Rustler – Test

    Wenn ihr in den vergangenen Wochen und Monaten über das Spiel Rustler gestolpert seid, dann fiel unweigerlich die Spielbeschreibung „GTA im Mittelalter“. Das klang einfach zu vielversprechend, um Rustler nicht selbst anzocken zu wollen. Hier im Test erfahrt ihr unsere Spieleindrücke. Also dann: Sattelt die Pferde!

     

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    Für diesen Test spielten wir Rustler auf Nintendo Switch

    Betrunkene Halunken

    Grand Theft Horse trifft dabei den Nagel ziemlich gut auf den Kopf. Zumindest dann, wenn ihr die etwas eingerosteten, aber nicht minder spaßigen beiden ersten Ableger der GTA-Reihe kennt. Ihr wisst schon, die beiden, in der man aus der Vogelperspektive das pure Chaos in der Spielwelt verbreiten konnte. Rustler versucht nun, dieses unterhaltsame Spielprinzip ins Mittelalter zu transportieren. Dementsprechend ist es also nur logisch, dass aus dem Auto ein Pferd wird.

    Wörtlich übersetzt bedeutet Rustler in etwa so viel wie Viehdieb. Mit dem Hinweis auf das bekannte Rockstar-Spiel muss man kein Hellseher sein, um zu wissen, dass der Name auch tatsächlich Programm ist. Wir spielen Guy, ein Raufbold mit Tendenzen zu starkem Alkoholkonsum und derben Schimpfwörtern. Sein bester Freund, ebenfalls mit einem geistreichen Namen gesegnet, nämlich Buddy, steht dem im Nichts nach. Die beiden Taugenichtse schlagen sich die Zeit wenig sinnvoll um die Ohren und müssen im Grunde durch zwielichtige Aufträge schauen, wie sich sich finanziell über Wasser halten. Doch dann macht die rettende Meldung die Runde: Es wird ein Turnier veranstaltet, bei dem nicht nur jede Menge Zaster winkt, sondern auch noch gleich die Hand der Prinzessin.

    Was nach einem guten Plan klingt, entpuppt sich beim zweiten Blick dann aber doch als nicht ganz so leichtes Unterfangen. Am Turnier dürfen nämlich nur Adlige teilnehmen und Guy ist das personifizierte Gegenteil. Zu allem Überfluss fehlen uns auch noch satte 5000 Goldtaler als Startkapital. Uff…

     

    Karriere durch Fäkalien

    Ganz ähnlich wie im Vorbild GTA könnt ihr auch in Rustler entscheiden, ob ihr einigermaßen streng der Questreihenfolge eure Aufmerksamkeit widmet oder lieber einfach Querfeldein durch die Welt galoppiert. So oder so wird letztlich natürlich auch die Story weitererzählt. Hier solltet ihr euch im klaren darüber sein, dass sämtliche Dialoge gespickt mit derben Kraftausdrücken und Fäkalhumor sind. Ist das nicht euer Ding, dann werdet ihr euch wie in der Serie Jerks größtenteils fremdschämen. Habt ihr im Gegenzug aber Gefallen an dieser Art der Kommunikation, dann werdet ihr viel Freude an der Storyline haben.

    Betrachtet man die Aufträge im Gesamten, dann können wir diesen eine gelungene Abwechslung attestieren. Wo wir uns ansonsten gerne über repetitive Quests beschweren, weiß Rustler mit einem guten Mix zu überzeugen. Mal helft ihr dem örtlichen Totengräber bei der Beschaffung neuer „Klienten“, ein anderes Mal müsst ihr Schulden eintreiben. Ohnehin prügelt ihr euch oft durch die Aufträge, wobei man das Sprechen mit den Fäusten schon im Tutorial zu schätzen lernt. Mit der Pferdekutsche bringt ihr mehr oder weniger wohlhabende Bewohner von A nach B, dann wiederum helft ihr dem Bauern seine Felder zu bestellen, oder ihr überzeugt per Fausthieb Ungläubige, doch mal wieder der Kirche einen Besuch abzustatten. Die Fülle an Aufträgen und Jobs ist hier wirklich mehr als OK. Für all das bekommt ihr schlussendlich Taler als Belohnung und außerdem einige Erfahrungspunkte. Diese dürfen dann im Talentbaum eingesetzt werden, um die rudimentären Skills in ihrem Level zu steigern.

