Super Mario Bros. (1993) – Filmkritik

    Autsch.

    Das ist wohl das erste, was einem in den Sinn kommt, wenn man sich Super Mario Bros. angeschaut hat.
    Es gab ja in den vergangenen 20 Jahren einige Videospielverfilmungen, die einem die Tränen in die Augen gerieben haben.
    Entweder, weil

    • die Filme die Vorlage überhaupt nicht eingefangen haben
    • sie einfach unfassbar schlecht sind
    • oder eventuell sogar, weil die Filme doch nicht so schlecht waren, wie man erwartet hat.

    Letzterer Punkt trifft auf Super Mario Bros. aber definitiv nicht zu; die ersten beiden Punkte treffen es eigentlich ziemlich genau.

    Wenn man sich über Verfilmungen von Videospielen unterhält, dann fällt in der Regel automatisch irgendwann der Name Uwe Boll.
    Und auch wenn dieser schon einige Machwerke veröffentlicht hat, für die er von der Gamer-Gemeinde gehasst wird, bleibt einem nach dem Genuß von Super Mario Bros. nur zu sagen:
    [quote]Uwe, nicht mal du hättest diesen Film so in den Sand setzen können.

    Einer deiner Kritiker
    [/quote]

    Aber mal auf Anfang.

    Plot

    [quote] Die attraktive Dinosaurier-Forscherin Daisy hat Probleme: ihre Ausgrabungsstätte für Reptilienfunde ist seit Tagen überflutet. Ein Fall für die besten Klempner von Brooklyn – die Mario Bros. Doch als die Brüder Luigi und Mario den Schaden beheben wollen, erleben sie ihr blaues Wunder: Zwei völlig abgedrehte Typen packen Daisy und ziehen sie mit in die Tiefe des Tunnels. Luigi und Mario nehmen sofort die Verfolgung auf und landen so in Dinohattan, einer aggressiven, lebensfeindlichen Metropole, deren Bewohner sich in beängstigendem Maße als Fleischfresser entpuppen. Regiert wird diese Unterwelt von dem dämonischen Echsenkönig Koopa, der Daisy wegen eines in ihrem Besitz befindlichen magischen Steins kidnappen ließ. Die beiden Brüder stürmen heldenhaft die Festung von Koopa und befreien Daisy. Doch dazu müssen sie vorher gegen Koopas hirnlose Polizeitruppe, die Goombas, verschiedene monströse Mutanten und verrückte Menschenfresser kämpfen. Und so erleben wir unsere Helden – hautnah und lebendiger als jemals zuvor – in dem wildesten und gefährlichsten Abenteuer, in dem sie je gespielt haben.

    Quelle: amazon.de[/quote]

    Wenn man diesen Text auf einem DVD- oder BluRay-Cover finden würde, würde der normale Mensch denken:
    [quote]Geil, Super Mario als Film! Der muss cool sein.[/quote] Wer den Film 1993 sehen wollte, weil er durch diverse Nintendo-Magazine geil auf den Film gemacht wurde, hat sich sicher das Gleiche gedacht.

    Auszug aus dem Club Nintendo Magazin, Ausgabe 03/1993
    Auszug aus dem Club Nintendo Magazin, Ausgabe 03/1993

    Natürlich war man als junger Mensch und Mario-Fan nach solchen Ankündigungen richtig scharf auf den Film, aber…

    Das Ergebnis war – um es mal nett zu formulieren – katastrophal.

    Oder wie es Bob Hoskins, Hauptdarsteller in der Rolle des Mario Mario formuliert hat (ja, ihr seht den Namen zweimal hier stehen; so heißt unser Held laut Film):

    [quote] The worst thing I ever did? Super Mario Brothers.

