Kein Rennspiel zelebriert die Liebe zum Auto so sehr wie Gran Turismo. Nach Jahren des Wartens hat nun endlich Gran Turismo 7 seinen Weg auf die Playstation 5 gefunden. Hier bei uns im Test erfahrt ihr alles, was ihr über den Vorzeige-Racer wissen müsst.
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Alte Bekannte
Es gibt Dinge, die vergisst man nicht. Im Bezug auf Gran Turismo weiß ich noch sehr genau, wie ich mir damals im Kiosk das Playstation Magazin kaufte und mich die (für damalige Verhältnisse) unfassbar atemberaubenden Screenshots aus Teil 1 in den Bann zogen. Wenige Tage später pilgerte ich dann zum lokalen Gamesladen und zögerte keine Sekunde, die damals fälligen 99 DM auf den Tresen zu legen.
Allein an der Zahlung in DM erkennt man schon, dass seit dem Erstrelease der Reihe etliche Jahre ins Land gezogen sind. Genau genommen ist es mittlerweile 25 Jahre her, dass GT das Licht der virtuellen Welt erblickte. Ich müsste allerdings lügen, wenn ich noch wüsste, wie viele Stunden ich in die unfassbar fesselnden Lizenzrennen damals gesteckt habe. Schätzungsweise irgendwo im dreistelligen Bereich würde ich wohl landen.
Würde ich alle GT-Spiele der Reihe in einen Topf schmeißen, dann würde die Zeit, die ich mit unzähligen Rennen verbracht habe, locker eine Ziffer mit drei Nullen erreichen. Innerhalb der letzten zweieinhalb Dekaden hatte ich nahezu immer extrem große Freude mit Gran Turismo, selbst mit dem nur halbwegs gelungenen Ableger Gran Turismo Sports hatte ich spaßige Ausflüge auf den Pisten dieser Welt. Kurzum: Meine Vorfreude auf Gran Turismo 7 war riesig.
Das Auto als Hauptakteur
Die Eingangs beschriebene Liebe zum Automobil merkt man dem Spiel in nahezu jedem Moment an. Egal, ob es sich dabei um ein 0815-Wagen handelt, den man schon unzählige Male auf den Straßen dieser Welt selbst gesehen hat oder ob es ein exklusiver Sportflitzer in Miniauflagenzahl ist: Jedem einzelnen Fahrzeug wird die Bühne geboten, die es verdient. Wenn ihr möchtet, dann hagelt es Infos zum dargestellten Wagen, ihr bekommt unzählige Details aufgelistet und obendrein noch einen geschichtlichen Hintergrund. Ein Fest für Autonerds und solche, die gerne mehr über den Vierräder erfahren möchten. Solche Infos könnt ihr auf Wunsch auch jederzeit skippen. Zumindest fast immer, lediglich das rund sechsminütige Intro müsst ihr euch in jedem Fall geben.
Dreh- und Angelpunkt ist in Gran Turismo 7 die bestens bekannte Garage. Von hier aus habt ihr all eure Vehikel im Überblick, könnt die oben genannten Details aufrufen und auch gerne selbst Hand anlegen. Tuning in all seinen Facetten und der Kauf neuer Teile stehen euch vornehmlich zur Verfügung.
Gerade das Tuning ist sowohl für Neulinge, aber auch für Freaks eine echte Freude. Jedwedes Teil, das für das ausgewählte Auto beim Händler zu haben ist, bezahlt ihr mit den erwirtschafteten Credits. An der rechten Bildschirmseite erkennt ihr sehr unmittelbar, welche Auswirkungen ein Einzelteil bzw. Reifenset auf den Wagen haben wird. In erster Linie geht es hierbei natürlich um Leistungssteigerung. Hier ein paar PS mehr, dort eine verbesserte Aerodynamik, usw.. Es gibt eine Menge Optionen, aber selbst für absolute Einsteiger bleibt jedes Detail wunderbar überschaubar. Aufpassen solltet ihr ledigleich dabei, dass ihr euch mit dem Tuning innerhalb der Toleranzgrenze für anstehende Events bewegt. Ihr dürft die Vorgaben also weder unter-, noch überschreiten.
Während sich also Frischlinge mit dieser hervorragenden Übersicht in die weite Welt des Autotunings einarbeiten können, sollten Kenner der Materie einen Blick in die detaillierten Einstellungen werfen. Ich als Anfänger fühlte mich aufgrund der Masse (!) an verstellbaren Details deutlich überfordert, mein Auto-affiner Bruder hingegen könnte hier pro Wagen mehrere Stunden an noch so kleinen Stellschrauben drehen. Wie gesagt, hier findet jeder Typ seinen Platz. So ganz nebenbei könnt ihr auch euer alter ego, also den Fahrer, in ebenso mannigfaltiger Detailversessenheit gestalten. Richtig ernüchternd erscheint daneben die Waschstraße, bei der ihr einfach nur euer Auto wieder auf Hochglanz bringt. Nein, hier wird kein Tuning des Waschschaums oder der Unterbodenwäsche benötigt.
