Ninja Gaiden 4 Test/Review

    Lasst uns kurz zurück in die frühen 2000er reisen. Eine Zeit vor Dark Souls, bevor Ausdauerleisten und gnadenloser Realismus das Genre dominierten. Eine Ära, in der Stil, Geschwindigkeit und pure Kampfkunst den Ton angaben. Spiele wie God of War, Devil May Cry oder God Hand prägten das Actiongenre, doch über allen thronte ein Spiel: Ninja Gaiden. Es war präzise, brutal, wunderschön und fordernd. Wer es damals spielte, erinnert sich an den Adrenalinkick jedes Kampfes. Mehr als zwei Jahrzehnte später kehrt die Reihe mit Ninja Gaiden 4 zurück. Unser Test soll zeigen, ob sich das Ganze lohnt.

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    Zwei Helden, ein Ziel

    Obwohl Ninja Gaiden 4 in Zusammenarbeit mit Platinum Games entsteht, bleibt der Stil unverkennbar Team Ninja. Egal ob man als Serienveteran Ryu Hayabusa oder als Neuzugang Yakumo spielt, beide Figuren fühlen sich wie klassische Ninja-Gaiden-Charaktere an. Die Kampfsysteme ähneln sich in Struktur und Intensität: Izuna Drops, Guillotine Throws, Ultimate Techniques, alles ist da. Yakumo und Ryu unterscheiden sich jedoch in ihren Spielstilen. Ryu bleibt der präzise, technisch versierte Schwertkämpfer, während Yakumo mit seinem aggressiven, blutmagischen Kampfstil eigene Akzente setzt. Besonders eindrucksvoll ist der Einfluss von Platinum Games in den spektakulären Zwischensequenzen zwischen den Kämpfen: Da rast man über Dächer, schwingt sich an Greifhaken zwischen Explosionen hindurch oder springt aus der Luft direkt in ein Attentat. Diese Momente sind pures Action-Kino, wild, übertrieben und einfach nur „so richtig Ninja Gaiden“. Leider aber könnt ihr Serienurgestein Hayabusa erst so nach 10 Stunden das erste mal wirklich spielen und dann auch nur sehr kurz. Daher muss dieser dann auf das New Game+ warten.

    Kampfmechanik: schneller, härter, besser

    Kern des Spiels bleibt der klassische, schnelle und gnadenlose Nahkampf. Ninja Gaiden 4 orientiert sich klar an Teil 2, fügt aber entscheidende Feinheiten hinzu. Es gibt leichte und schwere Angriffe, Wurfsterne, und natürlich den ikonischen Flying Swallow, der Gegner mit einem einzigen Schlag enthaupten kann. Neu ist eine mächtige Transformationsform für beide Helden: Hält man die linke Trigger-Taste gedrückt, wechseln Ryu und Yakumo in eine verstärkte Version ihrer selbst. Ryu nutzt in seiner „Gleam Form“ blitzschnelle Mehrfachhiebe, während Yakumo in seiner „Bloodraven Form“ mit einer gigantischen Blutklinge kämpft, die weite Flächen abdeckt. Diese Transformation ist nicht unbegrenzt nutzbar, sie verbraucht eine Energieleiste, die man durch Treffer und Finisher wieder auffüllt. Was das Kampfsystem aber wirklich aufwertet, sind die vielen kleinen Verbesserungen: Guillotine Throws verfolgen Gegner gezielter, Wandläufe verstärken Attacken, Ultimate Techniques lassen sich nun direkt nach Izuna Drops einsetzen. Selbst die Greifhaken-Mechanik ist integriert, man kann Drohnen erklimmen, Feinde aus der Luft reißen und sie in den Boden schlagen. Diese Kombination aus altbekannten Elementen und modernen Mechaniken sorgt für ein Kampfsystem, das so komplex wie befriedigend ist.

