Was tust du, wenn du die Apokalypse überlebt hast? Genau diese Frage stellte sich Frostpunk 2 schon auf dem PC, jetzt aber gibt es das Ganze auch endlich für Konsolen und wir haben uns die PS5-Version einmal genauer für euch angeschaut. Das Spiel setzt 30 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils ein. Die Welt ist noch immer unter meterdicken Schichten aus Schnee und Eis begraben, doch bloßes Überleben reicht den Menschen nicht mehr. Sie wollen leben, wachsen, gedeihen. Der Captain ist tot, es lebe der Steward. Keine leichte Aufgabe und man muss sich nicht wundern, wenn man schneller gestürzt wird, als einem lieb ist. Auf der PlayStation 5 entfaltet das Spiel seine ganze Wucht: eine Mischung aus frostigem Survival, politischem Management und moralischen Dilemmata. Doch im Gegensatz zum ersten Teil verlagert Frostpunk 2 die Perspektive. Statt ein kleines Grüppchen um einen Generator zu steuern, verantwortet man nun eine gigantische Stadt mit Zehntausenden Einwohnern.
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Von der Intimität zum Gigantismus
Das größte Aha-Erlebnis für Serienfans dürfte der Maßstab sein. Der erste Teil war ein City-Builder im kleinen Rahmen, ein Kessel aus Nähe, Druck und Verantwortung für ein paar Hundert frierende Seelen. In Teil 2 hingegen errichtet man ganze Distrikte mit wenigen Klicks. Statt eines kleinen Kreises um den Wärmegenerator breitet sich die Stadt wie ein Spinnennetz über die gefrorene Landschaft aus. Das sorgt für ein gewaltiges Gefühl von Größe, nimmt dem Spiel aber auch einen Teil seiner Intimität. Während Frostpunk 1 durch klaustrophobische Nähe glänzte, wirkt Teil 2 eher wie ein politisches Strategiespiel mit Survival-Elementen. Es ist komplexer, größer und manchmal auch überwältigend.

Politik, Fraktionen und moralische Gratwanderungen
Eine der größten Neuerungen ist der starke Fokus auf Fraktionen. Während man im Vorgänger Gesetze quasi im Alleingang erließ, von Kinderarbeit bis Suppenverlängerung, gibt es nun einen Rat, in dem unterschiedliche Gruppen abstimmen. Die Stalwarts setzen auf Technologie und Maschinenkraft, um der Kälte Herr zu werden. Die Pilgrims hingegen predigen Anpassung: verstreute Kolonien im Eis, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Neben diesen beiden Hauptfraktionen treten weitere Gruppierungen auf, die mit eigenen Ideologien und Forderungen für Zündstoff sorgen. Jede Entscheidung, jedes Gesetz, jede Forschung beeinflusst, wie die Fraktionen zu einem stehen. Unterstützt man eine Seite zu stark, radikalisieren sich die anderen. Proteste, Stillstände, sogar Bürgerkrieg können die Folge sein. Auf der PS5 fühlt sich das durch präzises Controller-Feedback besonders eindringlich an: Jede Unruhe, jeder Ausbruch wird spürbar, wenn das Gamepad vibriert, während die Bildschirmanzeigen rot aufleuchten.

Distrikte, Ressourcen und die endlose Spirale
Das Bauen funktioniert nun über Distrikte. Man markiert Hexfelder, um Wohn-, Industrie- oder Versorgungszonen zu errichten. Spezielle Gebäude bringen Boni, und wer klug plant, steigert Effizienz und Zufriedenheit. Doch die Spirale aus Wachstum und Ressourcenbedarf ist gnadenlos. Mehr Einwohner brauchen mehr Häuser, mehr Nahrung, mehr Wärme. Luxusgüter steigern die Moral, erfordern aber Industrieproduktion, die wiederum Rohstoffe benötigt, die wiederum mehr Arbeitskräfte und Energie verschlingen. Man läuft ständig einem Schneeball hinterher, der immer größer wird. Auf der PS5 wirkt die Bedienung durchdacht: Menüs lassen sich schnell mit dem Steuerkreuz durchklicken, Distrikte per Cursor und Schultertasten markieren. Trotzdem bleibt das Spiel komplex und erdrückend, die Flut an Informationen kann selbst Strategieveteranen ins Schwitzen bringen.

Krankheit, Dreck und die Frostlands
Neben Nahrung, Wärme und Politik muss man auch Hygiene und Gesundheit im Blick behalten. Verschmutzung und Krankheiten sind ständige Begleiter. Mit Forschung und Upgrades lassen sie sich eindämmen, doch jede Lösung kostet Ressourcen, die man an anderer Stelle dringend bräuchte. Ein weiteres Element ist die Erkundung der Frostlands. Scouts lassen sich losschicken, um neue Ressourcen, Gruppen von Überlebenden oder sogar potenzielle Kolonien zu finden. Diese Außenposten fügen eine neue Ebene hinzu, da sie eigene Regeln und Bedürfnisse haben, wenn auch weniger streng als die Hauptstadt.

Ein Spiel an der Grenze zur Erschöpfung
Frostpunk 2 ist kein Spiel, das man „zum Entspannen“ startet. Jede Partie ist ein mentaler Drahtseilakt. Fehler spürt man oft erst Stunden später, wenn sich die negativen Effekte aufgestaut haben. Dann bleibt nur, neu zu laden oder die Katastrophe hinzunehmen. Manche Spieler werden diesen gnadenlosen Survival-Aspekt lieben. Andere werden frustriert das Pad zur Seite legen. Auf der PS5 läuft das Spiel solide. Zwar ist es kein Titel, der 120 FPS braucht, doch die Bildrate bleibt stabil, und die Ladezeiten sind durch die SSD erfreulich kurz. Kleinere Bugs sind noch vorhanden, etwa fehlerhafte Heizungsberechnungen, die das Spiel anspruchsvoller machen, als es sein sollte. Doch im Vergleich zur PC-Version wirkt die Konsolenfassung besser optimiert, auch wenn ein paar Nachpatches sicher noch nachhelfen werden.

Szenarien abseits der Story
Neben der Hauptkampagne gibt es Szenarien, die mehr Sandbox-Charakter haben. Hier darf man nach Herzenslust bauen, experimentieren und neue Fraktionen kennenlernen, ohne von der Hauptgeschichte ausgebremst zu werden. Diese Szenarien waren für viele schon im ersten Teil ein Highlight und entfalten auch hier erneut ihren wunderbaren Reiz.
Fazit
Frostpunk 2 ist ein zweischneidiges Schwert. Es ist größer, komplexer und ambitionierter als der Vorgänger, doch es opfert auch einen Teil der Intimität, die den ersten Teil so eindringlich gemacht hat. Wer ein klassisches City-Builder-Sequel erwartet, wird vielleicht enttäuscht. Wer sich jedoch auf politische Machtkämpfe, moralische Dilemmata und den ständigen Kampf am Rande des Untergangs einlässt, bekommt eines der anspruchsvollsten Strategiespiele der aktuellen Generation.

