Marvel’s Midnight Suns – Test

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    Rundenstrategie im MCU, so könnte man Marvel’s Midnight Suns in Kurzform beschreiben. Was die Helden so drauf haben und welche Rolle Skill-Karten dabei einnehmen, das erklären wir euch hier in unserem Test!

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    Für diesen Test spielten wir Marvel’s Midnight Suns auf Playstation 5

     

    Vereint gegen Lilith

    Superhelden verlieren wohl nie an Faszination. Insbesondere die Fans des Marvel Universums sind seit Jahren ziemlich verwöhnt. Hier ein neuer Film im Kino, dort eine neue Serie auf Netflix und zwischendurch erscheint auch immer mal wieder ein Videospiel. Während der letzte Versuch der Avengers ein eher zähes Erlebnis für uns Gamer war, versucht Fireaxis Games nun etwas gänzlich Neues. Rundenstrategie im Sinne eines XCOM soll es richten und mit niemand Geringerem als eben diesem Schwergewicht der 4X will man sich messen. Es wäre jedoch fatal, Marvel’s Midnight Suns einfach nur mit XCOM zu vergleichen, denn wie ihr gleich lesen werdet, würde dieser Vergleich ziemlich hinken.

    Die Beschreibung der Story halten wir an dieser Stelle oberflächlich und auch knapp, weil an so ziemlich jeder Stelle Spoiler drohen. Die Avengers versuchen gemeinsam mit der Gruppe der Midnight Suns die böse Zauberin Lilith zu stoppen. Diese droht nämlich, wie könnte es anders sein, mit Hilfe von Hydra die Welt zu knechten. Unterstützung bekommen wir wahlweise von  ihrem Sohn oder ihrer Tochter, das Geschlecht legt ihr im Charaktereditor fest. Womit wir dann auch schon bei der tragenden Hauptfigur Hunter wären, die ihr im Charaktereditor frei nach euren Wünschen gestalten dürft.

    Was wir an dieser Stelle dann doch verraten können, sind die zahlreichen und unvorhersehbaren Twists innerhalb der Geschichte. An den entscheidenden Passagen ist ihre Tiefe gut gelungen und es macht Spaß, ihr im Verlauf der Hauptkampagne zu folgen. Es gibt so einiges an (nicht nur) verbalem Sprengstoff zwischen den Midnight Suns und dem Rest der Avengers. Und ganz grundsätzlich ist es auch sehr schön, mal etwas abseits vom Superhelden-Dasein zu erfahren, also eine Art Blick hinter die Kulissen. So manche Figur wird ziemlich tief und vielschichtig beleuchtet. Etwas schade ist allerdings, dass man recht wenig von Lilith und Hydra mitbekommt.

    Einzig die Präsentation der doch extrem langen und aufwändigen Kampagne gibt auf Dauer etwas zu denken. Die Dialoge sind zwar gut geschrieben und plastisch, kommen aber arg hölzern und wenig emotionsvoll daher.

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    Zieh eine Karte

    Im Vorfeld kam immer mal wieder der Vergleich hoch, dass Marvel’s Midnight Suns eine Art XCOM mit Superhelden sei. Dass dieser Vergleich ziemlich nichtig ist, zeigt das Spiel schon sehr früh.

    Während ihr bei XCOm eure Figuren taktisch rund um jegliche Arten von Deckungen platziert, nutzt ihr diese in Midnight Suns gleich für einen Angriff mit. Etwa dann, wenn ihr eine Metallkiste erspäht und mit Spiderman einen gefesselten Gegner gegen eben diese schleudert. Außerdem gibt es keine Zufallswerte wie etwa die Trefferchance.

    Der allerdings größte Unterschied liegt im Kartensystem. In Marvel’s Midnight Suns bewegt ihr eure Figuren nicht und wählt Aktionen aus, sondern ihr legt Skill-Karten ab. Diese unterscheiden sich in unterschiedliche Typen, bringen also offensive bzw. defensive Aktionen mit sich oder irgendeine Art von (De)Buff. Jeder Charakter hat dabei sein ganz eigenes Deck, natürlich mit unterschiedlichen und zur jeweiligen Figur passenden Moves. Von diesen Karten packt ihr dann pro Kampf 8 Stück in euren Ziehstapel, was bei drei Helden also 24 Stück macht.

    Auf dem eigentlichen Schlachtfeld angekommen seht ihr euch dann diversen Feinden gegenüber und ab hier geht es Zug um Zug. Üblicherweise deckt ihr drei Karten auf, bewegt einen Helden und spielt zwei ab. Wie bereits oben erwähnt stehen euch nicht nur unterschiedliche Angriffe zur Wahl, sondern ihr heilt auch zwischendurch bestenfalls euer Team. Mitunter kommt ihr durch die Zugkarten in Situationen, in denen ihr dank Mehrfachangriff gleich das halbe Gegnerteam ausschaltet, sofern ihr die Umgebung zu eurem Vorteil nutzt. Andererseits kann es passieren, dass einer der Helden völlig ungenutzt bleibt, weil ihr grad keine passende Skill-Karte auf der Hand haltet.

    Clever ist das eigenständige Aufsteigen der Karten nach dem Ausspielen. Eine gespielte Skill-Karte steigt also, je häufiger ihr sie legt. Ein gutes, ausbalanciertes Deck ist entscheidend für den Sieg und durch dieses System merkt ihr doch recht schnell, welche Karten sich lohnen und welche weniger.

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    Tony Stark hilft bei Upgrades

    Durch Kämpfe und generell das Absolvieren von (Neben)Missionen erhaltet ihr Upgrades aller Art. Am wichtigsten sind neue Karte, die ihr im HQ von Tony und Dr. Strange erforschen lassen könnt. Gerade anfangs erlebt man eine wahre Flut an neuen Karten und die pure Masse erschlägt nahezu. Lasst euch davon nicht aus der Ruhe bringen, ihr werdet ohnehin ständig an der bestmöglichen Zusammensetzung eures Decks feilen. Lieblingskarten könnt ihr upgraden, die dazu benötigten Ressourcen bekommt ihr durch das Wegwerfen nicht mehr benötigter Karten. Alternativ lauft ihr die Abtei ab und sucht nach herumliegenden Essenzen, die überall und täglich neu spawnen.

    Überhaupt ist die Abtei als HQ mit dem, was man dort so treibt, eher der langweiligste Spielanteil in Marvel’s Midnight Suns. Denn im Grunde folgt hier alles einem starren Muster, als ob unsere Superhelden jeden Tag (im Spiel) dem gleichen Tagesablauf nachgehen. Nach Tagesstart begebt ihr euch in den Gruppenraum und werdet von möglichen Dialogoptionen förmlich erschlagen. Ausschlagen solltet ihr die Gespräche dabei so gut wie nie, denn mit ihnen steigert ihr euren Freundschafts-Level, also die Beziehung der Helden zueinander, was wiederum für Boni und neue Optionen sorgt.

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    Tagesablauf wie ein Monk

    Bevor ihr euch dann auf zum nächsten Einsatz macht, könnt ihr Hunter im Sparring-Ring leveln oder einen Bonus-Dungeon absolvieren. Derweilen schickt ihr andere Heldinnen und Helden auf Hero-Ops, also automatisierte Missionen zum Hochleveln, die jeweils eine Zeit X in Anspruch nehmen. Innerhalb dieses Zeitraums steht euch dann der entsanndte Held nicht zur Verfügung. Was insbesondere dann nervig ist, wenn ihr ihn für eure eigene Folgemission benötigt. Also erledigt ihr Nebenmissionen, steigert euer social-level oder checkt den internen Hub nach neuen Nachrichten ab. Durch die künstliche Knappheit an Ressourcen abseits der Hauptkampagne kann sich das alles doch arg in die Länge ziehen, wenigstens aber in einen Trott münden. Auch etwaigen Forschungszielen fiebert man eher selten entgegen, weil ihnen an Spannung fehlt. Das Geflecht des Hauptquartiers mit all seinen Facetten bekommt ein XCOM also deutlich besser hin als unsere Heldentruppe in Marvel’s Midnight Suns.

    Dieses unflexible Muster wird nur durch Erkundungsmissionen und Rätselaufträge durchbrochen. Rund um das HQ werden nacheinander magische Barrieren geöffnet, die euch neue Wege freilegen. Mitunter findet ihr hier richtig netten Stuff, von den wichtigen Währungen bis zu neuen Outfits oder sonstigem Sammelkram. Insbesondere die Kostüme lohnen sich meist sehr und ein Gang in die virtuelle Garderobe ist eigentlich obligatorisch, denn neue und bessere Boni winken durch das neue Stöffchen.

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    Technik

    Man darf erneut nicht den Fehler machen und 1:1 Adaptionen der Film-Helden im Spiel erwarten, ihr kennt die berühmten Lizenz-Probleme. Dank der ikonischen Outfits gewöhnt man sich schnell an den etwas ungewohnten Look der Gesichter. Teilweise gehen die Staturen im ersten Moment nicht klar, besonders Captain America sieht aus, als würde er 24/7 pumpen.

    Die Animationen sind völlig OK, solange ihr nicht zu sehr auf die Gesichter achtet. In der Summe macht alles einen auffallen sterilen Eindruck. Emotionen vermag Marvel’s Midnight Suns überhaupt nicht gut zu transportieren, was angesichts der facettenreichen Story wirklich schade ist. In der Abtei fällt das deutlich offensichtlicher ins Auge, während die Figuren innerhalb der Kämpfe allesamt einen phantastischen Eindruck hinterlassen.

    Grafisch lief bei unserem Test im Grunde alles rund. Die Ladezeiten sind in Ordnung, die Frames bleiben auch bei hoher Objektdichte stabil und nur hier und da fiel uns ein plötzlich aufploppendes Objekt ins Auge. Die Steuerung via DualSense Controller ist absolut logisch und fluppt nach wenigen Einsätzen bereits.

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    Fazit

    Marvel’s Midnight Sun macht mit seinem interessanten Konzept richtig Spaß. Rundenstrategie gemixt mit einem Deck-Kartenspiel, das klappt überraschend gut, ja nahezu perfekt zueinander. Insbesondere deshalb, weil das Kartensystem wirklich clever ist und mit den bunten Helden-Mix verdammt gut harmoniert. So ertappt man sich dabei, dass man die Film-Helden auch gerne mal links liegen lässt und interessante, weniger bekannte Figuren für sich als Lieblinge entdeckt.

    Während also der Kern des Spiels fast schon herausragend gut ist, flacht das Drumherum leider deutlich ab. Das Headquarter mit seinen starren Abläufen nimmt unnötig viel Tempo aus dem Spiel und manche Sequenzen ziehen sich wie ein Kaugummi.

    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur