Viele halten Digimon für den kleinen Bruder von Pokémon. Doch Digimon hatte sich bewusst auf andere Sachen fokussiert als Pokémon. Es kamen nicht häufig neue Spiele, doch so gut wie jedes von ihnen ging in eine andere Richtung. Ob RPG oder Beat ‚em Up, es hieß schon immer, Hauptsache anders sein als Pokémon. Doch mit Digimon Story: Cyber Sleuth werden die Grenzen immer schmaler. Aber fangen wir ganz am Anfang an.
Die Digitale Welt – Handlung und Gameplay:
Anfangs befinden wir uns in einem Chatroom mit unseren Freunden. Eine uns unbekannte Person betritt den Raum und lädt uns zu einem Ort ein, an dem sich eigentlich nur die Hacker dieser Welt tummeln. Neugierig wie wir sind, brechen wir zusammen mit zwei weiteren Freunden auf, um diese Person zu treffen. Nun eigentlich müssen wir unsere Freunde erst einmal finden, denn diese scheinen schon vorgegangen zu sein. Um diese zu finden, benutzen wir eins der Hauptelemente in Digimon Story: Cyber Sleuth, wir fragen jede Person die herum steht nach Anhaltspunkten. Nach schier endlos langen Texten mit verschiedenen Personen, kommen wir bei unseren Freunden an. Der Unbekannte erweist sich als Hacker und hat unseren Online-Avataren, gegen unseren Willen, ein neues Programm spendiert.
Die ganze Geschichte bis zu diesem Ort wird mit kleinen Texten und Laufpassagen erzählt. Typisch für ein J-RPG, aber leider nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Schon bald bekommen wir unser erstes Digimon und stellen uns anderen im Kampf. Das Kampfsystem ist dabei runden-basiert und wirkt dabei gut durchdacht. Verschiedene Elemente, verschiedene Status-Effekte und Tempo-Werte, die aktiv in das Kampfgeschehen eingreifen sind hier zu bedenken. Wir haben die Wahl zwischen zwei Schwierigkeitsgraden, die allerdings beide nicht gut ausbalanciert sind. Auf normal sind die Kämpfe viel zu leicht und auf schwer gestalten sich die Kämpfe zwar als langwierig, aber nicht besonders herausfordernd. Hier wäre mehr drin gewesen.
Wir bereisen also weiter die digitale Welt, bis wir auf merkwürdigerweise unseres echten Körpers beraubt wurden. Wir finden uns in der echten Welt nun als digitales Abbild wieder. Wir leuchten blau, sind lichtdurchlässig und bestehen nur aus Daten. Die Leute weichen einen Schritt zurück und haben offensichtlich Angst vor uns. Gut, dass uns eine mysteriöse, leicht bekleidete Dame zur Hilfe eilt. Wie sich rausstellt, ist sie eine Detektivin und macht uns zu ihrem Assistenten. Nachdem wir uns also erst einmal wieder ein normales Äußeres zulegen, werden wir glatt zu ihrem Assistenten ernannt. Nun gilt es also immer wieder kleine Fälle und das Rätsel unseres Zustandes zu lösen.
Wir ziehen von Aufgabe zur Aufgabe und leider hat man ständig das Gefühl, dass unsere Digimon nur kleine Helfer sind. Es gibt keine Interaktion zwischen uns und ihnen, außer eventuell kurz vorhandenen Gesprächen. Auch sonst rücken die kleinen digitalen Monster oft in den Hintergrund. Die ersten vier Stunden vergingen und die Möglichkeiten zu kämpfen waren rar und kurz gesät. Hier wird leider ein zu starker Fokus auf die Geschichte gelegt. Auch wenn die Hauptmissionen allesamt recht unterhaltsam sind, die Nebenmissionen sind meistens einfach nur belanglos und oft auch zeitaufwendig.
Die inneren Werte – Technik:
Fans des Anime Genres fühlen sich sofort Zuhause. Die Grafik wirkt stilvoll und die Charaktere passen zur Serie. Die Digimon sehen gut aus und deren Animationen sind durchaus bodenständig. Die Umgebung allerdings wirkt wie aus einem Playstation 2 Spiel. Es gibt Autos, die sich bewegen, obwohl sich die Reifen nicht drehen. Die Umgebung in der Digitalen Welt ist trostlos und monoton. Einzig und alleine die Zufallskämpfe reißen einen aus diesem Einheitsbrei. Später gibt es zwar deutlich mehr Abwechslung, aber auch hier wirkt alles nicht gerade wie aus einem Guss. – Schade
Kommen wir zum Sound und stellen fest, dass leider nur knapp 10 % der Gespräche vertont sind. Dass der Hauptcharakter nicht spricht, daran sind wir bereits gewohnt, aber das selbst unsere Chefin nur manchmal den Mund öffnet, das hätte nicht sein müssen. Auch unsere Digimon sind stumm. Ganz selten erhascht man mal ein Wort oder gar ein Satz von ihnen, aber die gesprächigen Monster aus der Serie, die wir alle so sehr lieben, die gibt es hier nicht. Der Soundtrack schließt sich dem Gesamtbild an und ist nicht gerade berauschend. An vielen Stellen des Spieles gibt es bis auf ein Rauschen des Windes (in der Digitalen Welt) nicht einmal einen Soundtrack. Hier wirkt es leider oft so, als ob das Spiel nicht ganz fertig geworden ist.
