Eine Mischung aus Final Fantasy, Animal Crossing und Harvest Moon – so oder so ähnlich wird Fantasy Life nicht selten beschrieben. Alle drei natürlich außerordentlich beliebte und erfolgreiche Spieletitel, doch das alles in nur einem Spiel? Wie viele andere fragten auch wir uns, kann das überhaupt gut gehen?
Wir haben Level-5’s ambitioniertes Projekt für euch getestet und verraten euch im Folgenden ob sich das Warten auf das neueste Fantasy-RPG gelohnt hat.
Willkommen in Reveria!
Ja, Reveria, das ist der Name der idyllischen Landschaft in die wir zu Beginn von Fantasy Life entlassen werden. Genauer gesagt landen wir in Kastell, einer der drei großen Städte, die man im Laufe der Geschichte erforschen darf. Und dies leitet unseren Test auch gleich mit der vielleicht größten Stärke des Spiels ein. Die Spielwelt, welche Level-5 für uns geschaffen hat, ist ganz klar einem guten RPG würdig. Mit Liebe zum Detail wurden verschiedenste Umgebungen kreiert – von der friedlichen Graßlandschaft bis hin zu Wüsten, Küsten, atmosphärischen Dungeons und gefährlichen Schluchten. Dabei gibt auch die Grafik keinen Anlass zum Meckern. Diese ist, wie wir es von Level-5 schon gewohnt sind, makellos und unterstreicht den Charakter der Welt mit einer bunten und fröhlichen Gestaltung, die jeden Spieler bezaubern wird.
Der Sound passt sehr gut zum Spiel, kann jedoch nicht mit fesselnden und hochkarätigen Musikstücken mithalten, wie man sie beispielsweise von Titeln wie Final Fantasy oder Kingdom Hearts gewohnt ist. Die Musik ist angenehme und atmosphärische Hintergrundmusik, nicht mehr aber auch nicht weniger. Die Dialoge finden übrigens nur in Textform statt.
Perfekt auf diese Umgebungen angepasst wurden auch die gegnerischen Wesen, die einen nicht selten zum Schmunzeln bringen. So trifft man auf zum Leben erwachtes Gemüse, Killer-Kaninchen und wütende Büffel oder freundet sich mit dem niedlichen Dösdrachen an.
Das besondere Highlight sind, zumindest für mich, die Bewohner Reverias. Mit ihnen wurden nicht nur generische, leblose Figuren erschaffen um die Städte zu füllen, sondern fast jede Person besitzt einen ganz eigenen Charakter und oftmals lustige Eigenheiten. Die Dialoge wurden mit Bedacht und ganz viel Humor geschrieben und man fühlt sich schnell mit seinen Freunden und Nachbarn im Spiel verbunden. Nicht weniger beachtenswert sind dabei auch die Beziehungen zwischen den NPCs; lässt man sich Zeit und spricht ohne besonderen Anlass verschiedene Charaktere an, entdeckt man nicht selten Eifersuchts-Dramen, sich anbahnende Liebesgeschichten und vieles mehr.
Rette (wieder einmal) die Welt!
Hauptziel in Fantasy Life ist, wie soll es auch anders sein, die Welt zu retten.
Man muss zugeben, die Story ist an vielen Stellen klischeehaft, vorhersehbar und nichts Neues, doch sie ergänzt dennoch den Charme des Spiels. Gleich zu Beginn trifft man auf seinen ständigen Begleiter, einen sprechenden Schmetterling namens Flatterling, der als eine Art Führer durch die Hauptgeschichte dient. Diese ist wie gesagt nicht außerordentlich originell; unerklärliche Unglücke suchen Reveria heim und der König beauftragt den Spieler damit, dem Geheimnis dahinter auf den Grund zu gehen und die Welt vor ihrem düsteren Schicksal zu bewahren – das kommt einem doch irgendwie schon bekannt vor…
Gerade einmal etwa zwölf Stunden Spielzeit nimmt die Story dabei in Beschlag, was jedoch bei der großen Anzahl an Quests und anderen Aufgaben nicht weiter schlimm ist. Das Spiel lebt davon, dass sich der Spieler Zeit lässt die Welt zu erkunden und die schier unendlichen Möglichkeiten an Zeitvertreiben auszuprobieren. So kann man beispielsweise Quests erledigen, von Bewohnern mehr über die Hintergrundgeschichte erfahren, besonders starke Monster einfangen und Belohnungen erhalten, sich starke Rüstungen schmieden, kochen, seinen Charakter individualisieren, Haustiere kaufen, sein Haus einrichten und einiges mehr. Fast so wie im echten Leben.
