Final Fantasy Tactics: The Ivalice Chronicles Test/Review

    Kaum ein Taktik-Rollenspiel hat das Genre so nachhaltig geprägt wie Final Fantasy Tactics. Ursprünglich 1997 für die PlayStation erschienen, gilt das Spiel bis heute als Meisterwerk der strategischen Rollenspiele. Nun kehrt es mit Final Fantasy Tactics: The Ivalice Chronicles zurück, in einer überarbeiteten Version, die sowohl Veteranen als auch Neulinge ansprechen soll. Square Enix kombiniert hier eine grafisch modernisierte „Enhanced“-Fassung mit Sprachausgabe und neuen Komfortfunktionen, während Puristen jederzeit in die klassische Pixeloptik von 1997 wechseln können. Doch so groß die Freude über die Rückkehr dieses Klassikers auch ist: Nicht alle Entscheidungen der Entwickler sind unumstritten. Besonders das Streichen von Inhalten, die 2007 in der PSP-Neuauflage The War of the Lions eingeführt wurden, sorgt für Diskussionen. Lohnt sich der Ausflug nach Ivalice also trotzdem?

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    Politische Intrigen und tragische Helden

    Im Zentrum der Handlung stehen Ramza Beoulve und sein Jugendfreund Delita. Ramza, Sohn eines Adelsgeschlechts, und Delita, ein einfacher Bürger, geraten mitten in den sogenannten Krieg der Löwen, ein brutaler Bürgerkrieg, der von Machtgier, Intrigen und sozialen Spannungen geprägt ist. Während Delita vom Emporkömmling zum vermeintlichen Helden des Volkes aufsteigt, kämpft Ramza im Schatten um die Wahrheit und versucht, den zerstörerischen Kreislauf aus Verrat und Krieg zu durchbrechen.

    Spannend ist die Erzählweise: Aus historischer Perspektive wird Delita als großer Held gefeiert, während Ramza fast völlig aus den Chroniken verschwindet. Spieler erleben die Ereignisse jedoch aus Ramzas Blickwinkel, wodurch sich ein komplexes Netz aus Verrat, Loyalität und politischen Machenschaften entfaltet. Mit vier Kapiteln und Dutzenden Stunden Spielzeit bietet die Story genug Tiefe, um auch heute noch zu fesseln. Dank neu vertonter Dialoge in der Enhanced-Version entfaltet die Geschichte mehr Dramatik, ohne den Shakespeare-artigen Stil der PSP-Neuauflage völlig aufzugeben. Wer will, kann allerdings auch in die klassische Pixel-Variante wechseln und Nostalgie pur genießen.

    Tiefgründiges Kampfsystem mit fast endlosen Möglichkeiten

    Das Herzstück von Final Fantasy Tactics bleibt das rundenbasierte Kampfsystem. Auf isometrischen Schlachtfeldern, die in Quadrate unterteilt sind, bewegt man seine Einheiten, greift Gegner an, setzt Zauber ein oder positioniert sich taktisch clever. Die Reihenfolge der Aktionen hängt von der Geschwindigkeit der Charaktere ab, wer vorausschauend plant, kann Gegner überlisten oder entscheidende Konter setzen.

    Besonders herausragend ist das Jobsystem: Jede Figur kann unterschiedliche Klassen annehmen, von Klassikern wie Weißmagier, Schwarzmagier oder Dragoon bis hin zu exotischeren Varianten wie Geomant oder Arithmetiker. Neue Fähigkeiten schaltet man durch Job-Punkte frei, die sich durch den Einsatz spezieller Skills verdienen lassen. Einmal gelernte Fertigkeiten können auch in anderen Klassen genutzt werden, wodurch sich unzählige Synergien ergeben. Neben den generischen Rekruten gesellen sich im Laufe der Geschichte einzigartige Charaktere mit eigenen Spezialklassen hinzu, etwa Heilige Ritter oder Maschinisten. So entsteht eine enorme Bandbreite an Möglichkeiten, die das Experimentieren und Tüfteln belohnt. Wer wirklich alle 20 Jobs meistern will, muss jedoch viel Zeit investieren. Grinding gehört weiterhin fest zum Spielerlebnis, besonders auf der Standard-Schwierigkeitsstufe „Knight“.

