Ghost Recon Breakpoint – Test

    Mit Ghost Recon Breakpoint steht der neuste Tom Clancy’s Shooter in den Startlöchern. Warum Breakpoint irgendwo zwischen Lust und Frust seinen Weg sucht, das verraten wir euch in unserem Test.

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    Für diesen Test spielten wir Ghost Recon Breakpoint auf Playstation 4 und PC

    Ein unerwartetes Wiedersehen

    Die Insel Aurora wirkt auf den ersten Blick wie eine traute Idylle. Der Zweite offenbart dann jedoch ihr Geheimnis, denn hier geht es alles andere als gemütlich zu. Das bekommt man in Ghost Recon Breakpoint auch sehr schnell zu spüren. Denn als wir zu einer Aufklärungsmission geschickt werden, weil vor der Küste Auroras ein Schiff gesunken ist, werden wir dort alsbald schon unter Beschuss genommen – und unser Helikopter stürzt ab. Zu allem Überfluss stellen wir fest, dass der Anführer der sogenannten Wolves, einer Einheit Elitekämpfern auf Aurora, niemand anderes ist als unser alter Weggefährte Commander Cole Walker. Und da stehen wir nun und es sieht in der Summe so gar nicht rosig für uns aus: Die Bevölkerung verzweifelt und unterdrückt, der Gegner hoch modern ausgestattet und zu jedweder Tat im Stande.

    Unseren eigenen Spielcharakter Nomad kann man zum Start hin in allen erdenklichen Weisen konfigurieren. Geschlecht, Hautfarbe, Kriegsbemalung, Wunden, etc pp. Im Grunde kann es danach dann auch direkt losgehen. Oder besser gesagt, man lässt uns auf Aurora von der Leine.

    Nach dem Intro, das auch gleichzeitig als Tutorial dient, ist man also direkt mittendrin im Schlamassel. Und man weiß bereits, wie die nächsten Minuten ablaufen werden. Man kriecht verwundet mühselig bis zur ersten Pistole, trifft kurz darauf auf ein bis zwei patrouillierende Feinde, erledigt diese, verarztet sich und findet dann auch schon die nächst bessere Waffe.

    Im Grunde kann man es bei Ghost Recon Breakpoint darauf herunterbrechen, dass das Spiel eine Ansammlung aller Ubisoft-Mechaniken ist. Ein Mix mit Zutaten aus verschiedenen Spielserien. Wohlgemerkt kein schlechter, aber eben auch kein besonders kreativer. Und zu keinem Moment in den kommenden rund 20h Spielzeit weicht es von diesem Muster ab. Man kennt das Procedere mittlerweile, weil man es in zig anderen Spielen bereits zu Gesicht bekam. Breakpoint wäre in einer Speisekarte eine Suppe mit Zutaten aus The Division, Far Cry, Watch Dogs und einem Schuss Assassin’s Creed. Alles gut verührt und in die neue Spielwelt Aurora, den Wolves als Gegnern und den Erewhon als einheimische Verbündeten.

    Halbechter Realismus

    Neu ist hingegen der von Ubisoft betont realistischere Ansatz. Was im Grunde nichts anderes bedeutet, als dass man jetzt auch ein paar seichte Survival-Elemente mit ins Spiel packte. Also noch eine Zutat mehr, die man scheinbar unbedingt mit reinpacken wollte. Das wirkt sich im Spiel in erster Linie auf die Ausdauer aus, die phasenweise minütlich erschöpft ist und mittels Wasser, das man in der offenen Spielwelt zu genüge findet, aufgefrischt werden kann. Alternativ muss ein Biwak errichtet werden, denn ohne Ausdauer ist man letztlich nicht viel mehr als ein halbtoter Plastiksoldat. Aus eigener Erfahrung ist die Geschichte mit dem Wasser im Spiel deutlich flinker und tauglicher. Wobei sich da schon die Frage nach dem gewollten Realismus stellt und dem Fakt, dass ein Elitesoldat anscheinend nur Wasser und keine feste Nahrung zum Überleben benötigt.

    Nach kurzer Spielzeit landet man dann im ersten Unterschlupf der Rebellen bzw. der Erewhon. Die Stützpunkte dienen als Hub, von denen man neue Missionen annimmt oder sich mit den unterwegs gesammelten Credits frisch mit Zeugs eindeckt. Hier ist eigentlich immer was los, denn durch die permanente Onlineanbindung tummeln sich in den Hubs sämtliche Spieler von Breakpoint, die im gleichen Gebiet ihr Unwesen treiben. Manchmal verliert man den Überblick, wer KI und wer echter Spieler ist, aber daran kann man sich gewöhnen. Was immerhin ganz gut funktioniert ist das spontane Bilden von Gruppen, um gemeinsam Aufträge zu erledigen.

