Nintendo hat seinen Online Service gestartet. Was es damit auf sich hat, welche Funktionen es bietet und was es kostet, das erklären wir hier. Und auch, warum Nintendo Switch Online dringend überarbeitet werden muss.
Ich erinnere mich noch gut an die Zeit zurück, als Onlinegaming kostenpflichtig wurde. Als reiner Konsolero wurde ich mit Einführung von PS+ (Sony) und Xbox Gold (Microsoft) vor einigen Jahren erstmals zur Kasse gebeten, wenn ich online mit oder gegen andere Spieler zocken wollte. Nintendo war stets die Ausnahme. Das war Big N in vielerlei Hinsicht, wenn man auf den „Krieg“ der Konsolen schaut – Nintendo war hier oft ausgeklammert. Im Falle des kostenpflichtigen Online-Gamings hat Nintendo nun mit dem Nintendo Online Service nachgezogen. In seiner jetzigen Form ist das allerdings ein ziemlicher Griff ins Klo. Und das fällt mir, als waschechter Fan seit den mittleren 80ern von Nintendo, recht schwer zuzugeben.
Den vielleicht größten Pluspunkt hat Nintendo Switch Online im Hinblick auf den Preis. Und es wird auch der einzige Pluspunkt bleiben. Die Mitgliedschaft für 1 Monat kostet 3,99€, für 3 Monate 7,99€ und für 12 Monate 19,99€. Als Alternative zur normalen Mitgliedschaft steht auch ein Familien-Abo (mehrere Accounts) bereit, das 34,99€ kostet. Im direkten Vergleich zu PS+ und Xbox Gold kann Nintendo hier beim Preis also punkten. Das gilt aber auch nur dafür, wenn man den Service auf das reine Online-Gaming begrenzt.
Möchte man mit der Switch online spielen, dann ist seit dem 19.September ein Abo des Nintendo Online Services nötig. Mario Kart 8, Splatoon 2, Rocket League und nahezu alle anderen Games mit Multiplayer benötigen den Service. Auch zukünftige Blockbuster wie Diablo 3 oder FIFA 19 setzen natürlich darauf. Die Ausnahme bieten einige free2play-Titel, wie das jüngst erschienene MOBA Arena of Valor oder Fortnite. Bis hier hin alles noch kein Problem.
Als Goodie gibt es auch von Nintendo kostenlose Spiele, wenn man Abonnent ist. Allerdings, zumindest jetzt, noch keine „richtigen“ Vollversionen, sondern lediglich NES-Spiele. Und auch davon nur 20 Stück, die über den eShop installiert werden können. Früher hieß das Kind einfach Virtual Console. Auch bis hier hin alles noch kein wirkliches Problem.
Bevor mein Gemecker losgeht, gibt es noch ein paar Links für weitere Infos. Hier ist die Liste der Spiele, für die Nintendo Switch Online notwendig ist. Welche Spiele Cloud-Saves gestatten, findet ihr unter diesem Link. Und alle exklusiven Angebote für Abonnenten findet ihr hier.
Aber dann geht es los:
Voice Chat
Man kann nicht etwa per Headset im Spiel mit seinen Mitspielern verbal interagieren, sondern man muss zwingend auf sein Smartphone zurückgreifen. Die entsprechende App, verfügbar für iOS und Android, wird installiert, mit der Switch verbunden und dann kann man über sein Smartphone kommunizieren. Was bitte soll das denn? In den Händen hält man schließlich den Controller und hat keine Hand mehr frei für das Handy. Außerdem kann man den Sprach-Chat nur in ausgewählten Spielen, etwa Splatoon 2, nutzen. Das ist nicht nur restriktiv, sondern auch rein von der praktischen Handhabung einfach nur Mumpitz.
7 Tage Begrenzung
Die oben erwähnten NES-Spiele stehen jedem Abonnenten zwar zum Download zur Verfügung, man kann sie aber nicht uneingeschränkt nutzen. Nintendo hat eine Sperre eingebaut, die jedes Spiel auf 7 Tage Dauer beschränkt. Spätestens dann muss man sich zwingend online anmelden, um das Spiel weiterhin zocken zu können. Das mag im ersten Moment kein großes Ding sein, weil ohnehin bei jeder Nutzung die Konsole dem Online-Server „Hallo“ sagt, sofern man sich im heimischen WLAN befindet. Aber alleine die Tatsache, dass ich bei einem gültigen Abo eine 7 Tage Frist vorgeschrieben bekomme, ist ziemlich frech. Und spätestens im nächsten Urlaub könnte mir diese Restriktion richtig bitter aufstoßen.
Cloud Speicherstände
Seit dem Nintendo Online Service ist es möglich, dass man Spielstände in der Cloud ablegt. Pro Spiel genau ein Spielstand. Mit 180 Tagen Haltbarkeitsdatum nach Ende des Abos. Und nicht jedes Spiel unterstützt das Speichern in die Cloud. Was soll man dazu eigentlich noch sagen… So richtig ärgerlich ist es bei der Switch, dass man ohnehin eigentlich so gut wie keine Verwaltungsmöglichkeiten der Speicherstände hat. Die Cloud ist die einzige Option momentan. Und dann haut Nintendo hier auch eine Regel nach der nächsten raus. Danke – nicht!
Weitere „Features“
So richtig stabil läuft das Netzwerk vom Online Service auch nicht. Gut, das sind Kinderkrankheiten, mit denen Sony und Microsoft auch arg zu kämpfen hatten. Aber gerade in den NES Spielen, die einen Online-Modus enthalten, kam es in Gefühlt jeder zweiten Partie zu krassen Lags oder kompletten Spielabbrüchen. Ferner wird für Abonnenten exklusive Hardware angeboten, derzeit ein Controller-Doppelpack im NES-Design. Unverständnis pur: Damit ich zwei schicke Joycons kaufen darf (= ich muss Geld bezahlen), muss ich ein Abo vom Online Service besitzen (= ich muss Geld bezahlen). Wow, das nenne ich mal ein innovatives Geschäftsmodell.
Wenn ich mir das alles anschaue, dann bleibe ich ziemlich ratlos zurück. Dass Big N aus Spielersicht schon oft unnötige Riegel vorschiebt, ist ein leidiges Thema. Das beste Beispiel hierfür war der jahrzehntelange Region-Lock. Der neue Service Nintendo Switch Online ist in seiner jetzigen Form einfach absoluter Mist und stellt für mich einen neuen Negativpunkt dar. Die Kosten mögen human sein, aber darüber hinaus ist so ziemlich alles gebotene völlig unausgereift. Die NES-Spiele sind online kaum spielbar, sie unterliegen einer Anmeldepflicht, nur ein Teil der Spiele unterstützt Cloud-Saves und Voice-Chat sogar noch viel weniger. Und für den muss ich mir auch noch eine App aufs Handy laden. Ich bin schon sehr erstaunt darüber, die das qualitätsbewusste Nintendo ein solch unfertiges und unlogisches Produkt auf den Markt losgelassen hat. Bitte schleunigst nachbessern!