Wrath of the Righteous – ein Pen and Paper Fest – Teil 2
Ein Isometrisches Rollenspiel erinnert alte Hasen natürlich immer etwas an das gute alte Baldurs Gate. Bei Pathfinder: Wrath of the Righteous sogar zurecht, denn das Pathfinder Regelwerk, auf dem das Spiel basiert ist so etwas wie eine Abspaltung des ursprünglichen Dungeons and Dragons Regelwerk auf Version 3.5.
Wer allein mit dieser Information schon maßlos überfordert scheint, kann aufatmen, sich mit den Regeln auszukennen ist nicht zwingen notwendig um Pathfinder: Wrath of the Righteous zu spielen. Wie auch schon den Vorgänger könnt ihr diesen auf moderaten Schwierigkeitsgrad ohne große Pen and Paper Kenntnisse spielen.
Wer möchte, kann bereits bei der Charaktererstellung sehr tief in das Spiel eintauchen. Treibt man es auf die Spitze kann, man sicherlich ganze Stunden damit verbringen, sich einen passenden Charakter auszudenken und zu erstellen. Neben den acht verschiedenen Völkern, die zu Wahl stehen, könnte ich danach noch aus sehr vielen unterschiedlichen Klassen wählen.
Neben eurer Gesinnung gibt es auch noch die Möglichkeit sich einer Religion oder Gottheit anzuschließen, um nur einige dem Hauptaugenmerk der Charakterkreation zu nennen.
Wem das aber alles zu viel des Guten ist, kann sich auch einfach und bequem einen vorgefertigten Charakter auswählen. Überspringt man, damit die Charaktererstellung, findet man sich auch relativ schnell direkt im Spiel und dessen gut erzählte Hauptgeschichte wieder.
Die Story von Wrath of the Righteous:
Pathfinder: Wrath of the Righteous beginnt mit einem Knall. Im ersten Akt, nachdem wir unseren Charakter erstellt oder eine Voreinstellung gewählt haben, sieht man, wie ein dämonischer Halbgott einen lebensgroßen Drachen mit einer riesigen Sense erschlägt. Wir beobachten, wie er eine Stadt mit einer unglaublichen Spalte in zwei Hälften schneidet.
Dabei entdecken wir eine uralte unterirdische Ruine mit einer Prophezeiung, dass unser Hauptcharakter die Reinkarnation eines Engels sein könnte. Von dort aus versuchen die Bewohner der Stadt verzweifelt, eine Verteidigungslinie gegen eine chaotische Dämoneninvasion aufzubauen. Das könnte in einem anderen Spiel die ganze Handlung sein, ist in Wrath of the Righteous aber erst der Prolog.
Wie auch immer, Pathfinder: Wrath of the Righteous ist kein Spiel mit roten Faden, der euch von A nach B lotst. Die Stadt Mendev und die Welt dahinter benötigen unsere Hilfe. Schlimmer noch, die Dämonen haben einen Plan, ein heiliges Artefakt zu korrumpieren und möglicherweise die Welt zu zerstören. Wir müssen versuchen, unsere Heimatbasis zu schützen, Verbündete und mächtige Waffen in der Welt zu sammeln, um das Blatt gegen die Dämonen zu wenden, bevor der Untergang kommt.
In diesem Chaos entscheiden wir uns, wer welche Unterstützung erhält, welche Art von Verbündeten wir versammeln, welche Bedrohungen wir herausfordern und ob wir die Herausforderung mit Rechtschaffenheit, chaotischer Laune, Gutmütigkeit oder rücksichtslosem Bösen angehen.
Neben dem Hauptquest ist Pathfinder: Wrath of the Righteous voller einzigartiger Geschichten und Nebenabenteuer, die es zu erkunden gilt. Einige sind einfach, einige frustrierend, andere sogar ziemlich lustig und einige wirklich episch gestaltet. Alle begleitet von einer anständigen Sprachausgabe und einem ziemlich großartigen orchestralen Soundtrack. Einen dämonischen Minotaurus vor den Toren deiner Heimatbasis in einer stürmischen Schlacht zu töten, halten wir zumindest für ziemlich episch.
