Final Fantasy 16 soll die traditionsreiche Serie auf ein neues Level hieven. Wir hatten etwas Skepsis aufgrund der teils doch ernüchternden Erfahrungen mit Teil 15, also wird nun alles besser? Dieser Frage gehen wir hier im Test ausgiebig nach!
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Für diesen Test spielten wir Final Fantasy 16 auf Playstation 5
Seid ihr unentschlossen, ob Final Fantasy 16 etwas für euch ist? Dann ladet euch die Demo im PSN für Playstation 5 herunter und probiert es aus!
Eine lange Tradition
Es sind die Wochen der langlebigen Spieleserien. The Legend of Zelda (seit 1986) feierte mit Tears of the Kingdom neue Bestwerte der Kritiker, Diablo 4 (seit 1996) ging mit Rekordverkaufszahlen an den Start und nun folgt ein nicht minder klangvolle Name: Final Fantasy. 1987 in Japan erblickte die Reihe das virtuelle Licht der Welt, damals noch unter dem Entwickler Square, also lange vor der Fusion mit Enix.
Ein Kernelement aller Teile, auch abseits der stetigen Durchnummerierung, waren die rundenbasierten Kämpfe. Mit Final Fantasy 15 änderte man dieses Konzept grundlegend. In die Moderne transportiert wurden diese in Echtzeit ausgetragen und somit deutlich actionreicher. Es war ein bemerkenswerter und auch nicht ganz folgenloser Cut für das Entwicklerteam, aber auch für Spielerinnen und Spieler.
Die jahrzehntelange Erfahrung mit Rundenkämpfen wurde begraben und mit einem gänzlich neuen Kampfsystem betrat man neues Terrain. Folgerichtig wirkten die Fights in FF15 noch nicht ganz ausgereift, hier und da hakte es an der Steuerung und den flüssigen Abläufen. Kritik, die man in zahlreichen Bekundungen sich zu Herzen nahm und Square Enix versprach, mit Teil 16 alles besser zu machen.
Tradition hat übrigens auch die Größe des Spiels. Wir knabbern hier inkl. des Day One Patches am dreistelligen Bereich, also haltet euch rund 100GB auf eurer Festplatte frei.
Final Fantasy wird erwachsen
Kurz vorab: Wir halten uns an dieser Stelle natürlich spoilerfrei!
Die erzählten Geschichten von Final Fantasy waren schon immer geprägt vom Motto „Klotzen statt Kleckern“. Hohe Emotionalität und starke melo-dramatische Erzählungen stehen seit Jahren im Mittelpunkt der phantastischen Reise. Und auch der Tod tragender Figuren war steter Begleiter, der uns mehrfach das Herz zerriss. Man erinnere sich beispielsweise an Aerith, deren Todesszene selbst in der damaligen Pixeldarstellung eine einzige Qual war.
Final Fantasy 16 merkt man die Erfahrung solcher Bombast-Geschichten in jeder Faser an. Der Grundton hat sich allerdings gewandelt – alles ist hier eine gute Portion düsterer geworden. Eine Art Reifeprozess hat sich eingestellt, Final Fantasy wurde wie seine Spielergemeinde erwachsen. Dementsprechend kann man dem Gemüt auch schon das ein oder andere zumuten, im Spiel meist auf sehr unbequeme und brutale Art. Stellt euch innerlich auf wenig zimperliche Zwischensequenzen und cineastisch inszenierte Clips ein, die streckenweise aus der Feder von George R.R. Martin (Games of Thrones) hätten stammen können.
Der Vergleich stammt nicht von ungefähr, sondern ist einer, den Producer Naoki Yoshida selbst lanciert. „Es war schon immer unser Ziel, diese Art von ausufernder, epischer Story mit einem riesigen Cast an Charakteren zu erzählen – etwas, das sehr komplex und verzweigt ist.“ Von daher können wir dem nur uneingeschränkt zustimmen.
