die wie Kapitel eines Buches funktionieren und jeweils ein bestimmtes Gebiet der Spielwelt umfassen. Der erste Teil beschreibt den Weg des Helden, der querfeldein zu einer Stadt führt, die den nächsten Zielort darstellt. In Teil 2 geht es dann dort weiter, während der dritte Teil in einer düsteren, verlassenen Gegend spielt. Schön ist auf jeden Fall, dass die Entscheidungen des Spielers gespeichert und gesammelte Items, Freundschaften etc. immer weiter in den nächsten Teil übernommen werden.
Doch was ist denn jetzt so besonders an Sorcery!? Die Geschichte an sich ist es nicht, so viel sei verraten. Viel mehr hebt sich das Spiel durch die Art ab, wie die Story erzählt wird, nämlich fast ausschließlich wie in einem Buch. Dabei ist sie eben auch nicht linear, sondern bietet dem Spieler alle paar Absätze verschieden Entscheidungen an, die er treffen kann; dazu gehören unterschiedliche beschreitbare Wege, Angriffe, Zaubersprüche, Dialogoptionen, Handlungen und vieles mehr. Es sind einem fast keine Grenzen gesetzt und jeder entscheidet selbst, ob er als ehrlicher Mann (oder Frau), flinker Dieb oder kluger Magier durch die Welt reisen will.
Das bietet den Vorteil, dass das Spiel einen hohen Wiederspielwert hat – kein Durchlauf gleicht dem anderen und es gibt immer wieder Neues zu entdecken. Das ist vielleicht auch der Grund, warum die Entwickler eine „Rewind“-Option eingebaut haben, mit der man in der Zeit zurückreisen und eine beliebige Anzahl von Geschehnissen rückgängig machen kann, um sich alternative Verläufe anzusehen. Ob man das nun gut findet oder nicht ist Geschmacksache. Mich erinnert es an die alten Bücher dieser Art, in denen man auch gern mal ein paar Seiten zurückgeblättert hat, wenn einem der Ausgang einer Situation nicht gefallen hat. Wenn es die persönliche Immersion stört, kann man das Feature auch einfach ignorieren.
Gameplay
Wenn man das Spiel startet, wird man sofort gefragt, ob man den Vollbildmodus aktivieren möchte. Das ist praktisch und gibt Pluspunkte. Doch die PC-Portierung kann leider nicht überall punkten: Man merkt, dass das Spiel für den Touchscreen entwickelt wurde und die Steuerung mit Maus und Tastatur ist bisweilen ziemlich umständlich und anstrengend. Störend ist auch, dass man zwar zwischen Textabschnitten in die Karte rein- oder aus ihr herauszoomen kann, das Ganze aber danach immer wieder zurückspringt, sodass die Karte auf Dauer für die Augen anstrengend groß dargestellt wird. Bugs oder Abstürze gab es allerdings nicht und dank der geringen Anforderungen (immerhin wird die Geschichte fast ausschließlich durch Texte erzählt) sollte Sorcery! bei jedem problemlos laufen.
Wie vorher erwähnt, besteht das Gameplay eigentlich nur aus verschiedenen Textoptionen, die als Entscheidungen fungieren, während unsere zweidimensionale Spielfigur sich auf einer Landkarte fortbewegt. Abgesehen davon gibt es auch Kämpfe, die durch Texte spannend erzählt werden und in denen man zwei Möglichkeiten hat, zu agieren. So kann unser Held entweder mit einer bestimmten Stärke angreifen oder sich verteidigen. Je nachdem, wie der Gegner reagiert, verletzen wir ihn oder andersherum. Werden wir getroffen, verlieren wir Stamina, sinkt dieses auf null sterben wir. Da Ereignisse in Sorcery! aber jederzeit rückgängig gemacht werden können, ist der Tod des Helden nicht mit einer Strafe verbunden. Man steigt einfach wieder in das Spielgeschehen vor dem Ableben ein. Stamina ist unsere Lebensanzeige und eigentlich auch einziger Statuswert, der durch Kämpfe, Fallen, Anstrengung und ähnliches reduziert wird. Auffüllen kann man ihn unter anderem durch das Essen von Rationen oder das Anbeten seines persönlichen spirituellen Begleiters.