Raus auf den Asphalt
Mit dem Weg raus aus der Garage landet ihr im Cafe. Dort blättert ihr wie in einer Menükarte durch die unterschiedlichen Events, die ihr bestreiten könnt. Obendrein trefft ihr etliche historische Figuren, die im Laufe ihres Lebens mit ihrem Schaffen wichtige Meilensteine der Automobilindustrie legten. Wie in einer Art Sammelbuch könnt ihr die dort verfügbaren Missionen meistern und erhaltet im Gegenzug das entsprechende Vehikel. Außerdem schaltet ihr weitere Strecken und Weltenabschnitte frei.
Abseits dieser Kampagne könnt ihr die bekannten Missionen durchführen und ein ums andere Mal eure persönliche Bestleistung toppen. Als Belohnung für die Gold-Medaille winken neue Autos und Credits. Hier gilt die bekannte Formel der Gran Turismo Reihe. Während ihr in den ersten Runden noch mit der ein oder anderen Kurve hadert, tastet ihr euch schrittweise an die Ideallinie und verwandelt Bronze zu Silber und final dann zu Gold.
Es ist verblüffend, wie fesseln dieses seit nun mehr 25 Jahren gängige Prinzip der Spielserie auch heute noch fasziniert und fesselt. Man ertappt sich ständig selbst dabei, wie man eine Beschleunigung noch besser durchzieht und ein Bremsmanöver noch punktgenauer ansetzen möchte. Frust am Fahren kommt dabei nie auf, man hadert letztlich nur mit dem eigenen Unvermögen. Dem ständig neuen Versuch kommen hierbei auch die extrem kurzen Ladezeiten der PS5 zugute. Man muss lediglich den wörtlichen Augenblick warten, bevor man wieder hinter dem Steuer sitzt.
Neben der Kampagne und den einzelnen Missionen könnt ihr euch im Sports Bereich probieren, sofern ihr diesem Modus gewachsen seid. Innerhalb dieser zeitlich begrenzten Veranstaltungen müsst ihr euch mit vorgegebenen Autos samt fester Einstellungen mit Spielerinnen und Spielern weltweit beweisen.
Dank Crossplay zwischen PS4 und PS5 sollte hier auch so schnell kein Nachschub an Hobbyfahrern herrschen. Für den erfolgreichen Ausgang zählen hier nicht nur die Fahrerwertung, sondern auch der Sportsgeist. Gran Turismo 7 ist eine Renn-Sim und kein Arcade-Racer. Demnach solltet ihr euch tunlichst mit rüpelhaften Ramm-Manövern und Drängeln, Schubsen, etc. zurückhalten. Warum? Weil ihr nur mit fairem und sportlichem Verhalten ein gutes Ergebnis erzielen könnt und euch auch nur so lohnende Turniere weiterhin offen stehen.
Die oben genannten Tuningoptionen wirken sich dann natürlich auch spürbar auf das eigentliche Fahrverhalten aus. Ein anderer Reifensatz oder ein paar PS mehr und schon habt ihr mitunter ein völlig verändertes Kurvenverhalten. Nicht selten kommt man somit in die Verlegenheit, ein eben noch gutmütiges Auto plötzlich neu „üben“ zu müssen, damit nicht bei jeder Gelegenheit das Heck ausbricht. Ihr kommt also nicht drum herum – und sind wir ehrlich, dass das auch den Reiz des Spiels ausmacht – euern gewählten Untersetz bis zum Rande der Perfektion beherrschen zu müssen.
Über jedes einzelne Rennen stülpt euch das Spiel ein Wettersystem, dass ihr auch wahlweise deaktivieren dürft. Tut es nicht, es würde euch eine spannende Komponente des Racers rauben! Nicht umsonst hatte das Entwicklerteam von Polyphony mehrfach im Vorfeld der Veröffentlichung betont, dass man reale Wetterdaten der jeweiligen Orte mit ins Spiel bringen möchte. Ohne, dass wir das natürlich für einzelne Gebiete überprüft haben, aber soviel können wir jedenfalls festhalten: Wetter, inkl. Sonne, Regen und Wind, fühlen sich herrlich echt an.
Und abgesehen davon, dass Wetterstimmungen natürlich zum Ambiente unterwegs beitragen, haben sie auch bemerkenswerte Auswirkungen auf den Rennverlauf. Fährt euer Vordermann durch eine Wasserlache, spritzen euch Tropfen auf die Windschutzscheibe. geratet ihr selbst in eine Pfütze, solltet ihr euch auch kleine Rutschpartien einstellen, sofern ihr es mit Gas und Bremse übertreibt. Stark sind auch die Verhältnisse, wenn eine Strecke wieder langsam trocknet und in Roundenparcours die Ideallinie schneller wieder trocken ist, als die Randbereiche.
Insgesamt ist es eine Pracht, wenn neue Wetterlagen aufziehen. So startet ihr beispielsweise ein Rennen bei strahlender Sonne. Nach ein paar Kurven seht ihr im Westen kleinere Wolken aufziehen. Wenige Minuten später sind diese schon deutlich dichter und auch schon fast über der Strecke. Ja und dann bemerkt ihr ein leichtes Prasseln und erste Regentropfen gehen nieder. Wow, großartig!