Was wir an dieser Stelle verraten können, ist, dass der Einstieg ins Spiel dem Wurf ins kalte Wasser gleicht. Im Grunde bekommt ihr zunächst einmal so gut wie fast gar nichts erklärt. Klar, wir befinden uns in der Spielwelt Valisthea. Aber euch fliegen bereits in der ersten halben Stunde so viele spielspezifische Begriffe um die Ohren, dass ihr kaum noch wisst, wo oben und unten ist. Über die gesamte Spielzeit hinweg trefft ihr unfassbar viele Personen und Orte und besonders dann, wenn ihr Final Fantasy 16 mal für ein paar Tage nicht gespielt habt, bekommt ihr Probleme mit den Querverweisen. Wer steht noch mal gleich in welcher Beziehung zu wem? Und welche Rolle dabei spielte noch gleich dieser Ort?
Active Time Lore
Das wussten natürlich auch die Macher – und schafften der Komplexität eine aktive Hilfestellung. Active Time Lore heißt das Zauberwort, eine Art Lexikon, in das ihr jederzeit euren Blick werfen könnt. Hier bekommt ihr mit nur einem Knopfdruck alle relevanten Informationen übersichtlich aufgedröselt. Für einzelne Personen, Fraktionen und Orte sind jedwede Infos in diesem Kompendium euer treuer Begleiter.
Die Spielwelt befindet sich in einem fragilen Gleichgewicht, denn die Fäule greift um sich. Dieses magische Phänomen lässt nicht nur das fruchtbare Land absterben, sondern zerstört auch den Äther, die Quelle und der Grundstein allen Lebens in Valisthea. Ein blutiger Krieg der sechs Reiche entbrennt um die verbleibenden Ressourcen.
Wichtiger Baustein dieses Krieges sind die Esper, die wir als beschwörbare Überkreaturen bereits aus anderen Final Fantasy Spielen kennen, beispielsweise Bahamut. Jeder Esper ist an eine Person des jeweiligen Reiches gebunden, seinen Dominus. Unsere Hauptfigur Clive Rosfield sollte eigentlich Dominus des westlichen Reiches werden, jedoch erhielt überraschenderweise sein jüngerer Bruder Joshua den Vorzug des Großherzogs. Davon allerdings nicht entmutigt beschließt Clive, der erste Schild für seinen Bruder zu sein. Urplötzlich nimmt die Geschichte dann aber eine ganz andere Wendung, die ihr ab hier selbst erleben könnt.
Plant ihr einen schnörkellosen Streifzug durch die Story, dann seid ihr rund 40 Spielstunden beschäftigt. Das klingt recht kurz, bezieht sich allerdings auch rein auf die Mainquest. Das werden wahrscheinlich die wenigsten von euch tun, denn es gibt abseits des roten Fadens extrem viel zu entdecken und erleben. Haltet euren Blick daher nach links und rechts, dann verdoppelt sich die Spielzeit gut und gerne. Um diese Welt in all ihren Facetten zu verstehen, solltet ihr allerdings möglichst viele Nebenquests erledigen. Die Hauptstory kratzt beim Thema World-Building vergleichsweise nur an der Oberfläche.
Starke Echtzeit-Kämpfe
Das Kampfsystem überarbeitete Square Enix bereits in Teil 15 und bleibt auch hier in Final Fantasy 16 relativ identisch. Sprich, keine Rundenkämpfe mehr, sondern statt dessen ein actionreiches Kombo-System in Echtzeit. Neu ist, dass wir ausschließlich den Helden Clive steuern. Einen Großteil der Zeit bewegen wir uns alleine durch die Gefilde, teilweise auch mit einer Gruppe, aber die Steuerung überlässt uns das Spiel immer nur bei Clive.
Ihr werdet behutsam an das System herangeführt. Stehen euch anfangs zunächst nur die Basics zur Verfügung, kommen schon bald mächtige Kombos und Zauber hinzu. In seinen Facetten erinnert das austarierte Geschehen an einen Mix aus Devil May Cry und Bayonetta. Schon früh solltet ihr das punktgenaue Timing von Ausweichen und Kontern üben, denn dieses bleibt bis zum Ende des Spiels essentiell. Sämtliche Angriffe haben Cooldowns, die bei Specials natürlich meist länger runterkühlen als bei Standard-Angriffen mit dem Schwert. Die brachialste Macht entfesselt ihr mit gesammelten Elementen, also Feuer, Eis usw. Per Knopfdruck könnt ihr diese durchschalten und dann situativ geschickt einsetzen.
