Anycubic Kobra 2 – Test/Review

    Druckqualität:

    Um die Druckqualität es Anycubic Kobra 2 zu bewerten, haben wir verschiedene Testdrucke durchgeführt. Denn hier steht ja durchaus die Frage im Raum, ob der Kobra 2 mit fast dreifacher Druckgeschwindigkeit, im Vergleich zum direkten Vorgänger, auch eine bessere Qualität liefern kann. Besonders da die Marlin-Legacy-Firmware noch keinen Input Shaper unterstützt, ist es eine interessante Frage, wie stark sich die Druckgeschwindigkeit auf das Ergebnis auswirkt. Als Filament haben wir dabei einmal PLA von Anycubic in Blue Silk und PLA von Redline Filament in Grau genutzt. Beide Filamente ließen sich problemlos mit dem Standard-Profil verarbeiten.

    Beim FDM-3D-Druck im Allgemeinen gibt es einige Unsauberkeiten und Fehler, die die Druckqualität schmälern können. Über einige wichtige wollen wir einen kurzen Überblick geben:

    • Deutliche Freiräume zwischen den Filamentbahnen bei der unteren Schicht:
      Kann durch einen zu großen Abstand der z-Achse entstehen (Z-Offset nachstellen) oder wenn zu wenig Material extrudiert wird.
    • Deutlich sichtbare Filamentbahnen in der Seitenansicht der Objekte:
      Ungenaue Positionierung, Vibrationen, ungleichmäßige Extrusion sind nur ein paar der möglichen Ursachen.
    • Ghosting – sich wiederholende Schatten von Konturen
      Ringing – Wellen auf der Oberfläche:
      Wird in der Regel von hohen Druckgeschwindigkeiten ausgelöst und hängt mit der Trägheit des Druckkopfes zusammen. Schnelle Richtungswechsel führen so zu Vibrationen, die zu einem sich wiederholenden Muster in der Oberfläche führen.
      Ghosting kann auch dadurch verursacht werden, dass die inneren Stützstrukturen nach außen durchscheinen. Hier liegt die Ursache oft in zu hohen Geschwindigkeiten, zu dünnen Wandstärken oder zu großen Überlappungen.
    • Stringing – Filamentfäden:
      Entsteht durch nachlaufendes Filament bei Positionswechseln. Zur Vermeidung muss das Filament zurückgezogen werden. Der erforderliche Rückzug ist nicht für alle Materialien gleich.
    • „Pickel“ an der Oberfläche des Objektes:
      Eine Ursache kann eine zu hohe Drucktemperatur sein, dann wird das Filament zu flüssig und kann unkontrolliert austreten. Aber auch eine zu hoch eingestellte Extrusionsmenge kann zu solch unkontrollierten Austritten führen. Darüber hinaus kann es sich auch einfach um die Punkte handeln, an denen der Layerübergang stattfindet, der Druckkopf also auf das nächste Layer angehoben wird.
    • Elefantenfuß:
      Die untere Schicht des Objektes drückt sich zu den Seiten hervor. Ursächlich ist hier in der Regel eine zu tief stehende Ausrichtung der z-Achse.

    Good old Benchy:

    Was wäre eine 3D-Drucker-Inbetriebnahme ohne das gute, alte Benchy. Wer schon etwas länger mit dem Thema zu tun hat, wird deswegen wahrscheinlich auch eine halbe Armada sein Eigen nennen können. Das Benchy ist ein Modell eines kleinen Bootes, das einige schwere Stellen, wie Überhänge, Brücken, feine runde Konturen und noch einiges mehr bietet. Hier lassen sich so einige Druckfehler erkennen und man kann die Parameter optimieren. Besonders bei den aktuell neuen Druckergenerationen und den höheren Druckgeschwindigkeiten wird viel mit den Druckzeiten eines Benchys geworben. Allerdings sollte man hierbei immer auf das Kleingedruckte achten, denn neben der reinen Druckgeschwindigkeit beeinflusst natürlich auch die Anzahl der Wandlinien, die Füllung und die Schichtdicke die Druckzeit. Am Ende ist ein Benchy immer noch ein recht einfaches, kleines Objekt und eine hohe Druckgeschwindigkeit hierbei, ist nicht immer auf alle anderen Objekte übertragbar.