Umgekehrt macht es auch Spaß, wenn man einen wissenschaftlichen Charakter entdeckt, der dämonische Kultisten befragt, nur um festzustellen, dass sie keinen blassen Schimmer von dem dämonischen Oberherrn haben, den sie töten und/oder dem sie Leute opfern. Sie ist vielleicht meine liebste gewinnbare Begleiterin, und Wrath of the Righteous ist randvoll mit interessanten Entdeckungen und Überraschungen wie dieser.
Außerdem ist die ganze Sache mit der Reinkarnation eines heiligen Wesens“ nicht ganz aus der Welt geschafft. Während wir uns durch das Spiel wagen und mit übernatürlichen Wesen interagieren, tauchen auch lebhafte Erinnerungen und Visionen auf, die den Hauptcharakter dazu bringen, einem inneren Drang zu folgen. Dies gipfelt in mythischen Pfaden, von denen es einige gibt. Dabei haben wir die Wahl, ob wir uns der bösen Seite hingeben und unsere Feinde mit Macht zu zerschmettern oder ob wir tief dem Licht folgen und versuchen, die Situation im Guten zu lösen.
Ein engelsgleicher Retter kann nicht gerade die Entscheidungen treffen, die einem tödlichen Herrscher der Lich Lords angemessen wären. Das heißt, dass Pathfinder: Wrath of the Righteous hat eine wirklich großartige Geschichte, mit fantastischen Charakteren und Momenten, die sich durch das ganze Spiel ziehen, und eine Menge Spielmöglichkeiten, um all die erzählerischen Freiheiten zu erkunden, die es bietet.
Der Charakterbogen und die Spielwelt:
Wir haben vorhin schon erwähnt, dass Pathfinder: Wrath of the Righteous mit der Gestaltung deines Charakters beginnt. Diejenigen, die einfach loslegen wollen, müssen sich um wenig kümmern. Man kann einfach einen vor eingestellten Charakter auswählen und das Spiel beginnen. Aber erst bei der Erstellung deines Charakters entfaltet Wrath of the Righteous wirklich seine kreativen Flügel. Es gibt eine unglaubliche Sammlung von Rassen, Klassen, Unterklassen, Werten, Neigungen, Religionen, Ausrichtungen und mehr, die sich darauf auswirken, wie du die Welt siehst und mit ihr interagierst und wie sie dich sieht und mit dir interagiert.
Unter den Gefährten, die wir um uns scharen, waren wir im Kampf der Schwächere und mussten uns dabei auf die Stärke der anderen verlassen, um mein Bollwerk zu bilden. Aber wir waren auch in der Lage, einen entscheidenden Schlag zu landen, eine tödliche Falle zu erkennen und zu entschärfen, die Feenkünste unserer Rasse einzusetzen, um Feinde zu verhexen und wir verfügen über ein weltliches Wissen, das uns durch Situationen führte, die andere Charaktere vor Verwirrung scheitern ließen.
Dieses Wissen machte uns auch misstrauisch gegenüber „guten“ Wesen, die unsere Talente zu ihrem eigenen Vorteil manipulieren wollten. Das ist die Art von Freiheit, die Pathfinder: Wrath of the Righteous uns lässt, um den Charakter zu gestalten, und auch die Art und Weise, wie wir die Geschichte spielen. Dennoch müssen wir zugeben, dass die schiere Freiheit, die das Spiel uns bietet, voraussetzt, dass man ein wenig weiß, worauf man sich einlässt, und das kann entmutigend sein, wenn man sich nicht mit den Mechaniken des Fantasy-Tablets vertraut gemacht hat.
Einer der Punkte, an denen dies am deutlichsten wird, ist der Kampf. Der Kampf in Wrath of the Righteous ist ebenfalls ziemlich frei gestaltet, wobei die Schwierigkeitsgrade von siegreich bis zu unfair reichen, und man kann den Schwierigkeitsgrad nach Belieben ändern. Außerdem gibt es zwei Arten von Kämpfen.