    Die Welt von Ivalice, lebendig und voller Details

    Die Handlung entfaltet sich auf einer Weltkarte, die nach und nach neue Schauplätze freischaltet: Städte, Burgen, Klöster oder abgelegene Regionen. Hier lassen sich Ausrüstungen kaufen, Charaktere verwalten oder zusätzliche Kämpfe bestreiten. Zufällige Begegnungen auf den Knotenpunkten sorgen für Abwechslung und zusätzliche Erfahrungspunkte. Square Enix hat außerdem praktische Komfortfunktionen eingebaut: Eine überarbeitete Benutzeroberfläche macht es leichter, Kampfergebnisse vorherzusehen, und eine Zeitleiste zeigt, welche Figuren als Nächstes handeln. Besonders wertvoll ist die Möglichkeit, die Kämpfe zu beschleunigen, ein Feature, das im Original schmerzlich fehlte und lange Gefechte nun deutlich angenehmer macht. Hilfreich sind auch die neuen Nachschlagewerke: Das „Chronicle“-System fasst die wichtigsten Figuren und Ereignisse zusammen, während Enzyklopädie und Ereignisbibliothek verhindern, dass man im Dickicht aus Fraktionen, Adelsgeschlechtern und Intrigen den Überblick verliert.

    Was fehlt und warum das schmerzt

    So beeindruckend die Neuauflage auch ist: Sie ist nicht die ultimative Version des Spiels. Inhalte aus The War of the Lions wurden gestrichen, darunter zusätzliche Jobs wie Dunkelritter oder Onion Knight, optionale Nebenquests und der Multiplayer-Modus. Auch Gastcharaktere wie Balthier aus Final Fantasy XII fehlen. Immerhin bleibt Cloud Strife aus Final Fantasy VII als optionaler Charakter erhalten, wenn man die nötigen Schritte meistert. Besonders schmerzlich ist der Verlust der wunderschönen Anime-Zwischensequenzen aus der PSP-Version, die damals das politische Drama noch eindrucksvoller inszenierten. Zwar wirken die neuen Sprecherleistungen hochwertig, doch das Fehlen dieser stilvollen Zwischensequenzen dürfte Nostalgikern auffallen. Die Entwickler wollten offenbar so nah wie möglich am Original von 1997 bleiben, eine Entscheidung, die Puristen freut, aber andere Spieler enttäuschen könnte, die auf die „ultimative“ Edition gehofft haben.

    Schwierigkeitsgrad und moderne Features

    The Ivalice Chronicles führt drei Schwierigkeitsgrade ein: „Squire“ für Einsteiger, „Knight“ als Standard und „Tactician“ für erfahrene Strategen, die das Maximum an Herausforderung suchen. Damit öffnet sich das Spiel einem breiteren Publikum, ohne seinen berüchtigten Anspruch zu verlieren. Dank Autosave-Funktion gehört der Frust über verlorene Stunden nach einer Niederlage der Vergangenheit an. Auch das Trophäensystem motiviert zum erneuten Durchspielen, allerdings sind Trophäen nur in der Enhanced-Version verfügbar, nicht im Classic-Modus. Wer also Nostalgie pur erleben will, muss auf moderne Belohnungen verzichten. Alles in allem wirkt The Ivalice Chronicles wie ein durchdachtes Update, das moderne Spieler nicht mit sperrigem 90er-Jahre-Design vergrault, aber gleichzeitig den Charme des Originals bewahrt.

    Fazit: Ein fast perfektes Comeback

    Final Fantasy Tactics: The Ivalice Chronicles ist nah dran, die ultimative Version eines Klassikers zu sein, auch wenn ein paar Abstriche schmerzen. Wer die PSP-Neuauflage kennt, wird den fehlenden Content vermissen, doch die Mischung aus überarbeitetem Kampfsystem, Sprachausgabe, grafischer Modernisierung und Komfortfunktionen macht die Rückkehr nach Ivalice dennoch absolut lohnenswert. Für Neulinge ist dies die perfekte Gelegenheit, einen der einflussreichsten Vertreter des Strategie-RPG-Genres kennenzulernen. Für Veteranen bleibt die Freude, einen alten Freund in frischer Gestalt wiederzutreffen, selbst wenn er nicht alle Erinnerungen mitgebracht hat.