    Auf der Speicherkarte finden sich zwei unterschiedliche Testdateien für ein Benchy, einmal mit 0,28 mm und einmal mit 0,2 mm Schichtdicke. Das gröber aufgelöste Benchy hat eine Druckzeit von 30 Minuten, das etwas feiner aufgelöste eine Druckzeit von 38 Minuten. Zudem haben wir noch ein eigenes Benchy mit dem mitgelieferten Slicer-Profil erstellt, dieses hat bei einer Schichtdicke von 0,2 mm eine Druckzeit von 46 Minuten.

    Auswertung des Benchys:

    Unsere Testbenchys zeigen eine wirklich gute Druckqualität. Die Oberfläche ist insgesamt sehr gleichmäßig und auch die Überhänge an den Ankerkülsen, Fenstern und Türen sind sehr sauber ausgeführt. Die Grundfläche ist homogen, die enthaltene Schrift dennoch sauber lesbar. Kaum lesbar ist allerdings die Schrift am Heck des Benchys. Was wiederum sehr sauber geworden ist, ist der Überhang am Bug des Benchys, hier zeigt sich eine sehr effektive Kühlung des Drucks. Jedoch ist das Benchy nicht frei von Ringing- und Ghosting-Effekten. So gibt es zum Beispiel an einer der Ankerklüsen und auch an der aufsteigenden Bordwand leichte Konturechos, an denen sich die Bewegungsrichtung des Druckkopfs ablesen lässt. Eine der Ecken der Aufbautür zeigt zudem leichte Unsauberkeiten in der Schichtung. Besonders die Ringing-/Ghosting-Effekte ließen sich mittels Input-Shaper sicherlich noch deutlich reduzieren. Aufgrund der verbauten Steuerungselektronik ist man hier jedoch stark eingeschränkt.

    Testobjekt Überhänge, Brücken und weiteres:

    Ein weiterer beliebter Benchmark-Druck ist eine Platte, auf der sich Schriften, Überhänge, Brücken, schmale Zylinder und weitere Geometrien finden. Hier kann man in einem Durchgang herausfinden, ab welchem Überhangswinkle man zum Beispiel eine Stütze benötigt oder welche Spannweiten bei Brücken problemlos möglich sind.

    Bei den Überhängen beweist der Anycubic Kobra 2 eine sehr effiziente Druckkühlung, diese sind bis 50° nahezu fehlerfrei und selbst bei 80° noch ohne Support akzeptabel ausgeführt. Auch die Brückentests zeigen sich nahezu fehlerfrei, selbst bei der 25 mm langen Brücke ist kein Durchhängen zu erkennen. Die Lochtests weisen einen etwas geringeren Innendurchmesser auf, wie angegeben, was allerdings nicht unüblich ist. Benötigt man genaue Löcher in einem Objekt, bietet sich ein Aufbohren oder Anpassen der Bemaßungstoleranzen an. Die Teststellen zur Genauigkeit von Längen weisen nur geringe Abweichungen < 2 % auf. Allerdings zeigt sich im Druck mit dem Standard-Profil eine größere Unsauberkeit in der Darstellung der Schriften.

    Ein Testwürfel in zwei Varianten:

    Als weiteren Benchmark haben wir einen Würfel gedruckt, dessen Seiten eine Kantenlänge von 40 mm aufweisen. Einmal haben wir diesen als vollen Volumenkörper gedruckt, einmal als offenen Körper im Spiral-Vase-Modus.