    Und genau wie beim Vorbild von Rockstar lungert natürlich überall die Polizei. Das Fahndungslevel in Rustler ist verglichen mit seinem geistigen Bruder nahezu identisch. Seid ihr per Pferd unterwegs, dann könnt ihr mit genügend Cash euren Gaul samt Pferdewagen umlackieren lassen. Alternativ bietet sich das mutwillige Entfernen von Fahndungsplakaten auch immer an. Später im Spiel kommen neben beherzten linken und rechten Haken auch Waffen ins Spiel, beispielsweise Armbrüste, Hellebarden oder auch eben mal ein stinkender Kothaufen.

     

    Speichern, Grafik und Sound

    Der einzige Knackpunkt innerhalb der Missionen liegt im Speichersystem. In der gesamten Spielwelt gibt es viel zu wenig Speicherpunkte. Nur mit extrem viel Gold könnt ihr neue freispielen, was allerdings gerade in der ersten Hälfte des Spiels unnötig viel Sparzwang erfordert. Das plus die Tatsache, dass man eben nicht frei speichern darf, nagt immer wieder im Verlauf des Spiels zu unnötigen Frustsituationen. Nämlich dann, wenn man bei mehrstufigen Aufträgen am letzten Teileinsatz scheitert und die vergangenen 60 Minuten einfach für die Katz waren. Nimmt man jetzt noch den teils knackigen Schweregrad dazu, dann bekommt man eine Ahnung davon, wie oft man innerhalb von Rustler den virtuellen Tod stirbt.

    Dank Day-1-Patch hat sich die Performance spürbar verbessert. Anfängliche Unkenrufe zu Rucklern und Konsorten könnt ihr als ad acta legen. Leider wurde die Steuerung bislang noch nicht verbessert, sie bleibt einigermaßen schwammig. Besonders deutlich wird dies, wenn man per Pferd unterwegs ist. Die Vierbeiner sind, verglichen mit einem Guy zu Fuß, extrem schnell, aber nur bedingt flink beim Richtungswechsel. Was im Spiel dann häufiger dazu führt, dass man Passanten unwillentlich zertrampelt und die mittelalterlichen Cops ihre Jagd starten. Gelegentlich kommt es auch zu unlogischen Kollisionen mit der Umgebung, so z.B. an einem Zaun, den mal das Pferd im Galopp einfach niedertrampelt und der bei nächster Gelegenheit ein unüberwindbares Hindernis darstellt.

    Beim Sound hat man sich etwas lustiges einfallen lassen: Während in GTA die traditionellen Radiosender für passende Untermalung im Hintergrund sorgen, sind es in Rustler Barden, die am Wegesrand stehen. Mit ihren Klampfen geben sie auch teilweise bekannte Popsongs in mittelalterlichem Stil wieder, was einfach herrlich ins Gesamtbild passt.

     

     

    Fazit

    Rustler ist ein Nischentitel, wie er im Buche steht. Man sollte schon sehr darauf achten, was das Spiel bietet und dann entscheiden, ob oder ob man es nicht spielen möchte. Der Humor und der gesamte Stil sind einfach sehr speziell und daher wird man es entweder lieben oder hassen.

    So passend und richtig der Vergleich zu den alten GTA-Teilen ist, so hinkt er zugleich auch etwas. Im Kern sind beide Titel, bis auf das Setting, durchaus ähnlich. Allerdings kann man lange nicht so viel Chaos stiften wie in GTA, GTA London und Co. In diesem Punkt hinkt also Rustler etwas hinterher. Dafür sind die Aufträge aber deutlich abwechslungsreicher, verschachtelter und die Nebenquests mitunter sehr unterhaltsam.

    Einzig die schwammige Steuerung, die gelegentlichen Clippingfehler und das nervende Speichersystem machen der Freude zwischenzeitlich einen Strich durch die Rechnung. Ebenso hätte Rustler ein Multiplayer gut gestanden, denn das Potential für spaßige Action mit mehreren Spielerinnen und Spielern wäre hier offensichtlich vorhanden.

     

     

    Christoph
    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur