Neues Spiel neues Glück?
Wenn man Lost Planet 1 gespielt hat, kommen einem gerne Erinnerungen an stylischen Mechs hoch, welche elegant über den Boden sliden und die Gegner spektakulär sogar aus der Luft aufs Korn nehmen. Zwar war der Nachfolger was die Mechs angeht nicht mehr so sportlich unterwegs, aber dank dem Vierer-Coop-Modus, riesigen Gegnern und Starship-Troopers-Feeling eine durchaus gelungene Baller-Orgie. Nun hat Capcom den dritten Teil ins Rennen geschickt und versucht dabei neue Wege zu gehen. Von vorne herein gaben die Macher bekannt das es keine Daueraction wie im Vorgänger und erst recht keinen Coop-Modus mehr geben wird. Vielen Fans hat diese Meldung die Köpfe senken lassen. Stattdessen soll der dritte Teil nun Horrorlastiger, atmosphärischer und vor allem westlicher werden. Ob Capcom durch Spark Unlimited (Turning Point) den Fans der Serie damit einen Gefallen getan hat und ob das Spiel trotz allem eine Chance verdient hat, klären wir nun im Test.
Far Far Away
Bereits im Intro des Spiels sehen wir den Spielcharakter Jim Payton im hohen Alter und dem Tode geweiht. Seiner Enkelin erzählt dieser nun was in den letzten Jahren auf EDN 3 geschah. Gespielt werden also die Erinnerungen als Söldner für die Organisation NEVEC, welche Jim vorzugsweise als Spürhund von Thermalenergie einsetzt. Lost Planet 3 ist genau genommen ein Prequel und spielt vor den beiden Vorgängern aus der japanischen Spieleschmiede. Sehr bald wird Jim allerdings klar das es auf dem Planeten wohl mehr Lebewesen als die bekannten Akriden geben muss. Die Beweise in dieser Hinsicht häufen sich und somit entwickelt sich eine zwar nicht wirklich neue, aber durchaus spannende Geschichte in der Jim dem Spieler durchaus ans Herz wachsen kann.
Lost Dead Space Planet?
Im Grunde genommen ist Lost Planet 3 ein klassischer Deckunsshooter. Allerdings kann das Deckunssystem mit dem von Gears of War 3 z.B. allerdings nicht mithalten. Zwar sind immer wieder Deckungen vorhanden, aber nicht immer geht Jim dahinter auch wirklich in Deckung. Meistens klappt dies in Gebäuden am besten. Und wenn wir uns in Gebäuden oder engen Höhlen aufhalten und nicht gerade geballert wird, darf gerne bei aufgedrehter Anlage und gedämmten Licht das Fürchten gelehrt werden. Flackerndes Licht, brummende Maschinen und Finsternis, welche nur einer Handlampe weicht und kreischende Käfer aus der Ferne lassen nicht selten Horrorfeeling aufkommen. Zwar kommen die Schockeffekte relativ Klischeehaft herüber, aber dafür das Lost Planet 3 kein Horrorspiel oder ähnliches sein möchte, kommt es an Dead Space manchmal recht Nahe. Was Ähnlichkeiten zu Dead Space angeht fällt das Hologramm-Hud am meisten auf. Wenn man jenes aufruft, bekommt man eine Übersicht der Ausrüstung, die Weltkarte, eingesammelten Audio bzw. Textnachrichten und den aktuellen Missionszielen. Die gewünschte Mission kann einfach ausgewählt werden und aktualisiert das Ziel des Wegmarkierers. Letzterer funktioniert zuverlässig und sorgt dafür das wir uns nie verlaufen. Allerdings lohnt es sich die Levels gründlicher zu durchforsten, da hier und da Upgrades, Munition und Audio-Nachrichten gefunden werden können.
Bugjäger aus Tradition
Wenn aus der Ferne die Käfer auf einen zu krabbeln oder beschießen, kommt kurzzeitig das gute alte Lost Planet-Feeling herüber. Dann darf aus allen Rohren geballert werden bis von den Käfern nur noch T-Energie-Matsch übrig ist. Größere Gegner holen lange aus und können mit einem Hechtsprung ausgewichen werden. Danach bleibt genug Zeit in die immer orange leuchtenden Schwachpunkte zu schießen. Das Einsammeln der Energieklumpen (T-Energie), welche alle Gegner mehr oder weniger hinterlassen füllt unser Konto als Währung mit der Waffen gekauft und vor allem der Mech upgegradet werden kann. Somit erhält der Mech im laufe des Spiels eine stärkere Panzerung, neue Attacken und mehr. Und wenn wir schon beim Mech sind, befinden wir uns bei der coolsten Sache des Spiels. Zwar handelt es sich hierbei vordergründig um einen Arbeitsmech, welcher ohne Knarren auskommen muss, aber ganz wehrlos ist dieser dennoch nicht. Wenn der Greifarm nicht gerade genutzt wird um eine Anlage zu reparieren können damit Akriden gepackt oder zerquetscht werden. Am anderen Arm befindet sich der Bohrer, welcher auch die größten Gegner schrittweise um Gliedmaßen erleichtert. Im Vergleich zu den Vorgänger-Spielen ist der Mech allerdings weder mit einem Jetpack bestückt und nicht annähernd so wendig. Eher gleicht Jims Arbeitsgerät einem Mech aus Mech Warrior als Nahkampfvariante. Tatsächlich können auf Kommando die Arme wie bei einem Boxer in der Blockhaltung gehalten werden um danach sogar eine Nahkampf-Kombo auszuführen. Das sieht vor allem gegen Bosse cool aus und in Kombination aus Quicktime-Events sehr dramatisch und spektakulär zugleich.