    Der Volumenkörper fällt um etwa 1 % kleiner aus, als die ursprüngliche Datei bemaßt wurde. Hier könnte man mittels einer allgemeinen Skalierungsanpassung im Slicer nachhelfen. Die Seitenflächen sind sehr gleichmäßig und zeigen nur minimale Ghosting-/Ringing-Effekte an den Kanten. Da ein 3D-Drucker an spitzen Ecken immer leichte Radien aufweist, stehen die Ecken minimal vor. Daher sollte man bei einer Konstruktion für den 3D-Druck möglichst immer mit Radien an Ecken arbeiten. An einer der Ecken fällt dies noch etwas stärker aus, da sich hier der Layerübergang befindet.

    Der offene Druck im Spiral-Vase-Modus weist ähnliche Bemaßungsabweichungen auf. Das ist hier jedoch nicht der wichtigste Punkt, hier interessierte uns vor allem die Wandstärke. Diese haben wir mit einer Bügelmessschraube an mehreren Punkten überprüft und haben dabei reproduzierbar einen Wert von 0,44 mm gemessen. Ein Wert, wie er von einer 0,4-mm-Düse zu erwarten ist.

    Ein Koordinatensystem:

    Um mögliche Intoleranzen in der Achsausrichtung zu erkennen, haben wir ein einfaches Balkenmodell eines kartesischen Koordinatensystems gedruckt. Dieses besteht aus kleinen Balken in die drei Richtungen des dreidimensionalen Koordinatensystems. An dieses Objekt haben wir nun einen Haarwinkel angelegt, um die Rechtwinkligkeit zu überprüfen. Hierbei konnten wir eine saubere Ausrichtung der drei Druckerachsen feststellen.

    Andere Testdrucke:

    Zu weiteren Testzwecken haben wir noch Objekte, wie den berühmten Flexi-Rex, eine Vase und auch Sortimentsboxen gedruckt. Die allgemeine Druckqualität war hierbei durchaus immer hervorragend.

    Bei den Sortimentsboxen handelt es sich um eine einfache, schmale, aber hohe, offene Aufbewahrungsbox. Auch hier beweist der Anycubic Kobra 2 wieder, dass er in der Lage ist sehr gleichmäßige Oberflächen zu drucken. Etwas störend fällt hier jedoch die recht kräftige Naht am Layerübergang auf. Zudem finden sich im oberen Bereich, rund um einen Halter für ein Label, starke Ghosting- und Ringingeffekte. Bedingt durch eine sehr geringe Wandstärke fallen diese natürlich etwas stärker aus.

    Folgerungen zur Druckqualität:

    Resümiert man noch einmal die in den letzten Abschnitten beschriebenen Erfahrungen, stellt man fest, dass der Anycubic Kobra 2 wirkliche eine sehr gute Druckqualität liefert. Besonders, wenn man nun einen Vergleich zur 1. Generation des Kobras anstellt, sieht man hier einen großen Fortschritt. Ohne Input Shaper ist man bei so hohen Druckgeschwindigkeiten jedoch immer von Ghosting- und Ringing geplagt. Für die meisten Objekte ist dies aber kein nennenswerter Nachteil. Hier kann nur eine Reduzierung der Geschwindigkeit oder Input-Shaping eine Abhilfe schaffen. Als größte Schwachstelle zeigt sich hier durchaus der sehr auffällige Layerübergang. Stärken liegen, dank der sehr effizienten Objektkühlung des Druckers, neben einer allgemein sehr glatten Oberfläche und den sauberen Überhängen und Brücken. Dies ermöglicht es Stützstrukturen zu minimieren und so nochmal schneller zu drucken. Unser Flexi-Rex ließ sich nach dem Lösen von der Druckoberfläche problemlos bewegen. Dies zeigt erneut das saubere Druckbild, da es hier zu keinen ungewollten Verschmelzungen gekommen ist.

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    Alexander Schaaf
    Seit der Jugend bin ich von PC-Hardware begeistert und habe Systeme in den verschiedensten Hardware-Generationen gebaut. Mit der Zeit kamen dann auch Videokonsolen dazu. Ich bin hier eigentlich in allen Bereich aktiv. Mit einem Schwerpunkt auf Hardware.