Das alles fühlt sich sehr vertraut an, spielt sich logisch und flüssig und macht dank stetiger Erweiterungen enorm Spaß! Das Experimentieren mit unterschiedlichen Setups trägt dazu bei, dass man immer wieder am besten Ergebnis feilt. Die so gesammelten XP steckt ihr in neue Skills in drei unterschiedlichen Talentbäumen. Auch hier habt ihr vielfältige Möglichkeiten und werdet euch beim Umskillen immer mal wieder ertappen. Das Neujustieren der Punkte kostet übrigens nichts.
Das Schöne ist, dass ihr im Grunde überhaupt nicht grinden müsst. Ihr sammelt genügend Erfahrungspunkte bereits in der Hauptstory für ein erfolgreiches Vorwärtskommen, seid also nicht unbedingt auf die zahlreichen Nebenquests angewiesen.
Alles zu leicht
In Final Fantasy 16 begegnet ihr nicht nur generischen Mobs, sondern auch zahlreichen kleineren und größeren Bossen. Ihr könnt die Uhr danach stellen: Da lauern ein bis drei kleinere Gruppen von Gegnern, dann kann der Zwischenboss nicht weit weg sein. Sie alle bieten als Herausforderung eigene Angriffs- und Special-Muster, sind also deutlich zäher als das restliche Kleinvieh. Den krönenden Abschluss bieten die wirklich großen Bosse, deren Schlachten durch die Bank das Wort episch wirklich verdient haben. Kurzerhand schlüpfen wir selbst in den Feuer-Esper Ifrit und steuern diesen gekonnt durch die Kämpfe. Mit eigenen Angriffe und Spezialmoves gipfelt Final Fantasy 16 hier in einen waschechten Kampf der Titanen. Da Clive als Dominus von Ifrit gilt, dürfen wir leider die meiste Zeit nur auf ihn zurückgreifen. Immerhin gibt es ein paar Szenen mit alternativen Esper, ein bisschen mehr Abwechslung wäre allerdings schon cool gewesen.
Die Boss-Kämpfe sind das Highlight der Kampfsequenzen, da sie euch das meiste Können abverlangen. Wie schon erwähnt müsst ihr immer eine gute Mischung aus Nahkampf mit dem Schwert, Distanzkampf mit den Elementen und dem zwischenzeitlichen Ausweichen finden. Die Feinde sind auch immer eurem eigenen Level angepasst, so dass sich die Kluft zwischen zu leicht und zu schwer nie auftut.
Sind euch die Kämpfe dennoch zu schwer, dann könnt ihr nicht nur den Schweregrad ändern, sondern auch mit Items für Unterstützung sorgen. Ihr legt sie an und erhaltet direkt im Spiel hilfreichen support. So könnt ihr z.B. eine lange Angriffskombo automatisiert auslösen oder euch einen Warnhinweis zum Ausweichen anzeigen lassen. Gerade zum Einstieg bieten die Ringe und Amulette wertvolle Hilfen, im weiteren Spielverlauf solltet ihr sie jedoch abnehmen. Final Fantasy 16 ist kein wirklich schweres Spiel und die zahlreichen Hilfen reduzieren die Kämpfe auf ein seichtes Quick-Time-Event.
Ein weiterer Grund dafür, dass Final Fantasy 16 als zu leicht einzustufen ist, ist das Management für Heiltränke. Die erwähnt durchaus fordernden Bosskämpfe sind in Stufen unterteilt. Steckt ihr Treffer ein, so zückt ihr per Button einen Heiltrank aus dem Inventar und stellt wieder Teil der HP wieder her. So weit, so gut und so bekannt. Sterbt ihr innerhalb eines Kampfes, dann werdet ihr bei der zuletzt erreichten Stufe wieder ins Spiel gebracht, allerdings mit einem vollen Set an Heiltränken. Es ist also egal, ob ihr in Phase 1 bereits 5 Tränke geschluckt habt und dann sterbt, ihr startet wieder mit voller Ausrüstung. Dadurch geht ein echter Anspruch leider völlig flöten, weshalb wir nur unterstreichen können: Spielt auf mindestens mittlerer Schwerestufe und genießt die echte Herausforderung auf NewGame+.