    Vor den Stützpunkten wartet stets ein Helikopter, damit wir schnellstmöglich zum nächsten Einsatzort gelangen. Schnellreisepunkte sind hier ein Muss, während man per Auto oder auch zu Fuß zu jedem Zeitpunkt jeden Ort von Aurora völlig frei von Zwängen ansteuern kann. Der Hubschrauber bietet ohne jeden Zweifel den besten Ausblick auf Aurora, eine Insel, die den Designern wirklich gut gelungen ist. Ein Wechselbad zwischen Dschungel und Hightech-Gebäuden.

    Missionsarmut

    Die Missionen sind dann bekannte Kost. Reise zu Punkt X und eliminiere alle Gegner. Das ‚wie‘ ist dabei uns überlassen und so kann jeder seinen eigenen Spielstil herauskristallisieren. Per Scharfschützengewehr aus der Distanz, lautlos im Nahkampf, ja sogar ganz ohne Kämpfe geht es manchmal glimpflich aus. Hilfreich für die gewaltfreie Option ist die Minikarte am oberen Spielfeldrand, die, man ahnt es, völlig Ubisoft-like gestaltet ist.

    Dem Spielstil zugute kommen die vier unterschiedliche Klassen in Breakpoint, die jeweils einen eigenen Talentbaum mit sich bringen. Es sind die genretypischen Kampfklassen vom Sniper bis zum Rambo, also erwartet hier keine besondere Kreativität. Da es sich im Kern noch immer um einen Taktikshooter handelt, steht eigentlich das unentdeckte Ausschalten der Gegner im Vordergrund. Und das klappt in Breakpoint auch ausgesprochen gut und zufriedenstellend. Man muss auch hier nur leider festhalten, dass das Erobern von feindlichen Camps oft nach dem gleichen Muster abläuft:

    Man sucht sich eine gute Position, Anhöhen sind hier der beste Ratgeber. Dann startet man eine kleine Drohne, mit deren Hilfe man das feindliche Territorium überfliegt und dabei alle Gegner markiert. Dank technischer Finesse bekommen wir auch noch hilfreiche Infos geliefert, wie beispielsweise deren Ausrüstung. Hier und da findet man Transformatoren oder ähnliche Maschinen, durch deren Manipulation man den Gegner in seinem Handeln einschränken kann. Ist die Batterie der Drohne leer, plant man sein Vorgehen möglichst sinnvoll und legt los mit der Operation Befreiung von Aurora.

    Blöderweise haben wir es hier aber nicht mit minderbemittelten Feinden zu tun, sondern mit solchen, die nicht nur gut gerüstet sind, sondern auch noch eine ganze Menge Gadgets zur Verfügung haben. Wir sehen uns nämlich auch mit gegnerischen Drohnen konfrontiert, die bewaffnet über unserem Kopf ihre Runden drehen.  Und auch sonst haben die Wolves keine Kosten und Mühen gescheut, um uns als Ghost das Leben schwer zu machen. Die muntere KI samt Kampfmaschinen tragen ihren Soll dazu bei.

    Loot im Blut

    Ich muss zugeben, dass ich immer großer Fan von Taktikshootern war und nach wie vor bin. Mir liegt ein solches Spielmuster einfach viel eher als das eines, sagen wir mal Call of Duty. Im Falle von Breakpoint frage ich mich: Was will das Spiel eigentlich sein? Hat mich The Division 2 (hier der Test) noch sehr überzeugt, schafft Breakpoint es nicht über ein Wildlands hinaus zu kommen. Und dazu trägt der unzählige Loot gehörig einen Teil zu bei.

    Wobei es nicht der Loot alleine ist, eher der Mix aus Uninspiriertheit, mangelndem Esprit und eben Loot. Es hat zwar nicht die Ausmaße eines Borderlands, aber es ist schon abenteuerlich, was man in Breakpoint nicht alles finden kann. Zumal man jeden Ballermann auch noch auf multiple Weisen aufrüsten und verändern kann. Nur frage ich mich, welchen Sinn diese unzählig vielen Modifikationen haben, wenn ich nach wenigen Spielstunden schon weiß: Hey, gleich bekomme ich eh eine bessere Waffe, also lass ich das mit den Customs einfach. Weil es sich phasenweise als Zeitverschwendung entpuppt.

