Dreams of Another Review – Schießen um die Welt zu erschaffen

    Dreams of Another ist so ein Spiel, bei dem man zuerst die Stirn runzelt, dann schmunzelt…und am Ende nickt, weil die Idee plötzlich Klick macht: Statt Dinge wegzuballern, erschaffst du mit deinen Schüssen Wege, Plattformen und ganze Szenerien. Das Motto lautet programmatisch „No Creation Without Destruction“…und genau daraus zieht das Spiel seinen Reiz. Hinter dem Titel stehen Q-Games und Creative Director Baiyon (bekannt von PixelJunk Eden).

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    Worum geht’s eigentlich?

    Du spielst den „Man in Pajamas“, der sich durch eine Traumwelt bewegt…eher eine Collage aus Erinnerungsstücken, Gesprächen und Symbolen als eine klassische Handlung. Szenen wirken wie Vignetten: mal poetisch, mal seltsam, manchmal einfach nur herrlich schräg. Dialoge sind bewusst hölzern, Szenen enden abrupt, Figuren tauchen auf und verschwinden wieder. Das klingt sperrig, funktioniert aber erstaunlich gut, weil die Fragmentierung zum Thema passt: Bewusstsein, Kunst, Vergänglichkeit…keine Vorlesung, eher eine begehbare Gedankenskizze. Spielzeitmäßig darfst du mit ein paar Stunden rechnen; es ist ein kompakter Trip, kein Open-World-Urlaub.

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    Das Spielgefühl: Ballern, damit etwas entsteht

    Kern der Faszination ist die Umkehr des Shooter-Prinzips: Deine Projektile bilden die Umgebung aus…Trampelpfade werden zu Brücken, Pixelwände zerfallen, um Neues freizulegen, und plötzlich entsteht dort ein Weg, wo Sekunden zuvor nur Nebel war. Das erzeugt einen angenehm meditativen Puzzle-Flow: beobachten, ausprobieren, „aha“-Moment. Dabei nutzt du ein kleines Arsenal (bis hin zu schwereren Kalibern), das hier nicht Verwüstung, sondern Ordnung schafft. Der Anspruch bleibt moderat; es geht weniger um Timing-Hölle, mehr ums Lesen der Räume.

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    Struktur statt Questlog

    Freunde dicker Quest-Logs und HUD-Orchester werden hier nicht glücklich…Dreams of Another hält die Anzeigen schmal und lässt dich oft ohne Marker ziehen. Dein Fortschritt ergibt sich aus Sammelobjekten und Fähigkeiten, die Navigation erleichtern oder neue Wege öffnen. Besonders nett: kleine Komfort-Upgrades (Sprint, Orientierungslinien etc.), die den Rhythmus im zweiten Spieldrittel merklich runder machen. Statt einer strengen Missionsliste setzt das Spiel auf Episoden und Flashbacks, die den Figuren (und deinem Pyjama-Träger) mehr Kontext geben.

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    Traumlogik, die hängen bleibt

    Das Pacing ist bewusst gemächlich. Manche Szenen sind fast schon anti-dramatisch…sie passieren einfach und sind dann vorbei. Klingt negativ, passt aber zu einem Spiel, das mehr Fragen stellt als Antworten liefert. Die Traumlogik sorgt dafür, dass bestimmte Bilder hängen bleiben: eine Geste, ein Blick, ein seltsames Objekt am Wegesrand. Wenn du Videospiele vor allem als Erkundung von Stimmungen magst, wirst du dich hier wiederfinden; wenn du klare Ziele, Loot-Loops und Boss-Paraden brauchst, wird dich die Reise eher ratlos zurücklassen.

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    Punktwolken und Partikel

    Optisch fährt Dreams of Another eine point-cloud / Partikel-Ästhetik, die Szenen wie aus funkelnden Fragmenten zusammensetzt. Es wirkt manchmal, als würdest du durch eine Installation spazieren, die zwischen Erscheinen und Verblassen pendelt…sehr „digitales Kunstmuseum“, im besten Sinne. Das passt nicht nur zur Mechanik, sondern auch zur Stimmung: Nichts ist endgültig; alles ist im Fluss. Akustisch lohnt sich aufmerksames Hinhören: Leise Hinweise, kleine Texturen, subtile Töne…wer Kopfhörer nutzt, bekommt mehr Signale, wohin es als Nächstes gehen könnte.