Eine wichtige Rolle spielen neben den Kämpfen auch unsere Zauber, die durch das Zusammenfügen von Buchstaben und unter Verwendung von Stamina oder bestimmten Gegenständen eingesetzt werden können. Sie bieten eine Vielzahl an Möglichkeiten, angefangen von offensiven Angriffen, über das Öffnen von Schlössern, bis hin zur Telepathie. Der Fantasie sind fast keine Grenzen gesetzt und die Möglichkeiten erscheinen einem beim Spielen schier unendlich. Das macht wirklich Spaß und fordert einen dazu heraus, kreativ und einfallsreich zu sein, um möglichst vieles zu entdecken und verschiedene Items sowie Informationen zu sammeln.
Insgesamt ist das Gameplay sehr gut gelungen. Es verbindet die beiden Medien Buch und Spiel auf einzigartige Weise und überzeugt durch die sehr gut geschriebenen Texte – allerdings nur auf Englisch, denn es gibt keine deutsche Übersetzung. Man sollte schon akzeptable Sprachkenntnisse besitzen, denn wer nicht gerne (englische) Bücher liest, wird mit Sorcery! nicht glücklich werden.
Grafik
In jedem Teil gibt es eine neue, handgezeichnete Landkarte, über die sich unser Held wie eine Spielfigur bewegt. Beides ist sehr schön gestaltet, wenn auch eher simpel gehalten. Inmitten der Texte finden sich hin und wieder gemalte Bilder, die sehr ansehnlich die aktuelle Situation illustrieren. Mehr gibt es über die Grafik eigentlich nicht zu sagen, denn das ist auch schon fast alles, was man während dem Spielen zu sehen bekommt.
Sound
Der Sound ist der vielleicht größte Schwachpunkt des Spiels. Da es keine gesprochenen Abschnitte oder Dialoge gibt, ist es meistens relativ still. Zu still – ein wenig epische Musik oder ein paar mehr Soundeffekte würden die Atmosphäre sicherlich noch besser unterstreichen. So muss man sich mit ein paar einfachen Geräuschen zufriedenstellen, die nicht wirklich hervorstechen.
Preis/Leistung
Teil 1 und 2 gibt es auf Steam für etwa 10 Euro, der dritte Teil allein kostet noch einmal genauso viel. Die Spielzeit eines Durchlaufes ist dafür relativ kurz – je nach gewähltem Weg und Lesegeschwindigkeit kann man einen Teil innerhalb von 2-3 Stunden durchspielen. Durch den hohen Wiederspielfaktor lohnt sich die Investition aber dennoch, denn man fragt sich oft, was wohl passiert wäre, hätte man sich doch für den anderen Weg entschieden oder mit dem NPC gesprochen, statt ihn durch einen Feuerball auszulöschen…
Fazit
Ich persönlich hatte viel Spaß mit den ersten drei Teilen von Sorcery!. Wer Videospiele und Bücher mag, dem kann ich das Spiel nur wärmstens empfehlen, denn es verbindet wirklich das Beste aus beiden Welten. Zum einen ist es sehr schön geschrieben und die Charaktere sind interessant und spannend, zum anderen überzeugen die zusätzlichen Spielelemente, wie Entscheidungsmöglichkeiten und Zauber auf ganzer Linie. Die Portierung von Mobile auf PC ist zwar nicht perfekt, stört aber im Großen und Ganzen nicht zu sehr. Alles in allem also eine klare Kaufempfehlung für alle Gamer, die gerne auch mal ein Buch in die Hand nehmen!