Sniper: Ghost Warrior 3 – Test / Review

    Mit Sniper: Ghost Warrior 3 schafft es das Scharfschützenspiel zum ersten Mal in eine offene Spielwelt. Ob dieser Schritt das Allheilmittel ist, erfahrt ihr hier in unserem Test.

     

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    Sniper: Ghost Warrior 3 hat einen ziemlich langen Leidensweg hinter sich. Bereits 2014 wurde der dritte Teil angekündigt, bevor er 2016 erscheinen sollte. Kurz vor dem Release folgten dann jedoch gleich mehrere Verschiebungen nach hinten, bevor es dann final Ende April 2017 an den Launch ging. Freunde gepflegter Sniper-Action mussten also im Vorfeld ein ordentliches Portiönchen Geduld mitbringen, um auf ihr Spiel zu warten. Immerhin gab es ja erst kürzlich mit Sniper Elite 4 (hier unser Test) einen ganz ähnlichen Titel.

    Mit Blick nach hinten, also auf Sniper: Ghost Warrior 2 gerichtet, gab es damals einen ganz großen Kritikpunkt: Es war viel zu gradlinig. Scharfschützenspiele stehen in starkem Kontrast zu anderen Shootern wie etwa Call Of Duty oder Battlefield. In etlichen modernen Shootern stehen Schlauchlevel und nonstop-Action im Vordergrund, nicht jedoch in der Sniper-Serie. Viel mehr dominieren hier Werte wie Entschleunigung, das sachliche und ruhige Auskundschaften der Umgebung, sowie die Suche nach der perfekten Position. Es erscheint in diesem Zusammenhang also irgendwie logisch, dass CI Games früher oder später weg von einer gradlinigen Levelstruktur mussten. Mit Sniper: Ghost Warrior 3 schafft man jetzt den Sprung in die offene Spielwelt.

    Erst mal einen Überblick verschaffen

     

    Man muss wissen, dass es sich bei Sniper: Ghost Warrior 3 um einen reinen Solo-Titel handelt. Und das ist auch gut so, man muss nicht jedem Spiel zwingend einen Multiplayer spendieren und im Falle von Sniper macht das auch einfach wenig Sinn. Nicht umsonst sind die Multiplayer-Server im Konkurrenztitel von Rebellion schon wenige Wochen nach Release recht leer gefegt. Für ein Vollpreisspiel ohne Multiplayer erwartet man dann eine schmucke und umfangreiche Kampagne. Das ist den Entwicklern auch rundum gut gelungen. Ihr werdet gut 30 Stunden mit dem Spiel verbringen können, wobei sich die Zeitspanne noch recht weit nach oben schrauben lässt. Es liegt eben an euch, ob ihr euch straight durch die Kampagne boxt oder auch Nebenmissionen absolvieren wollt.

    Im Gegensatz zu Sniper Elite wartet Ghost Warrior wieder mit einem modernen Setting auf. Angesiedelt in Georgien schleichen wir uns als Jon North durch die Missionen und sollen prorussischen Seperatisten das Handwerk legen. An einigen Stellen der Storyline muss man sich mit triefenden Stereotypen abfinden, das ist einfach so. Ein Highlight ist die Rahmengeschichte jedenfalls nicht, dafür ist sie zu vorhersehbar. Macht aber auch nichts, denn Dreh- und Angelpunkt sind die Missionen und niemand erwartet von den Schreiberlingen bei CI Games ein Meisterwerk an rhetorischer Kunst. Dafür allerdings darf man eine Prise mehr Enthusiasmus den Synchronsprechern abverlangen. Die deutsche Vertonung ist nämlich ziemlich dürftig, weshalb der geneigte Zocker dann doch irgendwie besser zum O-Ton switchen sollte.