Zum intensiveren Mittendrin-Gefühl greift Sony natürlich auch auf die Features des DualSense-Controllers. zahlreiche Features werden dabei von den unterschiedlichen Vibratoren des Controllers simuliert: Unebenheiten auf der Strecke, überfahrene Curbs, durchdrehende Reifen und noch ganz viel mehr spürt ihr in euren Händen. Das haptische Feeling ist schwierig zu beschreiben, aber es fühlt sich gut an.
Sieht meist prächtig aus
Grafisch spielt Gran Turismo 7 in der obersten Liga aller bisherigen PS5-Spielen. Dabei ist es egal, ob wir die Grafik innerhalb der Rennen oder die des Foto-Modus herauspicken. Blitzeblank geputzt und bis ins letzte Detailliert, so könnte man es auf wenige Worte herunterbrechen. Auf der Playstation 5 bekommt ihr 4K mit vollen 60 Frames geboten. Selbst wer Gran Turismo 7 auf der Playstation 4 zockt, wird mit einem Augenschmaus belohnt. Währen die Basisversion der PS4 noch 1080p mit 60 schafft, bekommt ihr auf der Pro sogar 1800p mit ebenfalls 60 Bildern pro Sekunde.
Liebhaber werden wahrscheinlich Stunden im Scapes-Modus (= Fotomodus) verbringen, um ihr Lieblingsauto ins rechte Licht zu rücken. Unzählige Filter und Hintergründe warten nur darauf, dass ihr im Vordergrund den polierten Schlitten positioniert. Seine schönsten Snaps kann man dann mit der Community teilen, sofern man das möchte.
Dinge, die nerven
Bei all der berechtigten Lobhudelei gibt es auch hier und da Dinge, die störend auffallen. Da wäre zuallererst der Day-One-Patch, der zwar mittlerweile zum (nervigen) Alltag dazu gehört, aber hier störend sein kann. Denn mit seinen 17Gb benötigt ihr somit zur Installation der Vollversion knapp 110GB Platz auf der Festplatte. Schaufelt euch also schon vorzeitig genügend Platz auf der SSD frei.
Ebenso solltet ihr euch darauf einstellen, dass Gran Turismo 7 auf eine permanente Internetverbindung setzt. Heißt im Klartext: Always on, auch wenn ihr gar nicht online spielt. Als Grund bringt Sony mögliche Cheater an, die offline Spielstände manipulieren könnten, um sich so einen Vorteil zu ergaunern.
Unnötig sind die möglichen ingame-Käufe, die zwar keine Pflicht sind, aber in einer Vollversion dann doch etwas stören. Wahlweise könnt ihr Autos für erspielte Credits kaufen, oder eben auch für Echtgeld. Ob das etwas weltbewegendes ist oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wir wollten es wenigstens erwähnt haben.
Und last but not least wäre da noch die Sache mit dem Wetter und den Nachtfahrten. So schön beides auch ist, so sehr schmerzt die Tatsache, dass sie sich nur für bestimmte Strecken aktivieren lassen. In diesem Falle können wir nur hoffen, dass sich die Entwickler nicht lumpen lassen und Wetter, Tag und Nacht für alle Strecken per Patch nachreichen werden.
Wer einen Blick ins Netz wirft, der wird immer mal wieder auf Vergleiche zwischen Gran Turismo 7 und Forza Horizon 5 treffen. Dahinter stecken vermutlich hehre Gedanken aufgrund des nahe beieinanderliegenden Releases. Dennoch macht aus meiner Sicht ein direkter Vergleich keinen Sinn, da beide Spiele schlicht zu unterschiedlich sind. Die einzige Gemeinsamkeit ist, dass es Rennspiele sind. Während Forza Horizon 5 mit einer offenen Welt und eher arcadigem Spielverhaltet punktet, setzt Gran Turismo 7 auf Realismus und existente Rundkurse. Es käme auch niemand auf die Idee, Splatoon 2 mit Gears of War zu vergleichen, nur weil beides Third-Person-Shooter sind.
Fazit
Gran Turismo 7 macht auf der Playstation 5 eine richtig gute Figur! Nach dem eher durchwachsenen Sports lässt GT7 endlich wieder waschechtes Gran Turismo Feeling aufkommen. An jeder Ecke des Spiels wird das Auto in seiner Schönheit und Geschichte gefeiert. Glücklicherweise hält man Balance und überfrachtet nur dann mit Infos, wenn das seitens des Spielers bzw. der Spielerin auch gewünscht ist.
Grafisch sieht Gran Turismo 7 fast erste Sahne aus, nur hier und da muss man kleine Kompromisse eingehen, die leicht zu verkraften sind. Die Physik ist super und selbst kleinste Änderungen am Gefährt haben (nicht nur dank DualSense Features) spürbare Auswirkungen auf das Fahrverhalten.
Machen wir es kurz: Wenn ihr Rennspiele liebt, dann kommt ihr um Gran Turismo 7 nicht herum!