Saints Row – Test

     

    Alles wieder auf Null mit dem Reboot der Saints Row Spielereihe. Die absurde Games-Serie wagt den Neustart und will dabei ihren verrückten Kern doch beibehalten. Ob das gelingt? Das klären wir in den folgenden Zeilen und damit Willkommen im Test zu Saints Row!

     

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    Für diesen Test spielten wir Saints Row auf Playstation 5

     

    Zurück zu den Wurzeln

    Reboots sind immer ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite möchte ein Studio die etwas angestaubten Erfolgsspiele im modernen Gewand präsentieren, andererseits läuft man Gefahr, dass man den damaligen Erfolg nicht 1:1 in den heutigen Zeitgeist transportiert bekommt. Blickt man zurück in die Ursprünge von Saints Row, so war das damals formulierte Ziel, eine Art GTA-Klon mit eigenen Ideen zu erschaffen. Was in den späteren Teilen von abstrusen und wenig jugendfreien Einfällen nur so strotzte, war 2006  tatsächlich mal ein halbwegs realistischer Versuch von Voltarion, der Grand Theft Auto Reihe ein Schnippchen zu schlagen. Das ging zwar ziemlich daneben, aber dafür machte die Reihe dann bekanntlich ihren eigenen, herrlich verrückten Weg. Gut so!

    Und das meinen wir wirklich so, denn schaut euch doch mal um? Es gibt so unfassbar viele Spiele, die sich viel zu ernst nehmen und immer bessere Höchstmarken beim Realismus erreichen wollen. Etwas überspitzt ausgedrückt könnte man diesen Spielen auch unterstellen, dass die Unbeschwertheit und der reine Spielspaß damit auf der Strecke bleiben. Genau hier kommen dann eben solchen Spiele wie Saints Row um die Ecke, deren Paradedisziplin es ist, das Hirn auszuschalten und Spaß zu haben.

    Und so wurde das Spielprinzip auch immer abgedrehter. Nach Saints Row 4: Re-Elected war aber auch irgendwie die Luft raus, da man kaum noch Steigerungspotential sah, vielleicht sogar tatsächlich hatte. Nun soll also das Reboot neue Spielerinnen und Spieler für sich gewinnen und die alten Hasen bei Laune halten.

    saints row

     

    Weniger Vulgär

    Schon direkt zum Start wird klar, dass ihr Saints Row mit einem Augenzwinkern spielen sollt. All zu ernst nimmt sich hier niemand und es gibt quasi keinen Moment, in dem nicht irgendwas oder irgendwer durch den Kakao gezogen wird. Ihr startet als Soldat für das Tech-Unternehmen Marshall Defense, werdet unverhofft in einen Shootout mit Ganoven verwickelt und findet euch plötzlich in der Luft an einem Jet hängend fest, in dessen Cockpit der Anführer lungert. Trotz eurer Heldentat langt das verdiente Kleingeld leider nicht aus, um eure Kasse der WG ausreichend zu füllen. Und so beschließt ihr mit euren Mitbewohnern Eli, Neenah und Kevin, euch mit diversen Gaunereien etwas nebenbei zu verdienen.

    Dumm nur, dass ihr dabei etwas zu übereifrig ans Werk geht und ziemlich schnell an die beiden vorherrschenden Gangs der Stadt geratet. Weder die Los Panteros, noch die Idols gehen dabei weniger zimperlich ans Werk und weisen euch sehr eindeutig in die Schranken. Am Stolz gepackt muss also was Eigenes her: Die Saints sind geboren! Ab hier nimmt dann die Geschichte ihren Lauf, die ihr mit Story-Missionen immer weiter fortführen könnt. Erwartet keine Glanzleistung beim Storywriting, sondern stellt euch auf trashige Gespräche und hirnrissige Aufträge ein. Als ob jemand etwas anderes erwartet hätte…

    Zu Beginn dürft ihr euch am Charaktereditor austoben. Als Boss der Saints wollt ihr schließlich ordentlich Eindruck schinden und deshalb dürft ihr an jedem Detail eures alter egos die Stellschrauben drehen. Dabei ist es völlig wurst, ob ihr in Unterwäsche oder aufgetakelt durch die Spielwelt flitzen möchtet, vom laufenden Hot Dog bis zum gackernden Entlein ist so ziemlich alles dabei, was ihr euch nur wünschen könnt. Die einzige Einschränkung obliegt euren Freunden, die einfach so sind, wie sie sind: Ziemlich rabaukig, aber trotzdem gelingt ein charmantes Zusammenspiel der unterschiedlichen Charakteren.

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    Chaotische Spielwelt

    Nachdem die ersten rund 2h Spielzeit noch sehr linear verlaufen, öffnet sich euch dann die Welt Santo Ileso nahezu komplett. Unser erstes Hauptquartier ist eine abgehalfterte Kirche und sie dient nicht nur als entweihte Stätte, sondern auch als Planungsort für unsere folgenden Seiten- und Hauptquests. Diverse Markierungen auf der örtlichen Karte lassen euch neue Zwischenbasen errichten, sei es eine Autowerkstatt oder ein mobiler Imbiss. Dadurch generieren wir nicht nur wertvolle Taler, sondern können uns auf diverse Nebenquests freuen.