    Bewegliche Ziele sind eine Herausforderung

     

    Lässt man Story und Synchronisation mal außen vor, macht Sniper: Ghost Warrior 3 ziemlich viel richtig. Die bereits erwähnte offene Spielwelt ist in unterschiedliche Areale aufgeteilt, in denen man dann gut zwei Dutzend Missionen absolvieren darf. Dabei gelingt es den Machern zu jeder Zeit, die Welt recht realistisch erscheinen zu lassen. Zwischen den Hauptmissionen findet man hier und da kleinere Außenposten oder sonstige Bonusziele, mit denen man die Spielzeit dann weiter Strecken kann. Lohnend sind sie allemal, denn es winken nicht nur ordentlich viele Bonuspunkte für das Skillsystem, sondern man findet auch ausgesprochen nützliche Verbrauchsgegenstände, mit denen sich sinnvolle Gadgets craften lassen.

    Im Grunde geht man jede Mission zunächst relativ gleich an. Man sucht sich einen hohen Punkt, erklimmt diesen und erkundet dann erst einmal in Ruhe alle Feindaktivitäten per Fernglas oder steuerbarer Drohne aus, Hat man sich einen Überblick verschafft, geht es so langsam ans Eingemachte und man schaltet möglichst viele Rebellen bestenfalls leise und unbemerkt aus. Während uns in leichteren Schweregraden noch einige Zielhilfen unterstützen, fallen diese dann in höheren Schwierigkeitsgraden weg. Richtig knackig wird es dann, wenn neben der Schussweite auch noch der Wind mit einberechnet werden muss. Wenn dann der Schuss sitzt, dann muss man innerlich schon ein klein wenig jubeln. Lohnenswerte Abschüsse werden per Bullet-Cam in leichter Slow-Motion etwas expliziter dargestellt, wobei man hier gänzlich auf den „Röntgen-Effekt“ aus Sniper Elite verzichtet. Der Glanzpunkt in Ghost Warrior 3 ist das harmonische Zusammenspiel aus durchaus anspruchsvollem Gameplay und Design. Man wird durch die völlige Freiheit sehr verwöhnt und ist animiert, immer neue und noch bessere Mittel und Wege zum Erreichen des Primärziels zu finden.

    Kommen wir mal zu den Problemen des Spiels. Die dürftige Story und die noch dürftigere Vertonung hatten wir ja bereits, aber da gibt es noch ein paar mehr Ungereimtheiten. So stießen uns die langen Ladezeiten beispielsweise irgendwann ziemlich bitter auf. Man kann sich während des Ladens einer Mission ein Brötchen schmieren, ein Bier aus dem Keller holen und die Katze füttern. Anders ausgedrückt: Man sitzt gerne mal rund fünf Minuten einfach da und glotzt auf den Ladescreen, bevor die Show beginnt. Innerhalb der Mission gibt es dann immerhin so gut wie kein Zwischenladen mehr. Ferner ist das Checkpointsystem ziemlicher Mist. Missionen ziehen sich bei einem Schleichspiel naturgemäß gerne mal in die Länge und da Ghost Warrior 3 kein manuelles Speichern erlaubt, ist man auf die Checkpoints angewiesen. Zu allem Überfluss muss man eine komplette Mission von vorne starten, sollte man zwischenzeitlich die Konsole ausschalten. Über die KI darf man auch gerne geteilter Meinung sein, da diese ab und an von stupide bis hanebüchen agiert.

    Die Drohne ist hervorragend zum Auskundschaften geeignet

     

    Fazit

    Perfekt ist Sniper: Ghost Warrior 3 zwar nicht, aber man kann eine ganze Menge Spaß mit dem Spiel haben. Besonders das durchaus fordernde Gameplay ist in Kombination mit der sehr schönen Spielwelt ein großer Pluspunkt und sorgt für gute Unterhaltung. Technisch gibt es hier und da noch einige Macken, von denen wahrscheinlich noch ein paar weggepatcht werden in naher Zukunft. Für Freunde deftiger Sniper-Kost ist das Spiel, auch wegen des kostenlosen Season-Passes, ein no brainer, während solche, die lieber auf ununterbrochene Action stehen, einen Bogen darum machen sollten.

     

    Christoph
    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur