Jean Claude Van Damme.
Nach Timecop, welcher ebenfalls im Jahre 1994 erschien wie sein nächstes Machwerk, sollte sich Van Damme in einer Verfilmung eines Videospieles wiederfinden.
Nach dem katastrophalen Flop von Super Mario Bros. im Jahre 1993, hielt es ein Hollywood-Studio für eine gute Idee, den Spielhallenhit Street Fighter II in einen Film zu verwandeln.
Ein erfolgreiches Spiel als Verfilmung muss ja eigentlich zu einem Selbstläufer werden.
Ob sich Street Fighter – Die entscheidende Schlacht lohnt oder ob man lieber die Finger von diesem Film lassen sollte, wollen wir jetzt mal rezensieren.
Plot
[quote]Die Welt am Abgrund: der diabolische Diktator Bison (Raul Julia) terrorisiert mit seiner gewalttätigen Streitmacht das Land. Über 60 UN Mitarbeiter hat er bereits als Geiseln, verlangt 20 Milliarden Dollar Lösegeld, der gefährliche Konflikt steht an der Schwelle eines Weltkrieges. Da tritt der Oberbefehlshaber der Alliierten Truppen, Colonel Guile (Jean-Claude Van Dame )mit seiner Elitekämpferin Cammy (Kylie Minouge) zu einer geheimen Rettungsaktion an. Guile schleust zwei kleine Waffenschieber, die er bei einer Razzia erwischt hat, als Spitzel in die Gang des Waffenhändlers Sagat (Wes Studi) ein. Doch als sich in letzter Minute die Fernsehreporterin Chun-Li Zang (Ming-Na Wen) einmischt, mißlingt der scheinbar perfekte Plan…
Quelle: amazon.de[/quote]
Haben wir Ahnung von dem Spiel? Egal: machen wir einen Film drauß!
So oder so ähnlich müssen wohl die Verantwortlichen dieses Machwerkes reagiert haben, als man ihnen die Verfilmung von Street Fighter angeboten hat.
Aber zuerst schauen wir mal, welche Charaktere im Film einen Auftritt haben. Gleichzeitig könnt ihr hier auch nachlesen, was ihre jeweiligen Alter Egos im Spiel zu tun haben.
Colonel William Guile (Jean Claude Van Damme)
Hieß der Charakter überhaupt so? Keiner weiß es, aber der Drehbuchschreiber dachte sich wohl, dass der Name William zum Nachnamen Guile passen würde. Man muss ehrlich sein: Van Damme‘s Karriere befand sich bereits damals auf dem absinkenden Ast; mit Timecop hatte er zwar wie erwähnt einen kleinen Hit, aber seine Rolle in diesem Film hat ihn gleich wieder auf den Boden der Tatsachen runtergeholt. Van Damme spielt seine Rolle aber ziemlich gut (man könnte auch sagen: routiniert) und man kauft sie ihm auch ab.
Im Spiel war Guile ein Soldat, der unter anderem durch den Tod seines besten Freundes Charlie traumatisiert war. Im Film ist er ebenfalls Soldat; ein ranghohes Tier, welches Bison schnappen und besiegen will.
General M. Bison (Raúl Juliá)
Juliá dürfte den meisten unter uns wohl am meisten durch seine Rolle in den ersten beiden Addams Family Streifen bekannt sein. Der Film ist ihm gewidmet, und er ist auch der einzige Darsteller, der den Film wirklich vor der Tonne rettet. Den geistesgestörten, machtbesessenen Bison spielt Juliá wirklich nachwirkend; auch wenn er in dem Film leicht unterfordert wirkte.
Er selbst hat den (Miss-) Erfolg des Filmes nicht mehr erlebt, er verstarb leider im Oktober 1994, kurz vor Release.
Bison ist im Film wie im Spiel der Oberbösewicht, der letzte zu besiegende Großmeister und laut Story unter anderem der Anführer von Shadaloo, einer bösen, mafiaähnlichen Organisation, die sehr viele Menschen ermordet hat…was für viele Charaktere der Ansporn ist, an den Street Fighter Wettkämpfen teilzunehmen.
Cammy White (Kylie Minogue)
In Australien ein Superstar, versuchte sich Minogue auch als Filmdarstellerin; nach zwei Experimenten in Hollywood, wovon eines der Street Fighter Film war, machte sie wieder im Music-Business von sich reden, was definitiv die bessere Wahl war.
Im Vergleich zur Cammy im Spiel, welche vom Hass auf Bison getrieben wird und die ihr Gedächtnis verloren hat; bekam Cammy im Film ein paar Zeilen und wirkt normal. Wenn man das Mitwirken in diesem Film als normal bezeichnen möchte…
Chun-Li Zang (Ming Na)
In Spiel eine Polizistin, die unter anderem den Mord an ihrem Vater rächen will; wurde aus Chun-Li im Film eine Fernsehreporterin, die das gleiche Ziel hat und sich mit ihren Mitstreitern Honda und Balrog zusammentut, um Bison zu töten. Man sieht: die Drehbuchautoren haben das Spiel nicht verstanden. Ming Na war in ihrer Rolle auf jeden Fall hübsch anzuschauen, und man kann Van Damme’s Rolle nur zustimmen, als er für ein Interview auf das rote Kleid bestanden hat. Auch wenn das Kleid eigentlich hätte blau sein sollen, aber: die Drehbuchautoren werden wissen, warum das Kleid rot ist.
Balrog (Grand L. Bush)
Im Spiel war Balrog ursprünglich ein Boxer, der zu Bison’s Schlägertrupps gehörte. Im Film wurde aus ihm einer der Guten; ein Kameramann, der auch boxen kann. Man sieht schon: ideenloser konnten die Schreiberlinge nicht sein. Balrog ist im Film auch kaum in Aktion zu sehen, nur gegen Ende des Filmes sieht man ihn zweimal nen Gegner schlagen, das war es. Verschwendete Filmsekunden, die den Film unnötig aufblähen. Aber die Schreiberlinge sollten uns noch mehr Qualen auftischen…
Carlos Blanka (Robert Mammone)
Ok, spätestens nach dieser Szene sollte einem klar sein: der Film ist schlecht. Nein, noch besser: er ist richtig schlecht. Man überlegt sich ernsthaft, dem zuständigen Schreiberling und dem Regisseur mit dem nächsten Dragon Punch oder einem Running Piledriver die Lichter auszupusten.
Im Spiel war Blanka ein kleiner Junge, der einen Flugzeugabsturz überlebt hatte und sich dann alleine in den Wäldern von Brasilien durchgeschlagen hat.
Quasi wie Mogli aus dem Dschungelbuch, nur dass der am Ende nicht aussah wie der Hulk mit einer Armada von Tasern im Allerwertesten.
Im Film kam man dann auf die glorreiche Idee, die Charaktere Charlie (ein ursprünglich nur erwähnter Kriegskamerad von Guile, der im Kampf gefallen war) und Blanka zusammenzufügen.
Dass WIE lassen wir mal einfach weg…als Gamer fragt man sich wirklich, welche Drogen manche Leute einwerfen, um eine Idee SO zu verdrehen.
Dee Jay (Miguel A. Nunez junior)
Im Spiel eigentlich einer der Guten, wurde er hier zum Bösewicht degradiert. Und Jesus Christus: es handelt sich um die Verfilmung eines BEAT’EM UPS, und Dee Jay kann eigentlich kämpfen. Was kann er hier? Dämliche Witzchen reißen und nicht einmal eine kämpferische Aktion zeigen.
Edmond Honda (Peter Navy Tuiasosopo)
Ein Sumōtori im Spiel und ein Sumōtori im Film, der nebenher als Reporter und Assistent von unserer Fernsehreporterin arbeitet – die im Spiel eigentlich Polizistin ist, im Film aber zur rachsüchtigen Möchtegern-Killerin mutiert – und der große, mächtig schwere Sumōtori liefert sich am Ende mit Zangief ein kleines Gerangel, was sogar ganz kurz ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.
Hey, es ist schließlich ’ne Beat’em Up-Verfilmung: da muss man auch kämpfen und als zahlender Kunde kann man auch erwarten, zumindest ein wenig Action zu erleben. Auch wenn es eher so aussieht, als ob Godzilla und King Kong miteinander schmusen, um anschließend…nunja…
Ken Masters (Damien Chapa)
Eine unserer Hauptfiguren: im Spiel ist Ken der arrogante, kampfeslustige Kontrapart zu Ryu (andere würden einfach behaupten, dass man in Street Fighter II eben einen Japaner und einen Amerikaner mit den selben Kampffähigkeiten bereithält, um ein für allemal zu klären, welches Land die größere Nation ist und die besseren Kämpfer bereithält…worauf man antworten könnte, dass die Amis immer noch zigtausend Atombomben haben…aber wir schweifen ab…); im Film ist er ebenfalls ein begnadeter Kämpfer und ein Kleinkrimineller, welcher am Ende kurz arrogant wird, um doch wieder zu den Guten zu werden.
Ryu Hoshi (Byron Mann)
Im Spiel besessen davon, sich mit den weltbesten Kämpfern zu messen und immer auf der Reise. Im Film wurde aus ihm, gemeinsam mit oben genannten Ken, ebenfalls ein Kleinkrimineller, welcher aber eher der Moral verfällt als sein Freund und Geschäftspartner. Gegen Ende erlebt man dann, wie sich Ryu mit Vega und Sagat gleichzeitig anlegt, nur um am Ende doch Hilfe zu bekommen. Man ahnt es schon…richtig. Sehr ideenreich von unseren Drehbuchschreibern.
Victor Sagat (Wes Studi)
Im Spiel gezeichnet von seiner Niederlage durch Ryu (wovon auch seine Narbe zeugt), im Film ein Waffenschieber und Großkrimineller, der mit Bison unter einer Decke steckt. Auch Studi spielt seine Rolle nicht schlecht; aber auch er wirkt in diesem Film einfach verloren. Soviel verschwendetes Talent auf einem Haufen erlebt man selten
T. Hawk (Gregg Rainwater)
Im Spiel ist T. Hawk ein Indianer aus Mexiko, der von Bison und Shadaloo (Bison’s Armee des Bösen, wenn man so will) von seinem Land vertrieben wird. Im Film wurde aus ihm ein Sergeant mit indianischen Wurzeln und geboren in den großartigen USA, der aber auch nicht großartig kämpfen darf und nur wenige Sätze hat. Und er ist keine 2,30m groß wie im Spiel.
Vega (Jay Tavare)
Im Spiel einer der Großmeister (so nannte man die letzten vier Gegner im Single-Player in Street Fighter II), wurde aus ihm im Film ebenfalls einer der Bösewichte mit den selben Eigenschaften wie sein Alter Ego im Spiel: arrogant, eingebildet und tödlich.
Zangief (Andrew Bryniarski)
Im Spiel ein schwerer Brocken, der auch in seiner Freizeit schon mal mit Grizzly-Bären ringt (so sagt es die Legende, und davon zeugen seine Narben), ist er im Film zu Beginn ein willenloser Anhänger von Bison, der auch leicht manipulierbar wirkt. Gegen Ende wird auch er zu einem der Guten und man fragt sich: wieso? Wieso müssen in Hollywood die Bösen doch am Ende wieder die Guten werden?
Bekannt wurde der Darsteller übrigens durch seine Rolle als Leatherface in Michael Bay’s Versionen von The Texas Chainsaw Massacre, welche eindeutig besser waren als dieses Machwerk.
Dr. Dhalsim (Roshan Seth)
Und hier haben wir auch schon unseren letzten Darsteller in der Liga der ausgewählten Spielcharaktere.
Im Spiel ist Dhalsim ein Inder, der seine Gliedmaßen auf beachtlichte Länge strecken kann; im Film ist er ein genialer Wissenschaftler, der von Bison gezwungen wird, in dessen Labors Menschen zu Monstern zu machen; was Dhalsim in Form von Carlos Blanka (Charlie, Guile’s Freund) auch durchführt. Am Ende sieht er dann auch -zumindest so ähnlich – aus wie der Dhalsim aus den Spielen. Allerdings ohne die langen Gliedmaßen…vielleicht hätte er sich selbst was von der orangenen und grünen Brühe spritzen sollen, die er Blanka injiziert hat.
Dragon Punch für Drehbuchschreiber und Darsteller…
Wenn man sich nun die Charaktere und die Beschreibungen selbiger durchliest, dann bleibt einem kaum etwas anderes zu sagen als
Shōryūken und technischer KO.
Man kann ja argumentieren
[quote]Hey, es ist ein Videospiel, nicht der heilige Gral; und bei einer Verfilmung gibt es ja künstlerische Freiheit.[/quote]
Das ist richtig. Aber wenn man ein Videospiel schon verfilmt, dann sollte man zumindest einen Teil der Story richtig einfangen. Aber dies wurde hier einfach nicht getan.
Es gab sogar eine kurze Szene, in der man dachte, dass gleich Hulk Hogan aus dem Wasser auftaucht… nur um Guile einen Bodyslam mit anschließendem Running Legdrop zu verpassen, um sein Hightech-Boot wiederzubekommen.
Man kann sich nicht auf diesen Film konzentrieren, wenn man die Spiele kennt.
Selbst als Trash-Film taugt er nur bedingt; es sei denn, man hat die letzten 20 Jahre Videospielgeschichte verschlafen oder ist einfach zu jung. Dann (aber auch nur dann) könnte man mit diesem Machwerk sogar Spaß haben.
Dass es 15 Jahre später jemanden gab, der es für eine gute Idee hielt, eine weitere Real-Verfilmung von Street Fighter zu veröffentlichen, lässt einen an manchen Menschen zweifeln.
Allerdings hat der Film, trotz seiner schlechten Machart, seine Produktionskosten locker wieder reingeholt. Einem Budget von knapp 35 Millionen US-Dollar stehen Einnahmen von von knapp 100 Millionen US-Dollar gegenüber. Man könnte also sagen, dass das Experiment Street-Fighter-Verfilmung – zumindest vom finanziellen Standpunkt aus gesehen – gelungen war.
…eigentlich dem ganzen Film!
Selten wurde ein Videospiel als Verfilmung so verdreht wie
Street Fighter – Die entscheidende Schlacht.
Natürlich versuchen Van Damme und Co. alles, um den Film irgendwie cool rüberzubringen, aber selbst wenn man sich den Film dreimal hintereinander ansieht und das Spiel nicht kennt, schüttelt man fassungslos den Kopf.
Die Story ist so hanebüchen, dass man sich nonstop fragt, ob man in der Zeit – in der man den Film sieht – nicht lieber in den Speicher gehen sollte, um seine alten Konsolen zu entstauben und wieder eine Runde Street Fighter II oder auf den neueren Konsolen Teil IV zu zocken.
Man muss dem Film eines lassen: er macht Appetit darauf, dass Spiel wieder zu spielen. Allerdings weniger, weil er gut ist, sondern weil man einfach zwanghaft nach etwas Ablenkung sucht, um nicht voller Wut seinen Fernseher mit einem Flash Kick aus dem Fenster zu befördern.
Schon zu Release Mitte der 1990er war der Film schlecht, und das hat sich auch beinahe 20 Jahre später nicht geändert. Als Kind (und Fan des Spiels), welches damals den Film zu sehen bekommen hat – trotz FSK 16 Freigabe – war dieser Film eine pure Enttäuschung. Und auch als Erwachsener hat sich daran nichts geändert.