    Etwa dann, wenn die Konkurrenz unsere zahlreichen, negativen Online-Bewertungen eines Restaurants nicht gefallen und wir ihnen vis-à-vis einen Schlagabtausch liefern. Oder wir erpressen stinkreiche Bürger damit, dass wir mit einer giftige Fabrik mitten im Nobelviertel drohen. Neue Mitglieder für die Saints bekommt ihr etwa dann, wenn ihr einfach kurzerhand zu einem gegnerischen HQ fahrt, alles über den Haufen ballert und die verbliebenen Clan-Mitglieder um Gnade bzw. Aufnahme bei den Saints bitten.

    Startschuss der Saints

    Schlussendlich baut ihr Stück für Stück das eigene Imperium immer weiter auf, während ihr zugleich die anderen Gangs in ihre Schranken weist. Abseits der imperialistischen Züge könnt ihr zahlreiche Nebenmissionen absolvieren, die Perks oder sonstige Goodies mit sich bringen. So manches Upgrade eurer Figur benötigt obendrein auch etwas Kleingeld, wobei ihr dieses meist zu Genüge dank des florierenden Wirtschaftssystems beisammen habt. Besagte Seitenmissionen variieren von normal bis wtf, hier könnt ihr euch auf kreative Schöpfungen der Macher freuen. Uns hat eine Reihe an LARP-Quests besonders gut gefallen, die die Eigenarten eben jener Rollenspieler völlig überspitzt darstellt – inklusive der entsprechenden Kostüme und Papp-Waffen!

    In der Summe fühlt sich alles ein klein wenig „normaler“ an als in der vergangenen Saints Row Teilen. Ihr werdet nicht an jeder Ecke mit Dildos oder anderen perversen Gimmiks zugekleistert, überall merkt man das Zurücknehmen an Übertreibungen. Aber, und das ist das wirklich Essentielle: Es ist nach wie vor ein Saints Row mit all seinen Eigenarten, Features und Stereotypen. Daher tut es dem Spielspaß absolut keinen ab, wenn ihr einfach ziellos die Stadt erkundet und Chaos stiftet. Zu Fuß, mit einem schicken Sportwagen oder gleich aus der Luft, alles ist erlaubt. Bei den mobilen Fortbewegungsmitteln gibt es neben den Standard-Vehikeln selbstverständlich auch Hoverbikes, Jet-Räder oder sonstige derbe Erfindungen.

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    Solide Technik

    Mit Blick auf die Gegner bekommt ihr hier erstaunlich wenig Kanonenfutter vor die Flinte. So besitzen selbst die Standard-Soldaten schon im normalen Schweregrad eine ordentliche Treffsicherheit. Außerdem funktioniert das Zusammenspiel aller Feinde ziemlich gut, so dass euch die unterschiedlichen Typen, von leichter Fußtruppe bis zum schwer gepanzerten Transporter, immer wieder vor eine Herausforderung stellen. Ist euch das zu knifflig, könnt ihr den Schwierigkeitsgrad nach Belieben anpassen.

    Auf der Konsole habt ihr die Wahl, wie ihr Saints Row optisch genießen möchtet. Mit einer Auflösung in 4K läuft das Spiel mit 30 Frames, dreht ihr die Auflösung auf 1440p herunter, stehen euch butterweiche 60 Bilder pro Sekunde zur Seite. Die offene Spielwelt ist wunderbar farbenfroh und detailreich gestaltet, nur selten ploppen im Hintergrund größere Objekte auf. Das fällt zwar gelegentlich auf, dafür aber nicht sonderlich ins Gewicht.

    Hier und da gibt es noch ein paar kleinere Bugs, die Volition hoffentlich alsbald ausbessert. Bei einigen Nebenmissionen verschwand plötzlich das Ziel von der Minikarte und wir irrten etwas ziellos in der Gegend herum. Hier hilft ein Abbruch mit anschließendem Neustart, der Fehler ließ sich also nicht reproduzieren.

    Stimmungsmäßig bieten die unterschiedlichen Tageszeiten herrliches Ambiente. Licht und Schatten, das passt hier absolut ins Bild. Wir hätten uns ein paar mehr Wettereffekte gewünscht, denn schließlich regnet es auch in einer Wüste gelegentlich mal.

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    Fazit

    Das Saints Row Reboot ist in erster Linie genau das: Ein klassisches Saints Row im modernen Gewand. Dennoch solltet ihr Abstand nehmen von allzu übertriebener Derbheit. Alles, wirklich alles, läuft hier eine Spur harmloser ab als in den vergangenen Teilen. Was dem Spielspaß glücklicherweise überhaupt keinen Strich durch die Rechnung macht! Saints Row nimmt sich in keiner Sekunde wirklich ernst, tut, was ihr tun wollt. Ein Spiel, das prädestiniert für das pure Chaos ist und genau hier liegt seine Stärke.

    Christoph
    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur