Civilization VI – Test

    Die totale Weltherrschaft für die Hosentasche! Das könnte man meinen, wenn man Civilization VI für Nintendo Switch in den Händen hält. Am Ende hinterlässt Civilization VI bei uns einen fast perfekten Eindruck. Die Erklärung, warum das Spiel nicht ganz perfekt ist, liefert unser Test.

    Für diesen Test spielten wir Civilization VI auf Nintendo Switch.

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    Siedeln für unterwegs

    Bislang war Sid Meier’s Spielereihe Civilization eigentlich fast nur Spielern auf PC gegönnt. Fast deshalb, weil es immerhin in der letzten Konsolen-Generation einen leicht vereinfachten Ableger mit Civilization Revolution gab. Das ändert sich nun, denn mit Civilization VI erscheint erstmals ein waschechtes und elementares Civilization für Nintendo Switch.

    Die Spielversion für Nintendos Hybrid-Konsole umfasst dabei das Hauptspiel Civilization VI. Für PC ist bereits das Addon Rise and Fall erschienen und ein zweites, Gathering Storm, wurde für das Frühjahr angekündigt. Ob und wenn ja wann diese Addons auch für Switch erscheinen, steht derzeit völlig in den Sternen. Aber auch ohne Erweiterungen hat es das Entwicklerteam der Fireaxis Studios tatsächlich geschafft, das typische Civ-Flair auf den kleinen Bildschirm zu transportieren.

     

    Ein vollwertiges Civilization ohne Abstriche

    Beim Spielstart wählen wir eine von insgesamt 24 historischen Persönlichkeiten, z.B. Alexander der Große oder Gandhi. Begonnen wird wie in jedem der Teile damit, dass man eine erste Stadt gründet. Hier begegnet man dann auch bereits der ersten großen Änderung zu vergangenen Spielen: Während früher die Stadt nur ein Feld auf der Karte in Anspruch nahm, wird man diese jetzt im Verlauf des Spiels über mehrere Kacheln expandieren. Unterschiedliche Bezirke der Stadt werden ins direkte Umland errichtet und staffeln sich thematisch. So findet man beispielsweise einen Militärbezirk, einen Wissenschaftsbezirk usw.. Man sollte jedoch tunlichst darauf achten, dass man nicht einfach drauf los baut, sondern jeden Schritt sinnvoll plant.

    Achtet man auch gewinnbringende Boni, dann erhält man entscheidende Vorteile vor den Mitstreitern. Einen solchen Bonus gibt es z.B. dann, wenn ein Universitätskomplex direkt neben Gebirgen entsteht. Bis man all die Boni im Blick hat, vergehen mitunter ein paar Spielrunden, bevor man später dann zum Vollprofi wird. Entscheidend ist eben der Startpunkt der Stadt, denn nicht immer hat man von diesem aus die idealen Voraussetzungen nahe bei. Schnell wird klar, dass Baufläche ein absolut wichtiger Bestandteil von Civilization VI ist, denn man möchte seine Stadt schließlich nicht nur sinnvoll planen, sondern sie wird mit der Zeit auch stetig wachsen. Und die Bürger wollen schließlich auch alle restlos versorgt und vergnügt werden.

    Der Grundbaustein für eine bürgernahe Verwaltung ist die Form der Regierung. Die uns bekannte Demokratie spielt man erst im Verlauf frei, so dass man beim Start auf weniger ausgeklügelte Regierungsformen setzten muss. Je nach Spielstil entscheidet man sich dann für eine Form, die dem Spieler obliegt. Eine Demokratie etwa spielt sich im Hinblick auf die Bürger nämlich ziemlich unterschiedlich zu einer Monarchie oder einem autokratischen System. Jede Regierungsform bringt eigene Boni mit, die uns im Spiel in Form von Karten zur Verfügung stehen. Das Grundgerüst bleibt immer bestehen, es gibt vier Kategorien: Militär, Diplomatie, Wirtschaft und die Joker. Aus dem Pool an Boni wählen wir dann situativ immer die aus, von denen wir meinen, dass sie uns am besten weiterhelfen. Da die Karten flexibel einsetzbar sind, darf man aber auch jederzeit munter hin und her tauschen, was natürlich dann Sinn macht, wenn unvorhersehbare Ereignisse eintreten.