Es gibt den aktiven Kampf, bei dem alles in Echtzeit abläuft, mit einer Pausentaste, mit der man die Aktionen in die Warteschlange stellen kann. Man kann auch einen rundenbasierten Kampf führen, bei dem die Geschicklichkeitsprüfung darüber entscheidet, wer zuerst dran ist, und jeder eine Runde lang Bewegungs- und Kampfaktionen ausführt. Es gibt auch einen Schalter, mit dem man nach Belieben zwischen beiden Varianten wechseln kann.
Das Problem ist, dass bei Pathfinder: Wrath of the Righteous zwar ein Tutorialsystem hat, dass aber nicht besonders gut umgesetzt wurde. Es gibt so viele unterschiedliche Systeme, die im Spiel ineinander greifen, aber ohne Erklärung bleiben. Selbst auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad kann es schlimm sein, einen Fehler zu machen oder nicht zu wissen, dass man dabei ist, einen Fehler zu begehen.
Das Spiel warnt uns zum Beispiel nur einmal, dass es optionale Begegnungen mit Kreaturen gibt, die stärker sind als alle anderen in der Gegend und die sehr harte, aber lohnende Kämpfe darstellen. Es sagt uns nie, wann diese Begegnungen anstehen und überlässt so sehr viel dem Zufall.
Als Beispiel hatten wir eine Begegnung, bei der ein Feind unsichtbar war, und nachdem er unser Charakter mit einem kritischen Treffer fast ausgelöscht hat, tauchte erst das Tutorial auf. Um uns wissen zu lassen, dass unsichtbare Feinde meinen Charakter mit einem kritischen Treffer erledigen können. Das war zwar nicht spielentscheidend und in dem Fall sicher auch nicht ganz überraschen, zeigt aber die Probleme des Tutorials auf.
Außerdem gibt es wieder ein Strategie-/Managementsystem. Es ist zwar weniger umfangreich als in Kingmaker, kommt aber in Form von Kreuzzug Management zurück. Schließlich werden wir im Laufe des Spiels genügend Truppen sammeln, um sie in eine strategische Schlacht gegen Armeen von Dämonen und deren Festungen zu führen.
Dabei müssen wir Armeen auf der ganzen Karte verwalten, ganz im Stil von Heroes of Might and Magic, mit Kämpfen von oben nach unten zwischen den Dämonen und unseren eigenen Kräften. Wir können dabei verschiedene Kombinationen von Heilern, Kämpfern und Magiern einsetzen, aber müssen auch Moral-, Finanz-, Energie- und Materialpunkte sowie Generäle verwalten.
Dies ist eine ziemlich abgespeckte Version des Managementsystems, welches wir in Kingmaker hatten. Man kann sogar vieles davon automatisieren, des Spielspaßes willen ziehen wir im Test den Abenteueraspekt, den man durch das manuelle Management dazu gewinnt, vor.
Unser Testfazit zu Wrath of the Righteous:
Owlcat Games hat die kreative Freiheit und die Magie von Tabletop-RPG-Abenteuern auf eine Weise eingefangen, wie es nur wenige andere aktuelle Rollenspiele tun. Wir finden in Wrath of the Righteous eine so gute Geschichte, mit spannenden Charakteren und stimmungsvoller Musik, die die Atmosphäre der Spielwelt einfängt und vorantreiben.
Sicherlich kann man das unvollständige und oft nicht wirklich hilfreiche Tutorial System kritisieren, welche primär Neueinsteiger etwas Schwierigkeiten bereiten kann. Auch das überarbeitet sehr schlanke Managementsystem unserer Armeen fällt gegenüber dem Vorgänger etwas negativ ins Gewicht.
Dennoch Pathfinder: Wrath of the Righteous ist eines der unterhaltsamsten taktischen Rollenspiele, der aktuellen Generation und daher eine klare Empfehlung für Fans von Pen and Paper, Dungeon and Dragons aber auch für Spieler, die einfach nur ein grandioses Rollenspiel suchen.
Pathfinder: Wrath of the Righteous wurde Game2Gether von Owlcat Games für den Test zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Herstellers oder Händlers auf den Testbericht hat nicht stattgefunden.
Quellen: Owlcat Games