Und täglich grüßt das Murmeltier…
Groß angepriesen wurden insbesondere die Klassen in Fantasy Life. Diese werden im Spiel Berufe genannt, und leider kommen sie einem nach einiger Zeit manchmal wirklich mehr vor wie die tägliche Arbeit als ein innovatives Spielvergnügen. Ob wohl deswegen der Name ‚Berufe‘ gewählt wurde?
Doch was sind eigentlich diese Berufe? Gleich zu Beginn des Spiels muss man aus zwölf verschiedenen Klassen eine wählen, dabei stehen einem drei Sammel-, fünf Handwerks- und vier Kampfklassen zur Verfügung. Besonders wichtig ist es allerdings nicht für welche man sich entscheidet, denn wenig später kann man mit Hilfe der Lebensgilde frei zwischen ihnen wechseln. Diese Berufe sind dabei alle miteinander verbunden, beispielsweise sammelt der Schürfer Materialien, die der Schmied zu Waffen macht, welche der Paladin dann im Kampf benutzen kann. Eigentlich eine sehr interessante Idee.
Eigentlich… Denn bei Sammlerberufen verbringt man dabei die meiste Zeit mit dem Suchen nach Materialien, was auf Dauer leider äußerst langwierig ist. Noch schlimmer trifft es die handwerklichen Berufe, in denen man ein sehr repetitives Minispiel spielt, das noch dazu in allen fünf dieser Klassen fast identisch ist. Dabei ändert es sich auch mit steigender Erfahrung kaum und man möchte manchmal lieber unverschämt teure Materialien und Rüstung kaufen, als noch länger immer dieselben drei Tasten zu betätigen.
Unglücklicherweise kann auch das Kampfsystem nicht wirklich überzeugen. Man erhält für ein Rollenspiel nur eine sehr kleine Auswahl an Fähigkeiten und Angriffen und gerade der Söldner und der Paladin spielen sich sehr ähnlich. Mehr Möglichkeiten zur Individualisierung wären hier schön gewesen, denn man muss im Spiel einiges an Kämpfen austragen, die zu oft in stupidem, strategielosem Button mashing enden und kaum eine Herausforderung darstellen. Es ist kaum zu übersehen, dass die Entwickler das Spiel Schwierigkeitsgrad-technisch auch für jüngere Spieler offen halten wollten – leider zum Leidwesen erfahrener Gamer. Mehr Attacken und Moves bekommt man, indem man ganz RPG-typisch Quests erledigt, welche wir jetzt einmal genauer unter die Lupe nehmen wollen.
Hilfsbereitschaft zahlt sich aus.
Das ist wohl das Motto, das Level-5 beim Entwerfen der Quests verfolgte. Bei einem gemütlichen Spaziergang durch Kastell findet man an jeder Ecke hilfsbedürftige Einwohner, welche auf etwas nachbarschaftliche Hilfsbereitschaft angewiesen sind. Doch sie sind nicht die einzigen die unsere Unterstützung fordern. Auch unser flatternder Begleiter hat Aufgaben für uns, meistens bestehen diese daraus, sich bestimmte Features des Spiels näher anzusehen, wodurch sie als eine Art passives Tutorial dienen. Zuletzt bekommen wir Quests von unseren Gildenmeistern der verschiedenen Berufe, natürlich passend zu diesen.
Ist eine Quest erledigt erhält man immer Erfahrungspunkte, manchmal Gegenstände und des weiteren eine von drei Bezahlungsarten: Gulden, Reverias offizielle Währung bekommt man in Bewohner-Quests. Von unserem Gildenmeister erhalten wir Sterne, durch die man im Rang für die einzelnen Berufe aufsteigt und Flatterling belohnt uns mit Wonne.