    Bosskämpfe: Endlich wieder fordernd

    Ein oft kritisierter Punkt der alten Ninja Gaiden-Teile waren die eher unausgewogenen Bossfights. Ninja Gaiden 4 ist hier deutlich besser. Schon der erste Boss, ein Samurai in massiver Rüstung, ist ein Paradebeispiel für gutes Bossdesign: Er reagiert auf Angriffe, kontert präzise, zwingt den Spieler zum Lernen und Timing. Jeder Fehler wird bestraft, jeder Sieg fühlt sich verdient an. Der zweite Boss, eine mystische Kämpferin mit Regenschirmwaffe, bietet ein völlig anderes Erlebnis. Statt einem direkten Duell jagt man sie durch eine dämonische Traumwelt, muss präzise blocken und im richtigen Moment kontern. Durch zusätzliche Greifpunkte kann man sich schnell aus brenzligen Situationen retten oder aggressiv nachsetzen.

    Beide Kämpfe zeigen: Team Ninja hat verstanden, was diese Serie so spannend macht. Das Gefühl, an seine Grenzen zu gehen und an jeder Niederlage zu wachsen. Besonders spannend dabei ist, dass sehr auf Neulinge geachtet wurde. Es gibt nämlich neben einem einfachen Modus auch zusätzlich noch die Optionen, dass eurer Ninja automatisch blockt und ausweicht, sodass ihr euch genüsslich auf die Offensive konzentrieren könnt. Gerade bei einer so für die Härte bekannten Reihe wird das sicher nicht jedem passen. Aber wenn so mehr Menschen in die Serie rein finden und man auch mal ohne viel Stress etwas metzeln kann, begrüßen wir das auf jeden Fall sehr.

    Training, Fortschritt und optionale Herausforderungen

    Die Vorschauversion gewährte Zugriff auf eine große Auswahl an Techniken und Fähigkeiten. Zwar bleibt noch offen, wie das Fortschrittssystem im finalen Spiel aussehen wird, doch das Trainingssystem ist bereits hervorragend umgesetzt. Es gibt ein vollwertiges Übungsmodus-Menü mit einstellbaren Gegnern, Video-Erklärungen zu jeder Technik und umfangreichen Kombolisten. Abseits der Hauptpfade warten optionale Missionen und Geheimnisse. Terminals im Level bieten Nebenaufträge, bei denen man bestimmte Gegnergruppen besiegen oder sammelbare Kreaturen namens Gourdy fangen muss, kleine Minispiele, die das Tempo angenehm auflockern. Besonders spannend sind die Rückkehr der Kampf-Herausforderungsräume: Hier kann man seinen eigenen Schwierigkeitsgrad bestimmen und bekommt Belohnungen, die sich nach dem Risiko richten. Ein cooles System, das die Experimentierfreude der Spieler belohnt.

    Atmosphäre und Leveldesign

    Auch wenn die Level grundsätzlich linear aufgebaut sind, fühlen sie sich dank vieler kleiner Abzweigungen lebendig an. Hier und da gibt es Geheimräume, versteckte Gegner und optionale Kämpfe, die an das alte Ninja Gaiden Black erinnern. Die Präsentation ist dabei spektakulär: düstere Dämonenwelten, glühende Städte, vom Blut getränkte Tempel, Ninja Gaiden 4 bleibt seiner düsteren, martialischen Ästhetik treu, kombiniert sie aber mit moderner Grafik und beeindruckenden Effekten. Platinum Games’ Einfluss zeigt sich nicht nur in der Dynamik der Action, sondern auch in der flüssigen Übergabe zwischen Gameplay und Zwischensequenzen. Alles fühlt sich aus einem Guss an, keine Brüche, keine Pausen, nur pure, ununterbrochene Bewegung. Wenn da nur das spätere Backtracking und das teils sehr öde Pacing nicht wäre.

    Fazit

    Ninja Gaiden 4 ist ein zweischneidiges Katana. Einerseits ist es das, was sich Fans seit über zehn Jahren erhofft haben: ein kompromissloses, technisches und intensives Actionspiel, das die Stärken seiner Vorgänger mit moderner Präzision kombiniert. Die Kämpfe sind wuchtig, das Tempo hoch, die Gegner gnadenlos. Gleichzeitig aber ist die Story komplett belanglos, die neuen Charaktere, inklusive Protagonist Yakumo, könnten uninteressanter kaum sein und alte Lieblinge tauchen nur kurz am Rande auf. Dennoch lohnt sich das Spiel aber für eingefleischte Action-Fans oder Neulinge, die mit den anpassbaren Schwierigkeitsgrad einsteigen möchten.