    Bob Hoskins in einem Interview mit dem Guardian [/quote]

    Die Schauspieler oder: wie das Dschungelcamp schon 1993 hätte aussehen können

    Der geneigte Leser wird jetzt wohl denken:

    [quote]Hat der Autor zu tief ins Glas geschaut? Dschungelcamp?
    Hoskins und Hopper? Zwei wahre Altmeister, und Gott möge ihrer Seele gnädig sein?[/quote]

    Es ist richtig: Hoskins und Hopper weilen leider nicht mehr unter uns; aber beide haben zu Lebzeiten mehr als einmal klargemacht, dass Super Mario Bros. einer der größten Fehler ihrer jeweiligen Karrieren war. Das Zitat oben von Hoskins dürfte ja alles sagen, oder nicht?

    Ursprünglich waren für die Rolle des Mario (Mario; so von wegen „zu tief ins Glas geschaut“) Danny DeVito und Tom Hanks vorgesehen. Während DeVito das Skript direkt abgelehnt hat, soll Hanks wohl anfangs nicht abgeneigt gewesen sein, aber zu der Zeit war seine StarPower noch nicht so ausgeprägt wie im Jahr darauf; wo er den Oscar für Philadelphia erhalten hat.

    Hoskins wurde gewählt, da er optisch zur Rolle gepasst hat und sich mit verschiedenen Rollen – unter anderem in den Klassikern Falsches Spiel mit Roger Rabbit (1988) und Hook (1991) – einen guten Ruf aufgebaut hatte.

     

    Man beachte das gequälte Lächeln
    Man beachte das gequälte Lächeln von Bob Hoskins.
    Quelle: Super Mario Bros. (DVD)

    Wie sich später herausstellen sollte, wurde Super Mario Bros. beinahe der Sargnagel seiner Karriere.

    Auch für Dennis Hopper sollte sich dieser Film nicht als der Hit herausstellen, den man ihm gegönnt hätte; auch wenn er ein Jahr später mit Speed eine Paradevorstellung des durchgeknallten Bösewichts abgeliefert hatte. Hier in dieser Verfilmung war er einfach hoffnungslos unterfordert; und auch er hatte bei den Dreharbeiten überhaupt keinen Spaß.

    Die Frisur von Hopper ist ja wohl einmalig...Quelle: Super Mario Bros. DVD
    Die Frisur von Hopper ist ja wohl einmalig…
    Quelle: Super Mario Bros. (DVD)

    Als nächstes hätten wir John Leguizamo, den die meisten von uns wohl in seiner Paraderolle als diabolischer Violator in der Comic-Verfilmung Spawn kennen dürften. Und auch wenn er nicht so hässlich ist, wie man aufgrund der vielen Schminke in eben genannten Film meinen könnte, so könnte man sich doch vorstellen, dass er sich für Super Mario Bros. einen eimergroßen Topf Schminke gewünscht hätte. Eigenen Aussagen zufolge war Leguizamo während den Dreharbeiten öfters betrunken (gemeinsam mit Hoskins) , was man bei dem Endergebnis, welches dieser Film geliefert hat, auch durchaus verstehen kann.

    Mario, Luigi und Prinzessin Daisy (von hinten) Quelle: Super Mario Bros. DVD
    Mario, Luigi und Prinzessin Daisy (von hinten)
    Quelle: Super Mario Bros. (DVD)

    Wie man sieht: Mario (Mario) und Luigi (Mario) bekamen nicht einmal ihre spieletypischen Overalls spendiert. Wobei, doch: zum Ende hin trugen sie diese tatsächlich kurz. Man fragt sich immer wieder: wer hat diesem Film grünes Licht für eine Veröffentlichung gegeben?

    Apropos grün: selbst Yoshi, unser kleiner, liebgewonnener Dino-Freund, bekommt einen Auftritt im Film spendiert.
    Und wer jetzt meint, dass Mario (Mario) auf Yoshi reitend Goombas frisst, um diese danach zu Eiern zu verwandeln – um sie den Regisseuren eventuell an den Kopf zu werfen – der irrt.
    Gerüchten zufolge dauerte die Entwicklung des Film-Yoshis fünf Monate und verschlang ein Budget von 500.000 US-Dollar. Man fragt sich: haben die Velociraptoren in Jurassic Park auch soviel gekostet? Denn die Ähnlichkeit ist verblüffend, bis…ja, bis auf die Körpergröße von Yoshi, der locker um 50% kleiner ist als die Dinos aus Spielbergs Meisterwerk.

