Indie-Plattformer gibt es heutzutage wie Sand am Meer. Das dachten sich wohl auch die Entwickler bei Finish Line Games, als sie an einem Konzept für Skully arbeiteten und setzten zur Abwechslung auf eine innovative Fortbewegungsform. Apropos Meer – genau da startet auch unsere Reise! Ob Skully hält, was es verspricht, oder sich in die endlose Reihe mittelmäßiger Indie-Plattformer einreiht, erfahrt ihr in unserem Test.
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Story
Ein zum Leben erwachter rollender Totenschädel, der für sein plötzliches Wiedererleben verantwortliche, bärtige Wahnsinnige und ein im wahrsten Sinne des Wortes explosiver Geschwisterstreit. All das erwartet den Spieler in Skully. Das unterhaltsame Indie-Game wirbt im Trailer nicht unbedingt mit seiner ausgeklügelten Story, dabei kann sich diese eigentlich doch sehen lassen. Zwar ist die Idee nichts Neues, jedoch ist das Ganze in kleinen Knet-Animationen sympathisch umgesetzt und nimmt, betrachtet durch die leeren Augenhöhlen des Protagonisten, frische Formen an.
Somit erwartet den Spieler in Skully eine überschaubare aber humorvoll an den Mann/die Frau gebrachte Geschichte – zumindest wenn man einmal die ersten paar Kapitel abgeschlossen hat. Denn der Anfang zieht sich etwas. Die ersten vier der 18 spielbaren Abschnitte führen langsam, für unseren Geschmack etwas zu langsam, in die Funktionen und Story ein. Dabei fehlt es eingangs noch an der Motivation, die Cutscenes so richtig auf sich wirken zu lassen.
Vier Geschwister und eine Menge Krach
An den Charakteren liegt das eigentlich nicht: Unser Protagonist Skully, der rollende Totenschädel, spricht zwar nicht und es mangelt ihm auch aufgrund fehlender Gesichtsmuskeln an jeglicher Mimik; er äußert aber doch hin und wieder seine Emotionen mit vollem Körper- oder besser gesagt Kopfeinsatz. Gesprächiger ist da sein Schöpfer Terry, der auf sympathische Art und Weise das Geschehen kommentiert. Besonderen Charme erhält das Ganze etwa nach einem Viertel des Spiels, wenn sich zu Terrys Monolog langsam auch seine Geschwister gesellen – und die sind ihm so gar nicht wohlgesonnen…
Und wo wir gerade bei Feinden sind: Neben den zwei Protagonisten und ihren drei mehr oder weniger menschlichen Widersachern gibt es natürlich auch ein paar Monster, die einem das Leben schwer machen. Allzu viele sind es zwar nicht und meist in der Form simpler Blobs oder Tentakeln auch nicht nennenswert kreativ, sie erfüllen aber ihren Zweck und bieten ausreichend Abwechslung, indem sie zu den jeweiligen Biotopen passen.
Durch sieben Biome im Rollen!
Die Entwickler werben mit sieben unterschiedlichen Landschaftstypen, mit denen angefangen beim friedlichen Wald, zur düsteren Höhle, über brodelnde Vulkane alles abgedeckt ist. Auch ansonsten ist die Spielwelt abwechselnd gestaltet und schafft die passende Atmosphäre.
Insgesamt besticht die Story durch die unterhaltsame Erzählweise, die liebenswerten Charaktere und (fast) ganz alltägliche Familienprobleme, die jedem auf irgendeine Art bekannt vorkommen werden. Einzig der Einstieg kommt etwas zu langsam „ins Rollen“. Hier wäre ein schnelleres Kennenlernen der Charaktere oder ein paar mehr Infos in Form von Cutscenes oder Monologen ganz sinnvoll gewesen.
Gameplay
Skully kann sich lediglich rollend und springend fortbewegen, lernt aber im weiteren Verlauf des Spiels, sich in drei verschiedene Lehmfiguren umzuformen. Diese haben dann auch mehr Fähigkeiten, welche benötigt werden, um die verschiedenen Level zu meistern. So ist die eine groß und stark genug, um Felswände zu durchbrechen, während eine andere klein und flink ist.
Fähigkeiten: Viel hilft viel oder weniger ist mehr?
Mithilfe seiner lehmigen Kameraden erlangt Skully im Laufe des Spiels mehr als sechs, teils magische, Fähigkeiten, die manchmal leider nicht auf Anhieb funktionieren. Plattformen, die man eigentlich bewegen können sollte, bleiben beispielsweise hängen, einiges klappt erst bei wiederholtem Einsatz; hier fehlt es noch an ausreichend Testläufen und Feintuning des Spiels. Trotzdem bieten die verfügbaren Skills Skully eine Fülle an Abwechslung und Vielseitigkeit.
Die Welt, in der sich Skully bewegt, ist vielseitig und abwechslungsreich, vom Strand bis hin zum Vulkan, ebenso die Level; es gibt sowohl die normalen, Lauf-, Spring- und Sammel-Level als auch Bosskämpfe und Level, in denen man vor etwas fliehen muss. Hier kommen wir an einen starken Kritikpunkt: In diesen Fluchtszenarien sind manche Checkpoints sehr problematisch platziert, sodass man sich im Falle eines Fehlversuchs sehr anstrengen muss, wieder in der Spur zu rollen. Manchmal verhindern die Speicherpunkte es sogar gänzlich, alle Schätze zu sammeln und man muss das Level ganz von vorne starten.
