Die Geschichte der Videospiele – Teil I

1963 – Schon wieder WarGames?

Die Frühzeit der Computer war natürlich geprägt von Informatikern, Akademikern und dem Militär. Nur diese konnten sich die damals sündhaft teuren Maschinen leisten bzw. hatten Zugang zu diesen, da der Massenmarkt für Computer erst Ende der 1970er, richtig aber erst in den 1980ern seine Wege in die Kaufhäuser finden sollte.
Das US-Verteidigungsministerium entwickelte 1963 ein Kriegsspiel namens STAGE; eine Abkürzung für den sinnigen Titel Simulation of Total Atomic Global Exchange; also im Endeffekt eine Simulation über einen weltweiten nuklearen Schlagabtausch. Laut STAGE hätten die USA sogar die Chance gehabt, die Sowjetunion zu besiegen (erst mit neueren Simulationen auf leistungsstärkeren Computern – oder, bei den ganz großen Exemplaren: Supercomputern – sollte sich zeigen, dass bei einem Schlagabtausch mit nuklearen Waffen natürlich viele weitere Faktoren eine Rolle spielen und ein globaler Schlagabtausch mit ziemlicher Sicherheit zur kompletten Vernichtung der Menschheit geführt hätte).

1964 – BASIC

1964 sollte es dann zur Geburtsstunde einer der Programmiersprachen kommen, die die Entwicklung von Spielen enorm vereinfacht hatte und dank der viele Studenten auf den diversen Rechnern mittels Time-sharing entwickeln konnten.

John George Kemeny
John George Kemeny
Quelle: wikipedia.org
Time-sharing bedeutete, dass sich mehrere Nutzer ein System teilen konnten, indem sie sich die vorhandene Rechenleistung teilten. Federführend bei dieser Entwicklung war John Georg Hemeny, der gemeinsam mit Thomas E. Kurtz auch die BASIC-Programmiersprache entwickelte.

Kleine Anmerkung: auch ein Bill Gates hat mal klein angefangen, denn auch er nutzte in seiner Schulzeit das Time-sharing. Als er auf einer PDP-10 Programmfehler eingeschleust hatte, konnten er und seine Mitschüler mehr freie Zeit mit den Rechnern verbringen. Nachdem ihnen der Zugang zu den Rechensystemen folglich für einen Sommer verboten wurde, einigten er, Paul Allen und einige andere Schüler sich mit den Betreibern darauf, Softwarefehler zu suchen und dafür im Gegenzug mehr Rechenzeit zu bekommen

1966 – Jetzt steppt der Bär

Der Titel ist natürlich nur scherzhaft gemeint. Tatsächlich aber war es ein Mann, der als erster die Vision hatte, Videospiele (zu der Zeit noch Telespiele genannt) am Fernseher zu spielen.

Ralph Baer
Ralph Baer
Quelle: wikipedia.org
Ralph Baer, ein in Deutschland geborener Autodidakt und späterer Fernsehtechniker, der 1938 aufgrund seiner jüdischen Herkunft in die USA flüchten musste, hatte 1966 die Idee für eine Konsole für den Heimbedarf, die sogenannte Odyssey, in Deutschland später als Odyssee vermarktet.
Da Baer beim Militärzulieferer Sanders Associates arbeitete, konnte er seine Vision auch in die Tat umsetzen und arbeitete mit einem gewissen Bill Harrison zusammen. Die ersten Versuche – unter anderem ein Prototyp, der nichts anders konnte als eine rote, auf dem TV angezeigte Box, blau einzufärben – wurden vom Sanders-Vorstand allerdings mit dem wirschen Kommentar abgeschmettert, dass Baer die Zeit der Firma verschwende. Nachdem Bill Rusch zum Team dazugestoßen war, nahm die Entwicklung der Konsole langsam Form an.
Allerdings hatte Baer ein Problem: sein Arbeitgeber durfte als Militärlieferant nicht im Spielzeuggeschäft mitmischen. Baer und seine Partner suchten nun nach Investoren, die bereit waren, das Gerät auf den Markt zu bringen. Es wurden verschiedenen Firmen kontaktiert, unter anderem RCA; Verträge wurden schon verfasst, kamen aber nie zur Unterzeichnung.
Ein ehemals bei RCA tätiger Mitarbeiter bei Magnavox weckte aber bei diesem Unternehmen Interesse an der von Baer entwickelten Konsole und dieses brachte die Konsole 1972 als Magnavox Odyseey auf den Markt.
Obwohl Baer bei seinen ersten Planungen ursprünglich einen Preis von knappen 20 US-$ vorgesehen hatte, verkaufte Magnavox die Konsole für einen Preis von 100 US-$.
Technisch gesehen war die Odyssey aber keine Konsole im heute geläufigen Sinn, da sie überhaupt keine Computertechnik besaß, sondern im Innern noch mit Transistoren und Schaltern arbeitete. Die Module waren im Innern nichts weiter als verschiedene Verdrahtungen, und das Gerät konnte auf dem Fernseher nur simpelste Grafikelemente darstellen, weswegen man in der Regel eine Plastikscheibe vor dem Bildschirm platzieren musste, auf dem dann das Spielfeld aufgedruckt war. Am ehesten vergleichen konnte man das Spielen mit einem Brettspiel, welches auf dem Fernseher als Tisch gespielt wurde.
Magnavox Odyssey
Magnavox Odyssey
Quelle: wikipedia.org
Der Erfolg des Gerätes war respektabel, da ungefähr zwischen 100.000 und 350.000 Stück verkauft wurden.
Baer selbst verfiel nach der Veröffentlichung der Odyssey aber in Depressionen, da die Militärfirma, für die er arbeitete, in finanzielle Schwierigkeiten geriet und er am Wert seiner Erfindung zweifelte. Er kam zu der Überzeugung, dass die Ansicht der Firma, dass seine Erfindung Zeitverschwendung gewesen wäre, wohl richtig sei.
Zu richtigem Ruhm kam Baer, ebenso wie Steve Russell leider nicht; zusammen gelten beide – gemeinsam mit William Higinbotham – unter Experten als die vergessenen Väter der Videospiele.
Allerdings wurde Baer 2006 vom damaligen US-Präsidenten George W. Bush für seine Leistung im Bereich Videospiele mit dem Orden National Medal of Technology geehrt.

Fazit

Man sieht also, die Geschichte der Videospiele ist geprägt von Pionieren und Menschen, die von Ideen überzeugt sind. Und natürlich von den Menschen, die heute viele abschätzig als Nerds bezeichnen. Aber ohne diese Pioniere wäre unser Hobby heutzutage wahrscheinlich nicht das, was es ist; sondern wäre eventuell gar nicht vorhanden. Und man müsste mit dem Real Life leben. Danken wir also den Leuten, die bereits vor mehr als 50 Jahren den Weg geebnet haben für eine Industrie, die mit den Jahren immer größer und erfolgreicher werden sollte.

In unserer nächsten Teil…

Die 1970er

  • Magnavox Odyssey und die Folgen
  • Videospiele nehmen Einzug in die Wohnzimmer dieser Welt
  • Atari wird geboren
  • Ping…und PONG
  • Spielhöllen werden zu Taschengeld-Gräbern
  • die Industrie steuert ihrem vorläufigen Höhepunkt entgegen
  • …und vieles mehr