    Nein, kein Dino aus Jurassic Park, sondern Yoshi... Quelle: Super Mario Bros. DVD
    Nein, das ist kein Dino aus Jurassic Park, sondern Yoshi…
    Quelle: Super Mario Bros. (DVD)

    Dann hätten wir noch eine Hauptdarstellerin, die eigentlich gar nicht gebraucht werden würde. Anstatt im Film Prinzessin Toadstool auftreten zu lassen – wie es sich für einen Mario-Film gehören würde – wurde Marios Ex-Freundin Daisy im Film verarbeitet.
    Und jetzt kommt der Hammer: Daisy kommt nicht mit Mario (Mario) zusammen, sondern bandelt mit Luigi (Mario) an.

    (Prinzessin) DaisyQuelle: Super Mario Bros. DVD
    (Prinzessin) Daisy
    Quelle: Super Mario Bros. (DVD)

    Man kann verstehen – sollte man denken – dass Daisy visuell wohl besser zu Luigi (Mario) passt…wenn man denn ein cracksüchtiger Drehbuchautor ist, der von Videospielen keine Ahnung hat. Als Fan, der mit der Story der Spiele vertraut ist, wünscht man sich eher, dass der DVD-Player explodiert, damit man endlich verschont bleibt. Aber nein: es geht noch weiter.

    Mario (Mario) bleibt natürlich auch nicht alleine. Auch er lernt in Koopas Königreich eine Frau kennen…und alte Hasen, die wissen, dass Mario eigentlich drei Freundinnen hatte – Pauline in Donkey Kong, Daisy in Super Mario Land und Toadstool im ganzen Rest – der wird ahnen, dass auch Donkey Kong einen Auftritt spendiert bekommt.
    Aber: wie passt ein Affe in ein Setting mit zu Menschen mutierten Dinosauriern (und ja: wir ziehen uns das nicht aus den Fingern; so wird es im Film dargestellt)?
    Nun ja, auch Affen haben ein Bewusstsein. Und wir reden von Videospielen. Und wir sind vermutlich cracksüchtige Drehbuchautoren. Wer hinterfragt also einen Sinn?
    Niemand.
    Was läge also näher, als Donkey Kong im Film zu verbauen? Nach einer nicht erwähnten und erklärten Ganzkörperrasur und einer Geschlechtsumwandlung?

    Das muss einfach Donkey Kong sein...nach seiner GeschlechtsumwandlungQuelle: SMB DVD
    Donkey, bist du es? Gut schaust du aus!
    Quelle: Super Mario Bros. (DVD)

    Zu guter Letzt haben wir dann noch den wahren König. Bowser. Lance Henriksen, bekannt für seine Nebenrollen in Klassikern wie The Terminator und Aliens – Die Rückkehr und vielen, vielen anderen Titeln, ist auch mit von der Partie. Auch wenn er nur kurz am Ende zu sehen ist und den Rest des Filmes als schleimiges Etwas die Stadt verseucht.
    Er ist ein Pilz. Ja, richtig gelesen: ein Pilz.
    Und wahrscheinlich wurde er von den Drehbuchautoren vorher geraucht und wieder ausgespuckt. Erstens sieht er so aus, und zweitens hätte man so eine Erklärung für diesen Film.

    Hat einer Feuer und Blättchen? Lasst uns den Pilz rauchen!  Quelle: Super Mario Bros. (DVD)
    Hat einer Feuer und Blättchen? Lasst uns den Pilz rauchen!
    Quelle: Super Mario Bros. (DVD)

    Setzen. Sechs!