Das Gesamtpaket – Fazit:
Torben: Ich habe viele Kritikpunkte aufgezählt und ich war auch an vielen Stellen schlichtweg enttäuscht. Trotzdem fesselt mich das Spiel mit seinen 242 Digimon immer wieder an den Bildschirm. Ja, es hat Schwächen und das nicht zu knapp, doch das hält einen Digiritter doch nicht auf! Allgemein ist der Suchtfaktor des Spiels enorm und die Möglichkeiten schier endlos. Mit einer etwas längeren Entwicklungszeit und konsequenter Umsetzung mit mehr Fokus auf dem Gameplay, ja da hätte Digimon Story: Cyber Sleuth wirklich ein Überraschungshit werden können. So ist es leider nur ein Spiel, das den Fans gefällt, obwohl jeder ihm seine Schwächen ansieht. Gerade wenn man sich dann aber in den Online Modus stürzt, merkt man, dass dieses eigentlich einfache Kampfsystem, soviel Tiefgang haben kann. Das Digitieren in beide Richtungen ist nicht nur effektiv, es macht auch Spaß, einfach mal andere Sachen auszuprobieren. Für Fans von Digimon gibt es von mir eine klare Kaufempfehlung, wer allerdings noch nie viel mit Digimon anfangen konnte, der wird wohl auch hier keine Freude haben.
Domenik: Nach vielen Jahren des Leidens und unzähligen schlechten Digimon Spielen, ist nun endlich ein guter Ableger der beliebten Manga- und Anime-Serie erschienen. Digimon Story: Cyber Sleuth macht sehr viel Laune und das Sammeln, Digitieren und Zurück-Digitieren macht unglaublich viel Spaß. Wären da nicht die eintönig designten Level und die fast schon nervig langen Gespräche – die länger als das eigentliche Spielen sind – wäre Digimon Story: Cyber Sleuth sogar ein sehr gutes Spiel. Schwerwiegend kommt noch hinzu, dass es kein deutschen Text enthält – weder Untertitel noch Menü-Text. Ist man aber erst einmal in den rundenbasierten Kämpfen drin, kann man das Gamepad kaum aus der Hand nehmen.
Kathrin: Nachdem ich vor etwas mehr als einem Jahr die unangenehme Aufgabe hatte, Digimon All-Star Rumble – den vielleicht größten Reinfall der Digimon-Reihe – zu testen, habe ich mich umso mehr gefreut, als ich endlich ein „richtiges“ Digimon-Spiel made in Japan in den Händen hielt. Klar, auch Digimon Cyber Sleuth ist nicht perfekt und hat definitiv seine Schwächen: Sowohl die Digitale Welt, als auch die reale Welt sind etwas karg gestaltet. Als jemand, der Spiele grundsätzlich auf Englisch spielt, war die fehlende deutsche Sprachausgabe nicht das Problem. Vielmehr störte mich die schlechte englische Lokalisierung – die Übersetzung war an vielen Stellen falsch oder völlig lieblos umgesetzt; noch dazu gibt es an einigen Stellen im Spiel Auswahlmöglichkeiten zwischen Antworten, die der Protagonist in der Theorie geben kann, die einfach nicht funktionieren. Das Intro des Spiels wirkt anfangs relativ lang, doch auf die Gesamtspielzeit gesehen (~60 Stunden), relativiert sich diese Länge später. Mich persönlich stören die langen Texte nicht, aber ich bin auch ein großer Fan stark text-basierter Spiele und JRPGs. Insgesamt ist Digimon Cyber Sleuth für mich das bisher beste Spiel der Reihe – die Animationen der Digimon sind großartig gelungen und die Story nimmt bei etwa der Hälfte des Spiels richtig Fahrt auf. Das Kampf- und Trainingssystem kann endlich einmal überzeugen und es macht Spaß, seine Digimon zu trainieren und hin und her zu digitieren. Digimon Fans und alle, die sich nicht von den langen Dialogen abschrecken lassen, sollten sich das Game definitiv einmal anschauen!