Wenn keine Akriden bekämpft werden, kann Jim mit seinem Mech Anlagen in Betrieb nehmen oder reparieren. Dies geschieht, wie auch ohne Mech, in Form von Minispielen, welche wie auch der Rest des Games am besten mit dem Controller gespielt wird.
Viele Waffen, wenig Platz
Was die upgradebaren Schießeisen angeht, gibt es im Grunde genommen alles was in einen Shooter gehört. Von Pistolen und Pumpgungs, über Maschinen und Lasergewehre bis zu Bögen und Wurfgranaten bietet Lost Planet 3 eine gute Auswahl. Leider ist es Prinzipiell egal welche Waffen man mitnimmt, da diese sich zu wenig von einander unterscheiden. Selbst die größten Käfer bekommt man zudem auch mit der Standartpistole beseitigt. Letztere hat unendlich Munition, kann auch nicht ausgetauscht werden und belegt dadurch dauerhaft einen von gerade einmal 3 Slots. Die anderen Waffen können immerhin im eingebauten Waffenspind des Mechs jederzeit ausgetauscht und aufmunitioniert werden.
Eis Eis Baby
Was die Entwickler aus der guten alten Unreal 3-Engine herausholen lässt zwar die größten Grafikfetischisten nicht sabbern, aber das Game an sich sieht sehr gut aus. Zwar gibt der Eisplanet eben nur Schnee und Eis her, aber die Stürme, Lava-Abschnitte und Höhlen sind so schön gemacht, dass man mit Jim´s Auftritt auf EDN3 nicht tauschen möchte vor lauter gut gemachter Frost-Optik. Die Hintergründe, welche von riesigen Bergen teils verdeckt werden, sind sehr gut gestaltet und simulieren einen weitreichenden Horizont. Allerdings kann man spätestens nach der Endsequenz keinen Schnee mehr sehn, weil die Abwechslung der Landschaft zu gering ausfällt.
50 Tonnen-Ghetto-Blaster oder „Spiel mir das Lied vom Gefrier-Tod“
Stark zur Atmosphäre trägt der gelungene Soundtrack bei, welcher die Stimmung durch Orchestermusik beklemmen lässt. Abwechslung hierzu bietet die im Mech eingebaute Musikanlage, welche in Starcraft-Marnier Country-Musik abspielt und sogar nach Aussteigen des Mechs von Außen noch gut hörbar ist. Das macht Laune und bringt Sympathie ins Spiel. Leider unsympathisch sind die nicht selten asynchronen Vertonungen der Protagonisten, welche allerdings passend gewählt und glaubwürdig herüber kommen. Insgesamt ist also die Klangkulisse gelungen vor allem dann wenn die Waffen sprechen, der Mech über den Boden stampft, die Akrieden in den Höhlen schreien und ein gewaltiger Schneesturm am Spieler um die Ohren heult. Wer im Besitz einer Surround-Anlage ist bekommt das obendrauf sogar gut abgemischt aus allen Richtungen ortbar und somit noch beklemmender was das Feeling vollends abrundet.
Gemeinsam in den Schnee beißen
Lost Planet 3 verfügt zwar über keinen Coop-Modus, aber bietet für Multiplayer-Schlachten folgende Modi zur Auswahl:
Team-Deathmatch, Förderung (Capture the Flag), Szenario (Missionen wie Bombe legen) und Akriden Überlebenskampf. Letzterer Modus gleicht dem Horde-Modus bekannt aus vielen anderen Spielen. Das Matchmaking funktioniert tadellos, die Verbindungen sind stabil, Lag frei und Spieler sind zu genüge vorhanden. Allerdings auch im Multiplayer versucht Lost Planet 3 nicht heraus zu stechen und kann vom Spaßfaktor nicht mal annähernd gegen die Gaudi des Coop-Modus vom Vorgänger mithalten.
Fazit:
Lieber gut nachgemacht als schlecht neuerfunden. Lost Planet 3 bewegt sich sowohl Story-, als auch Gameplay-Technisch auf sicherem Terrain. Von der Geschichte gibt es daher nichts neues, aber dafür unterhaltsam und spannend inszeniert bis zum Schluss. Shooter-Fans bekommen alles was sie benötigen und viele Knarren obendrauf. Dafür sind die weniger schlauen Gegner höchstens in hoher Anzahl eine Bedrohung und wirken im Vergleich zu den gut gemachten Bosskämpfen eher wie Munitionsfutter. Trotz allem haben die Entwickler von Spark Unlimited bewiesen, dass sie ein gutes Game schaffen können, was vor allem dank Agieren im Mech gegen haushohe Gegner und der guten Story zu verdanken ist.