Seit jeher weiß ein ganz spezielles Action-Rollenspiel aus dem Hause Capcom eine eingefleischte Fangemeinde bei der Stange zu halten. Manch einer lernte sogar schon japanisch, um die frühen Veröffentlichungen importieren und vor allen anderen spielen zu können. Es ist von nichts geringerem die Rede als Monster Hunter. Ob der neuste Ableger der Serie zu begeistern weiß und erfolgreich das „Frei“ aus dem Wort „Freizeit“ streichen kann, lest ihr in unserem Test!
Mittendrin, bluternst und hautnah
Während das Gras sanft meine Beine streichelt, spüre ich dass sich einige Halme in dem tiefen Riss unterhalb des rechten Knies verfangen. Ich kann es mir nicht leisten, bei dem stechenden Schmerz all zu laut aufzukeuchen – die Stille ist mein schützender Mantel. Mein haariger Partner stupst mich von der Seite her leise an und zeigt auf eine karge Ebene vor uns. Crunchy, der treue Felyne neben mir, kniet ebenfalls im hohen Gras und zuckt urplötzlich auf.
Der richtige Moment ist gekommen und ich springe auf – immer weiter und schneller nach vorne auf das rot-leuchtende Paar Augen vor mir zu. Der echsenartige Gestank in meiner Nase bedarf keiner weiteren Beachtung, denn mit aller Kraft schleudere ich meinen Stab auf den Boden und mich in die Luft. Binnen Sekunden lande ich auf dem geschuppten Körper des heiß dampfenden Giganten und einen Moment lang weiß das Ungetüm nicht zu reagieren. Doch dann falle ich beinahe herab, so sehr windet es sich – doch mit aller letzter Kraft halte ich mich fest und ramme ihm mein Jagdmesser in den Nacken. Stille. Da ist sie wieder. Während mir der Schweiß die Stirn herab rinnt, stelle ich mir die für heute letzte wichtige Frage: Was der Koch im Lager wohl aus seinen Rippchen zaubert?
Die Karawane mit dem großen K
Wir schlüpfen in die Rolle eines vermeintlichen Jägers auf dem
Weg zur Hafenstadt Val Habar. Während der Überfahrt durch die sandigen Dünenmeere ereignet sich Großes, woraufhin wir kurzerhand in die „Karawane mit dem großen K“ eingeladen werdet. „Die richtig fetten Viecher“ sollen wir jagen, „dick Beute machen“ und der Karawane zu Ruhm und Ehre verhelfen – so der Karawanenführer. Viele Verschnaufpausen zum Erzählen der dünnen Hintergrundgeschichte gibt es kaum, denn wie sich später herausstellt sind die erwähnten Ungetüme anspruchsvoller als man meint. Das ist soweit kein Problem, denn all zu viel kann auch gar nicht verraten werden. Nur soviel: Ein geheimnisvolles Artefakt will erforscht werden,was durch ein besonders gemeines Monster nur noch schwerer gemacht wird.
Erstaunliches eingängiges, mobiles Jagderlebnis
Monster Hunter 4 Ultimate erschien am 13. Februar endlich in den Regalen der hiesigen Händler und verbucht schon jetzt zu Recht den Titel des wohl derzeit intensivsten, mobilen Zeitfressers. Die Reihe galt schon immer als recht in sich gekehrt; die Community wie eine eingeschworene Bande. Kein Wunder, denn Usability wurde bisher nicht all zu groß geschrieben im Hause Capcom. Die neue Monsterhatz, welche zeitgleich mit dem New 3DS (XL) das Licht der Öffentlichkeit erblickte, setzt diesbezüglich jedoch völlig neue Maßstäbe. Dass eine bessere Lernkurve nicht automatisch eine geringere Herausforderung mit sich bringt, wird Anhand des Beispiels Monster Hunter am besten demonstriert.
Wir nehmen in den jeweiligen Lagern, nach Schwierigkeit gestaffelte, sogenannte Gilden-Quest an um diese dann in der Wildnis auszuführen. Gewissenhafte Vorbereitung und Ehrgeiz sind bei Monster Hunter das A und O; denn sobald wir die Woge der Gesellschaft hinter uns lassen, sind wir buchstäblich der Natur ausgeliefert. Wahlweise werden wir hierbei von einem katzen-artigen Kameraden und/oder bis zu drei unserer Freunde begleitet. Letzteres birgt einen Heidenspaß, obgleich die Jagd nach den Trophäen deshalb nicht automatisch zum Kinderspiel wird.
Verfangen in der Spirale aus Blut und Schweiß
Recht schnell entfaltet Monster Hunter 4 Ultimate sein ausgeprägtes Suchtpotential. Noch vor Kurzem beschwerten wir uns über die anstrengende Handhabung der vierzehn verschiedenen Waffenarten – nun aber wissen wir die kämpferische Abwechslung zu schätzen. Gerade die richtige Taktik führt zum gewünschten Ergebnis und jedes erlegte Reptil, jedes gefangene Rieseninsekt löst ungeahnte Erfolgserlebnisse aus.