Zu guter Letzt
Während die Talentbäume mit neuen Skills nur so um sich werfen, sieht es beim Loot schon etwas anders aus. Neue Rüstungen, Schwerter und Schmuckstücke sind Mangelware. Wir sind hier also sehr weit von einem Diablo entfernt, was den lohnenden Loot anbelangt. Gil (die ingame Währung) und sammelbare Materialien sind im Grunde immer genügend vorhanden, so dass sich die Truhen bei einer abgeschlossenen Quest leider selten als wirklich belohnend anfühlen.
Auch bei der Spielwelt scheint sich das Lehrgeld aus dem Vorgänger ausgezahlt zu haben. Wirkte diese in Teil 15 oft viel zu leer, wurde sie für Final Fantasy 16 auf angenehme Größe zusammengeschrumpft. Flora und Fauna passen hier zusammen, ihr erkundigt von dichten Wäldern bis hin zu heißen Wüsten einfach alles. Mit dem weiteren Questverlauf erschließt ihr neue Regionen und Stück für Stück fügt ihr die Spielwelt wie ein Puzzle zusammen. Abseits der Hauptwege entdeckt ihr Kisten, tötet Gegnergruppen und entdeckt neue Dörfer. So oder so kommt ihr nie weit ab vom Schuss und müsst keine schnöden und langen Wege bis zur nächsten Aufgabe zurücklegen. Am gradlinigsten sind die Dungeons und Höhlen, die euch linear von A nach B bringen.
Optisch muss man festhalten, dass sich Final Fantasy 16 von zwei Seiten zeigt. Die Serie stand schon immer für grafische Pracht mit beeindruckenden Farben, Effekten und filmreifen Zwischensequenzen. All das findet ihr auch im Spiel und das wirklich zu genüge. Schaut ihr etwas genauer hin, dann fällt das Spiel gegen andere PS5-Exklusivtitel oder Grafikwunder schon sichtbar ab. Detailtiefe fehlt hier und da, so manches Mal werdet ihr über unschöne Texturen stolpern und die Animation der Haare ist, sagen wir mal, nun ja.
Zugleich tut es ein bisschen weh, dass der Performance-Modus nicht die angepeilten 60 Bilder pro Sekunde halten kann. Teilweise droppen die Frames schon sehr deutlich darunter. Die Alternative dazu ist der Qualitäts-Modus mit stabilen 30 Frames, wobei uns hier das perfekt getimte Ausweichen nicht immer gelingen wollte. Richtig schick und toll sind die Partikeleffekte und die sehr kurzen Ladezeiten. Beim Sound bleibt sich die Serie ihrer Seele treu: Bombastisch bis in den Schlussakkord!
Fazit
Die Mutation hin zu einem Action-RPG ist Final Fantasy 16 deutlich besser geglückt als dem direkten Vorgänger. Hier greifen viele kleine Zahnrädchen richtig gut ineinander, so dass das Spiel wie aus einem Guss wirkt. Und trotz aller Neuheiten und Änderungen spürt ihr in jeder Sekunde, dass ihr Final Fantasy spielt.
Die dramatische Story mit all ihren Twists und Wendungen begeistert euch bis zum Ende hin, obwohl sie gegen den Schluss hin etwas abfällt. Gerade diejenigen, die viel Welt auf World-Building und Lore legen, kommen hier voll und ganz auf ihre Kosten.
Und das ist auch der größte Negativpunkt: Überspitzt formuliert ähnelt Final Fantasy 16 einem Spielfilm mit Spielsequenzen zwischendurch. Nicht falsch verstehen, das hier macht verdammt viel Spaß, aber der Anteil an Watch dürfte etwas weniger sein und dafür ein Mehr an Play dazu kommen.
Tut euch selbst einen Gefallen und beachtet die leichten Schweregrade einfach nicht. Final Fantasy 16 ist in der Summe zu leicht und ihr raubt euch nicht nur Spielspaß, sondern auch jedweden Anspruch, wenn ihr nicht mindestens auf Normal spielt.