    Der (Miss-)Erfolg des Filmes beruhte im wesentlichen auf drei Säulen.
    Eine dieser Säulen war, dass man den Film absolut verwirrend konstruiert hatte. Man hat zwar alle wichtigen Charaktere des Mario-Franchises verbaut gehabt; das Wie allerdings war der Knackpunkt. Wer die Spiele kennt, wusste, dass Daisy von Mario gerettet wird; dass Luigi ein eunuchenhafter Bruder zu sein scheint, der nie auch nur Hand an die Frauen seines Bruders anlegen würde und dass das Königreich, in welches Mario und Luigi sich immer wieder verirren, trotz der ständigen Gefahr quitschbunt und hübsch ist.
    Die zweite Säule waren die Spezialeffekte: diese waren einfach schlecht. Die Pistolen, mit welchen die Gegner im Film beschossen wurden (auch im Finale), waren nichts weiter als angemalte Super-Scope Lightguns für das Super Nintendo, und man fragt sich: bei einem Budget von 48 Millionen Dollar bekommen die nicht einmal gescheite Effekte hin? Selbst 1993 hätte da doch mehr drin sein müssen, oder?
    Die dritte – und wichtigste – Säule, waren aber die Darsteller.
    Natürlich hatte man mit Hoskins und Hopper zwei absolut geniale Schauspieler, aber wenn das Team nicht funktioniert; das Drehbuch einfach sch…lecht ist und die Arbeit als Darsteller einfach frustrierend ist und keinen Spaß macht; dann kann so ein Film einfach nichts werden.
    Oder, um noch einmal Hoskins zu zitieren; dieses Mal komplett:
    [quote] The worst thing I ever did? Super Mario Brothers. It was a fuckin‘ nightmare. The whole experience was a nightmare. It had a husband-and-wife team directing, whose arrogance had been mistaken for talent. After so many weeks their own agent told them to get off the set! Fuckin‘ nightmare. Fuckin‘ idiots.

    Bob Hoskins in einem Interview mit dem Guardian [/quote]

    Keine weiteren Fragen, Bob. Ruhe in Frieden; du hast uns viele tolle Filme beschert; und auch wir würden uns wünschen, dass es Super Mario Bros. als Film nie gegeben hätte!

    Seelische Grausamkeit und Zeitverschwendung!

    SaHKuMan kann es drehen, wie man will…wenn man sich Super Mario Bros. anschaut, dann will man eigentlich schon nach den ersten 20 Minuten einen blauen Panzer aus den Lost Levels schlucken, um dieser Qual zu entgehen.
    Aber, als Filmkritiker – und Gamer! – denkt man ja: es wird vielleicht noch besser.
    Wurde es nicht.
    Diese Verfilmung war ein frühes Experiment; und trotz eines Budgets von knapp 48 Millionen US-Dollar hat man den Film einfach nur versaut. Der damalige Erfolg an den Kinokassen bewieß das eindrucksvoll: der Film spielte nicht einmal die Hälfte seines Budgets wieder ein. Aber der Film war auch ein gutes Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte, und nachdem Hollywood auf die Idee kam, weitere Verfilmungen von Videospielen bringen zu wollen, fingen auch die dahinterstehenen Publisher an, sich in die Dreharbeiten einzumischen…mal mit mehr, meistens aber mit viel weniger Erfolg als erhofft.

    Eigentlich sollte man – nach so einer Blamage – davon ausgehen können, dass so ein Debakel nie wieder auf Zelluloid gebannt wird, aber die Geschichte belehrt uns oftmals eines Besseren. Oder – wie in vielen Fällen – eines Schlechteren.

    Wenn ihr Interesse daran haben solltet, euch eine weitere Filmkritik zu einer Videospiel-Vefilmung anzusehen, dann empfehle ich euch die Kritik zu
    Street Fighter – Die entscheidende Schlacht, und ohne euch zuviel verraten zu wollen: auch dieser Film war nicht das, was sich der geneigte Gamer erhofft hatte.