Schwierig oder „nur“ verbuggt
Zu Beginn des Spiels gibt es ein paar einsteigerfreundliche Kapitel, um den Spieler sanft an die Spielmechanik heranzuführen. Danach steigt die Schwierigkeit von Level zu Level, mal mehr mal weniger an – bis hin zu manchen wahren Herausforderungen. Vor allem da es in Skully auch etwas zum Sammeln gibt, und zwar gelbe Blumen. Um alle zu finden, muss man manchmal Ausdauer und Einfallsreichtum beweisen. Einige Stellen sind vom Gamedesign nicht optimal umgesetzt und führen so zu gelegentlicher Frustration, besonders wenn die Kameraführung mal wieder gegen einen arbeitet. Das Sammeln der Blumen verschafft einem ingame keinerlei Vorteile, gewährt einem aber im Hauptmenü Zugriff zu sehr schöner Conceptart. Hier würden wir uns etwas mehr zum Sammeln wünschen, statt nur einer Sache. Auch eine Einbindung der Sammelgegenstände in die Story, z. B. in Form einer Belohnung, wäre ganz nett.
Die Steuerung ist einfach und sehr intuitiv und die über die Zeit dazukommenden Fähigkeiten werden langsam eingeführt, sodass man nicht mit zu vielen Funktionen auf einmal durcheinander gebracht wird. Die Tasten des Controllers sind gut ausgenutzt und es gibt keine Doppelbelegungen. Die Kamera kann/muss der Spieler selbst über den rechten Stick steuern, was manchmal hinderlich sein kann. Glücklicherweise ist die Empfindlichkeit der Kamera aber in den Optionen individuell anpassbar.
Grafik
Grafisch leistet Skully das, was auch andere Indie-Titel wie beispielsweise Yooka-Laylee liefern. Natürlich haut das keinen Realismus-Fan vom Hocker, aber der typische, simple aber farbenfrohe Plattformer-Stil passt und die oftmals bunt leuchtende Umgebung ist durchaus ansprechend.
Was hin und wieder stört, ist, dass man manchmal aufgrund unsichtbarer Wände nicht die gesamte Umgebung erkunden kann, während man an manch anderem unerreichbar erscheinenden Berggipfel überraschend auf eine Belohnung trifft. Im schlimmsten Fall blieben wir sogar einige Male stecken und mussten den letzten Checkpoint neu laden.
Besonders gut gefallen hingegen die Charaktere, die wirken, als seien sie aus Lehm geformt. Sowohl unser kleiner runder Protagonist, seine besonderen Formen als auch das Geschwister-Quartett und die gefährlichen Monster wurden liebevoll und detailreich gestaltet. Sammelt man genügend Blumen, kommt man in den Genuss einiger Concept-Arts, die beweisen, dass die Entwickler sich insbesondere für die Animation von Skully und seiner Gefährten einige Gedanken gemacht haben.
Sound
Auch soundtechnisch haben die Entwickler alles richtig gemacht. Der Hintergrundtrack ist glücklicherweise abwechslungsreich und atmosphärisch, und wechselt in der Regel in jedem Level. Dabei gibt es sowohl ruhige Flötenklänge als auch aufregendere Stücke, die beispielsweise in den Wegroll-Szenen zum Einsatz kommen.
Die Charaktere sind auf Englisch sehr schön vertont, und so gelingt es dem Spiel, tatsächlich einiges an Emotionen rüberzubringen; vor allem gegen Ende nimmt die Story Fahrt auf und man kann kaum erwarten zu wissen, wie es mit Skully und seinen Freunden weitergeht.
Preis/Leistung
Skully ist momentan für um die 30 € erhältlich. Das ist nicht unbedingt wenig, allerdings sind viele Indie-Titel auf der PS4 ähnlich bepreist und mit etwa 20 Stunden Spielzeit ist das auch gerechtfertigt.
Da es allerdings bei manchen Features noch ein wenig hapert und die Story in der ersten Hälfte des Spiels etwas karg ausfällt, empfehlen wir jedem, der sich nicht ganz sicher ist, einfach auf das nächste Angebot zu warten. Indie-Plattformer-Fans werden dann sicherlich auf ihre Kosten kommen, vorausgesetzt sie können über die angesprochenen Gameplay-Makel hinwegsehen.
Fazit
In vielen Bereichen ist Skully hervorragend gelungen: Die Story wird nach einigen Kapiteln mitreißend und spannend, die Charaktere sind allesamt liebenswert und detailreich gestaltet. Sowohl Grafik als auch Sound entsprechen vollkommen der Preisklasse des Spiels und unterstreichen gekonnt die Atmosphäre. Punktabzug gibt es vor allem in Gameplay-Aspekten: Hin und wieder ist das Spiel frustrierend – wenn Skully mal wieder an einer Kante hängen bleibt, eine Fähigkeit nicht tut was sie soll, Checkpoints unfair gesetzt sind oder die Kameraführung einen behindert.
Insgesamt empfehlen wir das Spiel Fans des Genres, die vom üblichen Hin- und Herlaufen gelangweilt sind und Spaß an der sehr gelungenen Roll-Mechanik haben.