Wonne ist dabei vielleicht die interessanteste Art von Punkten; man erhält sie nicht nur von dem freundlichen Schmetterling, sondern auch für bestimmte Achievements, wie dem Sammeln einer bestimmten Menge an Geld oder dem Befreunden von NPCs. Mit Wonne lassen sich dann nützliche Extras wie ein größerer Rucksack, das Kaufen von Haustieren oder mehr Individualisierungsmöglichkeiten für seine Spielfigur erwerben.
Wie schon erwähnt hat jeder Beruf seinen eigenen Rang, welcher durch Sterne angehoben wird; außerdem kann man auch jede einzelne Fertigkeit, wie Schleichen, Gemüse kochen(ja, man kann wirklich speziell das Kochen von Gemüse leveln) und Zaubern durch einfaches Ausführen dieser trainieren. Dazu hat der Charakter noch ein Gesamtlevel, das sich auf Attribute wie Stärke, Verteidigung und Anzahl der Schadenspunkte auswirkt und durch Erfahrungspunkte, die man für fast alle Tätigkeiten erhält, aufsteigt. Hört sich eigentlich ganz gut ausgearbeitet an, ist es aber leider nicht. Nichts davon wirkt sich besonders auf den Hauptcharakter aus und Kämpfe sowie Berufe bleiben viel zu oberflächlich.
Gemeinsam sind wir stärker!
Nicht fehlen darf heutzutage eine Möglichkeit, mit Freunden zu spielen und auch diese bietet Fantasy Life im Multiplayer. Jedem, dem es nicht genug ist nur mit seinen Haustieren in den Kampf zu ziehen, bietet er die Möglichkeit mit bis zu zwei anderen Spielern Quests in Angriff zu nehmen oder andere Aufgaben zu lösen. Nur in der Hauptgeschichte kann man im Mehrspielermodus nicht fortschreiten.
Besonders im Kampf gegen starke Monster können einem andere Spieler mit verschiedenen Berufen zu Gute kommen. Kommuniziert wird über Textnachrichten, des weiteren es ist möglich Items zu tauschen.
Technisch gesehen funktioniert der Multiplayer einwandfrei, was sich auch vom Rest des Spieles mit gutem Gewissen sagen lässt.
Fazit
Fantasy Life hatte, wenn man die Verkaufszahlen zu Rate zieht, keinen optimalen Start im Westen. Nachdem das Spiel schon 2012 in Japan erschien, ließen sich Level-5 auch einige Zeit mit der Lokalisierung. Möglicherweise sorgten sie sich genau aus diesem Grund, denn Spiele wie Fantasy Life haben es nicht immer leicht auf dem Amerikanischen und Europäischen Markt.
Dennoch sprechen wir für Fans von Spielen wie Ni no Kuni, das ebenfalls von Level-5 entwickelt wurde, eine klare Empfehlung aus. Wer sich mit der bunten, etwas stereotypischen, niedlichen Welt anfreunden kann und einfache Minispielen und weniger actionreichen aber interessante und harmonische Erkundungen mag, wird sicherlich Spaß an dem Spiel haben. Allein die liebevoll gestalteten Charaktere und das wunderschön und detailreich entworfene Reveria sind ein Grund dafür, zumindest einmal in Fantasy Life hineinzuschnuppern.
Und was ist nun mit dem Vergleich mit Final Fantasy, Animal Crossing und Harvest Moon? Es gibt eindeutig einige Parallelen im Gameplay und der Story, doch Fantasy Life ist keinesfalls ein Klon eines dieser Spiele. Vielmehr hat es seinen ganz eigenen Charme und durch das Wechseln zwischen der Vielzahl an Klassen bietet es außerdem ein einzigartiges Gameplay.
Alles in allem hat Level-5 mit Fantasy Life ein rundes Rollenspiel auf den Markt gebracht – die Welt, die Charaktere und die angenehme Hintergrundmusik verschmelzen zu einem harmonischen, wenn auch wenig aufregendem Spielerlebnis.