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    PS5-Eindruck & PS VR2-Option

    Getestet auf PS5 ohne VR-Headset: kurze Ladezeiten, stabile Darstellung, keine Showstopper. VR ist optional…und das ist schön, denn die „Flat“-Variante wirkt in sich stimmig. Wer ein VR-Headset besitzt, bekommt eine intensivere Präsenz, muss aber auch mit Schwankungen leben: Manche Abschnitte glänzen, andere wirken noch nicht ganz rund, vor allem was Komforteinstellungen und Tempo angeht. Wenn du VR-neugierig bist, zieh dir vorab einen Eindruck rein; falls du nur „flat“ spielst, verpasst du nicht die halbe Erfahrung.

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    Was macht’s besonders?

    Zwei Dinge. Erstens das Thema als Mechanik: Aus Zerstörung wächst Schöpfung…keine bloße Metapher, sondern dein zentrales Werkzeug. Zweitens die Konsequenz, mit der die Traumlogik durchgezogen wird. Das Spiel erklärt wenig und vertraut dir viel an. Es will, dass du probierst, fehlgehst, neu ansetzt…und dir dabei selbst eine Bedeutung baust. Diese Haltung ist mutig und nicht selbstverständlich, gerade auf einer Plattform, die oft klarere „Do this → Get that“-Strukturen belohnt.

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    Wo hakt’s?

    Klar, es gibt Reibungspunkte: Das gemächliche Pacing ist Geschmackssache. Die Vignettenstruktur kann fragmentiert wirken…du wirst selten an die Hand genommen. Und manche VR-Abschnitte fühlen sich (noch) nicht so elegant an, wie man es sich wünscht. Je nachdem, wie sehr du „klassisches Feedback“ brauchst…Treffer-Sounds, Loot-Dopamin, Level-Ups, wird dich Dreams of Another entweder befreien oder frustrieren. Die Meinungen in meinem Tests schwanken entsprechend: von „spannendes Experiment“ bis „zu eindimensional“.

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    Mini-Guides für den Start

    • Hör hin. Einige Hinweise kommen über Sound: Ein kleines Geräusch kann bedeuten, dass irgendwo eine Struktur auf dich wartet.
    • Schieß ruhig verschwenderisch. Das System belohnt Ausprobieren…lieber einmal zu viel geformt als zu wenig. (Munition ist hier eher ein Werkzeug als Ressource.)
    • Sammle Kleinkram. Viele Sammelteile zahlen sich indirekt aus…durch Fähigkeiten oder Abkürzungen, die Frust sparen.
    • Akzeptiere Lücken. Nicht jede Szene erklärt sich. Es ist okay, kurz ratlos zu sein…die nächste Idee kommt.

    Für wen ist das was?

    • Ja, unbedingt, wenn du experimentelle Spiele magst, die Atmosphäre vor Mechanik stellen, und wenn dir Interpretation Spaß macht.
    • Vielleicht, wenn du Surrealismus interessant findest, aber eine kleine Orientierungshilfe brauchst…die gibt’s hier dosiert, nicht in Neon.
    • Eher nein, wenn dich schon der Gedanke an Questmarker-Entzug nervös macht oder du dir ein straffes Actionpaket erhoffst.

    Fazit

    Dreams of Another ist kein Spiel, das dich anschreit: „So musst du mich spielen!“ Es flüstert eher: „Probier’s. Bau dir deinen Pfad. Finde deinen Sinn.“ Wenn du dich darauf einlässt, belohnt es dich mit Momenten, nicht mit Checklisten. Die Idee, aus „Zerstörung“ Schöpfung zu machen, trägt länger, als man erst denkt, und die Bildsprache bleibt haften. Gleichzeitig verlangt der Trip Geduld, Offenheit…und die Bereitschaft, Nichtwissen auszuhalten. Auf PS5 funktioniert das sehr gut, VR fügt eine zusätzliche Ebene hinzu, ist aber nicht Pflicht. Unterm Strich ist das hier ein kurzer, intensiver Ausflug in eine Welt, die sich beim Gehen formt. Nicht für jeden, aber für die Richtigen genau das Richtige.

    Stilvoller Traumtrip mit cleverem „Build-Shooter“-Konzept; Tempo, Fragmentstruktur und teils uneinheitliche VR-Passagen sind Geschmackssache.

    P.S.: Gerne könnt ihr gern auf meinem YouTube Kanal rein schauen, wenn ich solche Spiele teste.

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