     

    Nach einigen Spielzügen trifft man dann auf den ersten KI-gesteuerten Mitstreiter. Hier steht dann immer eine Art Grundentscheidung an: Möchte ich auf friedlicher Basis mit ihm leben, wirtschaftlichen Handel betreiben oder doch lieber den Krieg erklären? Fast immer ist es zunächst eine gute Idee, den Mitspieler fürs Erste in Ruhe zu lassen. Die Weltherrschaft ist nur eines von mehreren möglichen Zielen, um das Spiel zu gewinnen. Entscheidet man sich aber doch für kriegerische Auseinandersetzungen, dann wird man schnell die Limitierung der KI bemerken. Sehr verwundbare Einheiten, z.B. Geistliche oder Händler, werden von der KI bestenfalls stiefmütterlich behandelt. Wir sprechen hier von den eigenen Einheiten, die die KI nicht im Stande ist, ausreichend zu beschützen, obwohl sie sehr kostbar sind.

    Das Spiel gibt sogar eine Option her, dass man diese nicht kampffähigen Units schützt und in Sicherheit bringen kann, aber vermutlich wissen nur die Entwickler, warum der Computer nie zu diesem Feature greift. Gleichwohl verpasst es der Gegner ständig, veraltete Kampfeinheiten zu modernisieren. Das führt gelegentlich zu absurden Kämpfen, wenn etwa mit Knüppeln bewaffnete Gegner gegen unser schwer gepanzerten Einheiten zu Felde ziehen. Auch nimmt der Gegner nicht immer die beste Route für seine Einheiten, was dazu führt, dass diese mehr Ressourcen verbrauchen oder in einer Wüste langsam dezimieren, da sie dehydrieren. In der Summe macht Diplomatie deutlich mehr Spaß und stellt aufgrund der KI-Einschränkungen im Kampf auch die bessere Herausforderung an den Spieler dar.

     

    Lokal: Ja, Online: Nein

    Kommen wir nochmals zurück zur Switch, denn die Spielversion bietet ein paar Eigenheiten. Da wäre zunächst die Steuerung mit dem Gamepad bzw. den JoyCons. Zum Glück ist es den Entwicklern gelungen, die doch recht komplexe Steuerung sinnvoll und logisch auf das Gamepad zu transportieren. Natürlich ist hier jede (wirklich jede) Taste wichtig, aber man hat nach dem Tutorial eigentlich alle Knöpfchen im Blick. Die Schriftgröße aller Menüs und Texte ist sowohl im Doch-, als auch im Handheld-Modus angenehm groß und gut leserlich. Spielt man unterwegs, dann darf man sich zwischen einer Steuerung über die seitlichen Cons oder eine reine Touch-Steuerung seinen Favoriten auswählen. Beide Arten funktionieren tadellos.

    Das größte Manko ist dann auch ein echt dickes Brett. Civ VI bietet auf der Switch keinen Online-Multiplayer. Das ist schon sehr schmerzhaft, zumal die KI unter oben genannten Mankos leidet. Waschechte Gegner wären da eigentlich eine Selbstverständlichkeit – schade. Immerhin gibt es einen lokalen Multiplayer für bis zu 4 Spieler.

     

    Fazit

    Unsere größte Sorge war, dass Civilization VI auf der Switch eine Art runtergewirtschaftete Mobil-Version sei. Zum Glück ist es das nicht, besser noch: Civilization VI ist ein absolut vollwertiges Civ-Vergnügen für unterwegs. Spielerisch bietet die PC-Version den Vorteil, dass der Spaß um Addons erweitert werden kann, was auf der Switch (Stand jetzt) nicht der Fall ist. Gleiches gilt für einen Multiplayer-Modus über das Internet – auch der fehlt. In allen, wirklich allen, anderen Punkten steht Civilization VI auf Switch dem PC in nichts nach. Das coolste Feature bringt die Switch von Hause aus mit: Man kann unterwegs bei jeder Gelegenheit eine Runde daddeln. Waschechtes Civ-Vergnügen wann und wo immer man möchte ist schon ein erhabenes Gefühl. 4X-Spiele sind auf Konsole ohnehin eher selten und Civilization VI füllt diese Nische mit Bravur!

     

    Christoph
    Kind der 70er. Seit '84 Musiker, seit '85 Hobby-Jedi, seit '86 Zocker und seit 2011 hier Redakteur