Ein Fortschritt ist in diesem Spiel nur in Form der immer besseren Ausrüstung zu erreichen. Abgesehen vom treuen Felyne und seinen unterstützenden Fähigkeiten, kann der eigene Recke keine Level aufsteigen. Anders als bei Genrevertretern erreichen wir in der Monster Hunter Reihe einen immer höheren Rang innerhalb der Gilde, was wiederum zu größeren Herausforderungen für uns und unsere Freunde führt.
Ein vergleichbares Erlebnis findet sich tatsächlich nur rar in der Spieleindustrie; Dark Souls bedient sich beispielsweise der gleichen Spirale aus Misserfolg und Gloria. Ein Nervenkitzel, der am Spielen hält.
Aber bitte mit zwei Daumen
Die Steuerung des Spiels stellt sich früh als ebenso herausfordernd, wie das Spielprinzip an sich heraus. Ganz speziell die Kamerabedienung bedarf sehr viel Übung – nicht ohne Grund kam der Titel zeitgleich mit dem C-Stick des New 3DS heraus. Wer nach wie vor auf dem ursprünglichen 3DS (XL) spielt und nicht glücklicher Besitzer des additionalen Circle Pads (ein zusätzlicher, offizieller Analog-Stick zum andocken) ist, muss sich mit einem LockOn-Feature oder dem digitalen Steuerkreuz behelfen. Auf Dauer ist das doch sehr anstrengend und die Jagdeffizienz leidet sichtlich.
Zum Glück geht das restliche Layout recht gut von der Hand. Zusätzliche Stütze ist zweifelsohne der Touchscreen, welcher seine Buttons und Anzeigen je nach Belieben umfunktionieren lässt. Vorbildlich Capcom! Trotz allem empfiehlt die game2gether-Redaktion mit dem großen R: Der New 3DS oder mindestens das Circle Pad Pro sind eine Voraussetzung für einen glücklichen Jäger.
Außen hui – innen… hui!
Monster Hunter 4 Ultimate weiß grafisch wirklich zu begeistern. Trotz der geringen Auflösung hat das Team aus Japan noch einmal wirklich alles aus dem Handhelden geholt, was geht. Die 3D-Effekte sind derart gut eingesetzt, dass es sich klar lohnt, den Slider mindestens bis zu Hälfte rauf zu schieben. Die Wildnis strotzt vor Details und obwohl die begehbaren Gebiete traditionell sehr begrenzt sind, versinken wir schnell in der dichten Anpirsch-Atmosphäre.
Auch die Klangkulisse trägt hier ihren passenden Teil bei und gerade mit Kopfhörern lässt es sich besonders stimmig jagen. Jede Umgebung, jedes Monster; ja jede Waffengattung haben ihre eigenen Sounds und das Trommelfell kann nur schwer ermüden. Sollte es doch irgendwann zu einer akustischen Eintönigkeit kommen, können wir ja die Musikhalle in Dundorma besuchen und der Diva bei ihren liebevoll animierten Konzerten lauschen.
Gemeinsam sind wir stärker
Der eingebaute Mehrspieler-Modus lässt uns, wie eingangs erwähnt, mit bis zu drei Recken über lokales WiFi oder das Internet losziehen. Hierbei können wir wie schon im Einzelspielerpart mit unserem Jäger Ränge aufsteigen, mit Freunden Armdrücken spielen oder einfach wieder und wieder die abwechslungsreichen Bossmonster der Spielwelt erlegen.
Besonders angenehm: Springen wir auf den Rücken einer Monstrosität, wird ein „Ich steige auf!“ bei unseren Freunden angezeigt. So verhindert das Spiel, dass die Mitstreiter den Feind weiter beharken und uns somit abwerfen. Auch die Verbindungsqualität und Interaktion mit der Spielwelt geht überraschend gut über die Bühne.
Fazit
Mit Monster Hunter 4 Ultimate hat Capcom eines der umfangreichsten Spiele für den 3D-Handhelden aus dem Hause Nintendo auf unsere Welt losgelassen. Eben so oft, wie wir im Kampf scheitern, lernen wir dazu und besiegen gemeinsam mit Freunden haushohe Urzeit-Giganten. Ein, hart erarbeitetes, Erfolgserlebnis jagt das andere und schnell gehen dutzende bis gar hunderte Stunden ins Land.
Die Präsentation, sowie Spielmechanik fesseln schnell und wer herausfordernde Rollenspiele steht, sollte ohne weitere Bedenken zugreifen. Doch Vorsicht: Entweder ihr spielt gleich auf dem New 3DS, beziehungsweise seinen großen Bruder; oder besorgt ein Circle Pad Pro. Alles andere ist eine Zumutung für den Rheumatologen.
Wir werden indes noch mindestens ein halbes Jahr der Monsterhatz nacheifern. Soviel zu tun und soviel zu erlegen. Eine Tatsache, die den goldenen Award nicht besser untermalen könnte. Wohlverdient.
Bildquelle: Nintendo Presseserver