    Das ist maßlos enttäuschend und führt das Prinzip der veränderbaren Waffen nahezu ad absurdum. Außerdem klingeln da noch im Hinterkopf die Worte der Entwickler im Ohr. Wir wollen mehr Realismus. Ne, vielleicht war das eure Intension, aber ihr habt hier ein kleines Loot-Monster erschaffen. Neben den Waffen gilt das obendrein auch noch für die Outfits. Schuhe, Mützen, Handschuhe etc pp sind in allen erdenklichen Formen und Farben findbar. Die generische Bezeichnung von normal bis episch darf dabei natürlich nicht fehlen. Auffallend sind auch die vielen realen Firmennamen und Logos, so dass man schon auf den Verdacht kommen könnte, dass man mit möglichst viel Loot auch möglichst viele Geldgeber gewinnen wollte.

    Man kann auch auf eine besondere Waffe hinarbeiten und sich dafür über Missionen Pläne für eine solche besorgen. Der hochwertige Ballermann kann dann in der Base zusammengebaut werden. Meist lohnen diese Waffen besonders, da sie überdurchschnittliche Boni mit sich bringen. Dann aber wieder findet man eine eher normale Waffe, die dem Gear-Level des Spielers besser entspricht – ja und dann? Was ich damit sagen möchte ist einfach, dass Breakpoint es mit Loot übertreibt und zwar in jeder Form.

    Neben der ingame-Währung, die man natürlich mit Echtgeld jederzeit nachkaufen kann, gibt es noch eine Premium-Währung. Diese ist nicht erspielbar sondern kann ausschließlich mit harten Euro gekauft werden. Interessant ist, dass Breakpoint das momentane Gear-Level aus dem PvE mit in den PvP transportiert. Wer es pushen möchte, benötigt dafür, klingeling, Premium Coins. Wenn Vollpreisspiele einen Hauch von pay2win haben, dann finde ich das einfach nicht ganz fair. Sicherlich kann man auch entgegen argumentieren. Wer schneller hochleveln möchte, der soll eben dafür bezahlen. Das ist Ansichtssache, den sich abzeichnenden Trend darf man aber als bedenklich bewerten. Ein Trend deshalb, weil es sich langsam wie ein Gift in immer mehr Spiele einschleicht, wie z.B. Fifa mit dem FUT-System kürzlich gezeigt hat.

    Grafik und Technik

    Hatten wir in den ersten Spieltagen noch mit kleineren Bugs zu kämpfen, wurden diese löblich ziemlich flott nachgebessert. Hier und da kam es vor, dass eine Leiche in der Luft flog oder man Gegenstände nicht aufheben konnte. Das klappt mittlerweile alles deutlich flüssiger. Da Ghost Recon Breakpoint auf ein Deckungssystem setzt, kann es manchmal nervig sein, wenn eine vermeintliche Deckung nicht als solche akzeptiert wird und unser Soldat einfach im Kreuzfeuer stehen bleibt. Das passiert gerne mal in engeren Gebäuden und führt dann auch schnell zum virtuellen Ableben.

    Was auf keine Kuhhaut passt ist die übernatürliche Intelligenz mancher KI-Kollegen. Ein Beispiel: Ich befand mich in perfekter Deckung und erledigte einen einzelnen Gegner mit schallgedämpfter Pistole. Kurz darauf kamen drei weitere Soldaten an der Leiche vorbei, zückten ihre Waffen und eröffneten das Feuer auf mich. Woher zum Geier wussten die, wo ich mich versteckt hielt?

    Die Gestaltung der Insel Aurora ist im Grunde sehr schön, aber steril. Vor allem ist sie deutlich zu wenig belebt, was dem Flair des Spiels überhaupt nicht gut tut. Auch die Übergänge zwischen Flora und den Gebäuden wirkt nicht wie aus einem Guss, manchmal zu streng und manchmal schlicht deplatziert. Hier wurde im Vergleich zu Wildlands ein echter Schritt zurück gemacht, von The Division 2 ganz zu schweigen.

    Immerhin passt beim Sound eigentlich alles. Die Sprachausgabe ist gut, die Sprüche derb. Das akustische Feedback der Waffen ist abwechslungsreich und untermalt das Soundpaket optimal.

    Fazit

    Ghost Recon Breakpoint vereint alle Ubisoft- und gerade hippen Mechaniken in einer großen und offenen Spielwelt. Dabei hat man vergessen, dem Spiel ein Seele einzuhauchen, denn in der Summe wirkt hier alles sehr generisch und wie schon zuvor gesehen. Dabei ist Breakpoint noch nicht mal ein schlechtes Spiel, aber ist wie der alte Bekannte, den man auswendig kennt und nichts mehr Neues zu entdecken hergibt. Den größten Unterhaltungsfaktor gibt es im Multiplayer, wenn man zu viert ins PvE zieht und sich taktisch organisiert. Ghost Recon Breakpoint ist in sich zu austauschbar und das ist wirklich sehr schade.

    Christoph
    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur